Laizismus als Lösung vieler Probleme?
Den Lesern meines Blog, die in der Verbannung der Religion die Lösung wesentlicher Probleme sehen, sei ein Artikel aus dem European ans Herz gelegt. Ans Herz ist nicht der richtige Ausdruck, denn Ihre Herzen tragen schwer an der Vergangenheit in kirchlichen Erziehungseinrichtungen. Das Versagen dieser Einrichtungen ist in manchen Facetten als Verbrechen zu werten, und zwar als systematisches, zum System „christlicher Liebestätigkeit“ gehörend. Nicht dazu gehören Sexualverbrechen, die gehen auf das Konto der jeweiligen Täter. Dafür gehört der systemimmanente Betrug am Runden Tisch dazu.
Bei allem Verständnis für generell antireligiöse Einstellungen, wie sie in den Kommentaren immer wieder zum Ausdruck kommen, sind die Folgen zu bedenken. Ja, ich weiß: Das geschieht den Kirchen recht, wenn sie ihre Privilegien verlieren usw – geschenkt.
Kürzlich twitterte ich: Der Laizismus ist auch nur eine Weltanschauung, gerade weil ich das französische Beispiel recht gut kenne, – und er hat dort versagt. Versagt, weil der verkrampfte Laiszismus meint, Religion in den Privatbereich ausgrenzen zu können. Mit dem Christentum hat es dort weitgehend geklappt. Merkwürdig ist nur, dass private christliche Bildungseinrichtungen in Frankreich sehr gut besucht sind, und zwar bereits bevor die muslimische Einwanderung begann, die Eltern also noch nicht darauf spekulieren konnten, dass ihre Kinder unbelastet durch Einwandererkinder auf ihrem Bildungsweg sein werden. Nun hat Frankreich, wie auch wir, eine Religion hinzu bekommen mit noch sehr virulentem Gewaltpotential[1] und Wegkärchern (Sarkozy) funktioniert nicht. Diese Religion muß in das Staatsgefüge eingebunden und damit auch gebunden werden. In Deutschland war das mit dem Christentum ein langer, mühseliger Prozess, der mit dem Islam steht auch uns noch bevor. Doch wir haben schon damit begonnen – auf der Blaupause der gesellschaftlichen Stellung des Christentums.
Und der Laizismus als Weltanschauung? Wer den glühenden Laizismus mancher französischer Lehrer kennt, der sieht sie als Weltanschauungsapostel, einer Weltanschauung, die den Staat patriotisch überhöht, einen Staat, der ganz bewusst und gezielt einen nationalen Erinnerungskult pflegt (und finanziert), und dabei alle problematischen geschichtlichen Ereignisse möglichst fernhält. Das ist wie mit der interessengeleiteten Kirchengeschichte, die Herrn Deschner ausblendet.
Aber Vorsicht beim Lesen des empfohlenen Artikels[2]! Der Autor ist – wie auch ich – Theologe.
Solche Leute können nur voreingenommen sein. Ihnen ist nicht über den Weg zu trauen.
[1] »Diese Anführer [gemeint sind radikale Islamisten ds] übertragen höchst unflexible und rückwärtsgewandte Eigenschaften ihres Glaubens in ein Europa, das immer noch die Narben aus Glaubenskriegen von vor einem halben Jahrtausend trägt. Das ist ein Kampf grundsätzlicher Gegensätze in einer Gegend, deren Bevölkerungszahlen schrumpfen, und viele durch Überlegungen den Glauben an den Glauben verloren haben – und nun werden sie mit der Vitalität, demographisch wie religiös, eines unendlichen Stroms von Einwanderern mit einem unerschütterlichen Glauben an den Glauben konfrontiert. Wer, wie Atlantic Monthly 2005, die Frage nach einem “Islamischen Europa” stellt, übertreibt nicht (Savage, 2004). Europas wirtschaftliche, politische und soziale Zukunft ist mittlerweile unauflösbar verknüpft mit der Vergangenheit von Süd-West Asien.« aus: Harm de Blij, The Power of Place, Oxford University Press, Oxford, New York 2009, Übersetzung Dierk Schäfer.
[2] http://www.theeuropean.de/steve-kennedy-henkel/9534-laizismus-als-modell-fuer-deutschland
Warum soll ich glauben??? – Vielleicht gehört das nicht hier hin. – Ich frag ja nur! – Denn das, was ich einmal geglaubt habe, hat einen großen Anteil an dem, was in mir zerstört worden ist. Wenn ich das Wort Glauben (im religiösen Sinn) höre oder lese, schüttelt es mich ab und an.
Das ist wirklich ein anderes Thema. Hier geht es nur um die Rolle von Religionen (Plural) in Staat und Gesellschaft. Der strikte Laizismus à la française im Verbund mit Patriotismus als säkulare Staatsreligion hat sich als untauglich erwiesen.
Was Sie selber glauben wollen – von sollen kann nicht die Rede sein – ist ihre freie Entscheidung und hängt mit Ihrer Einschätzung der Glaubwürdigkeit von Glaubens-„angeboten“ zusammen.
Sie sollten, Herr Schäfer, Ihren werten LeserInnen auch die Kommentare zum o.g. Artikel an Herz legen. Mir gefallen hat besonders der wortgewaltige und kluge Wolfgang Brosche, dessen Kolumnen man in The European. Das Debattenmagazin finden kann. http://www.theeuropean.de/wolfgang-brosche
Viel Spaß dabei!
Herr Schäfer Sie schreiben:
„Diese Religion muß in das Staatsgefüge eingebunden und damit auch gebunden werden. In Deutschland war das mit dem Christentum ein langer, mühseliger Prozess, der mit dem Islam steht auch uns noch bevor.“
Nein die Religion muss nicht in das Staatsgefüge eingebunden werden, sie muss sich lediglich an`s Grundgesetz halten und ich bin nicht der Meinung, dass dieser Prozess im Christentun abgeschlossen ist.
Da muss man doch nur lesen was Kardinal Joachim Meisner im Fastenhirtenbrief von 2011 schrieb:
http://www.kath.net/news/30569/print/yes
Liest man dann die Auslegung des Vortrages von Gabriele Kuby am 19. März 2011 wird endgültig klar was gewollt bzw. nicht gewollt ist.
http://www.gabriele-kuby.de/wortmeldungen/die-sexualisierte-gesellschaft/?type=98
Das passt nun wirklich nicht mehr in unserem Zeitgeist und grenzt zudem Menschen anderer Orientierung aus. Also nichts Neues bei unseren Religionen und da muss man nun wirklich nicht meinen nur der Islam müsse sich entwickeln. Nur allzu schnell wird das, was in bestimmten Ländern an Verbrechen geschieht mit dem Islam verbunden, aber das ist nicht richtig. Man sollte diese Länder (beispielsweise Saudi Arabien) als das betrachten was sie sind, totalitär, die ihre Verbrechen auch noch mit einer Religion legitimieren.
Ich sehe zwar in der Verbannung der Religion nicht die Lösung wesentlicher Probleme, aber auch umgekehrt werden Religionen Probleme nicht lösen.
Hier in Darmstadt hat vor wenigen Tagen ein pakistanischer Mann seine Tochter umgebracht und sie im Rollstuhl der Großmutter in einem Wald/Gebüsch wie „Abfall“ abgelegt. Steht denn irgendwo im Koran, dass man seine Kinder umbringen darf, wenn sie nicht tun was die Eltern wollen? Ich denke nicht, auch wenn ich den Koran nicht gelesen habe. Aber mir kommt es so vor, als wenn man aus „seiner“ Religion die eigenen Vorstellungen und Vorteile zieht, Macht ausüben will und solange man sich hinter seiner Religion „verstecken“ kann wird das auch nicht aufhören. Ich habe auch den Eindruck, dass alle Religionen sehr männliche Denkweisen beinhalten, also es „menschelt“ aber schon mächtig bei den Religionen und schon Paulus sagte: „das Weib schweige in der Gemeinde“ (hm so ähnlich).
Hier in Deutschland gilt das Grundgesetz und nicht die Religionen und das ist auch gut so. Jeder soll nach seiner Religion leben dürfen, aber es macht wenig Sinn nun die eine oder andere Religion miteinander zu vergleichen oder gar als besser oder schlechter werten zu wollen.
Herr Schäfer Sie schreiben:
„Nicht dazu gehören Sexualverbrechen, die gehen auf das Konto der jeweiligen Täter.“ Ich frage mich da schon ob es im Schutze der Kirche nicht auch begünstigende Momente gibt. Ein Sexualtäter hat in erster Linie bei seinem Verbrechen die Lust an Macht und wenn man sich die Strukturen in der katholischen Kirche anschaut ist sie sehr hierarchisch geprägt und funktioniert auch vielfach nur auf Unterordnung, Gehorsam und Unterdrückung. Das muss sich ja dann auch an anderer Stelle „entladen“, weil kein Mensch auf Dauer in dieser Form der sog. „Demut“ leben kann.
Jeder soll seine Religion leben dürfen, aber sich hier in Deutschland an das Grundgesetz halten, das gilt für alle Religionen.
Wunderbar, Erika!
[…] [1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/28/laizismus-als-losung-vieler-probleme/#comments […]
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