Dierk Schaefers Blog

»Wir sind nicht mehr Papst …«

Posted in Kirche, Religion, Theologie by dierkschaefer on 11. Februar 2013

… schreibt Focus und schreibt auch von der nicht so optimalen Resonanz seines Wirkens in Deutschland.

Es kommt selten was Besseres nach, pflegt man im Schwäbischen zu sagen. Das ist auch zu befürchten, denn dieser Papst hat die Weichen gestellt, wie man bei der Ernennung neuer Bischöfe in Deutschland sehen konnte, auch bei der Berufung mancher deutscher kirchlicher Würdenträger an den Hof des Vatikan (ist eben doch, Rom sei’s geklagt, eher byzantinisch).

Doch vielleicht gibt es immerhin ein Zeichen, wenn sich auch an den theologischen Positionen wohl nichts ändern wird. Man raunt von einem möglichen Nachfolger aus der „dritten Welt“.

Dabei fällt mir ein Erlebnis ein: Es war wohl Anfang der 90er Jahre. Ich kutschierte einen schwarz-afrikanischen Bischof durch einige Asylantenlager in Württemberg. Wir unterhielten uns gut, trotz meiner schwachen Englisch-Kenntnisse. Er lachte, als ich sagte, es wäre gut, wenn der nächste Papst ein Schwarzer wäre (dabei dachte ich gar nicht an die Gesinnung). Als er fertig war mit Lachen, fuhr ich fort: Und der übernächste Papst sollte eine Frau sein. Da lachte er nicht mehr, der Bischof aus Guinea.

Doch vielleicht wäre auch eine Päpstin nur ein scheinbarer Fortschritt, sowie auch ein schwarzer Papst nicht per se ein Fortschritt ist. Es kommt eben auf die Gesinnung an und auf die Fähigkeit, sich gegenüber Beton-Köpfen und verhärteten Herzen durchsetzen zu können.

Und daß „wir“ einmal Papst waren, hat doch auch nichts bewegt.

Noch eine historische Reminiszenz:

http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/4468626403/

Die successio apostolorum scheint in Konstanz damals wohl auch nur eine ideelle, theologische Bedeutung gehabt zu haben.

PS: Ich vergaß zu erwähnen, daß der schwarze Bischof ein katholischer war.

Wieso aber ein evangelischer Pfarrer dazu kommt, einen katholischen Bischof durch Asylantenlager zu chauffieren, ist eine andere Frage, die hier nicht von Interesse ist.

 

Und noch ein Nachtrag aus fremder Feder zum Papstrücktritt:

Norbert Denef, Vorsitzender des Netzwerks Betroffener von sexualisierter
Gewalt (netzwerkB), teilt hierzu mit:

Wir werden diesen Papst nicht vermissen.

Joseph Ratzinger suchte schon wie sein Vorgänger Johannes Paul II. eine
Anlehnung an die rechtskonservativen Kreise in der Kirche. So berichtete
die Neue Rheinische Zeitung am 11. Februar 2009: „Mit Zielstrebigkeit hatte
Ratzinger als Glaubens- und Personalchef während des Pontifikats von Papst
Wojtyla dafür gesorgt, dass ganz überwiegend Mitglieder und
Sympathisanten des Opus Dei ins Kardinalskollegium gewählt wurden.“

Es sind gerade die rechtskonservativen Kreise, die zum Beispiel das Projekt
der Deutschen Bischofskonferenz zusammen mit dem Kriminologischen Institut
Niedersachsen unter Leitung von Prof. Chrstian Pfeiffer zum Scheitern
gebracht haben. Federführend im Widerstand war das Erzbistum von München
und Freising, in dem Ratzinger selbst Erzbischof gewesen ist.

Als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre in Rom betonte
Ratzinger im Rundschreiben „De delictis gravioribus“ im Jahre 2001 die
zentrale Meldepflicht für Sexualdelikte mit Minderjährigen. Zur
Unterstützung der Opfer trug Ratzinger aus unserer Sicht nichts bei.
Stattdessen wurden Täter und Serientäter weiter geschützt und versetzt.

Ratzinger leistete insbesondere zur Gleichbehandlung der Opfer von
sexualisierter Gewalt weltweit keinen Beitrag. Während etwa Opfer in den
Vereinigten Staaten mittlerweile in einer angemessenen Höhe von teilweise
mehr als 1 Million Dollar entschädigt werden und die Personalakten der
Täter zum Zweck der Aufklärung im Internet veröffentlicht werden,
müssen sich die Opfer von sexualisierter Gewalt von Geistlichen und
Kirchenangehörigen in Deutschland mit mehreren tausend Euro abfinden,
oftmals verbunden mit einer Schweigepflichtserklärung und dem Verzicht auf
weitere Ansprüche.

Die römisch-katholische Kirche zählt zu den größten und mächtigsten
Organisationen und Arbeitgebern in Deutschland. Sie steht in den Bereichen
wie Arbeitsrecht, Strafrecht und Subventionen in einem Sonderstatus. Wir
erwarten von der deutschen Politik Maßnahmen, dass dieser Konzern nicht
mehr länger außerhalb der Rechtsstaatlichkeit steht. Das halten wir für
wichtiger, als nun darauf zu warten, ob ein neuer Papst die Kirche noch
reaktionärer führen wird als der alte.

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6 Antworten

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  1. E.Kronschnabel said, on 11. Februar 2013 at 19:52

    „Ich habe fertig!“ sagte der eilige Vater – und wenn der weg ist, ändert sich auch nichts, wie immer.
    Jauch’s Runde gab uns gestern eine Komödie, die aufzeigte, daß alles nicht so schlimm ist, daß alles schon
    wieder werden wird. Sidol putzte auch Kohl…und Ata hilft dem heiligen Vadda.

    Seine Handelsvertreter schafften mit ihren Schmutzspielen und deren Nichtaufarbeitung sogar den Ratzinger
    Jupp. Sie sagen im letzten Satz das Richtige. Und weil die vorherrschende Gesinnung in diesen erzkonservativen Kreisen nie vom Morgenlicht bestrahlt wird, bleibt es duster, egal ob die einen aus der
    Dritten Welt zum Papst oder eine Frau zur Päpstin machen.

    Bestünde denn Hoffnung auf POSITIVE Änderungen, wenn die Katholen einen EVANGELEN zum Papst
    machen? Zumindest das wäre eine Revolution.

  2. Lutz Adler said, on 11. Februar 2013 at 21:42

    Das wäre doch nicht nötig gewesen.
    Wir wollen Aufklärung und kleine Rücktritte!
    [IMG]http://i200.photobucket.com/albums/aa148/Lutz53/IMG_0090-3_zpsd3f8e26a.jpg[/IMG]

  3. Heidi Dettinger said, on 11. Februar 2013 at 22:41

    Schade, dass der Link nicht klappen will – ich hätte schon gerne gesehen, wie Sie „Aufklärung und keine Rücktritte“ bildlich darstellen. Herr Adler! 😀

    Aber im Ernst: Ein afrikanischer Papst wäre genauso „revolutionär“ wie der Einkauf der DDR und deren Umwandlung in die FNBL vor einigen Jahren.

    Eine Revolution könnte doch nur bedeuten: Den Laden der Schänder, Verächter und Ausbeuter zu schließen, die Opfer zu entschädigen, die Restgelder (und davon gäbe es genug!) zu sozialisieren, die Dokumente des Grauens (auch davon gibt es mit Sicherheit genug!) aus den Kellern des Vatikans hervorzuzerren und der Öffentlichkeit vorzulegen, das lächerliche und anachronische Gebilde „Vatikanstadt“ politisch und wirtschaftlich in die Neuzeit zu integrieren.

    Alles was darunter liegt, sind höchstens die Marotten eines alten, machtgeilen und nun vielleicht müde und träge gewordenen Mannes.

    Übrigens: Ich würde auch ohne mit der Wimper zu zucken in Rente gehen mit den Bezügen eines Herrn – wie war doch gleich der Name? Leider liegt meine Rente eher auf Grundsicherungsniveau. Und das nicht zuletzt dieses alten Mannes wegen, den man jetzt ja vielleicht mal beim Taubenvergiften im Park erwischen kann. Denn schließlich: EIN Hobby braucht der Mensch…

  4. m.dahlenburg said, on 12. Februar 2013 at 19:40

    so klappt der link 🙂

  5. Heidi Dettinger said, on 14. Februar 2013 at 21:35

    Prächtig! Vielen Dank.


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