Dierk Schaefers Blog

Schmetterling heißt auf Griechisch Psyche

Posted in heimkinder, News by dierkschaefer on 22. Juni 2009

Schmetterling heißt auf Griechisch Psyche. Das hatte ich vergessen, las es aber heute früh in der Zeitung. Ein Artikel über Eric Carles Kinderbuch-Bestseller von der Raupe Nimmersatt, die sich durch viele, viele Früchte hindurchfrißt, zum Schluß auch noch durch Kuchen und Schokolade, noch ein Salatblatt braucht, weil ihr Magen rebelliert, sich dann in ihren Kokon einspinnt und nach einiger Zeit als wunderschöner Schmetterling den Kokon durchbricht.

Der Zufall, tatsächlich ein Zufall und keine Erfindung, weil es so schön paßt, der Zufall also ließ mich gestern abend vor dem Einschlafen an die Raupe Nimmersatt denken. Zunächst dachte ich an die ehemaligen Heimkinder und an den Runden Tisch. (Heinrich Heine, Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht.) Das Protokoll der letzten Sitzung war wieder einmal so inhaltsleer, daß man es sich hätte sparen können. Da fragte ich mich, ob ich noch Hoffnung auf den Runden Tisch setzen könne. Wie die Raupe Nimmersatt frißt er sich durch ungeheuer viel Material: Lebensberichte, Leidensberichte, Geschichte der Heime, der Verwaltungsvorschriften für Jugendämter, Geschichte der Pädagogik, Bedeutung der Menschenrechte, Verjährungsfragen und, und, und. Doch so gut wie nichts dringt nach draußen. Der Runde Tisch ist eingesponnen wie in einen Kokon. Aus Angst vor den Ansprüchen der ehemaligen Heimkinder? vor ihren Anwälten, auf die sie sich versteifen, weil sie dem Runden Tisch nicht mehr trauen, eigentlich noch nie vertrauen konnten? nicht (mehr) daran glauben, daß das Ergebnis ein wunderschöner Schmetterling sein könnte/sollte/wird?

Vor ein paar Tagen berichtete mir eine der Vertrauenspersonen, an die sich ehemalige Heimkinder wenden und ihre Geschichte erzählen. Jemand habe sie angerufen und aus der Heimvergangenheit erzählt. Sie habe gut zugehört und mitgeschrieben. Schließlich habe sie gesagt, daß es eine Meldestelle beim Runden Tisch gebe, dort möge dieser Mensch doch seine Geschichte einbringen. Unwillig sei er geworden. Es habe ihn genug Überwindung gekostet, seine Geschichte überhaupt zu erzählen. Er werde sie nicht wiederholen. Einmal sei genug.

Die ehemaligen Heimkinder haben ein Leben lang ihre Geschichte in sich hineingefressen. Viele haben sich in einen schützenden Kokon eingesponnen und träumen vom Dasein als befreite Psyche, als wunderschöner Schmetterling, der sie bisher nicht sein konnten. Wenn sie sich hervortrauen, darf man sie nicht überfordern. Heimkinder können auch selber forschen, hatte ich vorgeschlagen. siehe: präsentation und Präsentation heim-kids Der Runde Tisch muß die nötigen Bedingungen dafür schaffen. Dazu gehört die Schaffung einer vertrauenswürdigen Grundlage, die es den ehemaligen Heimkindern und ihren Vertrauenspersonen ermöglicht, mit der Meldestelle des Runden Tisches zusammenzuarbeiten. Dazu muß der Runde Tisch endlich ein Konzept vorlegen, aus dem deutlich wird, daß er bereit ist, für die Heimkinder zu arbeiten und nicht nur für ein recht diffuses „ergebnisoffenes“ Verständnis der damaligen Zeit. Die Anregungen und Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch, auch auf dem Runden. siehe Verfahrensvorschläge-RT

Wann greift er sie so auf, daß es auch die Heimkinder erkennen und anerkennen können?

Ich hoffe immer noch auf den wunderschönen Schmetterling, auf die Befreiung der Psyche.schmetterling

photo: dierkschaefer

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