Die Grenzen der Religion im freiheitlichen Rechtsstaat
»Eine Kultur oder eine Religion, die eine regelmäßige Körperverletzung von Minderjährigen im Programm hat, steht in einem Dauerkonflikt mit wesentlichen Zielen der Verfassung eines freiheitlichen und säkularen Staates.«
So Georg Paul Hefty in der heutigen FAZ. Ein nachdenkenswerter Artikel. Ausgehend vom Böckenförde-Diktum legt Hefty die Grenzen der Religion in unserem Rechtsstaat dar: Die religiöse Erziehung habe im Falle der körperlichen Unversehrtheit nichts mit dem verfassungsrechtlich verankerten Erziehungsrecht der Eltern zu tun, denn dieses sei grundsätzlich auf den Schutz des Kindes zu richten.
»Dieser Staat müsste auch einschreiten, wenn er Kenntnis erhielte, dass Eltern aus kulturellen Gründen die Füße ihrer Mädchen zu Klumpfüßen schnüren oder deren Ohrläppchen dauerhaft langziehen. Eine Kultur oder eine Religion, die eine regelmäßige Körperverletzung von Minderjährigen, insbesondere von zur persönlichen Abwehr Unfähigen im Programm hat, steht in einem Dauerkonflikt mit wesentlichen Zielen der Verfassung – und zwar umso tiefgreifender, je freiheitlicher und säkularer der Staat ist.«
»Daraus folgt, dass der Staat in einem Konflikt zwischen den Werten Religionsfreiheit einerseits und körperlicher Unversehrtheit seiner Bewohner andererseits allein nach seinen eigenen Maßstäben entscheiden darf und letztlich muss, wenn dieser Konflikt nicht anders zu lösen ist.«
Fazit: Der »Schutz des Kindes hat Vorrang«.
Die Bischöfe haben Arm in Arm mit jüdischen und muslimischen Verbänden schon gequält aufgeschrieen. Politiker beeilen sich mit der Kritik am Beschneidungsurteil.
Doch wer erwartet von diesen Beteiligten auch schon eine fundierte rechtsphilosophische Stellungnahme.
Hefty hat etwas Grundsätzliches zum Verhältnis von Staat und Religion/Kirche dargelegt.
Es ist zu hoffen, daß unser Rechtsstaat einen Entwicklungsschritt nach vorn tut. »Das Einzige, was beschnitten gehört, ist das Recht der Kirchen«, las ich kürzlich. Für diese Grundsatzfragen ist das völlig zutreffend.
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nach-dem-koelner-urteil-strafbare-beschneidung-11802626.html#Drucken Freitag, 29. Juni 2012
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