Sally Perel, der „Hitlerjunge Salomon“ ist tot.
Gern und voll Hochachtung denke ich an diesen bemerkenswerten Menschen, eine bemerkenswerte Persönlichkeit und ein bemerkenswerter Lebenslauf.
Ich habe Sally Perel mehrfach erleben dürfen, sogar mit meiner Familie und ihm einen Ausflug gemacht. Dadurch habe ich ihn mehrfach mit seiner Geschichte gehört. Seine Berichte changieren ein bißchen in der Wortwahl, sind aber in den Grundzügen überprüft: „… es wurde auch in einigen Medien behauptet, dieser alte Herr dort in Israel — damit meinte man mich — hat diese Geschichte erfunden. Um das zu beweisen, haben mich zwei deutsche Zeitschriften aus Israel nach Deutschland eingeladen, der Stern und der Spiegel. Unter anderem ist es ihnen gelungen, die Adresse des Soldaten ausfindig zu machen, der mir damals gegenüberstand und mich fragte, ob ich Jude bin. Wir haben ihn bei sich zu Hause besucht. … Die Journalisten fragten ihn: »Herr Weidemann« – so heißt er – »erinnern sie sich noch an diesen Moment?“«. Er sagte: »Ja, natürlich. Ich war mit ihm fast ein Jahr in derselben Wehrmachtseinheit.«“ https://dierkschaefer.wordpress.com/2018/09/02/erinnerung-und-identitaet/ , Fußnote 1.
Da sind wir schon in seiner dritten Lebensphase. Die erste war ganz normal: Ein jüdisches Kind, – bis er aus der Schule flog, weil er Jude ist. In der zweiten Phase war er ein begeisterter Hitlerjunge, in der dritten Phase durfte er wieder Jude sein bis er nach einer inneren Quarantäne von 40 Jahren seine Geschichte erzählen konnte.
Doch was rede ich. Wer seinen Film nicht gesehen hat, lese im Anhang, was er in der Akademie berichtete, denn im Jahr 2000 referierte er auf unserer Kriegskindertagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Zu den Tagungsteilnehmern war auch meine Frau mit sämtlichen Grundkursschülern Religion ihres Gymnasiums gestoßen. Das war Sally Perel wichtig, er wollte junge Menschen erreichen. So kam er bis ins hohe Alter nach Deutschland und erzählte seine erstaunliche Geschichte in Schulen, denn die Jugend wollte er erreichen um sie zu wappnen gegen den braunen Ungeist, der sich schon wieder breitmachte. Als er von sechs Schülern mit dem Hitler-Arm-hoch begrüßt wurde, sagte er: Ihr wollt in die Hitlerjugend? Dann fragt mich. Ich war dort. Zum Schluss ließen sie sich sein Buch signieren.
Doch nun sein Vortrag (Quelle: Dokumentation zur Tagung „Kriegskinder gestern und heute2 vom 17. – 19. April 2000, Nr. 12/2000, ISSN 0170-5970)
Wie sehr hat doch Kant die Fachwelt beeinflusst und manch Pädagoge gab denn auch nur die halbe Wahrheit zum Besten. Kant sagte auch, dass das Böse im Menschen nicht zu tilgen sei. Insofern gehört Lügen zum Menschsein dazu. Kant versuchte jedoch seinem Monarchen, König Friedrich II. und sich selbst als Pädagoge, der er auch war, zu genügen und tat mithin alles, das Regieren/Erziehen erleichtern zu helfen. Dazu gelang ihm die Formulierung des komparativen Imperativs „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Im Kinderheim lernte ich den Satz: Was Du nicht willst dass man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu!
Etwas Besseres konnte sich kein König/Erzieher wünschen, denn das Regieren/Erziehen läuft dann ganz von selbst. Aber es ist nur eine Theorie zum perfekten Menschsein bzw. die Kritik an der reinen Vernunft. Drum lernte ich schon im Kinderheim das sog. 11. Gebot kennen: Du sollst Dich nicht erwischen lassen. Dies gehört zur Bejahung des Lebens dazu und keine Selbstaufgabe, kein Märtyrertum. Natürlich fällt einem Kind das Lügen anfangs recht schwer, doch die Erwachsenen, insbesondere auch die Berufstätigen, zeigen wie es geht, das Überleben.
Hallo Herr Schäfer, wir kennen uns, ich habe ihre Berichte immer verfolgt und freue mich, das Sie über
Sally Perel berichtet haben, seine Erlebnisse habe ich schon mehrmals gelesen. die Erlebnisse von
Sally Perel sind ja auch in meiner Zeit geschehen, ich bin 1934 geboren und kam 1936 mit meinen 6 Geschwistern in verschiedene Anstalten, wir haben uns bis 1960 nicht gesehen, nach Kriegsende, bin ich aus dem Heim Ausgerissen und habe mich durchgeschlagen. Heute kann ich hier berichten, Danke.