Dierk Schaefers Blog

Die Zurichtung des Menschen zu seiner völligen Verfügbarkeit: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Der große Fehler im System.

Der Film „Gottes missbrauchte Dienerinnen“[1] empört – und er macht nachdenklich. Da widmen Menschen ihr Leben Gott und der Nachfolge Jesu. Sie geloben in der „Ewigen Profess“ verbindlich Armut, Keuschheit und Gehorsam, und ordnen damit ihre Persönlichkeit unter die Aufsicht Anderer, die über sie bestimmen.

Sexualität sei nicht das Problem, sagte mir eine Franziskanerin, aber der Gehorsam. Demut wird verlangt. Evangelischen Nonnen, Diakonissen genannt, geht es nicht anders, wenn sie bekennen: „Mein Lohn ist, dass ich dienen darf“.[2]

Eigentlich braucht es diesen Film nicht, um zu erkennen, dass ein Fehler im System liegt.

1. Dieser Gehorsam kann missbraucht werden, denn andere fehlbare Menschen bestimmen, wie man gehorchen soll. Es geht nicht nur um den sexuellen Missbrauch von Nonnen, die aus der Gehorsamsfalle nicht herauskamen und mit sich geschehen ließen, was nun wirklich nichts mit Keuschheit zu tun hat. Es geht um etwas Grundsätzliches: Um die Zustimmung zu geistiger/geistlicher Knechtschaft. „Wenn wir eine Glaubensfrage haben, dann fragen wir unseren Exerzitienmeister“, sagte meine Tante, sie war Vinzentinerin. Damit war dann wohl alles geschwätzt.[3] Wie konnte die Kirche diesen Machtanspruch gegenüber ihren Gläubigen, zumindest soweit sie Kleriker waren oder einer Klostergemeinschaft angehörten durchsetzen? Immerhin hatte Kant deutlich gesagt »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstan­des ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘«

Doch man hatte die, Lunte gerochen und versucht, den Teufel mit dem „Antimodernisteneid“ zu bannen.[4]

Doch generell ist die Herrensemantik „Herr Gott/Herr Jesus“ nicht nur eine Höflichkeitsformel im Umgang mit dem „Vater“ im Himmel. Immer noch übergeben manche Leute nach einem religiösen Erweckungserlebnis ihr Leben „dem Herrn Jesus“. Wenn es doch nur diese genannten Herren wären. Schlimm sind ihre Stellvertreter, die Usurpatoren[5].

2. Womit begann es – zumindest in der christlichen Tradition? Im „Alten“ Testament begann es mit der Opferung Isaaks. Abraham wurde zum Vorbild des Gehorsams gegen Gott, weil er bereit war, seinen eigenen Sohn auf Gottes Weisung hin zu opfern. Der Ruhm seines Gehor­sams reicht bis ins „Neue“ Testament. Das nun greift diesen Vorgang auf und präsentiert Gott als Vater, der seinen eigenen Sohn nun tatsächlich opfert: Im Garten von Gethsemane bittet Jesus seinen Gott-Vater, der Kelch des Leidens, die Kreuzigung möge an ihm vorübergehen. Aber: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Diese nächtliche Szene ist an vielen Kirchen in einer Figurengruppe dargestellt:[6] Jesus auf den Knien, abseits drei schlafende Jünger, und die „Häscher“ zusammen mit dem „Verräter Judas“ sind bereits im Anmarsch.

So gut diese Szene überliefert ist: Wer war dabei und kann sie bezeugen? Niemand. Diese Szene ist eine theologische Schöpfung – und als solche erklärbar. Der Gehorsam wurde Jesus zugeschrieben. Doch Geschichten, wenn sie auch „nur“ Geschichten sind, haben ihre Wirkungen. Sie werden für wahr gehalten, sie werden nachgebildet, sie dienen als Vorbild für „gottgefällige“ Menschen und können von Menschen missbraucht werden für deren eigene Zwecke

Bibelkritik[7] steht am Beginn der Aufklärung. Sie hat viele Geschichten in ihrem ursprüng­lichen Kontext verortet und damit Mut bewiesen, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, ohne Leitung eines anderen und hat den Menschen aus seiner Unmündigkeit befreit, so er den Mut aufbringt, frei zu werden.

Tröstlich ist, dass der Film auch Kleriker zeigt, die für die Entmündigten eintreten.

Doch nicht nur nebenbei: Es hieß einmal, es sei süß und ehrenhaft, für das Vaterland zu sterben. „Herrenmenschen“ gibt es in vielerlei Gestalt.


[1] https://www.youtube.com/watch?v=fwS2g0XgD3I

[2] http://diakonissen-neuendettelsau.de/fileadmin/user_upload/Diakonissen/Bilder/Was_wir_wollen/Diakonissenspruch2.jpg

[3] Sie hatte allerdings dennoch nicht ihren Verstand an der Klosterpforte abgegeben, sondern blieb Zeit ihres Lebens ein unbequemes Mitglied ihrer Klostergemein­schaft. Ihre Schwester hingegen, keine Nonne, aber Lefebvre–Anhängerin, meinte, sie würde gern mit mir diskutieren, aber ich sei in der falschen Konfession.

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Antimodernisteneid

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Usurpation

[6] https://www.flickr.com/search/?text=Gethsemane

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_modernen_Bibelkritik

Die Sorgen von Kardinal Brandmüller

Posted in Kirche, Moral, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 11. Januar 2019

Mit Kardinal Brandmüller beschäftigte sich der letzte Beitrag dieses Blogs[1]. Nun erreicht mich der kluge Essay „Fakten contra Brandmüller“ von Philipp Greifenstein[2]. Ich habe dazu einen Kommentar geschrieben:

Herzlichen Dank für diese profunde Analyse der Aussagen Brandmüllers. Ich nehme mir die Freiheit, diesen Artikel im Original auf meinen Blog zu übernehmen, in Anknüpfung an https://dierkschaefer.wordpress.com/2019/01/06/heuchelei-wirft-der-kardinal-der-gesellschaft-vor/ . Im Original heißt auch: mit Übernahme der fürchterlichen *-Schreibung.

 

Hier gebe ich nun den Essay im Original wieder:

 

Fakten contra Brandmüller

Von Philipp Greifenstein, 10. Januar 2019, 14-17 Minuten

Die katholische Nachrichtenagentur Catholic News Agency (CNA deutsch) hat mit Kardinal Walter Brandmüller gesprochen. Das Presseunternehmen, das zum amerikanischen EWTN-Konzern gehört, spezialisiert sich auf konservative Stimmen aus der röm.-kath. Kirche.

Kardinal Brandmüller ist einer von vier Kardinälen, die bereits seit längerer Zeit in Opposi­tion zu Papst Franziskus und insbesondere zur „verweltlichten“ Kirche in Deutschland agie­ren. Gemeinsam mit den inzwischen verstorbenen Kardinälen Meisner und Caffarra sowie Kardinal Raymond Burke, der als Gegenspieler des Papstes auftritt, hat er die sog. Dubia gegen die apostolische Exhortation Amoris Laetitia verfasst.

Immer wieder suchen die Kardinäle die Öffentlichkeit, um gegen die „Modernisierung“ der Kirche und die Agenda Papst Franziskus‘ aufzutreten. Kräftig unterstützt werden sie dabei von einem Netzwerk erz-konservativer katholischer Medien, die auch an der Veröffentlichtung des Viganò-Briefes mitwirkten. Im Zentrum dieser Allianz steht der US-amerikanische Kabelsender EWTN-News mit seinen zahlreichen Medienbeteiligungen in den USA und weltweit.

Es ist daher wenig verwunderlich, dass der Chefredakteur der deutschen Außenstelle von CNA, Anian Christoph Wimmer, im Interview darauf verzichtet, die zahlreichen Behaup­tungen Brandmüllers kritisch zu hinterfragen. Das holen wir hier mal nach:

1. Am Missbrauch ist die „Sexualisierung“ der Gesellschaft schuld

Gleich zu Beginn des Interviews relativiert Brandmüller den tausendfachen Missbrauch, indem er ihn zum Zeichen der „Verweltlichung“ der Kirche erklärt. Der Missbrauch sei „alles andere als ein spezifisch katholisches Problem“. Natürlich findet sexueller Missbrauch auch in anderen Kontexten statt. Die spezifisch katholische Problematik des Missbrauchs – seine systemischen Ursachen – werden jedoch von Brandmüller geleugnet.

Anders als die MHG-Studie der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sieht Brandmüller den Missbrauch als ein Phänomen, das aus einer sexbesessenen Kultur in die katholische Kirche hineinschwappt:

„Die jahrzehntelange Sexualisierung der Gesellschaft – man denke an Oswald Kolle und Beate Uhse – ist auch an den Katholiken und ihrem kirchlichen Per­sonal nicht spurlos vorübergegangen. Diese Feststellung mag die Abscheulich­keit des Vorgefallenen erklären helfen, keinesfalls jedoch entschuldigen!“

Brandmüllers Einlassung, bei seinen Argumenten handelte es sich keineswegs um eine Ent­schuldigung, sondern nur um eine Erklärung, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche nicht zu erklären vermag:

Nicht nur dürften jüngere Generationen von Priestern von Oswald Kolle und Beate Uhse nichts mehr wissen, ihre Wirksamkeit datiert auf die Jahre seit 1947 (Uhse) bzw. 1960 (Kolle) und liegt damit weit hinter dem Beginn des sexuellen und körperlichen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Studien aus den USA und Irland belegen systematischen Missbrauch seit den 1920er-Jahren. Die MHG-Studie der DBK untersucht aus guten Gründen den Zeitraum von 1946 bis 2015.

Aus dem Bericht über die Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen wissen wir, dass für den Missbrauch durch erwachsene Männer in den 1950er- bis 1970er-Jahren nicht die beginnende sexuelle Revolution ursächlich war, sondern eigene Gewalterfahrungen im Elternhaus und während des 2. Weltkrieges bzw. der Gefangenschaft.

Die Vorstellung, sexueller Missbrauch in und außerhalb der Kirche hätte durch das aufklä­re­rische Wirken von Beate Uhse und Oswald Kolle zugenommen, ist gerade so abstrus, wie zu behaupten, wegen Dr. Sommer hätte es mehr Teenie-Schwangerschaften gegeben (die seit Jahrzehnten rückläufig sind, auch dank der schulischen Sexualaufklärung).

Zwar nahm die sexuelle Revolution der 1950er-/1960er-Jahre in den USA ihren Ausgang, davon hoben sich aber gerade die konservativen katholischen Communities ab, in denen – wie wir heute durch wissenschaftliche Untersuchungen wissen – der Missbrauch besonders blühte. Und auch den katholischen Missbrauch in Ländern ohne vergleichbare Liberalisierung der Sexu­alität vermag Brandmüllers These nicht zu erklären. Die Datenbasis zum Missbrauch in (ehemaligen) Entwicklungsländern in Südamerika, Afrika und Asien ist nach wie vor schmal, jedoch deutet nichts darauf hin, dass es dort anders ausschauen würde. Missbrauchsskandale gab es in den letzten Jahren auch in Brasilien und Indien.

Nun soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die sexuelle Befreiung zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts in einigen gesellschaftlichen Biotopen auch zu extremen Meinungen geführt hat. Die Forderung nach Anerkennung der Päderastie als legitime sexuelle Neigung ist dafür nur ein Beispiel, das von den Vertretern einer reaktionären Sexualmoral gerne angeführt wird. Solche Irrtümer aber waren nie flächendeckend und liegen heute schon 40 bis 50 Jahre zurück. Es ist schlicht unredlich, die gesamte sexuelle Aufklärung dafür in Mithaftung zu nehmen.

Im Gegenteil: Alle seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen weisen darauf hin, dass gut aufgeklärte Kinder seltener Opfer von sexueller Gewalt werden, weil sie typisches Täter­ver­halten als solches identifizieren und Hilfe suchen können. Aufgeklärte und gut informierte Erwachsene können Anzeichen für Missbrauch erkennen und ihren Kindern und Schüler*in­nen Ansprechpartner sein. Die verbesserte Sexualaufklärung hat auch dazu beigetragen, dass (potentielle) Täter heute therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen können, und so seltener zu einer Gefahr für Kinder und Jugendliche werden.

2. Priester dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden

Kardinal Brandmüller verwehrt sich dagegen katholische Priester unter Generalverdacht zu stellen, die doch überall auf der Welt treu ihren Dienst tun:

„Die weltweit hunderttausende von Priestern und Ordensleuten dienen treu und selbstlos Gott und den Menschen. Sie unter Generalverdacht zu stellen ist eben­so beleidigend wie ungerechtfertigt, bedenkt man den verschwindenden Prozentsatz von Missbrauchstätern.“

Brandmüller hat die zahlreichen Untersuchungen zum Missbrauch in der katholischen Kirche aus den USA, Irland, Australien und auch Deutschland entweder nicht gelesen oder er ver­schleiert hier bewusst die Wahrheit.

Die MHG-Studie geht von 1 670 Klerikern aus, die im Untersuchungszeitraum beschuldigt wurden. Davon waren 1 429 Diözesanpriester. Das entspricht einem Anteil von 5 % an der Gesamtzahl der Priester, die im Untersuchungszeitraum in den deutschen Bistümern beschäf­tigt waren. Einen „verschwindene[n] Prozentsatz“ nennt Brandmüller, wenn jeder 20. Priester in den Akten der Kirchen als Beschuldigter identifiziert wird. Untersuchungsberichte aus den USA zeigen im Vergleich zur MHG-Studie eine noch höhere Durchsetzung der Priesterschaft mit Missbrauchsbeschuldigten, so dass auch für Deutschland mit einem großen Dunkelfeld zu rechnen ist.

Nicht zu vergessen: Ein erheblicher Anteil der Beschuldigten konnte auch nach Bekanntwer­den von Vorwürfen weiter in Priesteramt und Pfarrdienst verbleiben. Tausende Kinder und Jugendliche wurden erst dadurch zu Opfern, weil die Kirche Ersttäter nicht konsequent aus dem Dienst entfernte und den Strafverfolgungsbehörden meldete. Dies ist besonders deshalb relevant, weil die Schwere der Missbrauchsdelikte im Verlauf der Täterkarriere häufig zunimmt.

Nicht nur befinden sich unter den röm.-kath. Priestern bis in die jüngste Zeit hinein unent­deckte und davongekommene Sexualverbrecher, auch auf die Kirche kann man sich (bisher) nicht verlassen, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche vor diesen Tätern zu beschüt­zen. Das systemische Versagen hat sich in Einzelfällen zur blinden Beihilfe bzw. bewussten Mittäterschaft ausgewachsen. Warum sollte man also gegenüber katholischen Priestern nicht misstrauisch sein?

3. Schwule Priester sind generell verdächtig

Von Brandmüllers Verteidigung gegen den Generalverdacht ist eine Gruppe von Priestern ausgenommen: Schwule Priester gelten ihm als Hauptverantwortliche für den Missbrauch in der katholischen Kirche. Um das zu „beweisen“ schreckt der Kardinal nicht vor dem geschmack­losen Hinweis zurück, dass „80 Prozent der Missbrauchsfälle im kirchlichen Umfeld männliche Jugendliche, nicht Kinder, betrafen“.

Aufgrund des nach wie vor großen Dunkelfeldes vermag schon die Sicherheit Brandmüllers, den Wert von 80 % zu benennen, überraschen. Die Unterstellung, Verbrechen an Jugend­lichen wären gegenüber denen an Kindern irgendwie weniger schlimm, muss entsetzen.

Der Kardinal versteigt sich zu der Behauptung:

„Dieser Zusammenhang zwischen Missbrauch und Homosexualität ist stati­stisch erwiesen – aber das hat nichts mit Homophobie zu tun, was immer man darunter verstehen mag.“

Ein direkter Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie oder gewalttätiger Sexualität ist nicht belegbar. Auch die MHG-Studie hält fest, dass monokausale Erklärungen zu kurz greifen. Tatsächlich schreiben die Wissenschaftler*innen:

„Die Verpflichtung zu einem zölibatären Leben könnte Priesteramtskandidaten mit einer unreifen und abgewehrten homosexuellen Neigung als Lösung inner­psychischer Probleme erscheinen, die zusätzlich die Aussicht auf ein enges Zusam­menleben ausschließlich mit Männern […] mit sich bringt. Insoweit könnten spezifische Strukturen und Regeln der katholischen Kirche ein hohes Anziehungspotential für Personen mit einer unreifen homosexuellen Neigung haben.“

Damit weisen die Autor*innen der Studie auf einen komplexen Zusammenhang von sexueller Identität der Täter, kirchlicher Sexualmoral und katholischer Ämtertheologie hin. Statt die Auswirkungen des Zölibatszwangs und der Ächtung von Homosexualität zu diskutieren, stellt der Kardinal schwule Priester an den Pranger.

Dabei dürfte der 1953 zum Priester geweihte Brandmüller seitdem und besonders während seiner Tätigkeit als Professor zahlreichen homosexuellen Priestern und Priesteranwärtern begegnet sein. Wahrscheinlich hat er Zeit seines Lebens mit mehr Schwulen zusammen­ge­arbeitet als der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung. Das Priesteramt war über viele Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine Möglichkeit für homosexuelle junge Männer aus streng katholischen Elternhäusern einen gesellschaftlich akzeptierten Lebensentwurf zu wählen.

Brandmüller unterstellt schwulen Priestern nicht nur, sie wären aufgrund ihrer Sexualität prädestiniert für Pädophilie und Ausübung sexueller Gewalt. Er geht wie selbstverständlich davon aus, dass schwule Priester den Zölibat nicht im gleichen Maße halten könnten wie ihre heterosexuellen Amtsbrüder. Weil der Zölibat partout nicht das Problem sein darf, greift er auf das billige Ressentiment zurück, Schwule lebten ihre Sexualität im Vergleich zur „norma­len“ Bevölkerung unbedingt promisk aus.

4. Die Moderne ist der Feind

Als Heilmittel gegen den Missbrauch empfiehlt Brandmüller die Besinnung auf traditionelle katholische Überzeugungen:

„Zunächst wird es notwendig sein, noch vor jeder religiösen Begründung, die sich aus der Natur des Menschen als Mann und Frau ergebenden Grundsätze geschlechtlicher Sittlichkeit erneut und vertieft zu verstehen. Johannes Paul II. hat mit seiner Theologie des Leibes hierzu Wegweisendes gesagt.“

Was der Kardinal hier „noch vor jeder religiösen Begründung“ ansiedelt, ist nichts anderes als eine Naturrechtslehre, wie sie sich im Lehrgebäude der röm.-kath. Kirche erhalten hat. Dass es in Gottes guter Schöpfung Platz für mehr als zwei Geschlechter und die Liebe auch unter gleichgeschlechtlichen Partner*innen geben könnte, kommt dem Kardinal in seiner Ignoranz gegenüber der (theologischen) Wissenschaft der letzten gut 50 Jahre nicht in den Sinn.

Stattdessen weist er auf die „Theologie des Leibes“ des vor Kurzem (h)eiliggesprochenen Papstes Johannes Paul II. hin. Dabei handelt es sich um nichts mehr als eine geschickt gesetzte Behauptung, die zurzeit unter erz-konservativen Vertretern einer restriktiven Sexualmoral Mode hat. Die Überlegungen Johannes Paul II. will Brandmüller gar zum Dogma der Kirche erheben:

„In der Tat ist diese Lehre Johannes Pauls II. auch der Auswahl und der Aus­bil­dung künftiger Priester und Religionslehrer zu Grunde zu legen. Sodann ist auf deren psycho-physische Konstitution zu achten. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es bei alledem nicht nur um Psychologie und Sozio­logie geht, sondern vielmehr um das Erkennen einer wirklichen von Gott kom­menden Berufung.“

Damit ist vor allem die Ausscheidung homosexueller Priesterkandidaten gemeint. Aber Brand­müllers Bemerkungen greifen noch weiter: Aus der Kirche soll all das entfernt werden, was aus den Sozial- und Naturwissenschaften kommend inzwischen auch dort als wertvoll und zielführend geachtet wird. Brandmüller beschwört den Kulturkampf des Katholizismus gegen die Moderne, wie ihn Benedikt XVI. vorgab.

Reformen kann sich Brandmüller nur als Rückkehr zur Kirche seiner Kindheit vorstellen, deshalb beschwört er wider besseren Wissens seine Kirche, sich ein Beispiel an „sogenann­te[n] traditionalistische[n] Gemeinschaften“ wie der Piusbruderschaft zu nehmen. Dabei ist der Mangel an Priesterkandidaten in der röm.-kath. Kirche im Westen nicht auf ihre Moderni­tät, sondern auf ihre Wirklichkeitsferne dem Leben der Jugend gegenüber zurückzuführen, wie die zaghafte Jugend- und Berufungssynode in Rom erst kürzlich gezeigt hat.

Auf die Frage, wohin die Kirche steuert, gibt der Kardinal auch Papst Franziskus noch einen mit und antwortet:

„Steuert sie überhaupt? Sind wir nicht vielmehr von widersprüchlichen Strö­mun­gen hin- und her geworfen? Kann man da überhaupt einen Kurs erken­nen?“

Klar erkennbar ist demgegenüber Brandmüllers Kurs: Es geht ihm in keiner Silbe um die Opfer des Missbrauchs, sondern allein um seine Vorstellung von der Zukunft der Kirche, mit der er sich in Widerspruch zu ihr begibt. Der Kardinal missbraucht tatsächlich den Missbrauch für seine Interessen.

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2019/01/06/heuchelei-wirft-der-kardinal-der-gesellschaft-vor/

[2] https://eulemagazin.de/fakten-contra-brandmueller/

Buchvorstellung bei Gloria von Thurn und Taxis

Posted in Kirche, Medien, Theologie by dierkschaefer on 3. September 2015

»„Gott oder nichts“ heißt das Werk von Kardinal Sarah und Nicolas Diat. Glaubenspräfekt Müller redet der Kirche ins Gewissen.«[1]

Die Mittelbayrische bietet dem Leser Hofberichterstattung, einschließlich der Bezeichnung „Fürstin“.

Ganz so höflich, aber köstlich ist der Bericht von Hannes Hintermeier in der heutigen FAZ (Print) nicht; leider bisher nicht im Netz zugänglich. Lohnt sich zu lesen und man merkt den Unterschied in der Qualität zweier Zeitungen.

[1] http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/stadtteile/innenstadt/buchvorstellung-bei-fuerstin-gloria-21345-art1277539.html

Nachtrag: Nun ist der Spitze-Artikel von Hannes Hintermeier  doch noch im Netz. Lohnt sich zu lesen:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/kardinal-sarahs-buch-gott-oder-nichts-13782194.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

So denken Fundamentalisten

Posted in Geschichte, Gesellschaft, Menschenrechte, Soziologie, Weltanschauung by dierkschaefer on 13. Juni 2014

»Sloterdijk geht in seiner revisionistischen Apologetik sogar so weit, das „Böse“ anzurufen, das er in „Freiheit und Gleichheit“, in „Eigentum und Fortschritt“, in „Menschenrechten, Verfassung und Herrschaft der Vernunft“ sieht: Alles ein Werk des „Teufels“, so Sloterdijk, den wie de Maistre die Frage umtreibt, wie Gott die französische Revolution zulassen konnte«.[1]

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/peter-sloterdijks-neues-buch-die-schrecklichen-kinder-der-neuzeit-a-974984.html

 

[1] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/peter-sloterdijks-neues-buch-die-schrecklichen-kinder-der-neuzeit-a-974984.html

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Das Konklave und die Nonnen von Sant’Ambrogio

Posted in Geschichte, Kirche, Politik by dierkschaefer on 12. März 2013

Wer eine deftige Geschichte über sex and crime im kirchlichen Umfeld lesen will, sollte lieber den Pfaffenspiegel lesen, auch Bocaccio bietet lustvolle Stories oder die Anna Dunzinger im Zupfgeigenhansel.

So lustig geht es in diesem Kloster nicht zu, eher schwülstig. Auch einem Vergleich mit einem klassischen Schauerroman hält die „Wahre Geschichte“ des Autors Hubert Wolf nicht stand, denn er ist kein Romanzier, sondern Kirchenhistoriker. Geradezu minutiös führt er uns durch die Protokolle eines Inquisitionsverfahrens – alles gut belegt mit einem ganzen Apparat von Anmerkungen. Die muß man zwar nicht lesen, dennoch sollte man mehr fachliches Interesse mitbringen, als den Wunsch nach Unterhaltung, um sich durch das (ohne Anmerkungen) 444 Seiten umfassende Werk zu arbeiten. Ich fand’s spannend.

Warum?

Die Ereignisse im Kloster spielen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; und dennoch fühlt man sich in das Mittelalter versetzt soweit es um die Mentalitäten und Denkhorizonte geht. Der zeit- und kirchengeschichtliche Hintergrund war mir – und ist wohl auch vielen anderen Lesern weithin unbekannt dank eines schlechten Geschichtsunterrichts in der Schule und dank des Desinteresses, das evangelische Theologen normalerweise an neuerer katholischer Kirchengeschichte haben. Beides ist nicht gut, denn so verstehen wir die Hintergründe bis hin zur aktuellen Papstwahl nicht.

Es geht um den Streit der katholischen Kirche mit der modernen Welt. Hierbei ist nicht die „technische Moderne“ gemeint, sondern die „Aufklärung“, die den Menschen ermutigte, sich seines Verstandes zu bedienen und sich so aus seiner selbstverschuldeten Abhängigkeit zu befreien. Ein Ergebnis des aufgeklärten Denkens war die französische Revolution einschließlich der Schreckensherrschaft. Dieser Einbruch der „Moderne“ brachte die europäische Staatenwelt ins Wanken. Die wehrte sich mit der „Restauration“: Die Gedanken waren nicht mehr frei. Allerdings hatten die anciens régimes nicht auf die Gebietsgewinne verzichten wollen, die ihnen Napoleons Neuordnung Europas verschafft hatte. So gab es in Deutschland nun kaum noch konfessionshomogene Staaten, sondern viele katholische Untertanen hatten nun protestantische Herrschaften – und kaum noch Aufstiegschancen in staatlichen Einrichtungen. Eine völlig neue Situation für die katholische Kirche in Deutschland, und sie war in sich gespalten: einige Theologen suchten nach konstruktiven Antworten auf die neuen Herausforderungen, andere blickten ultra montes, über die Berge nach Rom. »Mit dem Begriff Ultramontanismus wird eine politische Haltung des Katholizismus … bezeichnet, die sich ausschließlich auf Weisungen von der päpstlichen Kurie … stützt. Diese Haltung ging einher mit dem Antimodernismus, einer Strömung innerhalb der gesamten katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, die sich – ausgehend von Dekreten Papst Pius‘ IX. – gegen gesellschaftliche und politische Reformen zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie wandte. Ein Höhepunkt antimodernistischer Tendenzen in der katholischen Kirche war 1910 die Verpflichtung aller Priester auf das Ablegen des sogenannten Antimodernismus-Eids: ab dem 1. September 1910 waren sie ausdrücklich verpflichtet, die im Syllabus Errorum (Liste der Irrtümer) genannten „Irrtümer“ abzulehnen« (http://de.wikipedia.org/wiki/Transmontanismus). Der erwähnte Pius IX, der auch in der Sant’Ambrogio-Affäre die entscheidende Rolle spielt, hatte 1854 das Dogma von der „Unbefleckten Empfängnis“ verkündet, demgemäß die Jesusmutter Maria schon von ihrer eigenen Empfängnis an von der „Erbsünde“ unbefleckt gewesen sei (http://de.wikipedia.org/wiki/Mariendogmen). Damit hatte nicht nur die Sexualfeindlichkeit der kirchlichen Lehre ihren Höhepunkt platonischer Verzückung erreicht, sondern es mehrten sich auch Berichte über Marienerscheinungen. Die „Heilige Jungfrau“ erschien und sprach mit zumeist unbedeutenden Leuten, oft auch Kindern. Die Sant’Ambrogio-Affäre zeigt das Bedrohungspotential für die kirchliche Hierarchie, wenn Menschen niederen Standes und mit allenfalls niederen Weihen am Lehramt vorbei ungefiltert Botschaften heiliger Personen empfangen (http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchliches_Lehramt ). Die Rolle, die Joseph Kleutgen (s. unten) bei der Konzeptionalisierung des doppelten Lehramtes mit Zuspitzung auf das Papstamt spielte, ist geradezu pikant(s. unten).

Der Richtungsstreit zwischen „Liberalen“ und Antimodernisten war noch imgange, als die Sache mit dem Kloster Sant’Ambrogio passierte. Eine junge Nonne hatte die Macht im Kloster Sant’Ambrogio übernommen. Sie konnte sich auf gängige Glaubensmeinungen verlassen, Glaubensmeinungen, die auch heute nicht überholt sind, nämlich daß es jenseits dieser Welt eine andere nicht nur gibt, sondern daß die jenseitige auch in die diesseitige eingreifen kann – und es auch tut. Religionsfeinde mögen die Nase rümpfen und zum Angriff blasen. Doch daß der Glaube Berge versetzen kann, im Guten wie im Bösen, ist nicht so leicht von der Hand zu weisen. Immerhin erleben wir gerade, wie der Glaube an Allah, entsprechend gehandhabt, eine Weltmacht so unter Streß setzt, daß sie dabei ist, ihren eigenen Glauben an die Menschenrechte aufzuweichen.

Die junge Nonne von Sant’Ambrogio jedenfalls war eine Meisterin in der Handhabung des Glaubens ihrer Schwestern und Beichtväter. Mit Marienerscheinungen, Briefen aus dem Himmel und ihrem äußerst hübschen Aussehen spielte sie die Äbtissin in die Bedeutungslosigkeit, besetzte auf himmlischen Befehl Schlüsselämter im Kloster, blendete den einen und bezirzte den anderen Beichtvater mit ihrer Schönheit und Rosendüften himmlischen Ursprungs. An den erotischen Aspekten ist lediglich interessant, welcher Wust von Aberglauben nötig war, um die streng verbotene und rigide verpönte Sexualität praktizieren zu können. Doch was im Himmel mit immer neuen Briefen gut geheißen wurde, war in Ordnung, durfte aber nicht mitgeteilt werden. So weit, so skurril bis hin zum Zungenkuß als jesuitischen Segen. Die junge Nonne war ehrgeizig und erledigte andere Nonnen, die ihr gefährlich werden konnten, per Giftmord. Und hatte sie einmal jemand bei zweifelhaftem Tun beobachtet, dann war nicht sie es, sondern der Teufel, der sich ihrer Gestalt bemächtigt hatte. Die Gründung eines eigenen Klosters mit ihr als Äbtissin war ihr Lebensziel. Dazu sollte der Klosterfonds dienen, den die lebenserfahrene Prinzessin Katharina von Hohenzollern als Mitgift beim Eintritt ins Kloster eingebracht hatte. Die war zwar fromm, aber nicht verblendet. Darum sollte sie aus dem Weg geräumt werden. Doch sie überstand nicht nur alle Attacken, sondern konnte sich retten. Gustaf Adolf, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, wollte zunächst zwar nicht glauben, was seine Cousine berichtete, holte sie aber mit päpstlicher Unterstützung aus dem Kloster und vermittelte ihr einen neuen Beichtvater. Mit dessen Hilfe erhob die Prinzessin Anklage beim Inquisitionsgericht.

Damit sind wir mitten in den kirchenpolitischen Querelen dieser Zeit – und die gehen bis heute. Der Inquisitionsprozeß lief zwar geordnet ab, wenn man von den folgeträchtigen Personalentscheidungen absieht. Zunächst war ja auch alles eher unproblematisch: Angemaßte Heiligkeit war der erste Punkt der Anklage, dann die sexuellen Eskapaden und schließlich das Mordkomplott. Das hätte sich alles gut abwickeln lassen. Dummerweise stellte sich aber bei der Vernehmung des zweiten und sexuell aktiven Beichtvaters, Pater Peters, seine wahre Identität heraus: Joseph Kleutgen (http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Kleutgen), strammer Antimodernist, Vordenker des Ultramontanismus, Verfasser des neuscholastischen Standardwerks Die Theologie der Vorzeit. Trotz seiner Argumentationskunst konnte er einer Verurteilung nicht entgehen. Er war auf die angemaßte Heiligkeit der Nonne und auf ihre Verführungskünste hereingefallen. Dank der Zusammensetzung des Inquisitionsgerichts konnte man ihn aber aus der Schußlinie nehmen. Das Urteil in der Sant’Ambrogio-Affäre wurde mit Rücksicht auf das Image der Kirche nie veröffentlicht, und Kleutgen alias Pater Peters nutzte seine Auszeit zur argumentativen Stützung der neuscholastischen Richtung, in der alles auf die Autorität des Papstamtes zulief. So war er schließlich maßgeblich beteiligt an der Abfassung des Unfehlbarkeitsdogmas, das weithin vom deutschen Episkopat nicht mitgetragen, aber dennoch durchgesetzt wurde. Die Gründung altkatholischer Gemeinden (http://de.wikipedia.org/wiki/Altkatholische_Kirche) hat den Vatikan anscheinend weniger gestört als die Gründung der Pius-Bruderschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Pius-Bruderschaft) in heutiger Zeit. Die lebhaften Bestrebungen, das „Zweite Vatikanische Konzil“ zu revidieren, sind die Neuauflage des Modernistenstreits aus dem 19. Jahrhundert.

Doch eigentlich ist alles entschieden. Der Zentralismus römischer Macht steht festgemauert hier auf Erden – und kann allenfalls in Randbereichen in eine milde Herrschaft umschlagen. Dafür haben nicht nur Joseph Kleutgen und Pius IX gesorgt, sondern auch der emeritierte Benedikt XVI. Wie eng der Verstand in „span’sche Stiefel“ eingeschnürt ist, liest man ausführlich bei Norbert Lüdecke, Kommunikationskontrolle als Heilsdienst.

Wer wird der nächste Papst? Ein Europäer, gar ein Italiener? ein Schwarzer oder Latino? Ein Traditionalist oder eher ein Liberaler?

Wer auch immer. Er ist nicht zu beneiden. Der Vertrauensverlust wird durch immer neue Enthüllungen von Skandalen größer. Die Bindung an Tradition und Dogma wird auch beim besten Willen nicht zu lösen sein – und selbst wenn, – was bringt eine Lockerung in einer immer stärker säkularisierten (westlichen) Welt? Der Byzantinismus des Kirchenstaates steckt in einer ideologischen Sackgasse, darüber kann auch seine operettenhaft-medientaugliche Inszenierung nicht hinwegtäuschen.

Wer allerdings angesichts des Aufmarsches von narzistisch-kostümierten Würdenträgern zum Konklave von einer Schwuchtelparade spricht, kennt die Hintergründe nicht und offenbart nur seine Vorurteile über Homosexualität.

Neues (?) aus der katholischen Kirche

Posted in Gesellschaft, Kirche, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 9. Februar 2013

„Katholikenphobie“. Keine Religion oder Konfession werde so sehr angegriffen wie die katholische Kirche.

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kirche-kardinal-meisner-beklagt-katholikenphobie-12055867.html

 

„Tatsächlich spüre ich in letzter Zeit eine aggressive Stimmung gegen die Katholische Kirche“, so Overbeck zur WAZ. Er räumte aber auch ein, dass sich die Katholische Kirche „diese aggressive Einstellung zum Teil selbst zuzuschreiben“ habe.

http://www.derwesten.de/politik/ruhrbischof-overbeck-geht-auf-distanz-zu-meisner-und-mueller-id7586048.html

 

„Ich bin ein freier katholischer Journalist.“

http://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article113435255/Der-grosse-Hass-auf-die-Lust-katholisch-zu-sein.html

 

Gemeinsam mit Pussy-Feinden die Wagenburg schließen:

»Wörtlich betont der Metropolit weiter: „Die neue Zeit stellt uns vor neue Herausforderungen, wir stehen vor dem Faktum des wachsenden Einflusses der Ideen des Säkularismus und Liberalismus in der Gesellschaft. Niemand ist imstande, dieses globale geistliche Problem im Alleingang zu bewältigen. Wir haben gemeinsame Aufgaben, die gemeinsame Anstrengungen erfordern“«. http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/52446.html

Muß man ein Betonkopf sein, um die Tiara tragen zu können?

Posted in Kirche, Theologie by dierkschaefer on 22. Dezember 2012

Klare Antwort: nein, ist nicht nötig. Vorgänger des jetzigen Tiara-Trägers belegen es, wobei  ich gar nicht mal an die Renaissancepäpste denke.

Für einen Betonkopf ist dieser Papst eigentlich zu schnell – beim Publizieren. Noch im März 2011 konnte ich bloggen, an seinem zweiten Jesusbuch sei eher die Abwägung interessant zwischen dem Jesus der historisch-kritischen Forschung und dem „geglaubten“ Jesus in katholischer Auslegung. Angekündigt war schon das dritte Jesusbuch. Das, so schrieb ich, »dürfte wirklich spannend werden. Es soll von Jesu Kindheit und Jugend handeln. Und da gibt es bisher fast nichts außer der Geburtsgeschichte und dem 12jährigen Jesus im Tempel. Doch, da sind noch die Jesus-Legenden von Selma Lagerlöff. Da wird sich Benedikt viel selber einfallen lassen müssen«.https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/03/20/%C2%BBist-die-kirche-noch-zu-retten%C2%AB/

So ist es gekommen.Heinz-Werner Kubitza stellt das Buch heute vor: http://hpd.de/node/14638 .

Da hat doch der Papst eine neue historische Quelle gefunden, die alle Fachleute bisher übersehen haben: Wer könnte besser über Jesus berichten, als seine Mutter! Die Quelle Heilige Mutter ist zwar nirgends  belegt, wenn man von ein paar der Maria zugeschriebenen Aussagen absieht. Doch gerade darum läßt es sich herrlich fabulieren. Da wird sich Benedikt viel selber einfallen lassen müssen, hatte ich geschrieben. Hat er. Was er – immer anhand der Rezension von Kubitza beurteilt – nicht bringt, gehört zum Stoff neutestamentlicher Proseminare. Kubitza nennt die Details richtig.

Ist also der Papst dumm oder wenigstens theologisch unterbelichtet? Klare Antwort: Nein, ganz sicher nicht. Er weiß, was er tut. Er steuert die Kirche zielbewußt in die Zeit des Modernismusstreit zurück http://de.wikipedia.org/wiki/Modernismus_%28Katholizismus%29 .  Quelle alles Übels ist die Moderne, die Säkularisierung, die historisch-kritische Methode der Bibelinterpretation. Dagegen hilft Maria.

Er hätte ja auch vom katholischen Privileg Gebrauch machen können, die noch nicht gehobenen Wahrheiten der Bibel zu verkünden – und eine modernisierte Kirche präsentieren. Hat er aber nicht. Man kann sehr klug sein und dennoch Betonkopf. Erkenntnisse, die auch er kennt, werden einfach übergangen. Die Erde ist eine Scheibe. Ist sie’s nicht, um so schlimmer für die Realität.

Das könnte man alles als hinterwäldlerisch abtun, wenn nicht aus dem Waldesdickicht immer wieder unzivilisierte Horden hervorbrechen würden. Fundamentalisten, Bilderstürmer, ja, auch Terroristen, die die Welt nach ihrem Betonbilde gestalten wollen. Zuvor muß man das Denken verteufeln und – ist man an der Macht – verbieten.

Schade. Die Bibel hätte etwas Besseres verdient, als diesen Papst. Die Kirche auch. Von Jesus ganz zu schweigen.

 

In von mir nicht gewünschter Weise schleichen sich seit gestern Werbungsanzeigen in meinen Blog ein. Das ist eine Form von Piraterie und ich bitte diese nicht zu beachten.

An die Brüder in leitenden Ämtern der katholischen Kirche

Posted in heimkinder, Kirche, News, Pädagogik, Theologie by dierkschaefer on 23. Februar 2010

An die Brüder in leitenden Ämtern der katholischen Kirche!

Schon die Adressierung wirft Probleme auf.

Die Bruderanrede ist in kirchlichen Hierarchien (auch im evangelischen Raum) eher von oben nach unten üblich.

Ob es mir, der ich ein einfacher Pfarrer bin und zudem einer in römischen Augen Nicht-Kirche angehöre, überhaupt gestattet ist, irgendwelche verwandtschaftliche Beziehungen in Anspruch zu nehmen, ist die nächste Frage.

Und schließlich ist mir in diesem Falle verwehrt, mich gemäß dem normalen Sprachgebrauch an die Brüder und Schwestern zu wenden.

Was ist mein Anliegen?

Prinzipiell geht es mich nichts an, wie Sie Ihre Kirche führen. Das wäre Einmischung in innere Angelegenheiten.

Nun weiß ich jedoch aus einer selbst durchgeführten Kirchenaustrittsuntersuchung, daß Menschen aus der evangelischen Kirche austreten, weil sie die Ansichten des Papstes skandalös oder hinterwäldlerisch finden. Mit anderen Worten: Die römisch-katholische Theologie und Führungspraxis beschädigt unsere evangelischen Interessen. Da ist ein Wort unter Brüdern angebracht.

Zudem treten Sie mit Argumenten an die Öffentlichkeit, ich denke da speziell an die Herren Zollitsch und Mixa, die eine öffentliche Antwort herausfordern, auch wenn sie katholisch-interne Belange betrifft.

Bischof Mixa hat in Erinnerung gerufen, daß es im Umkreis der 68er-Ereignisse Stimmen gab, die Pädophilie verharmlosten oder gar beförderten. Dies ist richtig, so wie es auch richtig ist, daß das Schutzalter für Kinder nicht herabgesetzt wurde. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß ausgerechnet der geistliche Nachwuchs der katholischen Kirche sich von dieser auch damals randständigen Diskussion beeinflussen ließ. Zudem gab es schon vor 68 sexuelle Regungen im katholischen Klerus. Doch Herr Mixa sprach ja von der „sexuellen Revolution“. Schon seit langem geht dieses Gespenst um in der katholischen Kirche – begleitet von dem Oberteufel, der Moderne schlechthin.

Nun betreibt Bischof Zollitsch, wie heute in der Zeitung zu lesen ist, Abwehrzauber: Keinesfalls habe der Zölibat oder die katholische Sexuallehre mit den Mißbräuchen zu tun; nicht das System sei schuldig. Natürlich ist mir die ekklesiologische Engführung Ihrer Kirche bekannt, doch das ist wirklich nicht mein Problem. Ihres jedoch könnte es sein, daß fast alle Katholiken, (die ich kenne, auch solche mit kirchlichen Funktionen) bekenntnismäßig den Alt-Katholiken zuzurechnen sind, aber den Bruch mit „ihrer“ Kirche scheuen. Für diese Menschen stellt die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes das Hauptproblem dar. Doch zurück zu Herrn Zollitsch: Sicherlich ist es ein Kurzschluß, die Mißbräuche monokausal mit Zölibat und Sexuallehre zu verknüpfen, doch als Ko-Faktoren sind sie durchaus diskutabel. Eine Dunkelfelduntersuchung könnte die Zusammenhänge erhellen.

Mein Vorschlag: Beauftragen Sie die Kriminologen mit einer Dunkelfelduntersuchung!

Und hinterher sortieren wir gemeinsam den Scherbenhaufen, den (in zufälliger Reihenfolge) Lehrer, (Sozial-)­Pädagogen, Heimpersonal, Geistliche in beiderlei Gestalt, Jugendverbandspersonal etc. angerichtet haben. Die Heimkinder-Problematik gehört auch in diesen Zusammenhang, nur daß es dabei nicht ausschließlich um publizitätsträchtigen sexuellen Mißbrauch geht, sondern auch um insgesamt niederträchtige Methoden Schwarzer Pädagogik. Es gibt wirklich viel zu tun. Packen wir’s an!

Nur als Randbemerkung: In meinem langjährigen berufsethischen Unterricht für Polizeibeamte (gemischt-konfessionell) wurde ich regelmäßig in der ersten Unterrichtsstunde eines neuen Kurses auf den Zölibat angesprochen. Es war mir stets wichtig, den in dieser Hinsicht ungläubigen jungen Männern zu verdeutlichen, daß der Verzicht auf sexuelle Betätigung durchaus eine zu respektierende Lebensform sein kann. Nie habe ich gesagt, daß man den Zwangszölibat auch als sehende Inkaufnahme menschlichen Unglücks betrachten könne.