Eine Jubeldenkschrift zum Firmenjubiläum – Das Stephansstift Hannover, Teil 3 von 4: Die Bewirtschaftung der Bedürftigkeit
Seid klug wie die Schlangen[1] … auch bei den Finanzen.
Am Beginn stand die Idee vom barmherzigen Samariter, der einfach nur half.[2] Er sah sich zuständig im Gegensatz zu den Amtspersonen und (Schrift-)gelehrten. Der von ihm bezahlte Wirt gehörte sozusagen schon zu einem rudimentären Hilfesystem. Und wenn man das ausbaut?
Dann kommt man in der Moderne zur Bewirtschaftung der Bedürftigkeit.
Das Stephansstift ist ein Beispiel für die Geschichte so mancher der heutigen Sozialkonzerne. Die Autorinnen haben in ihrer Studie die Geschichte des Stifts ausführlich beschrieben[3], allerdings sehr unkritisch. Zwar sind sie nur bedingt zu kritisieren. Bilanzen lesen zu können gehört m. W. nicht zu den Studieninhalten von Historikern. Da müssen Spezialisten ran. Aber man sollte seine Grenzen bewusst wahrnehmen und dann Spezialisten heranziehen.
Das habe ich getan, denn auch ich kann keine Bilanzen lesen. Udo Bürger[4] hat sich die Bilanzen des Stephansstifts angesehen und damit wesentlich zu diesem faktengestützten Narrativ vom unaufhaltsamen Aufstieg dieser Einrichtung beigetragen.
Doch einige Fragen tauchen auch dem Laien auf: Warum, zum Beispiel, ist den Autorinnen die Expansion vom Stephansstift von seinen Anfängen bis hin zur Größe der „Dachstiftung“[5] keine Frage wert gewesen? Sie kannten die Bedingungen der Gemeinnützigkeit. Sie sind steuerfrei und dürfen deswegen keine Gewinne erwirtschaften.
Den so naheliegenden Fragen soll hier ansatzweise nachgegangen werden.
Da die Software von „wordpress“ wie wild die Formatierungen wechselt, folgt hier, nach den ersten Fußnoten, wieder die PDF-Version.
Demnächst geht es weiter mit dem abschließenden Teil 4 von 4.
[1] Jesus Christus spricht: Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben (Mt 10,16).
[2] Das war eine Idee. Sie funktionierte nur bei reichen Geldgebern als Absicherung für das Jenseits.
Beispiele:
„Ich, Nicolas Rolin, … im Interesse meines Seelenheils, danach strebend irdische Gaben gegen Gottes Gaben zu tauschen, […] gründe ich, und vermache unwiderruflich der Stadt Beaune ein Hospital für die armen Kranken, mit einer Kapelle, zu Ehren Gottes und seiner glorreichen Mutter.“
Oder die Fuggerei: Für das Wohnrecht gilt noch heute, Gebete für die Stifterfamilie zu sprechen: „täglich einmal ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria für den Stifter und die Stifterfamilie Fugger. https://de.wikipedia.org/wiki/Fuggerei
Abgesehen von solchen Beispielen sah die Realität meist anders aus, wenn es keine vertragliche Verpflichtung für die Versorgung von Bedürftigen gab.( https://de.wikipedia.org/wiki/Altenteil, https://www.proventus.de/blog/aktuelles/altersvorsorge-damals-und-heute.html
[3] Die Seitenanzeigen in diesem Teil beziehen sich auf die Studie. Sie sind auch in Teil 2 von 4 in diesem Blog zu finden: https://dierkschaefer.wordpress.com/2022/09/25/eine-jubeldenkschrift-zum-firmenjubilaum-das-stephansstift-hannover-teil-2-von-4/
[4] Name verändert. Ich beanspruche Quellenschutz.
[5] Vorab das Organigramm: https://www.dachstiftung-diakonie.de/fileadmin/user_upload/20210715_Dachstiftung_Diakonie_Organigramm.pdf
Volk ohne Stauraum
Wieso? Der Verkehrsfunk meldet doch immer kilometerlange Staus auf den Autobahnen. Jede Menge Stauraum. Richtig, aber hier geht es um den privaten Stauraum – und der reicht nicht aus.
Das mit der Mülltrennung und dem Gelben Sack war schwierig genug, doch das haben wir einigermaßen hingekriegt nach dem Motto: Raum ist in der kleinsten Küche.
Aber nun das: Haben Sie Platz für drei Six-Pack Mineralwasser pro Person? – jede Flasche mit 1,5 Liter. Bei einem Dreipersonenhaushalt sind das 9 Six-Packs, mehr als eine Lage auf der Discounterpalette. Ja, kann man auch stapeln. Doch dann wird’s schwierig. Der Vorrat soll umfänglich erhalten bleiben. Was Sie verbrauchen, müssen Sie nachladen, also die neuen Sixpacks immer nach unten. Doch der Wasservorrat allein reicht nicht. Wenn Sie noch nicht in der Zeitung gelesen haben, was Sie für den Notfall alles brauchen, um zwei Wochen zu überleben, dann fordern Sie doch beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Broschüre an: http://www.bbk.bund.de/SiteGlobals/Forms/Warenkorb/BBK/DE/Warenkorb_Formular.html?cart4256416=%2B1 . Dort erfahren Sie, was Sie alles brauchen, und das ist viel mehr, als reines Wasser. Und alles muss „umgewälzt“ werden: Erst das Alte verbrauchen und das Neue alt werden lassen. Aber wohin damit, wird nicht gesagt.
Doch auch das ist nicht alles.
Ihre Normalvorräte, durchschnittlich für etwa drei Tage ausreichend, wie man liest, Ihre Normalvorräte also lagern größtenteils im Kühlschrank und im Tiefkühlschrank. Stromausfall gehört zu den meisten Notfallszenarios. Also brauchen Sie ein Notstromaggregat. Das paßt notfalls in die Garage, wenn Sie eine haben. Doch der Dieselvorrat dafür darf dort nicht mit rein, selbst wenn Platz wäre. Von dieser sinnvollen Vorsichtsmaßnahme ist aber gar nicht die Rede. Denn dann würden die Leute merken, was für realitätsferne Ratschläge auf sie niederprasseln.
Wer soll das verstauen, wer hat so viel Platz?
Das Volk ohne Stauraum reicht bis hoch in die Mittelschicht hinein. Selbst in einem Häuschen à la Helmut Schmidt[1] dürfte kaum Platz für die erforderlichen Vorräte sein. Dann vielleicht doch die Garage? Wer keine eigene hat, also all die Menschen mit oder gar ohne Tiefgaragenstellplatz, ist genau so dumm dran, wie ein Obdachloser. Da wären sicherlich auch manche MdB betroffen. Wissen die das schon? Sie sollten eine Garage mit Notstromaggregat beantragen Wo: Beim Innenministerium, dort im Bundesamt … Wo? Ach Sie wissen ja schon, wer sich über uns lustig macht.
So steht es mit der Privatisierung staatlicher Aufgaben: Man ist selbst der Dumme.
Ganz dumm dran sind die ganz Armen – wie immer. Die sollen laut Sozialministerium wie jedermann die Zusatzkosten so nebenbei rausschwitzen. Nach Schätzungen für einen Dreipersonenhaushalt ein halber Tausender. Für uns Bessergestellte kein Problem – vom Raum abgesehen. Aber die auf das Existenzminimum reduzierten Sozialhilfeempfänger[2] können das nicht, selbst wenn sie die schon abgelaufenen Lebensmittel bei der Tafel einkaufen. Steckt hinter dieser ministeriellen Lösung vielleicht gar ein Endlösungsgedanke? Sind Sozialschmarotzer[3] nicht verzichtbar? Nach den Vorgaben werden sie eine länger anhaltende Katastrophenlage nicht überleben. Die können wir also abschreiben, das erleichtert uns anderen den Neustart nach der Katastrophe. Wir sind dann auch die Obdachlosen los, auch die Alten in den Heimen, weil das Heimbudjet solche Sonderausgaben nicht vorsieht.
Was tun?
Wer Sozialhilfe bezieht und Wohngeld, sollte bei seinem Sozialamt den Antrag stellen, den Flächenbedarf neu zu berechnen. Denn die zusätzlichen Quadratmeter für die nun heiß empfohlenen Vorräte sind bisher noch nicht berücksichtigt worden.
Ohnehin sollte dieser Bedarf in die Bauordnungen aufgenommen werden, ein Autostellplatz pro Wohnung ist ja auch drin.
Ein Vorschlag ohne großen Platz- und Finanzbedarf: Kinder kauft Kämme, ’s kommen lausige Zeiten.
[1] Strauss machte sich darüber lustig.
[2] https://www.jungewelt.de/2016/09-01/028.php + https://deutsch.rt.com/inland/40203-kein-notvorrat-fur-hartz-iv/
[3] Die Nazis sprachen von Ballastexistenzen https://de.wikipedia.org/wiki/Ballastexistenzen . Immerhin wissen wir nach dieser Sozialabsage nun, auf welchen Denkhorizont wir uns hinbewegen.
Die wissen, was wichtig ist und wie man Ballastexistenzen loswird.
»Das evangelisch-freikirchliche Berliner Diakoniewerk Bethel hat drei Diakonissen ausgeschlossen, weil sie sich teils aus gesundheitlichen Gründen nicht an die Regeln der Gemeinschaft halten. Einer 51-jährigen Diakonisse sei gekündigt worden, weil sie rund um die Uhr medizinisch betreut werden müsse, deshalb ihre Tracht nicht mehr trage und nicht mehr am Gemeinschaftsleben der Diakonissen teilnehmen könne, berichtet der Berliner „Tagesspiegel“ (Donnerstagsausgabe). Eine 85-Jährige sei ausgeschlossen worden, weil sie ihre Schwester in Süddeutschland gepflegt hat, eine 79-Jährige, weil sie sich in Nepal für Arme engagiert und nicht nach Berlin zurückkommen will.«
http://www.epd.de/zentralredaktion/epd-zentralredaktion/freikirchliches-diakoniewerk-schlie%C3%9Ft-diakonissen-aus Freitag, 29. Mai 2015
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