Dax-Unternehmen zahlen durchschnittlich 27 % Steuern, schreibt die @FAZ gestern.
Toll! So mancher von der kalten oder gar heißen Progression gebeutelte Normalbürger wäre über einen solchen Steuersatz glücklich und würde nie in ein Steuerparadies ausweichen wollen. Und wenn man dann auch noch die Mehrwertsteuer an die Endverbraucher weiterreichen und außer Strafzahlungen sämtliche Nebenkosten absetzen kann, dann ist Deutschland schon fast ein Steuerparadies. So ähnlich jubelt die FAZ und nimmt ausländische Steuersätze zum Vergleich.
Da sage doch niemand, dass die FAZ keine einseitig wirtschaftsfreundliche Zeitung ist.
Die liebe Tante #FAZ – muss man Nachsicht haben mit ihr?
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn mir mein Blick aus dem Fenster sagt, dass die Zeitungszustellung unwahrscheinlich ist, dann brauchen Sie Ihren Zusteller nicht durch den Schnee zu schicken, um mir per Infozettel mitzuteilen, dass die FAZ nicht kommt.
Eine bessere Lösung wäre, an solchen Tagen für Abonntenen Ihr e-paper freizuschalten. Damit kämen Sie ohne großen Aufwand Ihren vertraglichen Verpflichtungen nach.
Eine noch bessere Lösung wäre es, wenn für Ihre Abonnenten das e-paper im ohnehin recht stolzen Bezugspreis inbegriffen wäre. Stolz auch unter dem Gesichtspunkt, dass die FAZ immer dünner wird, was ich besonders bei den Beilagen für Dienstag und Mittwoch bemängele. Die sind ein wichtiger Grund für mein Abonnement. Ansonsten tut’s auch weitgehend das Internet.
Mit freundlichem Gruß
Dierk Schäfer, Freibadweg 15, 73087 Bad Boll
PS: Ich stelle dies Mail auch in meinen Blog und verweise per Twitter darauf. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass ich Ihnen in einer solchen Angelegenheit schreibe. (s. Mein Mail vom Montag, 7. April 2014).
Die FAZ geizt mal wieder mit ihren Print-Artikeln und stellt sie nicht ins Netz.
Dabei ist das Thema wichtig und gehört in die öffentliche Diskussion.
In meinem Blog hatte ich das Problem bereits genannt.[1]
Nun der am konkreten Beispiel von Nordrhein-Westfalen orientierte Artikel, den ich aus ©-Gründen nur mit Zitaten wiedergeben kann.[2]
NRW: Der »Gesetzentwurf für ein „inklusives“, gemeinsames Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern an Regelschulen stößt auf breite Ablehnung. Die zwei Tage währende Anhörung von Fachleuten und Verbänden im Landtag geriet zum Totalverriß«. Es fehlte »an allem: an Personal, an einer gesicherten Finanzierung und sogar an konkreten Vorgaben und Qualitätsstandards«. Das Antragsverfahren für sonderpädagogischen Förderbedarf solle in Zukunft allein von den Eltern ingang gesetzt werden. »Nur „in Ausnahmefällen“ sollen Regelschulen dies noch dürfen. … Die kommunalen Spitzenverbände weisen darauf hin, dass bisher nur etwa fünf Prozent der Feststellungsverfahren von den Eltern eingeleitet worden sind. Deshalb sei damit zu rechnen, dass bei einer wesentlichen Anzahl von Schülern der sonderpädagogische Förderbedarf vor allem auf den Feldern Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung gar nicht mehr festgestellt werde«. Dies umso mehr, als die Grundschulen erst ab dem dritten Schuljahr eine sonderpädagogische Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen beantragen können. Doch dann dürfte sich das Problem bereits in vielen Fällen verfestigt haben, zum Schaden der förderbedürftigen Kinder und der ganzen Klasse. Auch später auftretende Lernbehinderungen seien nicht vorgesehen, denn ab Ende der 6. Klasse ist kein Antrag mehr möglich.
Hier wird eine ideologische Linie von rot/grün zulasten der Kinder gefahren – und in der Euphorie vieler Eltern von Kindern mit Behinderungen löst das Stichwort Inklusion geradezu Glückgefühle aus.
Nicht ohne Grund ist der Artikel der FAZ überschrieben mit: Ein verkapptes Sparprogramm.
Ich schrieb am 3. April in meinem Artikel: Um die Finanzierung streitet man ohnehin noch und wird sie zulasten der für die Inklusion geforderten Qualität lösen.
[2] FAZ, Mittwoch, 12. Juni 2013, S. 8
Eschede
Bahnchef Grube: |„Ich werde mich im Namen der Bahn bei den Opfern und ihren Angehörigen für das entstandene menschliche Leid entschuldigen“«
»„Die Radreifen-Technologie war zugelassen und durfte eingesetzt werden“, hat Bahnchef Grube nun im Interview noch einmal bekräftigt (F.A.Z. vom 25. Mai).«
Heute hat er’s getan. Nicht etwa die Opfer und Hinterbliebenen um Entschuldigung gebeten, nein er hat sich selber und die Bahn kraft seiner eigenen Machtvollkommenheit entschuldigt.
Noch Fragen?
»„Das Verhältnis zu den Hinterbliebenen war lange stark belastet“, erklärte Rüdiger Grube im Interview, obwohl doch die Bahn „weit mehr als dreißig Millionen Euro Entschädigung gezahlt“ habe. Richtig ist, dass die Bahn für jeden Getöteten rund 15 000 Euro Schmerzensgeld gezahlt hat (also 1,5 Millionen Euro insgesamt).«
»Udo Bauch, der nach dem Unfall mit dreißig Jahren als Schwerbehinderter erwerbsunfähig wurde, sagte, er habe den Eindruck, er solle sich bei der Bahn dafür entschuldigen, im ICE gesessen zu haben.«
Dieser Artikel erschien heute in der FAZ[1], gerade rechtzeitig zur Selbstentschuldung des Bahnchefs. Was man hier liest, scheint mir typisch zu sein für den Umgang mit Opfern.
»Die moralische Pflicht scheint die Herzen von Bund, Kirchen und Ländern zu öffnen – beim Öffnen der Taschen tut man sich schwerer«
Unter der Überschrift »Tabula rasa am Runden Tisch« berichtet heute Reinhard Bingener in der FAZ über die Chancen eines Erfolgs bzw. Mißerfolgs des Runden Tisches Heimkinder.
»Die moralische Pflicht scheint die Herzen von Bund, Kirchen und Ländern zu öffnen – beim Öffnen der Taschen tut man sich schwerer,« schreibt Bingener.
Das Bild ist herzig, aber Bund, Kirchen und Länder haben kein Herz und die Art, die ehemaligen Heimkinder zwei Jahre lang hinzuhalten, war entsprechend herzlos.
Bingener schreibt auch von den »in Verhandlungen unerfahrenen drei Heimkinder[n]« und ist sich der Brisanz dieser Feststellung offenbar nicht bewußt. Diese Unerfahrenheit war von Beginn an bekannt und hätte kompensiert gehört. Dafür nicht gesorgt zu haben, gehört zu den Grundversäumnissen von Antje Vollmer – es ist leider nicht das einzige.
Bingener geht auch auf das Thema Zwangsarbeiter ein und schreibt: » Zwar sollen frühere Heimkinder in Irland im Schnitt etwa 75.000 Euro als Entschädigung erhalten haben, doch in Deutschland wird es politisch nicht opportun sein, dass einstige NS-Zwangsarbeiter – sie erhielten zwischen 2500 und 7500 Euro – weniger Entschädigung bekamen als die ehemaligen Heimkinder bekommen könnten.« Damit verweist er auf die schimpfliche Abspeisung der NS-Opfer durch die deutsche Wirtschaft, die ja auch an den Heimkindern gut verdient hat. Nun könnte man als Nichtbetroffener ja resignierend sagen, es sei eben der Fluch der bösen Tat, daß sie fortwährend Böses muß gebären. Doch hier gibt es Profiteure, die sich ins Fäustchen darüber lachen dürften, daß sie dank der NS-Zwangsarbeiterregelung gut wegkommen; Staat und Wirtschaft nun schon zum zweiten Mal. Hatte Bingener eingangs von Herz gesprochen? Ein grandioser Irrtum.
Vom Scherbenhaufen zum Scherbengericht
Vom Scherbenhaufen zum Scherbengericht
Dem „Runden Tisch Heimerziehung“ droht das Aus. So heißt es in der FAZ vom 11. August 2009. Die FAZ weiß auch, warum. Der Verband ehemaliger Heimkinder (VeH) hat sich mit den falschen Leuten verbandelt.
Dies sehe ich auch so. In meiner Anhörung am Runden Tisch am 2. April 2009 sagte ich: Die ehemaligen Heimkinder sind Verbindungen eingegangen, die das Projekt zum Scheitern bringen könnten.
Aber die FAZ schreibt nicht, wie es dazu kam. Sie schreibt nichts von dem Unstern, den (professionell oder leyenhaft?) die Familienministerin gleich zu Beginn des Runden Tisch aufgehen ließ mit den Worten: „Die Einrichtung eines nationalen Entschädigungsfonds wird von Bundestag und Bundesregierung nicht angestrebt.“
Damit hat Frau von der Leyen einen ungeheuren Vertrauensschaden angerichtet. Die FAZ kann offenbar die verheerenden psychologischen Auswirkungen dieses Satzes nicht abschätzen.
Die FAZ schreibt auch nichts von dem äußerst schleppenden und schwierigen Beginn des Runden Tisches, angefangen von der ministerin-bedingten Startverzögerung und der Suche nach einem neuen Ausrichter (unter Gesichtwahrung der Ministerin), schreibt nichts von den sonstigen Anlaufschwierigkeiten, die zwar normal sind, aber das Mißtrauen der Heimkinder vermehrt haben.
Die FAZ schreibt nichts von der völlig unprofessionellen Art des Runden Tisches. Anscheinend unerfahren im Umgang mit Menschen, die stigmatiert und in ihrer Biographie geschädigt sind. Solche Menschen benötigen vertrauensbildende Maßnahmen, um dann (vielleicht) das Prozedere zu akzeptieren. Doch wer nicht transparent arbeitet, kann kein Vertrauen gewinnen. Die Vertreter der ehemaligen Heimkinder haben sich in ein Schweige- und Warte-Kartell einbinden lassen und ihrerseits das Vertrauen eingebüßt.
Ist es ein Wunder, wenn die ehemaligen Heimkinder nach Verbündeten gesucht haben? Es waren leider die falschen.
Das läßt sich alles nachlesen unter:
https://dierkschaefer.wordpress.com/2009/04/05/anhorung-runder-tisch-2-april-2009/
Wenn es also zum Scherbenhaufen kommt, dann bitte ich um Fairneß beim Scherbengericht. Die ehemaligen Heimkinder kommen dabei erst an dritter Stelle, nach der Ministerin und nach der Leitung (und Besetzung?) des Runden Tisches.
Und was die Anwälte betrifft, so haben sie ja immer noch die Gelegenheit zu zeigen, daß sie nicht nur bellen können, sondern daß sie auch Zähne haben, ja, sogar zubeißen können.
PS: Den nachstehenden Beitrag hatte ich vor der FAZ-Meldung geschrieben. Darin heißt es: „Doch vertrauensbildende Gesten „kann“ der Runde Tisch immer noch nicht. Wann lernt er es?“
Ich hoffe, daß es doch noch nicht zu spät ist.
Leserbrief an die FAZ
Es ist sicherlich verdienstvoll, daß sich Susanne Kusicke auch der Probleme der Heimerzieher zuwendet, die sich – wie die ehemaligen Heimkinder – ausgestoßen sahen (FAZ 21.4.09). Wenn die Erzieher auf ihre Lebenszeit zurückschauen, dürften viele von Selbstzweifeln geplagt sein. Ich lernte den im Artikel erwähnten Erzieher auf der Bahnfahrt zum Runden Tisch kennen und wir hatten ein gutes Gespräch.
Doch es ist zu fragen, ob hier die Schwerpunkte richtig gesetzt sind. Wer den ersten der Beiträge von ehemaligen Heimkindern auf dem 3. Karlshöher Diakonietag gehört hat, konnte trotz oder gerade wegen des humoristisch gehaltenen Vortrags der unguten Erinnerungen eine Gänsehaut bekommen. Die Dokumentation der dortigen Heimkinderprojektgruppe zeigt, wie der Heimalltag erinnert wird. Vom morgendlichen diskreten Wegwischen der Pfützen unter den Betten der Bettnässer durch die Erzieher habe ich zum ersten Mal im Artikel von Susanne Kusicke gelesen. Die Realität scheint – in vermutlich allen Heimen – eher brutal gewesen zu sein. Doch das ist ja nur ein Punkt unter vielen.
Zu fragen ist, warum die Karlshöhe – wie auch andere Heime – von den Vorstellungen Wicherns abgewichen ist. Wichern wollte kleine, familienähnliche Gruppenstrukturen. Doch auf der Karlshöhe wurde an allem gespart. Man organisierte Großgruppen mit zu wenig und regelmäßig wechselndem Personal und zog ein strammes Arbeitsprogramm für die Kinder durch; so auch in der Dokumentation zu lesen.
Zu fragen ist weiterhin, warum die im Staatsauftrag handelnden pädagogischen Einrichtungen nicht die reformpädagogischen Gedanken aufgegriffen haben, sondern vielfach die Schwarze Pädagogik der Nazi-Zeit fortführten.
Zu fragen ist, warum gerade kirchliche Heime dermaßen rücksichtslos den Kindern vermittelten, nichts wert zu sein. Man kann es auf die Formel bringen: Wichern sprach vom Geist der Liebe, doch statt dessen gab es Hiebe.
Wenn der auf zwei Jahre geplante Runde Tisch vielleicht doch zu Ergebnissen kommt, nämlich Fonds vorschlägt für entgangene Rentenansprüche, für nötige Therapien, für Schmerzensgelder – und auch für die Finanzierung sorgt, wenn das alles erreicht ist, dann kann man sich auch um die Nöte der ehemaligen Erzieher kümmern. Das meine ich nicht sarkastisch, denn eine solche Vergangenheit muß belasten. Aber: First things first!
Dierk Schäfer
leave a comment