Dierk Schaefers Blog

… aber nicht mehr lange.

Posted in heimkinder, Medien by dierkschaefer on 22. Dezember 2014

Diesmal kam die Information über das SWR-Regionalfernsehen.

»Wer seine Ansprüche geltend machen möchte, muss bis zum 31. Dezember Name und Adresse per Brief oder Mail an kontakt@abh-bw.de bei der Beratungsstelle abgeben. Diese Angaben genügen zunächst. Ein Nachweis über den Aufenthalt im Heim muss nicht sofort abgegeben werden.«[1]

[1] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/meldefrist-fuer-ansprueche-mehr-als-2/-/id=1622/nid=1622/did=14752830/1e7v5xk/

„Gut gemeint – schlecht gelaufen“ …

Posted in Gesellschaft, heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität, Politik by dierkschaefer on 18. Dezember 2014

… so der Titel des Artikels über den Heimkinderfonds[1].

Doch das ist falsch. Schlecht gemeint, gut gelaufen müsste es heissen.

Der Runde Tisch als Umsetzung eines Beschlusses der Petitionskommission war von Beginn an schlecht gemeint. Er sollte die Rechtsnachfolger der Heimeinrichtungen möglichst wenig kosten. Das ist x-mal geschrieben und nachvollziehbar belegt, auch hier im Blog.[2]

Im Sinne der Heimträger ist die Sache glimpflich und damit gut gelaufen. In der „Moderatorin“ Antje Vollmer fanden sie eine Komplizin, und sie hat ihre Sache glänzend gemacht.[3]

  • Keine Rechtsberatung der ehemalige Heimkinder,
  • keine Entschädigung,
  • keine Anerkennung der Zwangsarbeit,
  • kein Blick auf teurere Lösungen im Ausland,
  • keine Information der Betroffenen durch öffentliche Bekanntgaben in Zeitungen oder Plakaten,
  • keine Berücksichtigung der ehemaligen Heimkinder aus Behindertenheimen und psychiatrischen Einrichtungen, auch nicht auf die Säuglingsheime.

Dafür die Nötigung zur Unterschrift.

 

Wenn das nicht gut gelaufen ist – allerdings nicht für die Opfer.

Staat und Kirche arbeiteten Hand in Hand, um gemeinsam die ehemaligen Heimkinder über den Runden Tisch zu ziehen. Hat doch gut geklappt.

[1] http://hpd.de/artikel/10810?nopaging=1

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2009/04/05/anhorung-runder-tisch-2-april-2009/ mit weiterführenden Links

[3] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politikerin-dr-antje-vollmer/

To whom it may concern: bitterste Armut bei einem Großteil der ehemaligen Heimkinder

Posted in heimkinder, Politik, Soziologie by dierkschaefer on 4. Dezember 2014

Helmut Jacob schreibt über die »bitterste Armut bei einem Großteil der Opfer. Allein wir haben dieser Tage über sechzig Weihnachtsgrüße und Infos an Ehemalige geschickt, die keinen PC haben. Etliche von ihnen besitzen auch keinen Fernseher, weil sie sich eine Reparatur des Altgerätes nicht leisten können. Von ihren 105,- € Taschengeld müssen sie alles für die Körperpflege und den Kaffee zwischendurch bezahlen. Da bleibt für Zeitungen und Internet kein einziger Cent über. So hilft ein Verweis aufs Internet überhaupt nichts. Richtig wäre es, dafür einzutreten, dass die Heime verpflichtet werden, ihre Opfer zu informieren und das alle Informationen herangezogen werden, damit niemand vergessen wird.« [Hervorhebung ds]

 

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

Eine Veröffentlichung jetzt schon kann da nicht schaden

Posted in heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Politik by dierkschaefer on 29. März 2014

helmutjacob commented on Die Anlauf- und Beratungsstelle beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)hatte eingeladen …
… und über 350 Betroffene sind der Einladung gefolgt. Mehr dazu …

„… und über 350 Betroffene sind der Einladung gefolgt.“
Ich auch, und zwar mit einem Textbeitrag, der die Sicht der behinderten Heimopfer darstellt und in Münster dankenswerterweise (Tausend Dank an den VEH!) verlesen wird. Eine Veröffentlichung jetzt schon kann da nicht schaden:
Vortrag für die Sitzung in Münster
Sehr geehrte Damen und Herren,
die „Freie Arbeitsgruppe Johanna-Helenen-Heim 2006“ vertritt behinderte ehemalige Kleinkinder und Schulkinder. Es handelt sich hier um ein Heim der damaligen „Orthopädischen Anstalten Volmarstein“ bei Hagen. Heute ist diese Anstalt als „Evangelische Stiftung Volmarstein“ deklariert, was der Einrichtung einen moderneren Anstrich, also mehr Schein als sein, gibt.
Die Arbeitsgruppe besteht aus neun Mitgliedern, davon fünf Heimopfern und vier ehemaligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dieser Einrichtung.
Über die Verbrechen auf den Kinderstationen und in den Schulräumen des Johanna-Helenen-Heimes muß ich nicht viele Worte verlieren. Sie sind umfangreich dokumentiert in dem Buch der Historiker Schmuhl/Winkler mit dem Titel: „Gewalt in der Körperbehindertenhilfe – Das Johanna-Helenen-Heim in Volmarstein von 1947 bis 1967“ Allerdings hat die Arbeitsgruppe selbst Recherchen angestellt, die sich übrigens mit den Ergebnissen der Historiker decken. Sie finden diese auf der Homepage der Gruppe. Die Eingabe der Stichwörter „Gewalt im JHH“ führt Sie ans Ziel.
Der Vertrag mit dem Historiker-Duo kam unter Zwang zustande. Die Arbeitsgruppe entschloß sich schon 2008 zur Dokumentation ihrer Arbeit auf besagter Homepage. Unsere Forderungen sind konkret: 400,-€ Opferrente bis zum Lebensende oder 54.000,-€ in bar. Diese Forderungen sind angesichts der Verbrechen human. Schließlich wurden Kleinkinder und Schulkinder physisch, psychisch und sexuell mißbraucht. Auf der Homepage finden Sie Interviews mit etwa 20 Opfern. Sie zu lesen erfordert allerdings starke Nerven.
Die Opferrente ist darum wichtig, um bei erneuter Heimeinweisung, nun ins Altenheim, das Pflegepersonal zu bestechen, es milde zu stimmen. Denn machen wir uns nichts vor: In den Pflegeheimen ist auch heute noch Gewalt auf der Tagesordnung. Da ist der Pflege-TÜV eher ein lächerliches Siegel.
Unsere Forderungen decken sich wesentlich mit denen des „Vereins ehemaliger Heimkinder e.V.“ wobei wir behinderungsbedingt den Betrag für die Opferrente erhöht haben. Diese Forderungen sind übrigens von einer Mehrheit aller Heimopfer getragen. Es haben zwei Internetabstimmungen stattgefunden. Um die 90% haben diesem Begehren zugestimmt.
Heute sind diese Forderungen für uns nicht mehr aktuell. Andere Länder zahlen wirkliche Entschädigung, die den Begriff „Entschädigung“ verdient. Es muß eine Angleichung an diese Opferentschädigungen stattfinden.
Die Zahlungen aus dem Opferfonds von Bund, Ländern und Kirchen empfinden viele Opfer als erneute Demütigung. Es ist bekannt, daß lediglich circa 1% der westlichen Heimopfer ihre Anträge gestellt haben. Noch einmal lassen sie sich nicht verhöhnen.
Zu diesem Fonds kam es durch umfangreiche Betrugsmanöver am „Runden Tisch Heimerziehung“ in Berlin. Die Tischvorsitzende Antje Vollmer blockte jeden Versuch ab, die Realität in den Heimen in den Nachkriegsjahrzehnten nachzuzeichnen. Kritische Eingaben in schriftlicher und mündlicher Form wurden schlichtweg ignoriert. Als nach einem halben Jahr absehbar war, daß auch die sogenannten Opfervertreter manipuliert wurden, forderte der „Verein ehemaliger Heimkinder“ anwaltliche Vertretung. Dies wurde sowohl gerichtlich als auch am Runden Tisch abgelehnt. So kam, was kommen mußte: Trotz vieler wissenschaftlicher Beiträge über die Nachkriegsjahrzehnte verneinte der Runde Tisch systematische Gewalt in den Heimen und schlug eine sogenannte Entschädigung von maximal 5.000,-€ vor. Die Begründung lautete: Man wolle die jüdischen Zwangsarbeiter in den Kriegsjahren nicht brüskieren.
Drei ständig anwesende sogenannte Opfervertreter und drei Stellvertreter, die übrigens 18 Juristen gegenüber saßen, sollten den Abschlußbericht unterzeichnen. Einer weigerte sich wohl. Und so trat laut Berichten Frau Vollmer vor die Tür des Verhandlungszimmers und meinte, etwa sinngemäß: „Wenn ihr nicht unterschreibt, bekommt ihr gar nichts.“ So wurde der Abschlußbericht einstimmig verabschiedet.
Allerdings haben sich inzwischen fünf sogenannte Opfervertreter von diesem Bericht distanziert. Sie schämen sich teilweise dafür, daß sie über den Tisch gezogen wurden.
Der „Runde Tisch Heimerziehung“ war eine Farce.
Es gilt noch einmal zu resümieren: Es herrschte flächendeckende Gewalt in den Heimen, zumindest unter kirchlicher Trägerschaft. Im Internet sind keine Berichte zu finden, in denen Heime in den Nachkriegsjahrzehnten beschrieben werden, die ohne Gewalt geführt wurden. Zunehmend mehr wird auch deutlich, daß die sexuellen Mißbräuche in den Heimen nicht selten waren. Im Johanna-Helenen-Heim reicht die Palette von unsittlichen Berührungen über Masturbationspraktiken an pubertierenden Kindern, homosexuell geprägten Handlungen bis hin zu Vergewaltigung. Dazwischen finden sich reichliche sexuelle Bloßstellungen und Demütigungen. Es besteht kein Zweifel mehr an diesen Verbrechen. Sie wurden in viele Büchern umfangreich dokumentiert. Dies alles konnte nur funktionieren, weil alle Aufsichtsorgane, aber auch wirklich alle, nicht funktioniert haben. Die städtischen – und Kreisjugendämter, die Landesjugendämter, die Heimleitungen und die Kirchenleitungen haben komplett versagt. Daß sich alle heute hinter dem Opferfonds verstecken, ist eine erneute Mißhandlung aller Opfer. Das muß ausdrücklich betont werden. Ein Skandal ist es auch, daß bis heute Behinderte, Kleinkinder und Säuglinge, zu Recht oder Unrecht in die Psychiatrie eingewiesen wurden, keinen Cent an Kompensationsleistungen erhalten. Wie verkommen muß die Moral von Kirchen und Politikern sein, die dagegen nicht aufschreien.
Die Forderung an die Bundesregierung und an die Länderkammern kann nur lauten: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dieser soll zum einen die tatsächliche Gewalt in den Heimen aufzeigen. Zum anderen ist aber auch die Arbeit des „Runden Tisches Heimerziehung“ mit den zahlreichen Manipulationen zu untersuchen. In Anhörungen der jeweiligen Ausschüsse müssen sowohl Zeitzeugen, als auch Opfer, als auch Erziehungswissenschaftler und solche Personen aussagen können, die diese Verbrechen umfangreich dokumentiert haben.
Bis zur Instandsetzung der Untersuchungsausschüsse müssen die Opferleistungen drastisch erhöht werden. Die Täternachfolger setzten auf die biologische Lösung: Je mehr Opfer sterben, desto leiser werden die Schreie der Geschundenen und Gequälten.
Meine Damen und Herren, setzten Sie diesem schändlichen Treiben ein Ende.