Dierk Schaefers Blog

Kinderrechte sollen ins Grundgesetz

Ja, aber ich glaub’s erst, wenn sie drin sind. Beurteilen kann man sie erst, wenn man sie sich kritisch anschaut: 1. Welche Kinderrechte kommen ins Grundgesetz? 2. Welche Chancen haben ihre Umsetzung in Politik, Justiz und Verwaltung? Es wird also noch dauern.

Als jahrelanger Beobachter der Situation kann ich nur gequält schmunzeln über den Fortschritt, der bekanntlich eine Schnecke ist – und ob’s ein Fortschritt wird, sehen wir erst später.[1]

Nun endlich nimmt sich die Politik auf höherer Ebene (Koalitionsvertrag) des Themas an. Eine Zusammenfassung gab es gestern in der Sendung „Hintergrund“ des Deutschlandfunks. Man lese nach![2]

Ob es zu einer 2/3-Mehrheit im Bundestag reichen wird, halte ich für fraglich, denn – wie üblich – werden die Kinder nicht nach ihren wohlverstandenen Interessen gefragt, sondern die Vertreter der Interessen anderer:

  • Elternverbände
  • Männervereinigungen
  • Frauenvereinigungen
  • Kirchen
  • Parteien
  • Sozial- bzw. Jugendhilfeträger

und am wichtigsten:

  • die Länder und ihre Kommunen

Die Liste ist wohl nicht vollständig, so habe ich z.B. die Rechtsdogmatiker nicht erwähnt.

Wenn einer Personengruppe, die bisher nur im Paket „Familie“ mitgemeint war, eigene Rechte eingeräumt werden sollen, schmälert das die Rechte und den Einfluss anderer – oder deren Finanzen. Diese anderen werden alle Möglichkeiten nutzen, um ihren Besitzstand zu wahren.

Die Eltern und ihre Verbände werden auf das Elternrecht pochen und darauf verweisen, dass für deren Missbrauch der Staat ein Wächteramt habe. Es ist ja auch richtig, dass der Staat nicht ohne Anlass, also willkürlich/ideologisch in die Familien hineinregieren soll. Autoritäre Staaten in Vergangenheit und Gegenwart sind ein abschreckendes Beispiel, die Hilflosigkeit von Kindern in unserem System in bekanntgewordenen Extremfällen allerdings auch. Es wird also darum gehen müssen, Elternrechte gegen die wohlverstandenen Interessen des Kindes abzuwägen und passende Maßnahme durchzusetzen, wobei unbedingt die Meinung der Kinder erfragt werden muss. Richter sind oft dieser Aufgabe nicht gewachsen. Das sollte also eine unabhängige Fachkraft tun, die den Kindern ihre Entscheidungsmög­lich­keiten und auch die Folgen freundlich vor Augen führt. Das bedeutet: qualifizierte Einzelarbeit, die ist teuer. Sind uns die Kinder das wert? Wer soll das bezahlen?

Fragen in Zusammenhang mit Inobhutnahme sind besonders schwierig. Kinder sind zuweilen hinundhergerissen zwischen der Liebe zu ihren Eltern, selbst wenn diese drogenabhängig sind [Parentifizierung] oder sie gar mißhandeln einerseits und andererseits ihren wohlverstandenen Interessen. Hier ist sehr viel Einfühlungsvermögen vonnöten, um den Kindern die Last der Verantwortung und die Schuldgefühle abzunehmen. Zu beachten ist der Zeitfaktor bei einer Unterbringung in einer Pflegefamilie. Oft ist hier eine Bindung entstanden, die stärker ist als manche Vorstellung von Blutsverwandtschaft. Die Vorstellung, dass soziale Elternschaft wichtiger ist als leibliche, ist vielen Menschen fremd. Sie denken nicht daran, dass es Aufgabe jeder Elternschaft ist, eine soziale zu werden.

Kinder bei Trennung und Scheidung sind dann besonders schlecht dran, wenn der Partner­schafts­krieg auf dem Rücken der Kinder ausgefochten wird. Im Hintergrund machen sich Männervereinigungen und Frauenvereinigungen stark. Auch sie folgen zumeist biologischen Denkmustern. Ein Kind gehört zur Mutter/zum Vater oder es hat Anrecht auf beide. Alles ist verheerend für Kinder, wenn die Eltern für das Kind nicht in erster Linie Eltern sein wollen – und es auch können. Zurzeit versuchen – vornehmlich – Männer, die oft unhaltbaren Ent­scheidungen der Familiengerichte auszuhebeln durch ein im Regelfall verpflichtendes Dop­pelresidenzmodell. Ob diese Aufteilung der Kinder von Fall zu Fall von den Kindern gewünscht wird und ob es für sie praktikabel ist, diese Frage interessiert nicht. Es kann und sollte in solchen Fällen immer darum gehen, im Einvernehmen mit den Kindern – möglichst auch mit den Eltern – eine kindgerechte, alltagstaugliche Lösung zu finden, die nach Kindes­bedarf Flexibilität ermöglicht und auf Wunsch des Kindes auch wieder neu verhandelbar ist. Auch hier ist die Beratung und Begleitung von ideologisch unabhängigen Fachpersonal nötig. Mit der psychologisch-pädagogischen Fachkompetenz der Richter wird man wohl auch zukünftig nicht rechnen können.

Die Kirchen und andere Religionsverbände werden das Elternrecht in dem Sinne verteidigen wollen, dass diese das Recht auf religiöse Erziehung bis zur Religionsmündigkeit behalten sollten. Das ist problematischer als es aussieht. Denn es beinhaltet das Recht auf Beschnei­dung minderjähriger Jungen, was eindeutig dem Kinderrecht auf Unversehrtheit entgegen­steht. Von dort ausgehend machen manche Agitatoren auch Front gegen die Kindertaufe; ein Kind solle unbehelligt von jedweder Religion aufwachsen, bis es sich selber entscheiden kann. Das ist völlig lebensfremd.[3]

Die Parteien sind, wie der Rundfunkbeitrag zeigt, unterschiedlicher Meinung.[4] Nach meiner Einschätzung haben alle kein besonderes Interesse an Kindern, sondern nur an ihren Wähler­gruppen. Das ist systembedingt. Sie werden jeden Entwurf für Kinderrechte im GG in ihrem Interesse beeinflussen, verwässern und Hintertürchen aufhalten[5]. Gummiparagraph.jpgAlso brauchen wir nicht nur die Kinderrechte im GG, sondern auch Wahlrecht für Kinder, das zunächst wohl eine Art Familienwahlrecht wäre bis die Kinder eigene politische Vorstellungen haben. Dann, aber erst dann würden die Parteien Familien und Kinder umwerben und ihnen die Aufmerk­samkeit geben, die ihnen gebührt.

Ein schwieriges Kapitel sind die Sozial- bzw. Jugendhilfeträger, denn die Rechte dieser Lobby sind festgezurrt. Ich habe es in einem Beitrag hier im Blog dargestellt.[6]

Am übelsten jedoch ist die Lobby der Länder und ihrer Kommunen, denn die sind – wie die Elternrechte – schon im Grundgesetz verankert und sie wollen nicht zahlen. Darum hinter­treiben sie seit Jahrzehnten alle kostenträchtigen Gesetze, auch die, die für das Kindeswohl förderlich sind. Und sie achten auf ihre Hoheit. Besonders sie also sind der Hauptgegner, wenn es um die Umsetzung von Kinderrechten im Grundgesetz geht.

Das sind die Neben­wirkungen des Föderalismus; wir kennen sie aus verschiedenen Bereichen. Ich nenne nur die Schulpolitik und mag gar nicht weiter darauf eingehen. Auch die Pflegeschlüssel sind von Land zu Land unterschiedlich. Ist doch logisch, dass der Pflegebedarf in Bayern ein anderer ist als in Meck-Pomm.

Fußnoten

[1] Einen Katalog von Defiziten und Forderungen habe ich schon in meiner Tagungsreihe Kinderkram publiziert und später, 2011 in meinen Blog gestellt:Dierk Schäfer, Für eine neue Politik in Kinder- und Jugendlichen-Angelegenheiten https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2011/10/fc3bcr-eine-neue-politik.pdf

[2] http://www.deutschlandfunk.de/nach-jahrzehntelanger-debatte-kinderrechte-sollen-ins.724.de.html?dram:article_id=416242 Sonntag, 22. April 2018

[3] Dierk Schäfer, Die Zurichtung des Menschen – auch ohne Religion https://dierkschaefer.wordpress.com/2018/04/18/die-zurichtung-des-menschen-auch-ohne-religion/

[4] http://www.deutschlandfunk.de/nach-jahrzehntelanger-debatte-kinderrechte-sollen-ins.724.de.html?dram:article_id=416242

[5] „Also, Herr Referent, der Gummizug ist schon ganz nett, vergessen Sie aber nicht die Verwässerungsanlage und das Hintertürchen.“ Fund: Archiv Dierk Schäfer

[6] Dierk Schäfer, Die Zahnlosigkeit der Gesetze zum Recht von Schutzbefohlen, 24. Juni 2015, https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/06/24/die-zahnlosigkeit-der-gesetze-zum-recht-von-schutzbefohlen/

Deutschland – Rabenvaterland

Kind zu sein kann schwierig sein, geradezu gefährlich, wie man immer wieder liest.

Kürzlich griff die FAZ das Thema sogar auf der ersten Seite auf: „Im Zweifel für das Kindeswohl“:

Dass das eigene Kind einem pädophilen Sexualstraftäter zum Op­fer fallen könnte, ist eine unerträgli­che Vorstellung. Der elterliche Schutz von Kindern ist ein menschlicher Urinstinkt. Der Breisgauer Missbrauchsfall ist deshalb so erschütternd, weil sich der Beschützerinstinkt der Eltern in sein perverses Gegenteil verkehrt hat: Die Mutter des neunjährigen Jun­gen und ihr Lebensgefährte, den das Kind „Papa“ nannte, haben ihm selbst die schlimmsten Qualen zugefügt und dabei zugeschaut, wie andere Pädokriminelle das Kind gegen Bezahlung se­xuell missbraucht haben. Schutzloser kann ein Kind nicht sein. Es wäre hier Aufgabe des Staates ge­wesen, für das Kind da zu sein. Die Be­hörden und Gerichte hätten den Jun­gen in Sicherheit bringen müssen. Zwar schützt das Grundgesetz die Fa­milie als Einheit, der Staat hat sich zu­rückzuhalten. Kinder von ihren Eltern zu trennen, darf nur das letzte Mittel sein – aber es muss auch das letzte Mit­tel sein, wenn Gefahren für das kör­perliche oder seelische Wohl des Kin­des drohen. [1]

Doch was ist los mit diesem Staat? „Den Staat“ gibt es hier nur in seinen pluralen Verpuppungen:

  • Als Gesamtstaat, der sich weigert, Kindern und ihren Rechten einen Platz explizit im Grundgesetz zu gewähren.
  • Als Bundesrat, der im Interesse der Bundesländer die Kosten für Kinder eng begrenzt sehen will, mit Rücksicht auf
  • die Kommunen. Sie müssen schließlich die Sozialkosten tragen, also auch die Kosten für die Jugendhilfe – und sie sperren sich, soweit es geht.

Bei so zersplitterten Zuständigkeiten ist niemand so recht verantwortlich, und wenn es – leider oft genug – schiefläuft, sucht man nach einem Schuldigen. Im Freiburger Fall ist es die Mutter. Für rechtzeitige professionelle Kooperationen vor Ort (Jugendamt, Jugendhilfe-Einrichtungen, Beratungsstellen, Gericht, Verfahrensbeistände, Rechtsanwälte) ist man zu bequem, man kennt wohl auch die Fachliteratur nicht. Dabei weiß man sehr gut, dass Eltern nicht nur Schicksal sind, sondern oft auch Schicksalsschläge.

Was das für die Kinder bedeutet, kommt nur als Spitze eines Eisbergs ans Tageslicht.Eisberg

Als ich meine Zusammenfassung „Für eine neue Politik in Kinder- und Jugendlichen-Angelegenheiten“[2] verfasste, war mir die starke Position der Sozialkonzerne, aber auch kleinerer Jugendhilfe-Einrichtungen noch nicht klar: Kinder sind in unserem Land gar nicht vernachlässigt, sie sind ein Geschäftsmodell. Das wurde in der Heimkinderdebatte deutlich, trifft aber auch neuere Jugendhilfemodelle[3], an deren Beispiel deutlich wurde, dass die Jugendhilfe-Marktbetreiber nicht wirksam zu kontrollieren sind, weil sie die „Marktordnung“ maßgeblich bestimmt haben.[4] Marktaufsicht? Weitgehend Fehlanzeige.

Das Thema ist hochkompliziert – und die Politik überfordert. Lediglich die Medien greifen strukturelle Missstände auf, wie oben genannt die FAZ, oder heute die Basler Zeitung mit dem Titel „Das grosse Geschäft mit dem Kindswohl“[5]

An die FAZ schrieb ich einen Leserbrief:

Strukturfehler beim Kinderschutz

Wenn „Kindeswohl“ prominent auf der ersten Seite einer seriösen, nicht sensationsgeilen Tageszeitung erscheint, muss es einen gravierenden Grund geben. Es geht nicht um nur einen der vielzuvielen Einzelfälle von Kindesmissbrauch, – misshandlung oder grober Vernachläs­sigung, sondern um strukturelle Fehler, die solche Fälle begünstigen. Der Fall im Breisgau – er ist hier nicht darzustellen – zeigt in besonders eklatanter Weise diese Fehler auf und sie werden von der Autorin auch benannt. Die Gerichte und das zuständige Jugendamt haben mitt­lerweile selbst eine Aufarbeitung an­gekündigt. Das zeigt die Fortschritte in der Fehlerkultur der Justiz, schreibt sie weiter. Ich fürchte, da irrt sie sich. Natürlich mussten die beteiligten Behörden nach diesem grobem Fall so reagieren, aber Zerknirschung oder eine Demutshaltung ist das nicht. Denn die Schuldige steht fest: Die Mutter. In der hatte man sich geradezu kollegial getäuscht.

Ich bin als ehemaliger Tagungsleiter in diesem Themenbereich mit der Materie vertraut. Die Evangelische Akademie Bad Boll hat zusammen mit der Fachhochschule Esslingen ein Curriculum zur Ausbildung von Verfahrensbeiständen, zu Beginn sprach man vom Anwalt des Kindes, entwickelt und trotz vieler Widerstände einige Jahre durchgeführt. Widerstände?

Auf politischer Seite meinte man, eine Ausbildung brauche man dafür nicht. Ehrenamtliche könnten das machen, oder aber Juristen. Die Länder sorgten dafür, dass eine erforderliche Ausbildung nicht ins Gesetz kam. Als die Professionalisierung schließlich nicht mehr aufzuhalten war, setzten sie sich erfolgreich für die pauschalierte Bezahlung der Verfahrensbeistände ein in einer Höhe, zu der professionelle Arbeit nicht zu leisten ist. Damit ist der eine Struktur­fehler benannt: Der Spar-Föderalismus in Kinderschutzbelangen. Ein weites Feld, das hier nicht abgeschritten werden kann.

Der zweite Strukturfehler ist die Bedeutung des Elternrechts. Das ist wirklich hoch zu schätzen, darf aber keine heilige Kuh sein. Eltern sind zwar Schicksal –zuweilen aber Schicksalsschläge. Hier ist das Wächteramt des Staates gefordert. Doch der weigert sich bis heute, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. Die könnten schließlich in Konkurrenz zu den Elternrechten treten.

Der dritte Strukturfehler liegt in der Aus- und Fortbildung der Richter. Siegfried Willutzki, Gründer des Deutschen Familiengerichtstags, hat sich mehrfach auf unseren Tagungen über Kollegen beklagt, die unter Berufung auf ihre Unabhängigkeit Fortbildung verweigern. Familienrichter stehen in der Bedeutung innerhalb des Justizsystems ohnehin nicht an herausragender Stelle. Die Funktion wird zuweilen einem Berufsanfänger aufgedrückt, der froh sein kann, wenn er vom jeweiligen Jugendamtsleiter in die Materie eingeführt wird, denn Familienrecht hatte er an der Universität links liegen lassen. In unseren Kursen zum Anwalt des Kindes fiel allen Beteiligten immer wieder die große Differenz im Denken von Juristen und Sozialpädagogen auf. Da kamen verschiedene Welten zusammen. Einig war man sich, dass ein solcher Kurs nicht nur für angehende Verfahrensbeistände, sondern auch für jeden Familienrichter unabdingbar sein sollte. Doch es geht ja nur um „Familie und das ganze Gedöns“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man für ein großes Konkursverfahren einen Richter bestellt, der von Ökonomie keine Ahnung hat.

Kinderbelange haben in unserem Land keine Priorität, also auch nicht bei Politikern. Erst wenn etwas passiert, merkt man auf. Mehr passiert aber auch nicht.

Deutschland – ein Rabenvaterland.

 

Der im Leserbrief genannte Siegfried Willutzki gab vor wenigen Tagen ein Interview[6]. Doch ich fürchte, auch das Interview eines versierten, renommierten Fachmannes wird die Politiker nicht zu wirklichen Reformen motivieren. Die produzieren lieber ideologisch geprägte Schulversuche (zulasten der Kinder) oder propagieren „Inklusion“, für die sie aber möglichst kein Geld ausgeben wollen (zulasten der Kinder).

Als ich diese Graphik zusammenstellte, standen Misshandlung und Missbrauch noch nicht so im Focus. Doch die Zusammenhänge werden deutlich.

der wert von kindern

Fußnoten

[1] von Helene Bubrowski, FAZ, Dienstag, 23. Januar 2018, S. 1

[2] https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2011/11/fc3bcr-eine-neue-politik.pdf

[3] https://www.shz.de/regionales/schleswig-holstein/politik/friesenhof-skandal-so-wehren-sich-betreiber-gegen-eine-kinderheim-reform-id10039671.html

[4] Die Zahnlosigkeit der Gesetze zum Recht von Schutzbefohlen, 24. Juni 2015, https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/06/24/die-zahnlosigkeit-der-gesetze-zum-recht-von-schutzbefohlen/

[5] „Das grosse Geschäft mit dem Kindswohl“ Wie private Sozialfirmen mit Steuergeldern und ohne Erfolgskontrolle wirtschaften. Die Zahl der Personen, die im Sozialwesen tätig sind, hat sich seit 1991 verdoppelt. https://bazonline.ch/schweiz/standard/das-grosse-geschaeft-mit-dem-kindswohl/story/27864419

[6] https://www.swr.de/swraktuell/bw/suedbaden/interview-mit-familienrechtler-willutzki-voellig-unangemessen/-/id=1552/did=21064478/nid=1552/1p45kyw/index.html

Gewalt in Behindertenheimen – Länder blockieren Entschädigungsfonds für Missbrauchsopfer

Posted in Gesellschaft, heimkinder, Kriminalität, Politik by dierkschaefer on 16. Januar 2015

»Die Länder fürchten, dass sich der neue Fonds als Fass ohne Boden entpuppen könnte«[1].

Wundert sich jemand darüber?

Fremdschämen mag man sich auch schon nicht mehr.

[1] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/laender-blockieren-entschaedigungsfonds-fuer-missbrauchsopfer-aid-1.4800449

»Die moralische Pflicht scheint die Herzen von Bund, Kirchen und Ländern zu öffnen – beim Öffnen der Taschen tut man sich schwerer«

Posted in heimkinder, Kirche by dierkschaefer on 9. Dezember 2010

Unter der Überschrift »Tabula rasa am Runden Tisch« berichtet heute Reinhard Bingener in der FAZ über die Chancen eines Erfolgs bzw. Mißerfolgs des Runden Tisches Heimkinder.

http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E3AAD1F4C881448B4991E29B474F930BB~ATpl~Ecommon~Scontent.html 09/12/2010

»Die moralische Pflicht scheint die Herzen von Bund, Kirchen und Ländern zu öffnen – beim Öffnen der Taschen tut man sich schwerer,« schreibt Bingener.

Das Bild ist herzig, aber Bund, Kirchen und Länder haben kein Herz und die Art, die ehemaligen Heimkinder zwei Jahre lang hinzuhalten, war entsprechend herzlos.

Bingener schreibt auch von den »in Verhandlungen unerfahrenen drei Heimkinder[n]« und ist sich der Brisanz dieser Feststellung offenbar nicht bewußt. Diese Unerfahrenheit war von Beginn an bekannt und hätte kompensiert gehört. Dafür nicht gesorgt zu haben, gehört zu den Grundversäumnissen von Antje Vollmer – es ist leider nicht das einzige.

Bingener geht auch auf das Thema Zwangsarbeiter ein und schreibt: » Zwar sollen frühere Heimkinder in Irland im Schnitt etwa 75.000 Euro als Entschädigung erhalten haben, doch in Deutschland wird es politisch nicht opportun sein, dass einstige NS-Zwangsarbeiter – sie erhielten zwischen 2500 und 7500 Euro – weniger Entschädigung bekamen als die ehemaligen Heimkinder bekommen könnten.« Damit verweist er auf die schimpfliche Abspeisung der NS-Opfer durch die deutsche Wirtschaft, die ja auch an den Heimkindern gut verdient hat. Nun könnte man als Nichtbetroffener ja resignierend sagen, es sei eben der Fluch der bösen Tat, daß sie fortwährend Böses muß gebären. Doch hier gibt es Profiteure, die sich ins Fäustchen darüber lachen dürften, daß sie dank der NS-Zwangsarbeiterregelung gut wegkommen; Staat und Wirtschaft nun schon zum zweiten Mal. Hatte Bingener eingangs von Herz gesprochen? Ein grandioser Irrtum.

Sagt NEIN!!!

Posted in heimkinder, Kirche, Politik by dierkschaefer on 7. Dezember 2010

Sagt NEIN!!!

Heute bekomme ich von vielen Seiten den Text „Entwurf für den Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung – Zwischen den Zeilen gelesen III“ von Prof. Dr. Manfred Kappeler.

Kritik_Endbericht_RTH_Zwischen-den-Zeilen-III

Es handelt sich um den auch mir vorliegenden 3. Entwurf des Schlußberichts.

Herzlichen Dank, Herr Prof. Kappeler, für die gründliche Arbeit und die nachvollziehbaren Schlußfolgerungen! Sie haben das Unternehmen Runder Tisch nicht nur entlarvt, sondern auch fachlich begründet, warum der Runde Tisch eine Farce ist.

Man muß die Aussage von Frau Dr. Vollmer in die Bewertung mit aufnehmen http://www.youtube.com/watch?v=BuCz22X0Lxk (Herrn Mitchell/Australien vielen Dank für den Hinweis!).

Wenn Frau Vollmer meint, man dürfe nicht sagen, es habe sich nichts verändert, auch für die Betroffenen, und sie dann nicht mehr nennen kann, als daß diese nun über ihre Vergangenheit sprechen können, dann hat sie selbst offenbart, daß sie als Moderatorin des Runden Tisches völlig versagt hat. Denn der Mut der Betroffenen, über ihre Geschichte offen zu reden, hat ja überhaupt erst die Petition und damit den Runden Tisch ingang gebracht. Immerhin spricht sie auch von „vollkommener Rechtlosigkeit“ der Betroffenen, ist aber nicht in der Lage, den Rechtlosen zur auch finanziellen Gerechtigkeit zu verhelfen. Sie kann sich also nicht behelfen mit der klassischen Ausrede, was damals recht gewesen sei, könne heute nicht unrecht sein. Sondern es gilt: Was damals unrecht war, wird auch heute weder sanktioniert noch in seinen Folgen gemildert.

Vollmer im O-Ton: »Ich glaube, man darf nicht sagen, daß sich nichts verändert hat, auch für die Betroffenen – und viele von denen sind doch aus dieser Mauer des Schweigens herausgekommen und reden über ihre Geschichte und das war, glaube ich, das Allerschlimmste, diese Mischung aus vollkommener Rechtlosigkeit und Ohnmacht und vollkommenem gesellschaftlichen Desinteresse, ja, geradezu Zustimmung der Gesellschaft zu dem, was in den Heimen passiert ist. Und das ist vorbei.«

Was tun? Kappeler schreibt: »Der ganze Komplex „II Finanzielle Maßnahmen zu Gunsten einzelner Betroffener“ wird, wenn in der Abschluss-Sitzung nicht noch entscheidende Veränderungen erreicht werden, aus der Sicht der Interessen und Forderungen der Ehemaligen Heimkinder nicht zustimmungsfähig sein. (S.15).«

Also wenn in diesem Punkt nicht noch entscheidende Veränderungen erreicht werden, kann es nur heißen: Sagt NEIN!

Diese Aufforderung ergeht an die Heimkindervertreter am Runden Tisch: Sagt NEIN! Gebt nicht auch noch eure Zustimmung dazu, daß ihr über den Tisch gezogen wurdet. Sagt dem Petitionsausschuß öffentlich, wie sein guter Auftrag durch eine inkompetente Moderatorin und durch die finanziellen Interessen von Staat (Ländern) und Kirchen (und ihren Einrichtungen) pervertiert wurde.

Sagt NEIN!