Dierk Schaefers Blog

Merkwürdiger Versuch der Stadt München mithilfe einer „unabhängigen Aufarbeitungskommission“ die Fälle von Missbrauch und Trauma zu klären. – Ein Gastkommentar von Vladimir Kadavy

„München leuchtete“, schrieb Thomas Mann in seiner Erzählung „Gladius Dei“. Gladius Dei heißt: Schwert Gottes.

Ob München immer noch leuchtet, beleuchtet Vladimir Kadavy in seinem Kommentar:

Die Stadt kommt nicht zu Potte

Wie man es auch nennen mag: Entschädigung oder Kompensationsleistungen. Die sollte es bereits ab Mitte 2021geben. Über Erst-Zahlungen ist die Stadt nicht hinausgekommen.

Nun sollen die abschließenden Zweit-Zahlungen von einer Kommission abhängen. „Sie soll die Aufarbeitung wissenschaftlich betreuen. Man ist aber noch auf der Suche nach Fachleu­ten.“

Währenddessen werden wir, die überlebenden Betroffenen älter und warten seit Januar 2021 darauf, dass die Stadt zu Potte kommt. Zahlungen waren immerhin schon zur Jahres­mitte 2021 durch die Stadt angekündigt, aber erst im Spätherbst 2021 nahm das von städti­schen Angestellten durchtränkte aufarbeitende Gremium seine „unabhängige“ Tätigkeit auf, – während Jugendamt und Stadtrat darauf warten können, dass wir abtreten. Darauf besteht angesichts des Altersdurchschnitts der Betroffenen (plus minus 75 Jahre) und der Proble­ma­tik, eine wissenschaftlich aufarbeitende Institution zu finden, eine berechtigte Hoffnung. Einer meiner missbrauchten Verwandten ist bereits tot, ein anderer schwer erkrankt, zwei weitere aus dem Umkreis unserer Recherchegruppe sind in einem desolaten körperlichen und psychischen Zustand. Es findet also ein edler Wettstreit zwischen Altern und Hinauszögern statt. Dreimal darf man raten, wer aus diesem Wettkampf als Gewinner hervorgeht. Darum also auch kein Wort über transgenerationelle Lösungen, d. h. Zahlungen an Angehörige. Das scheint nicht mal angedacht worden zu sein.

Wie steht es mit den in Aussicht gestellten Kompensationsleistungen, Herr Raab?

Ignaz Raab, pensionierter Kriminalbeamter, ist Vorsitzender der Münchner städtischen Aufarbeitungskommission. Ihn befragte Bernd Kastner, Journalist bei der Süddeutschen Zeitung, am 8. Mai 23 nach den in Aussicht gestellten Kompensationsleistungen:

„Wann wird über die endgültigen Summen entschieden?“ – „Noch ist offen, ob wir dafür den Abschluss der wissenschaftlichen Aufarbeitung abwarten.“

„Die hat immer noch nicht begonnen?“ – „Eigentlich sollte sie schon im letzten Sommer starten…..“

In dieser Art geht es weiter[1].

Was ist, wenn die Leute sterben?

Kastner hätte auch fragen können: Wie haben Sie bisher im Aufarbeitungsgremium die Zeit seit 2021 verbracht? Wenn in der Zwischenzeit schon viele gestorben sind, könnte sich die Stadt die Auszahlung der Zweitsumme ja sparen?

Weit gefehlt! Dazu Ignaz Raab: „Kürzlich haben wir an einen Betroffenen Soforthilfe ausgezahlt, und jetzt kam die Nachricht, dass er gestorben ist. Daran schließt sich die Frage an: Muss die Sofort­hilfe zurückgezahlt werden? Das muss der Staat einheitlich klären. Ich wünsche mir, dass es ins Erbe geht.“

Dafür sind wir Betroffene und unsere Angehörigen dem Vorsitzenden der Städtischen Auf­arbeitung sehr dankbar. Diese Frage, die er hier aufwirft, kann natürlich nur geklärt werden, wenn jeder Betroffene gegenüber der Stadt nachweisen kann, dass er noch unter den Leben­den weilt. Ich sehe schon der Zusendung eines Formblattes entgegen, auf dem ich bestätige, dass ich noch nicht tot bin.

Der Oberaufklärer der Stadt räumt ein, dass solche Zahlungen grundsätzlich steuerfrei gestellt werden könnten, was aber seit Bestehen der Ausschussarbeit in zweieinhalb Jahren nicht voll­ständig geklärt ist: Hier brächte eine rasche Information der Überlebenden bzw. noch unter uns Weilenden rasche Hilfe.

Tja, so viel hätte gemacht werden können, was man der Öffentlichkeit besser vorenthält.

Die Stille der städtischen Aufarbeitung

„..um die städtische Aufarbeitung […] ist es ruhig geworden. Woran liegt das?“ „Wir arbeiten im Stillen, ohne mediales Aufsehen.“

Das mit der Unabhängigkeit, der Verschwiegenheitsverpflichtung und der aufarbeitenden Stille hat schon seine Vorteile. Endlich erschließt sich mir die Bedeutung der Unabhängigkeit des Ausschusses. Dazu gehört auch das Warten bis biologische Lösungen im Bündnis mit dem Verstreichen der Zeit dafür sorgen, dass die Arbeit des Ausschusses im Sande verläuft. So nicht nur meine Wahrnehmung.

Der Ruf nach dem Staat

Dass Herr Raab eine Intervention des Staates zur Aufarbeitung der Verbrechen sexuellen Missbrauchs fordert, ehrt ihn, aber was ist denn nun mit der Stadt? Was meint er denn eigentlich? Vielleicht kann man ihm nahebringen, dass auch die Stadt Staat ist. Kommunen unterliegen dem staatlichen Verwaltungsrecht. Insofern appelliert Herr Raab hier an die Aufarbeitung des Ausschusses, dem er vorsitzt. Ob er das wohl gemeint hat?

Soweit der Gastkommentar.

Wann wohl das Schwert Gottes zuschlägt?

Bei einem Spaziergang sah ich, dass es in München tatsächlich leuchtet: Der Erzengel Michael kämpft auf leuchtend goldenem Hintergrund. Er führt zwar kein Schwert, dafür aber eine Lanze. Ist es eine für Gerechtigkeit? Photo: Dierk Schäfer


[1] Hier der Link mit eingeschränktem Zugang, über den Sie im zweiten Schritt das ungekürzte Interview aus der SZ aufrufen können: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-missbrauch-kinderheime-aufarbeitung-ignaz-raab-1.5844370?reduced=true

Sally Perel, der „Hitlerjunge Salomon“ ist tot.

Posted in Deutschland, Geschichte, Gesellschaft, Kinder, Krieg, Kriegskinder, Leben, Nazivergangenheit, Zeitgeschichte by dierkschaefer on 3. Februar 2023

Gern und voll Hochachtung denke ich an diesen bemerkenswerten Menschen, eine bemerkenswerte Persönlichkeit und ein bemerkenswerter Lebenslauf.

Ich habe Sally Perel mehrfach erleben dürfen, sogar mit meiner Familie und ihm einen Ausflug gemacht. Dadurch habe ich ihn mehrfach mit seiner Geschichte gehört. Seine Berichte changieren ein bißchen in der Wortwahl, sind aber in den Grundzügen überprüft: „… es wurde auch in einigen Medien behauptet, dieser alte Herr dort in Israel — damit meinte man mich — hat diese Geschichte erfunden. Um das zu beweisen, haben mich zwei deutsche Zeitschriften aus Israel nach Deutschland eingeladen, der Stern und der Spiegel. Unter anderem ist es ihnen gelungen, die Adresse des Soldaten ausfindig zu machen, der mir damals gegenüberstand und mich fragte, ob ich Jude bin. Wir haben ihn bei sich zu Hause besucht. … Die Journalisten fragten ihn: »Herr Weidemann« – so heißt er – »erinnern sie sich noch an diesen Moment?“«. Er sagte: »Ja, natürlich. Ich war mit ihm fast ein Jahr in derselben Wehr­machtseinheit.«“ https://dierkschaefer.wordpress.com/2018/09/02/erinnerung-und-identitaet/ , Fußnote 1.

Da sind wir schon in seiner dritten Lebensphase. Die erste war ganz normal: Ein jüdisches Kind, – bis er aus der Schule flog, weil er Jude ist. In der zweiten Phase war er ein begeisterter Hitlerjunge, in der dritten Phase durfte er wieder Jude sein bis er nach einer inneren Quarantäne von 40 Jahren seine Geschichte erzählen konnte.

Doch was rede ich. Wer seinen Film nicht gesehen hat, lese im Anhang, was er in der Akademie berichtete, denn im Jahr 2000 referierte er auf unserer Kriegskindertagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Zu den Tagungsteilnehmern war auch meine Frau mit sämtlichen Grundkurs­schülern Religion ihres Gymnasiums gestoßen. Das war Sally Perel wichtig, er wollte junge Menschen erreichen. So kam er bis ins hohe Alter nach Deutschland und erzählte seine erstaunliche Geschichte in Schulen, denn die Jugend wollte er erreichen um sie zu wappnen gegen den braunen Ungeist, der sich schon wieder breitmachte. Als er von sechs Schülern mit dem Hitler-Arm-hoch begrüßt wurde, sagte er: Ihr wollt in die Hitlerjugend? Dann fragt mich. Ich war dort. Zum Schluss ließen sie sich sein Buch signieren.

Doch nun sein Vortrag (Quelle: Dokumentation zur Tagung „Kriegskinder gestern und heute2 vom 17. – 19. April 2000, Nr. 12/2000, ISSN 0170-5970)

Zur persönlichen Unabhängigkeit der Mitglieder der Anerkennungskommission der norddeutschen evangelischen Kirchen

Fazit: Bei aller von mir unterstellten persönlichen Ehrenhaftigkeit der Mitglieder: Unabhängigkeit sieht anders aus, sie muss auch für die Betroffenen glaubhaft sein.

Und hier geht’s zum PDF:

Denk ich an Kirche in der Nacht …

wie es weitergeht, wissen Sie. Auch wenn da Kirche steht statt Deutschland.

Doch warum Kirche? Warum schreibe ich das? Noch dazu als Pfarrer.

Weiter mit dem PDF:


Eine Jubeldenkschrift zum Firmenjubiläum – Das Stephansstift Hannover, Teil 4 von 4, „Was nicht in der Studie steht“- Die Autorinnen belassen den unwissenden Leser in schandbarer Unwissenheit.

Diese „Rezension“ begann mit einem drastischen Beispiel das nicht in der Studie genannt wird und auch keine vergleichbaren Vorkommnisse. Doch die gab es und man hätte sie unschwer finden können, wenn man wenigstens gegoogelt hätte. Dieses Versäumnis wiegt schwer, weil die Autorinnen aus ihren früheren Untersuchungen wussten, dass Misshandlun­gen und auch Missbräuche zumindest punktuell zu diesen „totalen Institutionen“ gehörten, in denen die Schutzbefohlenen der Willkür des zumeist nicht pädagogisch ausgebildeten Personals ausgeliefert waren.

Hier das PDF:

Eine Jubeldenkschrift zum Firmenjubiläum – Das Stephansstift Hannover, Teil 3 von 4: Die Bewirtschaftung der Bedürftigkeit

Seid klug wie die Schlangen[1] … auch bei den Finanzen.

Am Beginn stand die Idee vom barmherzigen Samariter, der einfach nur half.[2] Er sah sich zuständig im Gegensatz zu den Amtspersonen und (Schrift-)gelehrten. Der von ihm bezahlte Wirt gehörte sozusagen schon zu einem rudimentären Hilfesystem. Und wenn man das ausbaut?

Dann kommt man in der Moderne zur Bewirtschaftung der Bedürftigkeit.

Das Stephansstift ist ein Beispiel für die Geschichte so mancher der heutigen Sozialkonzerne. Die Autorinnen haben in ihrer Studie die Geschichte des Stifts ausführlich beschrieben[3], allerdings sehr unkritisch. Zwar sind sie nur bedingt zu kritisieren. Bilanzen lesen zu können gehört m. W. nicht zu den Studieninhalten von Historikern. Da müssen Spezialisten ran. Aber man sollte seine Grenzen bewusst wahrnehmen und dann Spezialisten heranziehen.

Das habe ich getan, denn auch ich kann keine Bilanzen lesen. Udo Bürger[4] hat sich die Bilanzen des Stephansstifts angesehen und damit wesentlich zu diesem faktengestützten Narrativ vom unaufhaltsamen Aufstieg dieser Einrichtung beigetragen.

Doch einige Fragen tauchen auch dem Laien auf: Warum, zum Beispiel, ist den Autorinnen die Expansion vom Stephansstift von seinen Anfängen bis hin zur Größe der „Dachstiftung“[5] keine Frage wert gewesen? Sie kannten die Bedingungen der Gemeinnützigkeit. Sie sind steuerfrei und dürfen deswegen keine Gewinne erwirtschaften.

Den so naheliegenden Fragen soll hier ansatzweise nachgegangen werden.

Da die Software von „wordpress“ wie wild die Formatierungen wechselt, folgt hier, nach den ersten Fußnoten, wieder die PDF-Version.

Demnächst geht es weiter mit dem abschließenden Teil 4 von 4.


[1] Jesus Christus spricht: Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben (Mt 10,16).

[2] Das war eine Idee. Sie funktionierte nur bei reichen Geldgebern als Absicherung für das Jenseits.

Beispiele:

„Ich, Nicolas Rolin, … im Interesse meines Seelenheils, danach strebend irdische Gaben gegen Gottes Gaben zu tauschen, […] gründe ich, und vermache unwiderruflich der Stadt Beaune ein Hospital für die armen Kranken, mit einer Kapelle, zu Ehren Gottes und seiner glorreichen Mutter.“

Oder die Fuggerei: Für das Wohnrecht gilt noch heute, Gebete für die Stifterfamilie zu sprechen:  „täglich einmal ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria für den Stifter und die Stifterfamilie Fugger. https://de.wikipedia.org/wiki/Fuggerei

Abgesehen von solchen Beispielen sah die Realität meist anders aus, wenn es keine vertragliche Verpflichtung für die Versorgung von Bedürftigen gab.( https://de.wikipedia.org/wiki/Altenteil, https://www.proventus.de/blog/aktuelles/altersvorsorge-damals-und-heute.html

[3] Die Seitenanzeigen in diesem Teil beziehen sich auf die Studie. Sie sind auch in Teil 2 von 4 in diesem Blog zu finden: https://dierkschaefer.wordpress.com/2022/09/25/eine-jubeldenkschrift-zum-firmenjubilaum-das-stephansstift-hannover-teil-2-von-4/

[4] Name verändert. Ich beanspruche Quellenschutz.

[5] Vorab das Organigramm: https://www.dachstiftung-diakonie.de/fileadmin/user_upload/20210715_Dachstiftung_Diakonie_Organigramm.pdf

Eine Jubeldenkschrift zum Firmenjubiläum – Das Stephansstift Hannover, Teil 2 von 4

Die Studie von Winkler/Schmuhl

Nach Vorwort, Dank und Einleitung geht der Gang chronologisch durch die Geschichte des Stifts. Ich folge dieser Gliederung und gebe die Inhalte in groben Zügen wieder.

Es geht um den Zeitraum von 1869 bis 2019. Schon der Beginn war turbulent: zeit- und sozialhistorisch, wie auch kirchengeschichtlich.

Zur Zeitgeschichte: Ich bin in Hannover aufgewachsen und zur Schule gegangen. Der „Übergang“ vom Königreich Hannover zur preußischen Provinz (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Langensalza )  war in der Schule nie ein Thema. Dass wir zwar Beutepreußen, aber derb lustig waren, kannten wir nur aus dem verballhornten Lied von den lustigen Hannoveranern: „und haben wir bei Langensalza die Schlacht auch verloren, dem König von Preußen, woll’n wir was scheißen, einen großen Hucken vor die Tür, lustige Hannoveraner, das sind wir.“

Nun ja, von den großen Zügen der Regionalgeschichte blieben wir unbeleckt. Unsere Lehrer wussten‘s wohl nicht besser. Auch unserem Religionslehrer war wohl manches unbekannt, so auch die ernsthaften Rangeleien zwischen Landeskirche und „Innerer Mission“ zu dieser Zeit. Mir bis dato auch.

Die Zeiten blieben turbulent. Hervorgehoben sei hier zunächst die enge Verbindung (man kann es auch Durchseuchung nennen) zwischen den Diakonen (reichsweit) und den Nazis und besonders der SA. Diakone waren auch Wachpersonal in den KZs („Das ist unser Dienst, Herr Pastor, stehen und warten, dass man einmal auf einen Menschen schießen darf. Sind wir darum Diakone?“). Und nach WKII stieg das Stephansstift wie ein Phönix aus der Asche zu ungeahnten Höhen auf.

Hier der Volltext dieses Teils meiner Rezension.

Eine Jubeldenkschrift  zum Firmenjubiläum –  Das Stephansstift Hannover, Teil 1/4

Mehr als eine Rezension[1]:

1          Vorwort

[Ich] beginne mit meiner Zeit im Kinderbordell Stephansstift. Ich war von 1963 bis 1964 „nur“ 10 Monate im Knabenpuff der warmen Brüder. [2]

Das ist ein ungewöhnlicher Beginn für eine Rezension, denn das Zitat ist im vorgestellten Werk (im folgenden „Studie“ genannt) nicht zu finden, auch keine Passagen, die nur annä­hernd das wiedergeben, was der ehemalige „Zögling“ berichtet.

Es stellt sich jedoch die Frage, wie es zu dieser Auslassung der Autorinnen[3] gekommen sein könnte.

Da es sich hier zunächst um eine Rezension (Teil 2, Die Studie) handelt, werde ich die notwendigen Ergänzungen zur Studie an das Ende stellen (Teil 4, Was nicht in der Studie steht). Doch der Leser sei von Beginn an auf diesen erstaunlichen Makel hingewiesen.

Ein weiteres Desiderat ist die Suche nach den Wegen, die es ermöglich(t)en, dass eine gemein­nützige GmbH, die steuerbefreit/steuerbegünstigt keine Gewinne erwirtschaften darf, von kleinen Anfängen zur heutigen wirtschaftlichen Größe gelangen konnte. Doch dieser Frage ist man anscheinend bisher für noch keinen der prosperierenden wohltätigen Sozial­konzerne nachgegangen. (Teil 3, Seid klug wie die Schlangen.)

125 Jahre Stephansstift / [Hrsg.: Stephansstift, Hannover-Kleefeld]Schließlich stellen sich bei der Beschäftigung mit der Studie der Autorinnen weitere Fragen. Warum kam es überhaupt zu dieser umfassenden Studie?

Da die von Word-Press angebotene Software mir in der Anwendung zu große Probleme bereitet, folgt hier die Datei im pdf-Format.

https://dierkschaefer.wordpress.com/wp-admin/post.php?post=10273&action=edit

Es klebt wie Hundedreck unter den Schuhsohlen,

man kann sich noch so sehr bemühen, ihn am Bordstein abzustreifen, – wenn man wieder ins Auto steigt, riechen es die Mitfahrer.[1]

So ging es mir, als ich den Beitrag von Landesbischof Meyns im Pfarrerblatt[2] las. Er hat sich wirklich Mühe gegeben, doch warum stinkt es weiterhin?

Mag ja sein, dass ich eine besonders empfindliche Nase habe. Mein Unterordner „Miss­brauch“ umfasst 997 Dateien und acht Ordner. Dazu kommen noch 299 Dateien und ein Ordner im Ordner Kriminalität. Ich kann ins Detail gehen, will mich aber auf die große Linie beschränken.

Falls das mit dem Hundedreck zu anrüchig sein sollte, will ich einem anderen Vergleich folgen. „Es steht ein Elefant im Raum“ nennt man neuerdings das Phänomen, wenn ein Phänomen wie in gehei­mer Übereinkunft nicht wahrgenommen wird.[3] Ich werde also die Elefanten (Plural) benennen, wobei sich der Tiervergleich nicht durchgängig bewährt.

Photo, Dierk Schäfer

Der erste Elefant ist die Verjährung,

der zweite die Kirche als Richter in eigener Sache,

der dritte die Entschädigung und schließlich

der vierte, die biologische Lösung.

Zum ersten Tierle, die Verjährung:

Es hat zweierlei Natur, eine juristische und eine theologische und beide haben ein Aber.

Zur juristischen Natur schrieb ich vor einiger Zeit (der Elefant steht ja schon länger im Raum):

 „Kurz zur Verjährung: Sie ist eigentlich dazu gedacht, Rechtsfrieden zu schaffen für Uraltfälle. Eine nicht befriedigende aber letztlich befriedende Lösung.“-

Und nun das Aber: „Doch hier hilft sie nicht. Die Verbrechen an den ehemaligen Heimkin­dern, den Misshan­delten und den Missbrauchten stellen das wohl größte Verbrechen in der bundesrepubli­kanischen Geschichte dar. Prof. Kappeler: „Mitten im Kern des eigenen Gesellschaftssystems geschieht solches Unrecht in unvorstellbarem Ausmaß und sämtliche – verfassungsrechtlich, staatsrechtlich, verwaltungs­rechtlich! – vorhandenen Kontrollsysteme versagen; nicht zufällig!“[4] Die Zahl der Opfer ist kaum überschaubar, die „Qualität“ der Ver­brechen reicht von deutlicher Benach­teiligung und Ausbeutung bis hin zu Monstrositäten grundlegender Menschen­rechtsverletzun­gen. Hier kann nicht gesagt werden: „Schluss jetzt, Schwamm drüber.“ Wir werden – Verjährung hin oder her – keinen Rechtsfrieden bekommen, allenfalls Friedhofsruhe, wenn die Opfer gestorben sind – doch ihre Geschichten leben weiter.[5] Zur Monstrosität und dem verweigerten Rechtsfrieden:[6]

Ob man den Staat gewinnen kann, eine richterliche Untersuchungskommission zu installieren, die staatsanwaltliche Befugnisse hat und allen Fällen auf den Grund geht, auch den schon verjährten[7], bezweifele ich, denn der Staat hat in der Heimkin­der­sache auch „Dreck am Stecken“ und wird sich seiner Mitverantwortung nicht stellen wollen. Die Verjährung wurde geschaffen, damit Streit auch gegen den Willen Betroffener ad acta gelegt werden kann. Wir haben es mit der Behandlung von Heimkindern mit dem größten „flächendeckenden“ Ver­brechen seit 1945 zu tun. In einem solchen Fall braucht es andere Maßnahmen, um Rechts­frieden wieder herzu­stellen. Das gilt auch für die nun als endemisch anzusehenden sexuellen Verbrechen an Kindern in Familien und Institutionen. … Die Frage nach den Kosten will ich nicht unterschlagen. Am Runden Tisch saßen drei weitgehend unbedarfte Heimkinder einem Gremium von ganz und gar nicht unbedarften Interessenvertretern gegenüber. Die einen hatten keinen Etat und keine Rechtsberatung, die anderen saßen in ihrer Dienstzeit am Runden Tisch und hatten einen Apparat im Hintergrund. (Über Frau Vollmer schweige ich mich jetzt aus.) Wer an der Unabhängigen Kommission teilnimmt, wird – da sie ja unabhängig sein soll – dies nicht in seinen dienstlichen Verpflich­tungen unterbringen können. Das heißt: Alle brauchen neben den Spesen ein angemessenes Sitzungsgeld, auch die Betrof­fenen, selbst wenn sie keinen Verdienstausfall haben. Die Betroffenen sollten sich auf eine angesehene Anwaltskanzlei einigen, die sie berät. All diese Kosten müssen zulasten der Landeskirche gehen. – (Kommentar von Uwe Werner: „Dem habe ich nichts hinzuzufügen!
Jeden Satz kann ich unterschreiben und ist bezeichnend für unseren jahrelangen Kampf mit Staat und Kirchen,“)[8]

Die Stärke der Stellung kirchlicher Einrichtungen wurde in einem juristischen Gutachten deutlich: »Der Träger ist im Übrigen natürlich frei von den Empfehlungen der örtlichen und belegenden Jugendämter.«[9]

Zur theologischen Natur des Tieres

Auch diese Natur des Elefanten wird beschwiegen[10], dabei wäre es gerade für Theologen ange­mes­­sen, darauf einzugehen. Doch Meyns steht damit nicht allein[11]. Auch Bischof Bätzing fand „Kein Wort dazu, dass eine Kirche, die mit ewigen Werten unterwegs ist, sich nicht auf Verjährung berufen sollte.“[12] Dazu ein Comic.[13]

Wenn ich von „Theologen“ schreibe, meine ich auch unsere Fakultäten. Mir ist nicht bekannt, dass Misshandlung und Missbrauch in kirchlichen Zusammenhängen dort thematisiert würde.[14]  An der evangelischen Fakultät Tübingen zeigte man sich desinteressiert an den Aufzeichnungen von Johannes Lübeck über den „Bodelschwingh Clan und seine unrühmliche Geschichte“, zu der ja immerhin in unserem Zusammenhang das Lager Freistatt zählt.[15]

Der zweite Elefant: Richter in eigener Sache

Herr Kronschnabel twittert: „DAS Thema fehlt bei Meyns völlig, wird aber von allen Opfern als Sauerei empfunden.“ Stimmt. Meyns umgeht den Elefanten. [16]

„Sieht man sich die Vita der Mitglieder der „Unabhängigen Kommission“ an, dann stellt man fest, dass jedes Mitglied engstens mit der Kirche verbandelt ist! Wo findet man da die angeb­liche Unabhängigkeit?: Mitglied der Landessynode, Richter beim kirchlichen Disziplinar­gericht, Pfarrer i.R.! Und alle Drei unabhängig … aber nicht von der Kirche!“[17]+[18]

„Soweit es um einen Betroffenenbeirat geht, ist festzustellen, dass Aufgabe der Kommission ist, die Frage von Anerkennungsleistungen zu prüfen. Die Ordnung, die von der Konfödera­tion dafür verabschiedet wurde, sieht einen Betroffenenbeirat nicht vor. Wenn es darum gehen soll, unabhängig über die Frage der Betroffenheit einzelner Personen hinsichtlich sexuali­sierter Gewalt in der Kirche zu entscheiden und die Höhe der Anerkennungsleistung festzu­legen, sehe ich keine Notwendigkeit eines Beirates[19]“ … „Zunächst ist festzustellen, dass es nicht in der Entscheidungsmacht eines Mitgliedes der Unabhängigen Kommission, sei es auch deren Vorsitzender, steht, wie eine solche Kommission zusammengesetzt wird“.[20]

„Wenn Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, können Sie sich innerhalb eines Monats an den Kirchensenat, Rote Reihe 6, 30161 Hanno­ver, wenden. Der Kirchensenat entscheidet abschließend.“[21]

Uns fehlt eine staatliche, staatsanwaltschaftliche Aufklärungskommission wie anderswo.

„Schön und gut, wenn die Kirchen den sexuellen Missbrauch durch ihre Mitarbeiter aufklären wollen; besser wäre es, sie würden das den Staatsanwälten für Sexualdelikte ermöglichen. Schön und gut auch, wenn die Kirchen von „schmerzhafter“ Aufarbeitung sprechen, die sie jetzt betreiben würden; besser wäre es, die zuständigen Institutionen des Rechtsstaats könnten sich dazu ihre eigene Meinung bilden.“[22]

„Das Wichtigste wäre eine Kommission, die wirklich und nach außen erkennbar unabhängig ist. Die Mitglieder dürfen keine besondere Verbindung zur Kirche haben, dürfen nicht im Dienst der Kirche stehen/gestanden haben, sollten auch kein kirchliches Ehrenamt bekleiden. Mitglied sollte eine externe Fachperson sein, die sich mit Traumata und Retraumatisie­rung auskennt und Erfahrungen im Umgang mit traumatisierten Menschen hat. Diese Person sollte bei der Zusam­mensetzung der Kommission beteiligt sein, insbesondere bei der Auswahl der Betroffenen, die für Beschlüsse ein Veto-Recht bekommen. Die Sitzungen sollten proto­kolliert werden und die Protokolle der Zustimmung aller bedürfen. Protokolle müssen öffent­lich einsehbar sein unter Beachtung des Datenschutzes für die Opfer. Die berufliche Rolle der Täter bedarf keines allgemeinen Datenschutzes. [Der externen Fachperson sind] Täterna­men zur Kenntnis zu geben, diese wiederum muss über ihre daraus folgende Aktivität/Nichtakti­vität der Kommission berichten. Diese Berichte müssen der Öffentlichkeit zugänglich sein, mit Schwär­zung der Namen, nicht der Funktion der beschuldigten Personen. So viel zur Transparenz.

Ich empfehle, für interne Beratungen eine erfahrende Person aus der Notfallseel­sorge auszu­wählen oder einen Traumatherapeuten, insbesondere, wenn es darum geht, in Kontakt zu weiteren Betroffenen zu treten und von ihnen Auskünfte über Tatvorgänge einzuholen. Das darf man keinem Juristen überlassen. Die kommen aus einer anderen Denkschule. Ich habe das oft erlebt, wenn ich Juristen mit Sozialarbeitern oder Psychologen zusammenbrachte, so auch in meinem Kriminologiestudium. Da saß ich Ruheständler unter lauter angehenden Juristen, die sich wunderten, dass man einen Sachverhalt (es ging um Stalking) „auch so“ sehen kann; schon meine Sprache war für sie „ungewöhnlich“.

Wir haben in der Kirche zwar die erforderliche Seelsorgeerfahrung, dürfen sie aber nicht anbieten, denn wir sind die Täterseite. Das gilt auch für unsere Beratungsstellen. Solche Hilfsangebote müssen von außen kommen.“[23]

Die umfassende Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe sei „selbstverständlich Auf­gabe der Justiz und nicht der Kirche“, erklärte die Justizministerin Havliza daraufhin verärgert – und verlangte Akteneinsicht. Es irritiert Havliza, so sagt sie, wenn der Eindruck entstehe, es liege an der Kirche, für die Aufklärung dieser Straftaten die richtigen Maßstäbe zu entwik­keln. Und nicht etwa am Rechtsstaat, die Maßstäbe anzulegen, die längst entwickelt sind und für alle Straftatverdächtigen gelten, egal ob mit Soutane, Mönchshabit oder ohne: nämlich Strafprozessordnung und Strafgesetzbuch. „Für die Staatsanwaltschaften macht es keinen Unterschied, ob die Beschuldigten Priester, Feuerwehrleute oder Lehrer sind.“ Keine Berufsgruppe habe das Recht, die Aufklärung von Straftaten in Eigenregie zu regeln.[24]

Zum dritten Elefanten: Entschädigung

Dieser Elefant ist interessant. Denn die meisten Medien berichten bei allen Finanzleistungen an Geschädigte von „Entschädigungen“, dabei sollen es explizit keine sein, sondern nicht einklagbare Anerkennungsleistungen, ohne jeden Rechtsanspruch. „Dazu ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um einen Schadensersatz handelt, sondern um eine Anerkennungsleistung, über die die Kommission zu entscheiden hat. Dies mag ihnen spitzfindig erscheinen, ist aber insoweit schon ein Unterschied. Denn beim Schadensersatz wären alle, materiellen wie immateriellen, Schäden zu ersetzen.“[25]

„Während der Abschlusspressekonferenz stellte ein Journalist dann auch die Frage, die wahr­scheinlich allen auf der Zunge liegt: Warum es nach zehn Jahren nicht möglich sei, Entschädi­gungen zu zahlen und es nun weiterhin bei Anerkennungszahlungen bleibe.

 „Das hängt damit zusammen, dass wir im Rechtsrahmen unseres Landes bleiben und die Hürde für die Betroffenen eben so gering halten wollen wie möglich. Entschädigung bedeutet Schadensersatz, dafür gelten Standards, die sind in unserem Land sehr hoch, da braucht es eine Beweispflicht, da braucht es Verfahren, da braucht es gerichtliche Festlegungen, das alles wollen wir nicht, wir wollen es den Betroffenen nicht zumuten. Und viele könnten ein solches Beweisverfahren ja niemals antreten, weil die Täter verstorben sind, weil die Unterlagen nicht zugänglich sind oder gar nicht vorhanden sind. Also, das ist der Grund, weshalb wir sagen, wir bleiben in diesem System von Anerkennungsleistungen und können nicht in ein – sozusagen – Schadenssystem einsteigen.“[26]

Und so sucht man den Begriff Entschädigung/Entschädigungen im Text von Meyns vergeb­lich. Doch wer Klartext spricht, hat Erfolg: „Wird ja noch schöner, wenn man mir ständig die zu verwendende Tonart vorschreiben will. OHNE meine Tonart wären alle mit den lumpigen 5000,- abgefickt worden, die ausgereicht wurden! ‚Was würden Sie verlangen, wenn Ihr Sohn von Ihren Betbrüdern gefickt worden wäre, Bischof?‘ Meister hielt schlau­erweise seine Fresse, aber ‚meine‘ Männer …  bekamen 14.500,- und mehr. Und ihr lallt mich wegen lieber Töne voll? Was ist mit euch los? Mein Ton sorgte für 14.500,- bis 31.000,-!“[27]

„Die Sexualopfer im Bereich des katholischen Konzerns mit dem Kreuz im Logo erfuhren jetzt, dass sie in „Anerkennung des Leids“ bis zu 50.000 € erhalten können. Und wieso hielt sich die evangelische Konkurrenz so bescheiden zurück und zahlte lediglich einem Opfer lausige 31.000 € ??? … Der höchste von der Landeskirche Hannovers bezahlte Betrag belief sich auf 31.000 Euro. Eine lächerliche Summe als Wiedergutmachung für zerstörtes Leben!“[28]

Der vierte Elefant Ist ein Abkömmling vom dritten, die biologische Lösung.

Nur die Opfer sehen ihn: „Hier hilft keine Entschuldigung egal von welcher Stelle … Es muss geholfen werden und das sehr schnell. Keiner von den Opfern hat Zeit noch länger abzu­warten, sie benötigen jetzt Hilfe auch in Form einer mehr als angemessenen Entschädigung, die zwar das Leid nicht ungeschehen machen kann, aber den letzten Lebensabschnitt dieser Menschen erheblich verbessert.

Da werden einerseits Therapiekosten in Aussicht gestellt, um diese Kosten aber ganz schnell wieder zu streichen, weil sich herausstellt, dass eine Therapie ja nicht nur ein halbes Jahr dauert, sondern Jahre. Da stellt man das lieber um und machte daraus eine kleine Summe auf Anerkennung des Leids, … An anderer Stelle wird versprochen, dass in aller Kürze Hilfe erfolgt, an dieser Stelle wird „in Kürze“ wohl verwech­selt mit monatelanger Wartezeit. Wieder an anderer Stelle verweigert man den Betroffenen einfach weitere Hilfe.

Es wird dies und das versprochen. Es ist unmenschlich zu erwarten, dass die Opfer sich immer wieder von selbst bei Ihnen melden müssen, damit es vorangeht. Sie kommen sich wie arme „Bettelleute“ vor und ich finde das einfach würdelos im Hinblick auf das große Leid, das sie ihr Leben lang herumtragen und für das sie nichts können, denn sie waren unschuldige Kinder die u.a. unfassbar grausamen ‚Kirchendienern‘ wehrlos ausgeliefert waren.

Die Warterei muss doch endlich ein Ende haben. Für was so viele Kommissionen und Aufar­beitungsstellen gründen? Das hilft Ihnen, nicht aber den armen Menschen. Tun Sie das ruhig, aber geben Sie endlich! Hilfe.

Keiner kann sich nur ansatzweise vorstellen wie es ist, ein Leben lang unter dem Missbrauch der Kirche und anderen Einrichtungen zu leiden. Und nicht nur die Betroffenen leiden, auch die Angehörigen. Diese Lebensqualität ist keine.“[29]

Schon vor 12 Jahren habe ich die „lange Bank“ genannt. Ich schrieb über ein abzuschlie­ßendes „Freeze-Abkommen“ „Was ist das? Die ehemaligen Heimkinder bangen, ob sie ihre Entschädigung noch erleben werden. Dies wird genährt durch die Verfahrensdauer und manche kolportierten Äußerungen, man wolle durch die biologische Lösung so mancher Fälle Geld sparen. „Freeze“ wäre das Einfrieren der Ansprüche (wenn nicht der juristischen, so doch der moralischen nach Recht und Billigkeit) auf den Zeitpunkt des Beginns des Runden Tisches. Damit geht der Entschädigungsanspruch im Fall des Todes des Betroffenen auf seine Erben über. Dann wäre wenigstens das Mißtrauen aus dem Verfahren draußen, zügiges Vorgehen aber dennoch geboten – und möglich, wie meine Verfahrensvorschläge vom April 2009 belegen.

Doch ich fürchte, die Sache der Kindesmißhandlungen in den Heimen wird weiter auf die lange Bank geschoben werden.[30]

Und hier legen die Elefanten verständnisvoll ihre Rüssel übereinander.

Doch noch kurz zum Runden Tisch, den Meyns erwähnt: Er schreibt von einem langen Lern­weg: „Die breite Auseinandersetzung mit dem Thema sexua­lisierte Gewalt begann 2009. Damals beteiligten sich EKD und Diakonie Deutschland gemeinsam mit der ka­tholischen Kirche, der Caritas, anderen Wohlfahrtsverbänden, Bund, Ländern, Wissenschaftlern und Betroffe­nen an dem von der Bundesregierung initiierten Run­den Tisch ‚Heimerziehung in den 50er und 60er Jah­ren‘. Auf Grundlage der 2010 beschlossenen Empfeh­lungen wurden 2011 mehrere Fonds gebildet, an die ehemalige Kinder und Jugendliche in Kinderheimen, Heimen der Behinder­ten­hilfe und stationären Einrich­tungen der Psychiatrie Anträge für Anerken­nungs-, Renten­ersatz-, Unterstützungs- und Hilfeleistungen stel­len konnten. Im Ergebnis wurden auf diesem Wege bis zum Auslaufen der Antragsfrist Ende 2018 knapp 500 Mio. € an 40.000 ehemalige Heimkinder in West- und Ostdeutschland vergeben. Die Kirchen beteiligten sich mit einem Drittel an den Kosten.“

Eine Erfolgsgeschichte? Ganz wie man‘s nimmt. Wenn man die Geschichte verfolgt hat, kann man die Frage bejahen. Für Staat und Kirche war sie sicherlich ein Erfolg. Doch der Runde Tisch Heimerziehung war ein von Beginn an eingefädelter Betrug.[31] Untrennbar verbunden ist dieser Erfolg mit dem Namen einer Pfarrerin: Antje Vollmer. Meine Beurteilung ihrer Rollen­performance mag verdeutlichen, wie ich die Verhandlungs- und Hinhaltetaktik der Kirchen sehe, den Beitrag von Landesbischof[32] Meyns inbegriffen.[33]

So viel zu den Elefanten.

Ganz am Beginn schrieb ich: „Es klebt wie Hundedreck unter den Schuhsohlen“. Wie bekommt man in los? „Die Kirche braucht Hilfe, um wieder ehrlich zu werden. Allein schafft sie es nicht. Sie hat zwar die Verbre­chen gestanden, die Misshand­lungen, die Miss­bräuche und die Demütigun­gen, die in kirch­lichen Einrichtungen durch kirchliche Mitarbeiter verübt wurden, sie ist aber nicht willens, in den Stand der tätigen Reue zu treten. Außerdem ver­hindert sie durch die Einrede der Verjährung eine gründliche Aufklä­rung der Verbrechen und ihrer Folgen. Der Staat folgt diesem Prozesshindernis, indem er Verfahren erst gar nicht eröffnet, da sie – strafrechtlich – keine Folgen haben würden.“[34]

Es wird wohl weiter stinken.[35]


Fußnoten

[1] Dieser Beitrag erschien gekürzt im Deutschen Pfarrerblatt in der Augustausgabe als „Leserbrief“ auf den Seiten 507ff. Hier lesen Sie die vollständige Version.

Für unlogische Schriftgrößendifferenzen, auch für unmotivierten Fettdruck, bitte ich um Entschuldigung und verweise auf die unzulängliche Software.

[2] https://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/aktuelle-beitraege?tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Baction%5D=show&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bcontroller%5D=Item&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bitem%5D=5444&cHash=695ff21a4cb9495d4c4674207973cccc

[3] Christian Meier gebraucht in der FAZ vom 5. Juli 2022 auf Seite 1 den treffenden Begriff vom „großen anwesenden Abwesenden“. Ich will beim so schön bildhaften Elefanten bleiben.

[4] http://heimkinderopfer.blogspot.com/

[5] Beide Zitate aus: https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/04/26/wir-insider-wundern-uns/

[6] „Es ist ein Netzwerk weltlicher und klerikaler Pädokriminalität. Der Staat hat sich bis heute nicht zu einem Ermittlungsausschuss mit staatsanwalt­lichen Vollmachten durchringen können. … Wann kommt endlich der Staat seiner Aufgabe nach, Rechtsfrieden herzustellen, auch über Verjährungsgrenzen hinweg?“ https://dierkschaefer.wordpress.com/2021/01/29/das-netzwerk-nicht-nur-klerikaler-kinderschander/

[7] Wie in anderen Ländern, z.B. Irland.

[8] https://dierkschaefer.wordpress.com/2021/06/11/sehr-geehrter-herr-landesbischof/

[9] [Das Gutachten] stellt die Machtkonstellation in aller Schärfe vor: Fast alle Macht den Einrichtungen über ihre Schutzbefohlenen.

Das gilt nicht nur für die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch für alle anderen „Heime“, für Alten- und Pflegeheime, für Krankenhäuser für Kindergärten und Kitas, von „geschlossenen“ Einrichtungen gleich welcher Art gar nicht zu reden.

Der Liga der Wohlfahrtseinrichtungen wird man kaum entkommen können. Ihre Mitglieder definieren für die Betroffenen den passgenau individuellen Bedarf, immer unter Berücksichtigung der Konzeption der Einrichtung.

Die Heimaufsicht ist zahnlos – oder schlimmer: Ein Etikettenschwindel. Nur wenn eine schwere Grundrechts­ver­letzung zum Skandal hochkocht, kommt es – nach langem Widerstand der Träger – vielleicht zu Konsequenzen.

[10] Zum Schweigen der Hirten  https://dierkschaefer.wordpress.com/2021/11/26/das-schweigen-der-hirten1/ gesellt sich das Schweigen der Herde https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Kommentar-Schweigen-der-Hirten-Schweigen-der-Herde,missbrauch2330.html und auch die Kirche hüllt sich in Schweigen https://www.publik-forum.de/Leben-Kultur/das-lange-schweigen-der-kirche . Das Schweigen begegnete mir zum ersten Mal als Schweigen der Kollegen. Auf meinen Essay „Die Kirchen und die Heimkinderdebatte, Scham und Schande“ im Pfarrerblatt, Heft: 5/2010, hat keiner von ihnen reagiert. https://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv?tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Baction%5D=show&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bcontroller%5D=Item&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bitem%5D=2812&cHash=c4b8ff246ada75f62f33c0149af7be98

[11] Ohnehin: Die Elefanten werden „ökumenisch“ übersehen, sie stehen nicht nur im Meyns‘chen Darkroom. Ich unterscheide hier also nicht systematisch zwischen katholischen und evangelischen Missetaten und deren Vertuschung.

[12] https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/10/04/ein-abgrund-von-perfidie/

[13] https://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv?tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Baction%5D=show&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bcontroller%5D=Item&tx_pvpfarrerblatt_pi1%5Bitem%5D=4977&cHash=e704d52f21fe48b54a7b6ecd00ae2b31

[14]„Die @WWU_Muenster hat diese Woche eine Studie zu sexuellem #Missbrauch im Bistum #Münster vorgestellt. Ich habe mir die Studie angeschaut. Mir fiel auf, dass auf 594 Seiten die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster mit keinem Wort erwähnt wird.“ https://eulemagazin.de/beistand-oder-bystander-die-latdh-vom-19-juni/

[15] https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2021/03/text-blog.pdf   

[16] Hier muss ich nachträglich einen Link einfügen. Er verdeutlicht den kirchlich-hoheitlichen Umgang mit den Geschädigten. Landesbischof Meyns wird auch erwähnt: https://www.br.de/nachrichten/kultur/ekd-gruendet-forum-zur-missbrauchsaufarbeitung-in-kirche-und-erntet-kritik,T4BpqZr

[17] https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/10/28/gastkommentar-von-erich-kronschnabel/

[18] „Sehr geehrter Herr Teetzmann, … Die Mitglieder der UKO sind (teils mehrfach) ehrenamtlich in kirchlichen Gremien tätig! Dann von unabhängigen Personen zu sprechen ist abenteuerlich. So werden das auch alle Betroffenen weiterhin sehen; werden die Kommissionsmitglieder als Richter in eigener Sache ansehen.“ Mail an uko.konfoederation@evlka.de

[19] Meyns schreibt: „nach dem Rücktritt von fünf Mitglie­dern und unlösbaren Konflikten zwischen den übrigen sieben wurde deutlich, dass die Konzeption des Betroffenenbeirates nicht funktio­niert hat.“

Wie unabhängig die von der Kirche ernannten Mitglieder sind, dürfte schon deutlich geworden sein. Dazu noch einige Zitate:

 „Die Mitteilung verweist auf Rücktritte aus dem Beirat und interne Konflikte zwischen dessen Mitgliedern. Zudem sei in Gesprächen zwischen dem Beauftragtenrat, dem leitende Geistliche und Kirchenjuristen angehören, und dem Betroffenenbeirat kein Konsens über das weitere Vorgehen erzielt worden.“ „Der Beauftragtenrat hatte eine Weiterarbeit des Gremiums schließlich als nicht möglich angesehen“, heißt es in der Mitteilung.“ Die Betroffenen sehen das anders: „Mit der einseitigen Aussetzung der Betroffenenbeteiligung versucht sich die EKD der Kritik von Betroffenen an ihren unzureichenden Prozessen der Aufarbeitung zu entziehen“, heißt es in einer Erklärung von vier Beiratsmitgliedern. Sie wehren sich gegen eine Darstellung, die interne Konflikte als Ursache benennt und damit den Betroffenen selbst eine Schuld am Scheitern des Gremiums gibt. Die Mitglieder seien mehrheitlich für die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit gewesen. Ein „gangbarer Weg“ wäre eine externe Prozesssteuerung gewesen, heißt es in der Mitteilung, die von Katharina Kracht, Detlev Zander, Henning Stein und einem weiteren ehemaligen Beiratsmitglied mit dem Pseudonym NKD unterzeichnet wurde. … Der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh, der auch Mitglied im Beauftrag­tenrat der EKD ist, sieht Fehler der evangelischen Kirche bei der Betroffenenbeteiligung zur Aufarbeitung von Missbrauch und hält einen Neustart für notwendig.“

https://www.evangelisch.de/inhalte/186042/11-05-2021/missbrauch-ekd-setzt-betroffenenbeirat-vorlaeufig-aus

[20] Mail von uko.konfoederation@evlka.de

[21] Mail von uko.konfoederation@evlka.de vom 13. Mai 2013

[22] https://www.sueddeutsche.de/panorama/katholische-kirche-missbrauch-strafverfolgung-justiz-1.4339753

[23] https://dierkschaefer.wordpress.com/2021/06/11/sehr-geehrter-herr-landesbischof/

[24] https://www.sueddeutsche.de/panorama/katholische-kirche-missbrauch-strafverfolgung-justiz-1.4339753

[25] Mail von uko.konfoederation@evlka.de

[26]https://hpd.de/artikel/katholische-kirche-uebertrifft-sich-ihrem-zynismus-selbst-18532

[27] Aus einem Mail an mich vom 24.11.2021

[28] https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/10/28/gastkommentar-von-erich-kronschnabel/

[29] Mit Hinweis auf: Mittwoch, 16.06.2021, Bayerisches Fernsehen, Name der Sendung: Kontrovers, Uhrzeit:  21:15 Uhr.

[30] Auf der langen Bank? Freeze now! 3. Januar 2010, https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/01/03/auf-der-langen-bank-freeze-now/

[31] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/03/der-runde-tisch-heimerziehung-ein-von-beginn-an-eingefadelter-betrug/

[32] Wer über den „LANDESbischof“ stolpert: Tempi passati, aber nicht für kirchliche Träume: „Das Gebiet der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig umfasst den Hauptteil des ehemaligen Freistaates Braunschweig, der bis 1946 bestand und danach im Land Niedersachsen aufging.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelisch-lutherische_Landeskirche_in_Braunschweig

[33] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politikerin-dr-antje-vollmer/

[34] https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/05/05/die-kirche-braucht-hilfe-um-wieder-ehrlich-zu-werden/

[35] Lauter Zuständigkeiten, welch ein Zustand! Der Anstand bleibt auf der Strecke.

Was erdreisten Sie sich?

Die Dreistigkeit beginnt mit einem Schreiben der Bezirksverwaltung Mainz – Rehabilitation, „VBG, Ihre gesetzliche Unfallversicherung“[1]

„Guten Tag,

vielen Dank für die Übersendung des vollständigen Urteils des Sozialgerichtes Darmstadt vom 28.06.2020 in Ihrem Verfahren zum Opferentschädigungsgesetz (OEG).[2]

Wir konnten daraus wertvolle Informationen und Hinweise zum weiteren Feststel­lungs­verfahren der VBG als zu­ständigem Unfallversicherungsträger für bekannt gewordene Missbrauchsfälle in den Kirchen entnehmen.

Wir möchten Ihnen ein vertrauliches und persönliches Gesprächsangebot unter­breiten und Sie zu diesem Ge­spräch einladen.

Wir möchten Sie auf keinen Fall einer erneuten belastenden Befragung unterziehen und nur folgende Punkte mit Ih­nen besprechen:

1. Welche Bedarfe an Unterstützung in Form von ambulanter oder stationärer Therapie/­Behand­lung haben Sie aktuell?

2. Sind Sie mit der Einsichtnahme der kompletten Akten des OEG Verfahrens einverstanden?

3. Sind Sie mit der Einsichtnahme der vorliegenden fachärztlichen oder psycholo­gischen Berichte und Gutachten einverstanden?

Das Gespräch würden wir gerne im Psychotraumatologischen Zentrum für Diagnostik und Therapie in Frankfurt un­ter der Beteiligung und Betreuung einer sehr erfahrenen Traumatherapeutin in einem geschützten Rahmen mit Ih­nen führen.

An dem Gespräch würden Frau H, Ihre persönliche Sachbearbeiterin und Herr B, Abteilungs­leiter Reha der VBG Mainz teilnehmen.“

Es folgt im Originaltext die Antwort des Betroffenen[3]. Sie fällt deutlich aus, so dass ich keinen Kommentar abgeben muss.

„Sehr geehrt  X XXXXXXXXX,

Sie wollten doch die Betroffenen von sexueller Gewalt nicht retraumatisieren. Das haben Sie mit Ihrem Schreiben und Vorderrungen (Bitten?) vom 08.07.2022 wohl nicht erreicht. Sie haben mich damit massivst traumatisiert. Am 11.06.2022 habe ich Ihnen das vollständige Urteil auf Ihren Wunsch hin per Mail zugesandt, wo ich sicher bin, dass Sie es erhalten haben. Das Urteil sagt alles aus, was Sie eigentlich wissen sollten und wollten. Wollen Sie mit Ihrem Schreiben die Glaubwürdigkeit von einem deutschen Gericht oder von mir hinterfragen? Sie wollen Einsicht in Unterlagen haben, die zu dem Urteil beigetragen haben. Warum? Haben Sie die Fachkräfte, die die Unterlagen verstehen können? Sie muten mir zu, dass noch mehr unbedarfte und unerfahrene Sachbearbeiter/innen in meinen Unterlagen herumschnüffeln?  Hinter meinem Urteil, dass von drei Richter/innen gesprochen wurde, stehen Gutachten und Analysen, die ich nicht möchte, dass diese weitergeleitet werden, da im Urteil alles lesbar ist was Sie über meinen Fall wissen müssen. Im Urteil ist auch der GDS[4] mit 70 benannt. Mittlerweile habe ich auch einen Behindertenausweis mit einem GDB von 80.

Zu Punkt 2 „NEIN“

Für was brauchen Sie da noch eine Einsichtnahme der ärztlichen Unterlagen?

Die Einsicht in die Akten des OEG Verfahrens brauchen Sie auch nicht, denn das Ergebnis steht ja im Urteil. Ich werde demnächst 65 Jahre alt. Wollen Sie mich für den Arbeitsmarkt noch therapieren? Hoffen Sie, dass mir es besser geht?

Für was wollen Sie noch meine OEG-Unterlagen sehen? Wollen Sie herausfinden, wie hoch meine OEG-Rente beträgt?? Wollen Sie Ihre Zahlungen dementsprechend kürzen. Für die paar Kröten (ist der Ruf der VBG ruiniert………….) die Sie wahrscheinlich ausbezahlen wollen (bis jetzt nichts) werde ich mich vor Ihnen nicht nackisch machen.

Zu Punkt 3 „Nein“

Ein Gespräch im Psychotraumatologischen Zentrum für Diagnostik und Therapie in Frank­furt, ist nicht nötig und möglich, weil ich meinen bekannten Kreis nicht mehr verlassen kann und will. Ich ertrage keine fremden Menschen mehr und vermeide es deswegen öffent­liche Verkehrsmitteln zu benutzen. Seit Jahren vermeide ich es mich außerhalb meines Wohn­kreises zu bewegen. Außerdem sollen Personen aus Ihrem Kreis und dem Zentrum teilneh­men, die ich nicht kenne und denen ich aus diesem Grunde auch nicht vertraue. Dieses Angebot mir zu unterbreiten, betrachte ich als unsensibel und empathielos. Was haben Sie sich dabei gedacht? Ich habe im Jahr 2019 über mehrere Tage ein Gutachten fürs OEG machen lassen müssen. Warum wollen Sie 2022 noch einmal eine Begutachtung machen lassen? Für das Urteil wurde das Gutachten von 2019 herangezogen. Ich hätte dafür gerne eine Begründung von Ihnen.

Bitte teilen Sie mir mit, ob sich meine Verweigerung, trotz dass sie das Urteil haben, sich auf die Weiterverarbeitung in Ihrem Hause, sich negativ auf Ihre Arbeit auswirkt und die Auszahlung einer Rente oder anderweitige Auszahlung auswirken wird.

Welche Auszahlungsart von Ihnen beabsichtigt ist, haben Sie bis heute nicht bekannt gegeben. Wie Sie ja sicher wissen, wurde über mich Medienwirksam berichtet. Ich würde gerne den Medien berichten, dass die Weiterbearbeitung meines Antrages bei Ihnen unter der Berücksichtigung des Urteils stattfindet, oder ob Sie nur Unterlagen sammeln wollen.

Ich möchte Ihnen noch etwas mitgeben. Im Vorfeld Ihrer Entscheidung den sexuell Missbrauchten Menschen, die Jahrzehnte lang Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauches sowie Machtmissbrauches mit sich herumtragen mussten, zu helfen, haben Sie keine Trauma Therapeuten befragt sonst hätten Sie Ihr Schreiben so nicht verfasst. Sie haben Sie sich Jahrzehntelang Zeit gelassen, und jetzt bitten (fordern) sie das die Betroffenen nochmals auf, dass sie Hose runter lassen sollen. Welche perversen Forderungen kommen noch von Ihnen um sich vor einer nicht definierten Zahlung die Sie bis jetzt noch nicht bekannt gegeben haben, zu drücken. Wurden Sie von nicht kompetenten Fachleuten beraten? Hören Sie auf, wenn Sie eindeutige Unterlagen haben, wie das Urteil, mich zu retraumatisieren und teilen Sie den Betroffenen klar mit, ob Urteile von deutschen Gerichte anerkannt werden oder ob Sie über den Gerichten stehen und somit das Recht haben bevor bezahlt wird die Überlebenden nackt sehen zu wollen. Und beachten und kontrollieren Sie ob eine Weitergabe von Unter­lagen, die eindeutig kinderpornografischen Inhalt haben könnten, an Sachbearbeiter/­innen und andere so weitergegeben werden sollten?

Haben Sie sich nur einmal Gedanken gemacht, was die Unterlagen bei pädophilen Mitarbeiter von Ihnen auslöst? Womit ich nicht sagen will, dass Kollegen von Ihnen pädophile Neigungen haben. Aber wer weiss…….

Haben Sie das rechtlich abklären lassen ob Sie solche Unterlagen anfordern dürfen?

Und nun zum Punkt 1 Ihres Schreiben. Nein Ich habe keine therapeutischen Unterstützung. Ich war ca. 4 Jahre in Behandlung, bis die Bezahlung eingestellt wurde. 4 Jahre lang musste ich auf eigene Kosten 100 km zu meinem Trauma Therapeut fahren, da nach jahrelangem Suche im Umkreis von 50 km keiner zu finden war. Wäre ich in einem verunfallten Flugzeug gesessen, hätte ich unter 50 Therapeuten mir einen aussuchen können.

Mit einem solchen rücksichtslosen Verhalten, von der VBG hätte ich nicht gerechnet.

Mit freundlichem Gruß

xy“

Nachwort, Dierk Schäfer

„Hier ermitteln wir“, so lautet die vollmundige Ankündigung von Kay Schumacher[5][6]. Haben die Kirchenopfer einen starken Partner bekommen? Werden sie sich endlich durchsetzen können? Ist die Versicherung gar zu vergleichen mit den Engeln, die vor Gott für die Kinder eintreten?[7]+[8] Hat sie die Aufgabe einer Schutzmantelmadonna übernommen?[9]

Schumacher kündigt an: „Sexualisierte Gewalt, die an Ehrenamtlichen wie Ministranten oder Leiterinnen von Jugendgruppen verübt wurde, sollten die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland der Berufsgenossenschaft VBG melden … Denn die Versicherung könnte in vielen Fällen Therapie oder sogar eine Verletztenrente zahlen.“

Doch dann kommen Zweifel auf: Eine Versicherung, die sich danach drängt, Schäden zu bezahlen? Gibt’s denn sowas?

Nun, es könnte sein, dass sie auf eine Geldquelle gestoßen sind. Mithilfe der Geschädigten fordern sie nachdrücklich Akteneinsicht, die der Staat nicht zu fordern wagt. Mit Hilfe der Opfer könnten sie das Geld, das sie ihnen zahlen, bei den Kirchen eintreiben, mit Aufschlag für ihre Tätigkeit natürlich. Eine verdienstvolle wie verdienstträchtige Aktion – und die Kirchen haben das alles verdient. Selber Schuld!

Das Vorgehen im vorgestellten Fall zeigt jedoch, dass auch die Versicherung keine Ahnung hat von Traumatisierungen, Triggern und Retraumatisierungsgefahr. Noch dazu im konkreten Fall: Der ist gerichtlich angemessen gelöst. Will die Versicherung etwa auch von diesem Kuchen etwas abhaben? Sie muten mir zu, dass noch mehr unbedarfte und unerfahrene Sachbearbeiter/innen in meinen Unterlagen herumschnüffeln?  Was erdreisten Sie sich?


[1] Datum: 8.7.202.

Alle Namen in diesem Schriftverkehr habe ich anonymisiert. Alle Fußnoten von Dierk Schäfer

[2] Meine Blogleser finden es unter: https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/11/20/oeg-urteil/

[3] Datum: 14.07.2022

[4] Gemeint ist der Grad der Schädigung (GdS), s. auch: https://www.vdk.de/ov-ka-gruenwinkel/ID159865

[5] Kay Schumacher ist Leiter der Bezirksverwaltung der VBG Bezirksverwaltung Mainz, https://www.vbg.de/SharedDocs/Adressen/DE/Kay%20Schumacher.html?nn=3358

[6] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-05/missbrauch-kirche-versicherung-sexualisierte-gewalt?utm_referrer=https%3A%2F%2Ft.co%2F,  23. Juni 2022

 https://www.zeit.de/2022/26/missbrauchsskandal-kirche-versicherung-kay-schumacher/komplettansicht?utm_referrer=https%3A%2F%2Ft.co%2F

[7] Mt 18; 10: Sehet zu, daß ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit in das Angesicht meines Vaters im Himmel.

[8] Auf die Kirchen ist ja kein Verlass, es sei denn auf ihr Betroffenheitsgestammel und auf ihre einfallsreichen Vertuschungsmanöver. „Die Kirche braucht Hilfe, um wieder ehrlich zu werden.“ https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/05/05/die-kirche-braucht-hilfe-um-wieder-ehrlich-zu-werden/

[9] Photo Privatbesitz Dierk Schäfer