Dierk Schaefers Blog

Sex-and-crime im Kloster

Posted in Gesellschaft, Kirche, Kriminalität, Menschenrechte, Psychologie, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 23. April 2014

Sex-and-crime im Kloster, besonders Sex,  kennt man aus der Literatur und aus manchen moritatenhaften Erzählungen.

Doch kürzlich hat ein Kirchenhistoriker eine echte Begebenheit darüber im Vatikan ausgegraben[1], die war deftig, aber aus dem vorvorigen Jahrhundert.

Aktueller sind sex-and-crime-Berichte aus dem Kloster Mehrerau[2].

Und nun gibt es einen Bericht aus dem Kloster Thalbach, wie Mehrerau auch im schönen Vorarlberger Land beim Bodensee gelegen[3]. Wenn dahinter nicht Einzelschicksale ständen, könnte man sich gelangweilt abwenden und zu einem Klassiker des Schauerromans greifen: Matthew Gregory Lewis, Der Mönch[4].

Doch der Orden „Das Werk“ ist keine Fiktion. Kaum jemand kennt die kleine Gruppierung, selbst katholische Religionswissenschaftler müssen erst nachschlagen, obwohl diese Gemeinschaft an einflussreichen Stellen im Vatikan vertreten ist und mächtige Freunde in der Kurie hat, bis hin zu Päpsten wie Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Es ist eine Gemeinschaft, in der ein System aus religiösem Wahn herrscht, aus Überwachung und Unterdrückung. Willkommen in der Geistlichen Familie Das Werk[5] oder auch Familia Spiritualis Opus, kurz FSO. … Papst Johannes Paul II. erhob das 1938 gegründete Werk 2001 zu einer „Familie des geweihten Lebens“. Er machte die Brüder, Schwestern und Priester damit auch institutionell zu einem Teil der Katholischen Kirche und unterstellte sie seinem direkten Befehl. Auch Papst Benedikt XVI. pflegte enge Beziehungen zum Werk. Sein Bruder Georg besucht den Orden häufig. Ratzingers Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, gilt als Unterstützer des Hauses, genauso wie Joachim Kardinal Meisner, der gerade als Erzbischof von Köln zurückgetreten ist. Der verschwenderische Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist ebenfalls ein Förderer, seit 2013 residieren drei Schwestern von Das Werk in Limburg als Domschwestern.[3]

Wenn ich lese, welcher strengen Disziplin sich die Angehörigen der Gemeinschaft unterwerfen müssen, wie sie abgeschottet werden von den Personen, die bisher für sie bedeutsam waren, wie sie gehindert werden, untereinander Freundschaft zu schließen und welcher Gedankenkontrolle sie unterworfen werden, dann kommt mir die Scientology in den Sinn.[6] Es ist schwer, aus solchen Parallelwelten auszubrechen. Das ist die Komponente, die ich als Psychologe wie auch als Theologe verstehe. Was ich nur als Psychologe verstehen kann, ist der Mißbrauch von Schutzbefohlenen und die Vertuschung, um die Organisation zu schützen. Dies läßt das Kloster als kriminelle Vereinigung erscheinen und hat nun überhaupt nichts mehr mit Theologie und Christentum zu tun, selbst wenn hochrangige Vertreter der Kirche als Sponsoren fungieren. Doch das sind ja die üblichen Verdächtigen.

 

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/03/12/das-konklave-und-die-nonnen-von-santambrogio/

[2] https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2014/03/der-prozess-gegen-das-kloster-mehrerau.pdf

[3] http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-04/katholische-kirche-das-werk-fso/komplettansicht

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Matthew_Gregory_Lewis#The_Monk.2C_Inhalt

[5] http://www.daswerk-fso.org/deutsch/ ß

[6] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/09/02/gefangen-in-der-parallelwelt/

3 Antworten

Subscribe to comments with RSS.

  1. Helmut Jacob said, on 23. April 2014 at 14:33

    „Wenn ich lese, welcher strengen Disziplin sich die Angehörigen der Gemeinschaft unterwerfen müssen, wie sie abgeschottet werden von den Personen, die bisher für sie bedeutsam waren, wie sie gehindert werden, untereinander Freundschaft zu schließen und welcher Gedankenkontrolle sie unterworfen werden, dann kommt mir die Scientology in den Sinn.“
    Nicht nur die, lieber Herr Schäfer. Mir sprangen sofort die Kinder von Volmarstein ins Gedächtnis. Im Johanna-Helenen-Heim war es keinen Deut besser. Die Kinder wurden, wenn möglich, von ihren Eltern abgeschottet. Einigen Kindern, die gar keinen Besuch bekamen, wurde gesagt, ihre Eltern seien gestorben. Manchen Eltern wurde aber auch vermittelt, dass sie besser den Kontakt zu den Kindern abbrechen sollten, weil das Kind unter den Kontakten zu sehr leiden müsste; und schließlich wollen doch die Eltern nur das beste für ihr Kind. Post wurde zensiert oder einfach vernichtet. Die Kinder wurden bedroht, damit sie nicht die Wahrheit über ihre Kinderstation, über ihre gewalttätigen Lehrerinnen erzählen. Und demonstrativ wurden einige Kinder schon einmal vorab bestraft, um andere Kinder entsprechend in Angst und Schrecken zu versetzen. Freundschaften untereinander wurden verhindert; zum anderen Geschlecht immer. Wobei alles Geschlechtliche „eine große Sauerei“ war. Selbst sich küssende Liebespaare auf der Straße galten als Schweine und den Mädels wurde vermittelt, dass sie eben solche Huren würden, wenn sie das täten. Eine Schweinerei war es allerdings nicht, wenn die Schwestern, pädophil bis unter die Haarspitzen, den Kindern an die ach so schweinischen Stellen gingen und sich an den Auswirkungen aufgeilten. Erst langsam dämmerte es den so Missbrauchten, warum ihr Liebes- und Sexualleben in den Folgejahrzehnten immer wieder aus dem Ruder lief. Einige Jungen wurden selbst zu Vergewaltigern, einige Mädchen konnten fortan keine erfüllende Sexualität mehr erleben. Ich erspare mir Details.
    Auch die Gedankenkontrolle funktionierte ausgezeichnet: Die Lehrerinnen beispielsweise interpretierten ihre Bosheiten in die Gedanken der Kinder hinein und schon waren die Kinder bestrafungswürdig. Auch die pflegerischen Mitarbeiter konnten oft aus den Augen lesen. Jetzt muss ich doch einmal konkreter werden, damit man versteht wie verstört selbst junge Menschen waren. Bruder K. beispielsweise ging morgens durch die Jungenreihen in den Schlafsälen, deutete auf den ein oder anderen Jungen und meinte: „Ich sehe in deinen Augen, ob du gewichst hast.“ Mitten in der Pubertät fühlten sich manche Buben natürlich ertappt und wurden glutrot im Gesicht. Und so hatte der junge Diakonenschüler einen Beleg für seine Weissagung. Sofort wurde der Junge von ihm zusammengehauen. Dermaßen verängstigt reduzierte sich wahrscheinlich die Zahl der Masturbationen.
    Die Gewalt im Johanna-Helenen-Heim geschah nicht nur in den zweieinhalb Nachkriegsjahrzehnten, sondern setzte sich in den Auswirkungen dieser Exzesse fort. Unter diesen Auswirkungen haben manchmal selbst Unbeteiligte, nämlich Ehepartner oder ganz banal Freunde zu leiden.
    Auch unter diesem Aspekt betrachtet, ist die Forderung der Heimkinder, und hier insbesondere die der Volmarsteiner gegenüber den Rechtsnachfolgern wirklich barmherzig und lächerlich gering. Für die Verwüstungen in den Psychen der Opfer müssten die Tätervertreter nach amerikanischem Vorbild belangt werden; dort geht es um Millionenbeträge.

  2. Heidi Dettinger said, on 25. April 2014 at 06:58

    Jedes Wort, Herr Jacob, kann ich unterstreichen. Ich bekam 1 mal pro Jahr Besuch, obwohl meine Eltern und Geschwister gerade mal 30 Kilometer entfernt lebten, Von anderen Personen war schon gleich gar kein Besuch denkbar. Und die Besuche waren zeitlich sehr eingeschränkt und fanden immer in einem resopal-möbliertem Zimmer statt. Ich bin sicher, wir wurden ständig kontrolliert dabei…

    Briefe wurden selbstverständlich zensiert oder gleich ganz unterschlagen. Sobald sich Freundschaften unter den Mädchen auch nur anbahnten, wurden diese sofort in verschiedene Gruppen verlegt, Gespräche mit Mädchen aus anderen Gruppen waren bei den wenigen Spaziergängen (immer kontrolliert, immer in Zweierreihen, immer nur im Hof, nie nach draußen) strengstens untersagt.

    Mindest dreimal am Tag – jeden Tag – bekamen wir zu hören, dass wir mit Glück einen guten Mann erwischen würden, dann hätten wir ausgesorgt. Oder – etwas weniger glücklich – vielleicht einen Fabrikjob und uns dann wenigsten selbst ernähren könnten. Aber das wahrscheinlichste war doch, dass wir samt und sonders auf dem Strich oder im Knast landen würden.

    Als ich aus dem Loch raus kam, war ich überzeugt davon, Prostituierte zu werden – ja praktisch schon zu sein. Dieser famose Lebensplan der Erzieherinnen scheiterte wahrscheinlich nur, weil ich ganz viel Glück hatte und eigentlich auch nicht so recht wusste, was ich als Hure eigentlich zu tun habe, bzw. dass, was der Frauenarzt mit mir gemacht hatte auf keinen Fall weiterhin mit mir machen lassen wollte – das war einfach zu verdammt schmerzhaft und widerwärtig.

    Ich war übrigens in keinem Kloster, keiner Sekte, sondern in einem ganz „normalen“ Heim der evangelischen Diakonie…


Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: