Zwangsarbeit in Ost und West, was sind die Unterschiede?
„In der DDR wurde sowohl aus rechtlicher Sicht als auch in der Praxis eine verbotene Form der Zwangsarbeit betrieben,“[1] faßt der Historikers Christian Sachse seine Studie zusammen. Die DDR »setzte Zwangsarbeit als „Mittel politischen Zwanges oder politischer Erziehung“ ein, sie benutzte die Häftlinge „für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung“ und sie wendete Zwangsarbeit als Maßnahme der Arbeitsdisziplin an«.
Werfen wir einen Blick auf westdeutsche Zwangsarbeit.
In Übereinstimmung mit »internationalen Konventionen haben Strafgefangene keinen Anspruch auf Auszahlung des vollständigen Lohnes«. Nach Sachse wird das auch vom Grundgesetz toleriert. Über den vollständigen Lohn mag man streiten, nicht jedoch darüber, daß für die Zwangsarbeit deutscher Strafgefangener keine Sozialabgaben bezahlt werden, denn diese Strafe wirkt über die Zeit des Strafvollzugs hinaus[2]. Doch das scheint niemanden zu kümmern, auch ehemalige Heimkinder denken nicht daran. Dabei kennen viele/die meisten von ihnen Zwangsarbeit aus eigener Erfahrung. Ihre Zwangsarbeit war als Arbeitstherapie getarnt. Den Lohn kassierten die Heime, Sozialabgaben wurden in der Regel nicht abgeführt, schließlich ging es um Therapie. Im Moor bei Bodelschwingh/Bethel bekamen die Jugendlichen Zigaretten als Anreiz. Und wie in der DDR finden wir auch auf westdeutscher Seite die Profiteure der Zwangsarbeit: die Einrichtungen selber, dann bäuerliche Betriebe und Industriebetriebe, die es heute noch gibt und Wiedergutmachung leisten könnten, wenn nicht …
Ja, wenn nicht … Auch in Sachen Zwangsarbeit/DDR melden sich sofort die politischen Bedenkenträger: Zwar hat auch »die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Iris Gleicke (SPD), … eine weiterführende Studie zum Thema Zwangsarbeit in Auftrag gegeben«. Sie sieht aber »noch ein anderes Problem: Weil der Begriff Zwangsarbeit untrennbar mit der Nazi-Diktatur verbunden sei, müsse man sich vor Gleichsetzungen hüten«. Man darf also nicht vom Zwangsarbeiter her denken, sondern muß den größeren Zusammenhang sehen.
Das Spiel auf Zeit und Kostenreduktion ist sattsam bekannt. Auch der Runde Tisch/Heimkinder brachte viel Zeit mit Auftrags-Expertisen zu, die den staatlichen wie kirchlichen Interessenvertretern glatt wo vorbeigingen. Ausschlaggebend war schließlich die wahrscheinlich selbst-geglaubte political correctness der unsäglichen „Moderatorin“ des Runden Tisches, die den Begriff Zwangsarbeit nur für Nazi-Zwangsarbeit verwendet sehen wollte. Sie sah darüber hinweg, daß die „Arbeitstherapeuten“ in den Heimen vielfach ehemalige SA-Leute und die Gutachter einschlägig belastet waren. In den Heimen – kirchlich wie staatlich – hatten wir die Fortsetzung des Nazi-Systems. Frau Vollmer in ihrer grün-christlichen Bigotterie hat das nicht bekümmert. Sie sprach zwar von erzwungener Arbeit, bat jedoch die Profiteure nicht zur Kasse und sah völlig darüber hinweg, daß es Zwangsarbeit nicht nur für Jugendliche gab, sondern auch für Kinder.
Na ja, wenn wir einen Blick auf die „Entschädigungen“ der Nazi-Zwangsarbeiter werfen, dann sind die ja auch nicht gerade angemessen, geschweige denn üppig ausgefallen, und die heute noch gutverdienenden Firmen, die von der Zwangsarbeit profitiert haben, sie haben sich nicht zur Kasse gedrängelt, und die, die zahlten, konnten das noch von der Steuer absetzen.
Warum also geniert man sich beim Begriff Zwangsarbeit?
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich‘s gänzlich ungeniert.
Das haben sie uns vorgeführt,
Staat und Kirchen Hand in Hand,
am Runden Tisch.
Machthaber.
[1]Alle Zitate aus dem Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/politik/zwangsarbeit-in-ddr-gefaengnissen-ausbeutung-mit-system/10053204.html
[2] … und betrifft übrigens die Allgemeinheit, die dann die Sozialhilfe zahlen muß für ehemalige Strafgefangene, deren Rente nicht ausreicht.
4 comments