Volk ohne Stauraum
Wieso? Der Verkehrsfunk meldet doch immer kilometerlange Staus auf den Autobahnen. Jede Menge Stauraum. Richtig, aber hier geht es um den privaten Stauraum – und der reicht nicht aus.
Das mit der Mülltrennung und dem Gelben Sack war schwierig genug, doch das haben wir einigermaßen hingekriegt nach dem Motto: Raum ist in der kleinsten Küche.
Aber nun das: Haben Sie Platz für drei Six-Pack Mineralwasser pro Person? – jede Flasche mit 1,5 Liter. Bei einem Dreipersonenhaushalt sind das 9 Six-Packs, mehr als eine Lage auf der Discounterpalette. Ja, kann man auch stapeln. Doch dann wird’s schwierig. Der Vorrat soll umfänglich erhalten bleiben. Was Sie verbrauchen, müssen Sie nachladen, also die neuen Sixpacks immer nach unten. Doch der Wasservorrat allein reicht nicht. Wenn Sie noch nicht in der Zeitung gelesen haben, was Sie für den Notfall alles brauchen, um zwei Wochen zu überleben, dann fordern Sie doch beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Broschüre an: http://www.bbk.bund.de/SiteGlobals/Forms/Warenkorb/BBK/DE/Warenkorb_Formular.html?cart4256416=%2B1 . Dort erfahren Sie, was Sie alles brauchen, und das ist viel mehr, als reines Wasser. Und alles muss „umgewälzt“ werden: Erst das Alte verbrauchen und das Neue alt werden lassen. Aber wohin damit, wird nicht gesagt.
Doch auch das ist nicht alles.
Ihre Normalvorräte, durchschnittlich für etwa drei Tage ausreichend, wie man liest, Ihre Normalvorräte also lagern größtenteils im Kühlschrank und im Tiefkühlschrank. Stromausfall gehört zu den meisten Notfallszenarios. Also brauchen Sie ein Notstromaggregat. Das paßt notfalls in die Garage, wenn Sie eine haben. Doch der Dieselvorrat dafür darf dort nicht mit rein, selbst wenn Platz wäre. Von dieser sinnvollen Vorsichtsmaßnahme ist aber gar nicht die Rede. Denn dann würden die Leute merken, was für realitätsferne Ratschläge auf sie niederprasseln.
Wer soll das verstauen, wer hat so viel Platz?
Das Volk ohne Stauraum reicht bis hoch in die Mittelschicht hinein. Selbst in einem Häuschen à la Helmut Schmidt[1] dürfte kaum Platz für die erforderlichen Vorräte sein. Dann vielleicht doch die Garage? Wer keine eigene hat, also all die Menschen mit oder gar ohne Tiefgaragenstellplatz, ist genau so dumm dran, wie ein Obdachloser. Da wären sicherlich auch manche MdB betroffen. Wissen die das schon? Sie sollten eine Garage mit Notstromaggregat beantragen Wo: Beim Innenministerium, dort im Bundesamt … Wo? Ach Sie wissen ja schon, wer sich über uns lustig macht.
So steht es mit der Privatisierung staatlicher Aufgaben: Man ist selbst der Dumme.
Ganz dumm dran sind die ganz Armen – wie immer. Die sollen laut Sozialministerium wie jedermann die Zusatzkosten so nebenbei rausschwitzen. Nach Schätzungen für einen Dreipersonenhaushalt ein halber Tausender. Für uns Bessergestellte kein Problem – vom Raum abgesehen. Aber die auf das Existenzminimum reduzierten Sozialhilfeempfänger[2] können das nicht, selbst wenn sie die schon abgelaufenen Lebensmittel bei der Tafel einkaufen. Steckt hinter dieser ministeriellen Lösung vielleicht gar ein Endlösungsgedanke? Sind Sozialschmarotzer[3] nicht verzichtbar? Nach den Vorgaben werden sie eine länger anhaltende Katastrophenlage nicht überleben. Die können wir also abschreiben, das erleichtert uns anderen den Neustart nach der Katastrophe. Wir sind dann auch die Obdachlosen los, auch die Alten in den Heimen, weil das Heimbudjet solche Sonderausgaben nicht vorsieht.
Was tun?
Wer Sozialhilfe bezieht und Wohngeld, sollte bei seinem Sozialamt den Antrag stellen, den Flächenbedarf neu zu berechnen. Denn die zusätzlichen Quadratmeter für die nun heiß empfohlenen Vorräte sind bisher noch nicht berücksichtigt worden.
Ohnehin sollte dieser Bedarf in die Bauordnungen aufgenommen werden, ein Autostellplatz pro Wohnung ist ja auch drin.
Ein Vorschlag ohne großen Platz- und Finanzbedarf: Kinder kauft Kämme, ’s kommen lausige Zeiten.
[1] Strauss machte sich darüber lustig.
[2] https://www.jungewelt.de/2016/09-01/028.php + https://deutsch.rt.com/inland/40203-kein-notvorrat-fur-hartz-iv/
[3] Die Nazis sprachen von Ballastexistenzen https://de.wikipedia.org/wiki/Ballastexistenzen . Immerhin wissen wir nach dieser Sozialabsage nun, auf welchen Denkhorizont wir uns hinbewegen.
Na, lieber Herr Schäfer,
was die fehlenden Lagermöglichkeiten für Notrationen angeht, kann ich mit einem Lösungsvorschlag dienen:Kirchen bieten ausreichend Platz, lassen sich kostengünstig mit Hochregalen ausstatten. Ich kann
sogar eine Firma anbieten, die das Equipment und die Logistik für das komplette Paket der Lagereinrichtung
und -bewirtschaftung bietet – bis hin zum Mobilkran mit 1.350 t Hubkraft, falls Großfamilien große Mengen
bewegen lassen möchten. Ja, genau DIE Firma…die hat sogar Erfahrung in der Montage von Windrädern, wie sie die bestdotierten Deppen aus der Politik drehen.
Ihr Kommentar spricht mir aus der Seele, aber ich weiss auch, dass er die (un)verantwortlichen Pappnasen
der Legislative nicht erreicht. Typen wie die Nahles sind selbst mit kochendem Wasser nicht mehr abzubrühen.
Er kann nicht anders, der Erich Kronschnabel. Ist er mal nicht rotzfrech, muss er dennoch provozieren – wenn’s auch in diesem Falle Frotzelei ist.
Die Kirchen als Stauraum. Gestern war ich im Ulmer Münster und habe mir die Kronschnabel-Endlösung für Kirchenräume vorgestellt. Ja, in eine solche Kirche würde man ihn reinkriegen; es würde ihm sogar Vergnügen machen, seinen altbösen Feind dermaßen abgefüllt zu sehen. Viele würden ihm beipflichten, die nicht umhin können, den Blog eines Pfarrers mit unflätigen Grafitti auszumalen, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Ich lese das alles – ohne Vergnügen.
Doch zur Sache: 10 Jahre lang hat mein Kollege Wolfgang Kilger Institutionen und Personen zur Tagung „Kirche, Krise, Katastrophe“ einberufen. Es ging darum, die kirchlichen Ressourcen für Krisen und Katastrophen zu erfassen und nutzbar zu machen. In der Zeit des kalten Krieges machte er sich damit angreifbar, denn die Haltung vieler Kollegen war: wer die Katastrophe durch Planungen vorbereitet, bereitet den Krieg vor. Ich teilte diese Meinung nicht. Als seine Zeit vorbei war – und auch die des kalten Krieges, konnte man endlich, gegen manchen Widerstand, auch in dieser Landeskirche die Notfallseelsorge etablieren. Ich gebe den Link dazu: https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2015/03/notfallseelsorge1.pdf . Wer diese Dinge nicht lesen will, weil ihn Kirche ausschließlich als Feindbild interessiert, der lasse es: Nur wäre es angemessen, dann auch den Mund zu halten, – was nicht ausschließt, dass natürlich jeder über seine schlechten Erfahrungen mit Kirchens in diesem Blog schreiben kann, aber bitte jeweils zu konkret abgegrenzten Schandtaten.
Es gehört zur Tradition der Verbundenheit von Kirche, Staat und Gesellschaft, dass die Kirchen in den meisten Notfällen hilfsbereit waren. Angefangen von den „Wehrkirchen“ https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrkirche , der Gewährung von Kirchenasyl (bis in unsere Tage). Die Nutzung der Kirchen für bestimmte Erntearbeiten war selbstverständlich, wenn kein anderer geeigneter Raum zur Verfügung stand und selbst für Blüchers Rheinübergang 1814 war die Kirche in Kaub der Versammlungsraum für die Vorbesprechung. https://de.wikipedia.org/wiki/Kaub#Bl.C3.BCchers_Rhein.C3.BCbergang_1814 . Das letzte Beispiel zeigt nur, dass die Verbindung von Thron und Altar durchaus problematisch sein kann, sowohl das berüchtigte „Gott mit uns“ auf den Koppelschlössern, als auch innenpolitisch die Funktion der Kirche gegen die Sozi-Gefahr mithilfe der Innenren Mission, später hieß sie Diakonie.
Es gibt eben nicht DIE Wahrheit, sondern durchaus verschiedene.
Wohl unproblematisch ist die Fremdnutzung der Bad Boller Kirche durch ihren Pfarrer. Da waren vor drei Jahren die Planen der Verkaufsstände nass geworden: https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/10140169926/in/album-72157605018452539/