Eine Flüchtlingspfarrerin und eine „Weihnachtsgeschichte“.
Bei der Asylpfarrerin ist die Kirchensteuer am rechten Platz[1].
Wie das mit dem Alter so kommt (und bevor Alois Alzheimer zuschlägt): So viel Neues unter der Sonne sehe ich doch nicht.
1992, vor 22 Jahren, kam das damals neue Asylgesetz und ich schrieb an meine damalige Klientel einen Weihnachtsgruß, die Scans unten.
Der besseren Lesbarkeit wegen sei der „weihnachtliche“ Text hier wiedergegeben:
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es begab sich aber in unserer zeit, daß ein gebot von den parteien vorbereitet wurde, daß unsere welt geschützet werde.
und diese schutzmaßnahme war die allererste seit der zeit, in der bei uns menschen verfolgt und vergast wurden. wer damals es schaffte davonzukommen, flüchtete durch länder und meere und fand oft keine duldung.
und unsere väter zogen daraus die lehre, daß asyl für politisch verfolgte grundrecht sein müsse.
doch dann machte sich auf in unseren tagen eine menge von menschen aus aller despoten und kriegsherren länder, auf daß sie sich schützen ließen, viele davon mit frau und kind.
auch aus den armen ländern der welt, von den reichen geplündert, kamen viele, gelockt durch unseren reichtum und durch die versprechungen ihrer schlepper, auf daß sie sich geben ließen, was wir durch klugheit und fleiß und unrechte handelsbedingungen und die macht unserer handlanger vor ort trickreich und wohlfeil erworben.
und als sie allhier waren, kamen sie in lager und schlichtwohnungen, denn wir hatten schon keinen raum für die eigenen armen im lande, an denen seit jahren der reichtum vorbeifloß.
dazu kamen noch die menschen der neuen länder, wie ein fauler apfel uns in den schoß gefallen, weil ihr system in konkurs ging.
und die vom abstieg bedrohten der alten und neuen länder des bundes suchten sündenböcke und setzten flammenzeichen der braunen vergangenheit: gegen die fremden, gegen alle nutzlosen fresser!
da sprachen die mächtigen hierzulande: seht ihr die zeichen ? das land wird unregierbar. wir brauchen ein gesetz, das uns die fremden vom hals schafft.
und so entdeckten sie einen cordon sanitaire:
ein rettungsring von sicheren staaten, die nicht verfolgen, umschließt uns fast völlig, der soll uns schützen. wer zu uns kommt durch diesen ring, soll dahin zurück.
doch wer direkt uns erreicht aus einem land, das verfolgt, der darf für sich um aufnahme heischen, so bleibt das recht auf asyl in seinem wortlaut erhalten, und unser gewissen besänftigt.
doch welcher verfolgte kann schon ganz regulär, mit paß, visum und geld seinen häschern entkommen und hier bei uns landen? denn nur der luft- und der seeweg vermeiden den listig erklärten juristischen schutzwall.
es werden wohl nur noch die herren aus dem morgenland an unserer krippe erscheinen, – wenn eines tages sich ihre völker erheben, doch diese politisch verfolgten fallen uns kaum je zur last, denn sie bringen mit sich den reichtum der völker, die sie beraubt.
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In den vergangenen 22 Jahren ist nichts besser geworden.
[1] http://evangelischesfrankfurt.de/2014/11/das-kreuz-unter-der-kleidung/
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