Dierk Schaefers Blog

Auge um Auge für den Rechtsfrieden?

Posted in heimkinder, Kinderheime, Kindeswohl, Kirche, kirchen, Kriminalität by dierkschaefer on 28. Juli 2016

Zunächst ging es um Hass, allgegenwärtig in den „sozialen“ Medien, so auch in meinem Blog.[1]

Ein Kommentator tat unschuldig: »Was ist falsch an meinen Aussagen? Die Diakonie belegt doch immer noch und immer wieder genau das, was ich ihr vorwerfe.«

Dabei hatte ich seine Sachaussagen nicht bezweifelt und lediglich auf seine (verständliche) Voreingenommenheit hingewiesen.

„Hass ist eine menschliche Emotion scharfer und anhaltender Antipathie“ zitiert er aus einem früheren Post von mir[2], in dem ich, wie auch im aktuellen, begründeten Hass als legitim bezeichnet hatte. Dort hieß es aber auch: »Dennoch darf ich darauf hinweisen, dass Hass blind macht.« Diesen Gedanken hatte ich im neuen Post aufgegriffen. Er antwortet, o Wunder, mit einer biblischen Begründung: »Ich berufe mich auf das Alte Testament: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, heißt es da (lassen Sie das streichen, wenn es falsch ist!). Genau danach handele ich!«

Aber nein, warum sollte ich das streichen wollen. Das ius talionis[3], das Vergeltungsrecht ist ein juristischer Fortschritt gewesen. Es hat den Vergeltungsexzess, die Blutrache[4] eingehegt und Rechtsfrieden ermöglicht.[5] Es war eine logische Entwicklung, dass dem Geschädigten eine Sachentschädigung für sein ausgeschlagenes Auge wichtiger war als das Auge des Gegners.

Nun ist mir der Kommentator bekannt als verbal-rücksichtsloser und damit erfolgreicher Vertreter der Interessen von ehemaligen Heimkindern. Ich schätze das an ihm.[6] Würde er das nur rein instrumental machen, wäre er ein ausgebuffter Verhandlungspartner, der – wenn er denn Rachegefühle hat – seine Rache kalt genießt[7]. Tut er aber nicht. Auch das sei ihm zugestanden. Nicht nur weil sein Hass legitim ist, sondern auch, weil er nicht dafür verantwortlich ist, dass eben kein Rechtsfriede[8] erreicht wurde. Es gab keinen fairen Vergleich, keine halbwegs angemessene Entschädigung. Die Täternachfolger konnten frohlocken so billig davongekommen zu sein. So bleibt den ehemaligen Heimkindern nur das Lecken ihrer Wunden oder aber der gedankliche und der verbale Vergeltungsexzess.

Schade. Die einen sind verstummt und die wenigen anderen schlagen wild um sich und sind unfähig, nur ganz gezielt zuzuschlagen. Wer nicht in der Lage ist, zu differenzieren und auf Argumente einzugehen, macht es seinen Gegnern leichter als sie es verdienen.

Mein Kommentator hatte sehr schnell kommentiert. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er meinen Post mit all seinen Fußnoten gelesen hat. Wir mögen uns zwar beide, aber ich fürchte, dass für ihn auch bei meinen Beiträgen gilt: »Es ist die Mühe nicht wert, Ihren PR-Artikel ernsthaft zu zerlegen.« Er ging auch jetzt auf keines meiner Argumente ein.

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/07/27/ecrasez-linfame-hasskommentare-meinem-blog/

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/01/14/hass-ist-eine-menschliche-emotion-scharfer-und-anhaltender-antipathie/

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Talion

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Blutrache#Archaische_Wurzeln

[5] Ein interessanter theologischer Gedankengang dazu: http://www.christundwelt.de/detail/artikel/warum-es-die-hoelle-nicht-geben-darf/

[6] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/05/27/rotzfrech/

[7] Was sonst als unschöner Charakterzug zu bewerten wäre, ist in solchen Fällen zugestanden, wäre in dieser „abgespeckten“ Form des Hasses auch aus psychohygienischen Gründen zu empfehlen. http://www.pressenet.info/beratung/kaltschale.html

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsfrieden

3 Antworten

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  1. Werner Bösen said, on 31. Juli 2016 at 18:51

    Hass ist nur ein Gefühl, doch über was?
    „Wenn wir einen Menschen hassen, so hassen wir in seinem Bild etwas, was in uns selber sitzt. Was nicht in uns selber ist, das regt uns nicht auf“ (Hermann Hesse).
    Es geht um das gewisse Etwas. Das Etwas ist eine Handlung, ein Missbrauch des Opfers, ein Gebrauch für den Täter. Die Beweislast liegt beim Opfer. Ist der Beweis erbracht sollte eine Wiederholung für den Täter ausgeschlossen werden. Wenn sich an dem Etwas jedoch nichts ändert, d.h. Missbrauch weiterhin möglich ist, dann bleibt auch das Hassgefühl.
    Das Etwas ereignete sich in einem Kinderheim. Das Kinderheim wird jedoch nicht in Frage gestellt, weil sich der Staat nicht anders zu helfen weiß. Also bleibt alles beim Alten, der Täter wird nun noch trickreicher versuchen, nicht erwischt zu werden, dem Opfer wird es schwieriger, den Beweis zu erbringen. Die einzige Lösung ist daher, dem Etwas den Boden zu entziehen, es aufzulösen. Es geschieht offenbar leider nicht. Der Hass bleibt und weitet sich aus, er eskaliert und endet im Chaos, in der Zerstörung, zumeist in der Selbstzerstörung des Opfers, denn der Täter bleibt zu stark. Jene Opfer, die aus eigener Kraft schafften zu überleben und ihr Lebensdasein erträglich gestalten, möchten oft gegen das Etwas ankämpfen und begrenzen sich auf Entschädigung ohne die Ursache des Etwas beseitigen zu können. Der Hass bleibt.
    Jene die zur Auflösung des Etwas beitragen und dabei Fortschritte erzielen, brauchen keinen Hass mehr, denn das Etwas gibt es nicht mehr, oder?
    „Wenn ein begabtes Kind Jahre und Jahre, eine ganze Jugend lang, vergewaltigt, geschlagen, verschüchtert, verängstigt worden ist, wenn dann ein edler Retter kommt und dieses Kind plötzlich befreit, so darf er von dem Kinde nicht erwarten, es werde nun vor allem den heilen Wunsch äußern, Amtsrichter zu werden oder sich sonst nützlich zu machen. Vielleicht zündet es auch zuerst ein Haus an oder macht andere Streiche“ (Hermann Hesse).
    Es sind Erinnerungen irgendwelcher Art an frühere Misshandlungen, die in der Psyche als Trigger wirken und Unheil bewirken können. Es ist im übertragenen Sinne jedoch nur der insgeheime Wunsch, das ehemals Erlebte nicht wiedererleben zu wollen, doch die Angst zerstört, manchen lähmt sie. Die Heilung braucht Zeit, auch die Beseitigung des Nährbodens für den kindlichen Missbrauch sofern die Ursache erkannt wird. Wissenschaftler erkennen dies, doch der Politik sind die Gegenmaßnahmen für die Gesellschaft oft zu teuer.

  2. ekronschnabel said, on 2. August 2016 at 12:12

    Lieber Herr Schäfer,
    wenn ich auf Ihre Fußnoten nicht eingehe, dann hat das seine Gründe, die in der Abgebrühtheit der Kirchenfürsten zu finden sind. Ich müsste ja versuchen, mit diesen Typen, die jegliche Menschlichkeit gegenüber ihren Opfern vermissen lassen, von Mensch zu Mensch zu sprechen. Geht nicht, versuchten wir vor Jahren. Nochmals: Ich will nicht zu den Gutmenschen gerechnet werden, ich hatte genug Leiden durch die
    Gutmenschen von Kirche und deren Tochter Diakonie zu betrachten – und selbst zu erdulden. Sie machen da
    eine Art Ponyhofdenke, wenn Sie meinen, die Opfer sollten sich weiterhin um die Täternachfolger bemühen.
    Stecken Sie ab und zu mal den Diagnostiker in den Rucksack, dann kommen Sie drauf, dass ich gezielt ungezielt auf die immer noch Scheinheiligen losgehe. Weil ich lernte – und es an den Reaktionen der Typen
    merke – dass sie nichts mehr fürchten, als den Panger.

    Die Quittungen kamen ja, die Mitglieder treten aus der Kirchenbande aus, die selbsternannten Fürsten schreien schon kläglich auf.

    Hörten Sie jemals getretene, geschlagene und vergewaltigte Kinder in Diakonie-KZ’s qualvoll schreien? Nee,
    hörten Sie nicht. Tausende Opfer hörten es tagsüber und nachts, sie schreien in den Träumen – und die schmierigen Täternachfolger lachen über den gelungenen Betrug. Feiner Laden, diese Kirche, muss man schon sagen…die muss man einfach mögen…wenn man bescheuert ist!

    Der gedankliche und verbale Vergeltungsexzess wirkt besser als ich dachte, auch Sie gehen damit nicht ganz freidenkend um. Ziel erreicht, wenn die Verwalter der Mafiazentrale mit Kreuz im Logo als Ganoven erkannt werden. Begehen Betrug an ihren Opfern und lallen sonntags christliche Werte (welche bitte?) von der Kanzel. Und über diese Handelsvertreter soll man nicht lachen? Schön ist, dass die Menschen sich nicht mehr vor dieser Mafia ducken.

  3. […] Menschlichkeit gegenüber ihren Opfern vermissen lassen, von Mensch zu Mensch zu sprechen.“ [ https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/07/28/auge-um-auge-fuer-den-rechtsfrieden/#comment-7546 ]. Herrn Kronschnabel sehe ich das nach, Herrn Dr. Schneider […]


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