Dierk Schaefers Blog

Ob der @UBSKM mit seinem Geld Gummibärchen kauft

 

 

Gummibärchen[1] oder lieber Kriminalromane, interessiert mich nicht.

Aber er leitet ein Amt. Das heißt, er und die Aktivitäten seines Amtes werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Insofern sollte er auf einige Fragen Auskunft geben, besonders wenn es grundsätzliche Fragen sind.

Was ist der Auftrag seines Amtes? Nur ganz pauschal Kindesmissbrauch? Wie hat er dann sein Terrain abgegrenzt? Warum hat er welche Schwerpunkte gesetzt?

Welche Kompetenzen wurden ihm eingeräumt?

Gehört zum Auftrag auch die aktive Aufklärung von Kindesmissbrauchsfällen in (welchen?) Institutionen? Gehört dazu auch das Recht auf umfassende Akteneinsicht, gegebenenfalls gegen den Willen der Institution? Wenn ja, gilt das auch für rechtlich verjährte Fälle? Soll er auch die aufklären?

Oder ist sein Auftrag nur auf Prävention beschränkt?

Ist er befugt, zur Erfüllung seines Auftrags wissenschaftliche Expertisen einzuholen? Oder Untersuchungen in Auftrag zu geben?

Wie hoch ist sein aufgabenbezogenes Budget?

Wie viele Mitarbeiter stehen ihm zur Verfügung?

Wem berichtet er? Dem Familienministerium, dem Parlament?

Hat er die Befugnis, dem Ministerium Gesetze vorzuschlagen oder dem Parlament zu unter­breiten?

Nach welchen Kriterien wurde der Betroffenenbeirat ausgewählt? Über welche Qualifi­kati­onen verfügt dieser? Eigene Missbrauchserfahrungen oder auch lediglich profunde theoretische Sachkenntnis über Kindesmissbrauch? Wie wurden diese Kenntnisse/Qualifikationen nach­gewiesen?

Konkret: Warum wurde Detlev Zander, ein direkt Betroffener, der als hochqualifiziert gelten kann, abgewiesen? Ich denke, er würde seine Zustimmung für die Veröffentlichung dieser Personalie geben. Man frage ihn.

Haben die Betroffenen ein eigenes Budget? Haben sie eine kompetente Rechtsberatung außerhalb des Amtes?

Wie steht es mit ihrem Stimmrecht im Verhältnis zu anderen Stimmberechtigten?

Dürfen sie eigenständig als Gruppe Stellungnahmen abgeben?

Wer ist für die amtliche Protokollierung von Besprechungen/Sitzungen verantwortlich?

All diese Fragen harren der Beantwortung wegen der schlechten Erfahrungen mit dem Runden Tisch Heimerziehung unter der Leitung von Frau Vollmer, die im Netz offen als Scheinheilige tituliert wird. [2] Wieder einmal setzt der Staat einen Mechanismus ingang, mit dem seine Organe (Jugendämter, Landratsämter, Gerichte) belastet oder voreingenommen geschützt werden könnten. Am Runden Tisch war es die Kumpanei von Staat (Länder) und Kirchen, die garantierte, dass die Ergebnisse nicht allzu kostenträchtig ausfielen.[3]

Der @UBSKM sollte für glaubhafte Transparenz sorgen, wenn sein Amt keinen Schaden nehmen soll.

Vielleicht mag der Betroffenenbeirat meine Fragen oder einige davon in die Besprechungen mit dem #UBSKM nehmen. Mir selber wird er nicht antworten. Aber die Betroffenen könnten an seiner Reaktion sehen, wie unabhängig er wohl ist.

 

Nachtrag: Da der #UBSKM gerade gestern medienwirksam zusammen mit Bischof Acker­mann seine Unterschrift unter die „Erklärung zur Aufarbeitung von Missbrauch“ gesetzt hat,[4] erinnere ich an meinen unvermindert gültigen Blog-Artikel[5] und stelle ein paar Fragen:

Wer mit Bischöfen aus einer Schüssel essen will, braucht einen langen Löffel. Sind dem #UBSKM grundlegende vatikanische und andere Dokumente bekannt, in der die Kirche ihre Vorrangstellung bei der Behandlung von Missbrauchsfällen behauptet?

Ganz besonders hinzuweisen ist auf https://www.feinschwarz.net/das-verfemte-des-verfemten-ist-doppelt-verfemt/ , weil hier die Prioritäten deutlich werden: Im Beichtspiegel für Kleriker wird die vorrangige Sorge deutlich, »ob der Priester „nach den festgesetzten Riten und Normen, mit echter Motivation, nach den approbierten liturgischen Büchern“ die Hl. Messe feiert. Auch von Sexualität ist die Rede, allerdings etwas verklausuliert: „Komme ich mit Freude der Verpflichtung meiner Liebe zu Gott nach, indem ich die zölibatäre Enthalt­samkeit lebe? Habe ich mich bewusst auf unreine Gedanken, Wünsche oder Handlungen ein­ge­lassen; habe ich unziemliche Unterhaltungen geführt? Habe ich mich unmittelbar in eine Gelegenheit begeben, gegen die Keuschheit zu sündigen? Habe ich meinen Blick in Acht genommen?“ … Dieser Gewissenserforschung entsprechend könnte ein Missbrauchstäter beichten: Ich habe nicht immer die zölibatäre Enthaltsamkeit gelebt. Ich habe mich bewusst auf unreine Gedan­ken, Wünsche und Handlungen eingelassen. Ich habe unziemliche Unterhaltungen geführt. Ich habe mich unmittelbar in eine Gelegenheit begeben, gegen die Keuschheit zu sündigen. Ich habe meinen Blick nicht in Acht genommen. Aber die Frage ist: Hätte der Täter damit seinen Missbrauch gebeichtet? Davon kann keine Rede sein. Er hätte einen Verstoß gegen seine Zölibatsverpflichtung gebeichtet, aber nicht das Menschenrechts­verbrechen des sexuellen Missbrauchs. Trotzdem könnte er in der Befragung antworten, dass er den Missbrauch gebeichtet hat.«

[1] Photo: Blaubeuren, Dierk Schäfer

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politikerin-dr-antje-vollmer/   https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/09/30/eine-der-intrigantesten-scheinheiligen-die-ich-kennengelernt-habe/

[3] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/03/der-runde-tisch-heimerziehung-ein-von-beginn-an-eingefadelter-betrug/

[4] https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/sexueller-missbrauch-deutsche-bischofskonferenz-erklaerung-missbrauchsaufarbeitung-katholische-kirche

[5] https://dierkschaefer.wordpress.com/2020/04/29/hat-sich-die-kirche-dem-missbrauchsbeauftragten-unterworfen/

Die Katholische Kirche setzt Maßstäbe – in zweierlei Hinsicht

»Bei der Bischofskonferenz in Fulda ist von Entschädigungssummen bis zu 400tausend Euro die Rede.«[1] Das ist wahrhaft spektakulär – aber noch nicht amtlich im Detail. Zu den nicht unwichtigen Finanzfragen weiter unten.

Wichtiger erscheint mir, dass zum ersten Male von einer Entschädigung für erlittenes Unrecht gesprochen wird. Beide Begriffe gehören zusammen. Bisher gab es Kompensationszahlungen für die Übergriffe einzelner Funktionskatholiken[2]. Gedacht sind diese Zahlungen für die Auswirkungen der Vergehen – man sollte von Verbrechen reden, die ursächlich sind für eine heutige wie auch immer prekäre Lage der Opfer. Die Opfer sprechen von Almosen, ohne Rechtsanspruch, oft verbunden mit Schweigeverpflichtungen.

Wenn nun die Kirche dezidiert von Unrecht spricht, dann hat das Rechtsqualität, der nicht mehr nur mit Almosen zu begegnen ist. Hiermit werden diese Opfer erstmals auf Augenhöhe wahrgenommen. Aus Bittstellern sind Anspruchsberechtigte geworden. Endlich!

Dieser längst fällige Schritt der katholischen Kirche setzt meine Kirche, die evangelische Kirche unter Druck, ihm zu folgen – ich hoffe, sie tut es.

Ein Schritt, der die Opfer ins Recht setzt hat auch psychologische Wirkungen. Es ist bekannt, dass viele Missbrauchsopfer dermaßen traumatisiert sind, dass sie sich nicht melden, um nicht die Verwundungen wieder aufreißen zu lassen. Sie scheuen auch den Antragsweg, der ihnen auferlegt, ihre Geschichte jemandem anzuvertrauen und nicht zu wissen, ob ihr Schicksal verstanden wird, insbesondere, wenn sie argwöhnen müssen, dass das Personal, an das sie geraten, kirchlich beeinflusst ist oder gar völlig unsensibel. Die neue Rechtsposition könnte ihnen den Rücken stärken, damit sie hervortreten, auf ihr Recht pochen und damit zugleich den Opferstatus abwerfen. „Ich brauche mich wegen meiner Geschichte nicht zu schämen. Was ich erlebt habe, ist vor aller Welt als Unrecht anerkannt.“[3]

Dabei ist noch an weiteres kirchlich zu verantwortendem Unrecht zu denken. Es sind ja nicht nur die sexuell Missbrauchten. In den kirchlichen Erziehungseinrichtungen geschah vielfach Unrecht auch nichtsexueller Art. Kinder wurden gedemütigt, misshandelt und ausgebeutet. Vielen wurde eine ihren Fähigkeiten angemessene Bildung und daraus folgend Ausbildung verwehrt. Am Runden Tisch der unsäglichen Frau Vollmer wurde ihnen ein Platz auf Augenhöhe vorenthalten. Sie wurden als bemitleidenswerte Opfer mit Almosen abgespeist.[4]

Dieses Kapitel ist neu aufzurollen. Auch hier ist Unrecht als solches zu benennen, auch hier muss angemessen entschädigt werden.[5] Dies eröffnet zudem neue Horizonte. Denn das Unrecht begann häufig mit der Einweisung durch die Jugendämter, setzte sich zuweilen fort durch die Einstufung normal-intelligenter Kinder als „geistig-behindert“. Fast durchgängig vernachlässigte der Staat[6] seine Aufsichtspflicht. Es war also nicht nur ein kirchliches Versagen im Erziehungsauftrag, sondern auch ein staatliches. Mögen die Kirchen also für diese Fälle den Staat in die Mithaftung nehmen, dann wird’s billiger.

Nun zum Detail, in dem der Teufel zu stecken pflegt.

Da ist von zwei verschiedenen Möglichkeiten der Entschädigung die Rede.[7]

Bislang gab es für die Opfer pauschal 5tausend Euro in Anerkennung des erlittenen Leides.

Nun schlägt eine Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz in Fulda zwei Modelle vor:

Entweder eine Entschädigungssumme von 300tausend für jeden Betroffenen, oder ein gestaffeltes System mit Zahlungen zwischen 4tausend und 400tausend. Eine Mischform scheint nicht vorgesehen. So wird es wieder auf Einzelfallösungen hinauslaufen. Jeder Betroffene muss nicht nur das erlittene Unrecht belegen, sondern auch den Zusammenhang zwischen diesem Unrecht und den fortdauernden Auswirkungen.

Damit sind wir wieder bei dem, was ich schon vor acht Jahren die Bordellisierung missbrauchter Kinder genannt habe.[8]

Dennoch: Die katholische Kirche ist einen bedeutenden Schritt vorangekommen, hoffentlich hält sie durch, auch es auf geschätzt eine Milliarde Euro kommen dürfte.


[1] https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-kirche-entschaedigung-1.4615849?reduced=true

[2] Man verzeihe mir diesen unschönen Ausdruck. Gemeint sind Männer und Frauen in Diensten der katholischen Kirche, die als Priester, Ordensangehörige oder Lehrer sich an schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen vergangen haben. Zur Zeit wird in diesem Zusammenhang besonders an sexuelle Übergriffe gedacht.

[3] Photo: https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/2515968357/

[4] Ich will mich nicht ständig wiederholen: Dieser Blog ist voll von Heimkinderangelegenheiten und dem Runden Tisch, der von Beginn an auf Betrug angelegt war. https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/03/der-runde-tisch-heimerziehung-ein-von-beginn-an-eingefadelter-betrug/

[5] Die Medien sprachen und sprechen unisono bei Zahlungen an ehemalige Heimkinder stets von Entschädigungen. Sie scheinen bis heute nicht kapiert zu haben, dass es erklärtermaßen keine Entschädigungen sein sollten, weil es sonst einen Rechtsanspruch gegeben hätte.

[6] Mit Staat sind hier alle involvierten staatlichen Einrichtungen gemeint, egal auf welcher Verwaltungsstufe.

[7] Diese Angaben sind entnommen aus https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-kirche-entschaedigung-1.4615849?reduced=true

[8] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/05/27/die-bordellisierung-misbrauchter-kinder/

Dem ist nichts hinzuzufügen!

Posted in heimkinder, Kirche by dierkschaefer on 27. Februar 2010

Die Aussagen(Top-TV vom 23.2.2010) von Herrn Prof. Kappeler zu dem Ergebnis der Deutschen Bischofkonferenz

Geschrieben von pethens,   Samstag, 27. Februar 2010

Professor  Kappeler zur „sexuellen Gewalt“ im Rahmen der aktuellen Diskussion um sexuellen Mißbrauch kirchlicher Amtsträger und Mitarbeiter. Auszug aus der Fernseh-Sendung von Top-TV vom 23.2.2010 im ALEX .“Die Opfer des sexuellen Missbrauch kommen jetzt aus der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft. Es handelt sich um Jugendlichen aus gut situierten Familien, die Schulen, an denen sie als privat Schüler gelernt haben, sind Eliteschulen. Mir ist aufgefallen, dass in der medialen Berichterstattung immer wieder die Frage auftaucht, wie kann das an einer Eliteschule geschehen. Das hat mich sehr gewundert, weil ja seit vielen vielen Jahren ehemalige Heimkinder berichten, dass sie in Heimen, in denen sie im Rahmen der öffentlichen Erziehung untergebracht waren, sexuelle Gewalt erfahren haben, von Männern und von Frauen – dass muß hier auch gesagt werden -, denen sie als Jugendliche und Kinder anvertraut waren.

Sehr viele dieser Kinder haben, wie wir wissen, ja auch in kirchlichen Einrichtungen gelebt. Fast zwei Drittel aller Heime sind von den Kirchen geführt worden. Da taucht noch ein weiteres Problem auf, jetzt im Zusammenhang mit den Schülern von diesen Schulen, die in kirchlicher Trägerschaft sind, wird an keiner einzigen Stelle die Glaubwürdigkeit der Opfer in Frage gestellt. Bei den ehemaligen Heimkinder ist das immer in Frage gestellt worden und wird in vielen einzelnen Fällen auch heute noch nach wie vor in Frage gestellt, wenn sie zum Beispiel über das Opferentschädigungsgesetz einen Anspruch geltend machen. Immer wieder wird in Frage gestellt, ob diese Erinnerungen stimmen, ob das Glaubwürdig ist.
Da sehen wir einen deutlichen Unterschied, wenn es um die Kinder aus den Familien handelt, die eher am Rande der Gesellschaft angesiedelt sind, dann ist dieser Vorbehalt da. Wenn es sich um Kinder handelt, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, die Familien haben, die hinter ihnen stehen, dann wird das nicht bezweifelt. Nun muß man noch sagen, dass diese Kinder aus den bürgerlichen Familien, in sehr viel stärkerem Maße die Möglichkeit haben, im Rahmen ihrer Familie geschützt zu werden, als die Kinder in den Heimen, die diesen Verhältnissen schutzlos ausgeliefert waren.
Diese ganzen Unterschiede müssen in die Debatte einfließen und man muß in der gegenwärtigen Diskussion über sexuelle Gewalt an Kindern auf jeden Fall diese Erfahrungen der ehemaligen Heimkinder mit einbeziehen und auch deutlich machen, dass diese ganzen Vorbehalte und Relativierung nicht mehr geschehen dürfen.
Am Runden Tisch Heimerziehung, im Zwischenbericht, der jetzt vom Runden Tisch abgegeben worden ist, wird dieses ganze Kapitel „sexuelle Gewalt“mit einigen wenigen Sätzen abgetan und nicht in der Weise, wie es notwendig wäre, aufgeklärt!“

Ouelle: http://de.sevenload.com/sendungen/Top-TV-im-OKB/folgen/ovCrekx-1-TopTV-23-2-2010

Wiedergutmachung mit Bordmitteln

Posted in heimkinder, News by dierkschaefer on 27. September 2009

Wiedergutmachung mit Bordmitteln

Mit Kopfschütteln lese ich den Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (http://www.domradio.de/bischofskonferenz/artikel_57118.html, gesehen am 25. September 2009).

Dort heißt es u.a.:

Um den Betroffenen noch besser bei der Aufarbeitung und Verarbeitung ihrer Biographie zu helfen, denken wir an einen weiteren Ausbau des Engagements der katholischen Kirche. Das Angebot seelsorgerischer und psychotherapeutischer Hilfen soll stärker in den Mittelpunkt gestellt werden….

Betroffene könnten bei Bedarf Kontakte zu den jeweiligen Trägern der Einrichtungen bzw. ihren heutigen Rechtsnachfolgern erhalten. Uns liegt diese Idee auch deshalb am Herzen, weil dies eine gute Möglichkeit wäre, in persönlichen Gesprächen mit Betroffenen die Vergangenheit und die tatsächlichen Geschehnisse kennen zu lernen und so eine gemeinsame Aufarbeitung zu erreichen.

Ich frage mich, ob die Deutsche Bischofskonferenz unter ihrem Vorsitzenden [Erzbischof Zollitzsch] in diesem Teil des Presseberichts vom Kostendenken geleitet war, oder ist es bloße Naivität? Jedem seelsorgerlich tätigen Menschen müßte klar sein, daß eine Organisation, die Traumata zu verantworten hat, nur bei wenigen Traumatisierten auf Verständnis stoßen kann, wenn eben diese Organisation therapeutische/seelsorgerliche Hilfestellung anbietet. Bei wohl den meisten dürfte das dafür erforderliche Vertrauen fehlen, ein Vertrauen, das sich nicht einfordern läßt. Zwar haben die Personen gewechselt und auch kirchlich geführte Heime inzwischen in der Regel ein pädagogisch vertretbares Konzept. Doch wer mit dieser vielfach belegten Vergangenheit belastet Hilfe anbietet, wird, wenn er ernst genommen werden will, neben einer Entschädigung die Finanzierung von frei gewählten Therapeuten zusagen müssen. Erst dann ist vorstellbar, daß einige ehemalige Heimkinder sich auch relativ frei entscheiden könnten, in eine der kirchlich getragenen Beratungsstellen und Therapieeinrichtungen zu gehen. Das Angebot in der Presseerklärung (auch auf evangelischer Seite gibt es ähnliche Zumutungen) ist unseriös.

Dies wird auch im weiteren Text der Erklärung deutlich:

Wir setzen uns mit der Vergangenheit auseinander und wollen herausfinden, wie groß das Unrecht tatsächlich ist, das geschehen ist.

Es ist zwar nur ansatzweise vergleichbar. Die Judenvernichtung war ein Vernichtungsprogramm. Dies kann man den Heimen auch bei üblem Willen nicht nachsagen. Aber sie hatten eine gesellschaftlich geduldete Exklusionsfunktion, wenn auch diese wohl kein „Programm“ war. Doch wenn kirchliche Stellen (wie auch der Runde Tisch) immer noch meinen, sie müßten herausfinden, wie groß das Unrecht tatsächlich ist, das geschehen ist, dann entspricht das der unsäglichen Diskussion, ob es tatsächlich 6 Millionen Juden waren oder vielleicht doch „nur“ 4 oder 5.

Es liegen wahrlich genügend und glaubwürdige Zeugnisse von massiven Menschenrechtsverletzungen in den Heimen (kirchlich wie staatlich) vor, so daß die Nachfolger der damals Verantwortlichen mehr leisten können als Wiedergutmachung mit Bordmitteln.