Ev. Pfarrer im größten Bordell Thailands
Die Stimme kannte ich. Mein Kollege war im Ruhestand nach Thailand gegangen, mit seiner Frau, und nun höre ich im Deutschlandfunk eine Reportage über seine Arbeit in Pattaya, dem „größten Puff“ von Thailand: „Gestrandete Rentner, Seelsorge für Deutsche im thailändischen Pattaya“, DLF, 18.01.2015, 11.30 h.
Solche Stellen werden von der EKD ausgeschrieben und ich frage mich, ob er wußte, dass es sich nicht nur um die übliche Kurseelsorge handelt. Knochenharte Sozialarbeit mit finanziell, körperlich und auch psychisch heruntergekommenen Dauer-Touristen, die dort alles günstig mitnehmen wollten: Sex, Alkohol, Speisen, gutes Wetter. Das alles auf Basis ihrer schmalen Rente, die irgendwann nicht mehr ausreicht und nicht einmal mehr Geld für den Heimflug vorhanden ist.
So wie ich meinen Kollegen in Erinnerung habe, macht er den Job nach bestem Wissen und Können und in christlicher Verantwortung. Das tun auch die katholischen Ordensangehörigen, die versuchen, die thailändischen Sexarbeiterinnen für ihren Job widerstandsfähig zu machen.
Chapeau, eine tolle Arbeit, bei der jedes Moralin kontraproduktiv wäre.
Beim Stichwort Moralin fiel mir ein Bericht eines Tagungsteilnehmers ein, auch aus Ostasien, hier war es Vietnam.
Als er in Vietnam eingesetzt wurde, erklärte ihm sein Vorgänger den Job und er „vermachte“ ihm seine „Wong“. Die Dame war sein Mädchen für wirklich alles. So übernahm er sie und beschäftigte sie entsprechend. Das war ein Verhältnis auf Zeit und doch so vertraut, dass sie ihn einmal mit in ihre Familie nahm. In eine solche Gegend hätte er sich nie allein hingetraut. So lernte er die Familie kennen und wußte nun, dass die bitter auf das Geld angewiesen war, das er seiner Wong zahlte. Als seine Dienstzeit um war, legte er die Frau seinem Nachfolger ans Herz.
Das wäre ein Stoff für eine Prüfungsarbeit in Ethik, auch für eine Genderstudie: War der Mann geradezu moralisch verpflichtet, die Frau zu übernehmen und „weiterzureichen“, mit allem Drum und Dran?
Habe die Pattaya-Sendung noch einmal auch am Anfang angehört. Hier der Link: http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/01/18/dlf_20150118_1136_55e8a549.mp3 Also, mein Kollege und seine Frau wußten nicht, was sie erwartet. Was mögen seine Vorgänger in Pataya wohl an die EKD berichtet haben? Lagen die nur am Strand?
Ich habe selber einmal für die Abschaffung einer Kurseelsorgestelle gesorgt, denn die war überflüssig. Die Stelle in Pattaya ist nötig – doch offensichtlich wären diese dortigen Verhältnisse nur abschreckend. Ich habe große Anerkennung für meinen Kollegen, der dort standhält und tut, was nötig ist.
Der Kollege hat sich gemeldet und ich muss die EKD in Schutz nehmen. Er schrieb: „Lieber Dierk,
ich habe Deinen Blog bekommen, nachdem für mich überraschend der DLF eine ziemlich alte Reportage noch einmal gebracht hat. Die Bemerkung meiner Frau, dass wir von den Verhältnissen überrascht wurden, hatte nichts mit mangelnder Vorbereitung zu tun. Wir hatten etliche Berichte gelesen und sowohl den verantwortlichen Kirchengemeinderat als auch unsere Kollegen in Bangkok vorher ausführlich befragt. Zusätzlich ist in der Nachbarschaft deren Vorgänger … , den wir auch befragt hatten. Nur ist die praktische Erfahrung dann noch mal eine andere Geschichte.