Traumatisierende Erinnerungen – Ein Dilemma
Er bürge dafür, sagte Detlev Zander, dass ihm Missbrauchsopfer aus Korntal berichtet haben, ihnen seien Gutscheine als Kompensation für erlittenes Unrecht angeboten worden. Aber Zander ist selber Partei in einer Situation nicht völlig klarer Konfliktlinien, schließlich ist auch die Opferseite gespalten. Von dort kommt auch die Schlussfolgerung: Wenn Zander niemand benennen kann, stimmen seine Vorwürfe nicht.
Dies ist ein altes Dilemma in der Heimkinder – und Missbrauchsdiskussion. Erinnerungen können triggern und Retraumatisierungen auslösen. Das erklärt zum einen das lange Schweigen oft über Jahrzehnte hinweg; das erklärt auch die Zurückhaltung nun, in der allgemeinen Aufarbeitungsphase, seine Erfahrungen offen vorzutragen. Doch mit anonym bleibenden Vorwürfen kann man vieles behaupten, sagen nicht nur die Gegner, die nicht zahlen wollen.
Streng genommen kommt man aus diesem Dilemma nicht heraus. Wer fordert muss erkennbar sein – oder klein beigeben.
Nimmt man es nicht so streng, wäre eine Vertrauensperson eine Hilfe, eine Vertrauensperson, der beide Seiten vertrauen, dass sie nicht falsch spielt, die aber nach beiden Seiten hin ihre Kritikfähigkeit bewahrt. Doch so wie ich das sehe, würde eine solche Person heftig unter Beschuss genommen, wenn sie ihre Kritikfähigkeit fallweise unter Beweis stellt. Doch oft werden Personen, die für diese Aufgabe in Blick genommen oder sogar beauftragt werden, schon vorher „verbrannt“.
An einen der vielen Netz-Indianer. „dergestalt“ nennt er sich
Es war mein Fehler, Sie auch nur ansatzweise ernstgenommen zu haben. Sie führen einen nom-de-guerre, Herr oder Frau dergestalt, vielleicht aber auch Transgender. Wie dem auch sei. Wer mich googelt, der kann bis zu meiner Haustür kommen, sieht meine Photos, meine Blogeinträge, meine Leserbriefe. Sie aber zählen zu den präpubertären Netzindianern, die als Adlerauge, Schwarzer Bär oder Morgenröte dergestalt unterwegs sind, dass sie unerkennbar bleiben. Früher hätte man Leute wie Sie für nicht sanktionsfähig erklärt. Da ich nichts von schlagenden Verbindungen halte, wähle ich das Epitheton degoutant. Wenn Sie Ihr Visier hochklappen, könnten wir miteinander reden, vielleicht sogar eine ernsthafte theologische Diskussion führen. Bis dahin sind Sie für mich bestenfalls eine quantité negligeable.
Doch ich bin Ihnen auf die Schliche gekommen. Bei meiner Bettlektüre stieß ich bei Heinrich Heine auf Sie, auf dergestalt. Sie sind ertappt. Hätten Sie’s gedacht?
Ich habe mir die Freiheit genommen, Ihren Namen im Text hervorzuheben:
»Und wirklich, als ich das bläßlich besorgliche Gesichtchen und die geschäftig zwinkenden Äuglein näher betrachtete, erkannte ich jemanden, den ich eher auf dem Berg Sinai als auf den Apenninen erwartet hätte, und das war kein anderer als Herr Hirsch, Schutzbürger in Hamburg, ein Mann, der nicht bloß immer ein sehr ehrlicher Lotteriekollekteur gewesen, sondern sich auch auf Hühneraugen und Juwelen versteht, dergestalt, daß er erstere von letzteren nicht bloß zu unterscheiden weiß, sondern auch die Hühneraugen ganz geschickt auszuschneiden und die Juwelen ganz genau zu taxieren weiß.« (Heinrich Heine, Bäder von Lucca, 1829)
Heureka!
Ich stelle meinen Post auch in meinen Blog, weil auch bei mir solche Indianer unterwegs sind. Doch als Administrator erfahre ich immerhin ihre Mailadresse und die IP-Nummer.
»Dieser Hass, dieser unfassbare Hass.«
Auch zuweilen in diesem Blog:
»Das Internet als Überbringer einer bestürzenden Botschaft: Der Hass im Netz zeigt den Hass in der Gesellschaft.«[1]
»… die bittere Erkenntnis, dass Teile der Gesellschaft spontan bereit sind, jede Menschlichkeit fahren zu lassen.«
[1] alle Zitate: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/sascha-lobo-ueber-troeglitz-internetforen-hass-im-netz-a-1027514.html
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