Dierk Schaefers Blog

Die Erinnerung soll ein Bruder sein? Doch wohl eher eine Schwester.

Aber vorweg: Ich habe nichts gegen die Katastrophenhilfe der Diakonie, spende darum auch hin und wieder.

Aber das Deckblatt dieser Werbebroschüre ist selber fast schon eine Katastrophe.img 13520.jpg

Aus zweierlei Gründen.

  1. Erinnerung ist rein sprachlich gesehen weiblichen Geschlechts. Nur ein sprachlich völlig unsensibler Mensch wird ihr eine Bruderrolle zusprechen wollen.
  2. Schlimmer noch ist allerdings die mangelnde Sensibilität für die Opfer Diakonischer Einrichtungen in der Vergangenheit. Ihre Erinnerung an die Erlebnisse in den Kinderheimen, an Demütigung, Zwangsarbeit, Misshandlung, Missbrauch und an eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten, diese Erinnerungen ließen einmal die Hoffnung aufkeimen, die Opfer würden angemessen entschädigt und ihnen bliebe im Alter ein weiterer Aufenthalt in einem Heim möglichst erspart. Doch diese Hoffnung wurde am Runden Tisch für ehemalige Heimkinder brutal abgewürgt.

Im Editorial der Broschüre wird Charles Dickens zitiert: „In der kleinen Welt, in der Kinder leben,  wird nichts so genau wahrgenommen und gefühlt wie Ungerechtigkeiten.“ Man hätte seine Klassiker früher beherzigen soll. Nun fällt einem so ein Spruch auf die Füße.

Meine Frau sagte, was werden wohl die Heimkinder zu diesem Deckblatt sagen?

Ja, dieses Deckblatt ist ein Verdeckblatt. Sicher wird man der Diakonie u.ä. Einrichtungen nicht abverlangen können, bei jedem Auftritt vorweg ein Schuldgeständnis abzulegen. Doch die mangelnde Sensibilität lässt den Schluss zu, dass es mit dem Schuldbewusstsein nicht weit her ist und wohl eher ein Lippenbekenntnis hervorgebracht hat, um unbeschwert in die Zukunft gehen zu können. Doch diese Hoffnung trügt. Sie hat eine Schwester – und die heißt Erinnerung.

Dazu:

https://dierkschaefer.wordpress.com/2017/09/24/das-geheimnis-der-versoehnung-heisst/

https://dierkschaefer.wordpress.com/2017/09/27/das-geheimnis-der-erloesung-heisst-erinnerung/

Demnächst auch hier im Blog: Erinnerung und Identität – Zur Bewältigung deutscher Vergangenheit in einem veränderten gesellschaftlichen Kontext, von: Dierk Schäfer, Deutsches Pfarrerblatt – Heft: 9/2018, http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=4563

3 Antworten

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  1. ekronschnabel said, on 28. August 2018 at 13:50

    Mal von der Verwechselung des Geschlechtes abgesehen:
    Der Titel der Broschüre belegt die Dummheit der Diakonie. Sie wünscht sich die Erinnerung – und ist in ihrer Schafsblödheit nicht in der Lage zu erkennen, dass GENAU DIE ERINNERUNG die Opfer von Kirche und deren Tochtergesellschaften wie Diakonie fern hält!

    In der Erinnerung von Kirchenopfer gibt es nur einen schenkenden Gott und der schenkte: Demütigung, Misshandlung, Zwangsarbeit und Prügel. Und ein Teil der Kinder wurde auch noch Missbrauchsopfer. Auf derlei
    „Geschenke“ hätten die Kinder nur zu gerne verzichtet.

    Wer zu den Geknechteten und Vergewaltigten zählt pfeift auf Hoffnung, leidet unter furchtbaren Erinnerungen. Sie kommen nachts, sie reissen dich aus dem Schlaf, sie nehmen dir die Luft, du schreist deine Angst vor der geilen Drecksau mit Titel Diakon heraus – und wenn du Glück hattest, wachst du in den dich haltenden Armen deines Partners auf. Und irgendwann, wenn sie gross genug sind um zu verstehen, fragen auch deine Kinder nicht mehr, warum der Vater/die Mutter nachts manchmal so schreit. Du siehst es in ihren Augen, du siehst das Mitleid, die Zuneigung, die Liebe und auch die Verschrecktheit. Und erlebst, dass sie bei dem Wort Kirche nur
    Hass zeigen. Du leidest darunter wie ein Hund, weil du erkennst, dass die Täterschweine auch deine Kinder
    erreichten.

    DIE VERBRECHERISCHEN SCHWEINE DER DIAKONIE MACHTEN AUCH MEINE KINDER ZU OPFERN!

    Das, liebe Frau Schäfer, denkt ein Heimkind, wenn es solch ein beschissenes Titelblatt wie das hier gezeigte sieht.


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