Dierk Schaefers Blog

In einem ganz „normalen“ Heim der evangelischen Diakonie…

»Ich war übrigens in keinem Kloster, keiner Sekte, sondern in einem ganz „normalen“ Heim der evangelischen Diakonie… « schreibt eine Kommentatorin zu einem Beitrag über Sex-and-crime im Kloster[1]. Es geht um die Methoden der Produktion von Abhängigkeit und Abschottung von anderen, konkurrierenden Einflüssen. Während in Klöstern und auch bei Scientology immerhin – bei aller Kritik – die Absicht zu erkennen ist, eine „neue“ Persönlichkeit zu formen, die innerhalb der Parallelwelt lebensfähig ist und Anerkennung, sogar Lebenserfüllung finden kann, war die Erziehung in manchen (vielen?) Kinderheimen kirchlicher und staatlicher Machart rein destruktiv. Viele dieser Kinder wurden systematisch so zugerichtet, daß viele von ihnen ihr Leben nur als zerstört ansehen können. Diese systematische Destruktion wird von der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht wahrgenommen. Die hält sich lieber an Themen wie sexuellem Mißbrauch und Prügelexzessen auf. Die gab es zwar auch zuhauf, doch sie waren nur Mittel zum Zweck: Die Kinder für das Leben zu zerbrechen.

Es lohnt sich, beide Kommentare zum Blogbeitrag zu lesen, weil sie in aller Klarheit eine verbrecherische Erziehung in einer wahrhaft „totalen Institution“ beschreiben.[2]

 

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/04/23/sex-and-crime-im-kloster/

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/04/23/sex-and-crime-im-kloster/#comments

Sex-and-crime im Kloster

Posted in Gesellschaft, Kirche, Kriminalität, Menschenrechte, Psychologie, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 23. April 2014

Sex-and-crime im Kloster, besonders Sex,  kennt man aus der Literatur und aus manchen moritatenhaften Erzählungen.

Doch kürzlich hat ein Kirchenhistoriker eine echte Begebenheit darüber im Vatikan ausgegraben[1], die war deftig, aber aus dem vorvorigen Jahrhundert.

Aktueller sind sex-and-crime-Berichte aus dem Kloster Mehrerau[2].

Und nun gibt es einen Bericht aus dem Kloster Thalbach, wie Mehrerau auch im schönen Vorarlberger Land beim Bodensee gelegen[3]. Wenn dahinter nicht Einzelschicksale ständen, könnte man sich gelangweilt abwenden und zu einem Klassiker des Schauerromans greifen: Matthew Gregory Lewis, Der Mönch[4].

Doch der Orden „Das Werk“ ist keine Fiktion. Kaum jemand kennt die kleine Gruppierung, selbst katholische Religionswissenschaftler müssen erst nachschlagen, obwohl diese Gemeinschaft an einflussreichen Stellen im Vatikan vertreten ist und mächtige Freunde in der Kurie hat, bis hin zu Päpsten wie Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Es ist eine Gemeinschaft, in der ein System aus religiösem Wahn herrscht, aus Überwachung und Unterdrückung. Willkommen in der Geistlichen Familie Das Werk[5] oder auch Familia Spiritualis Opus, kurz FSO. … Papst Johannes Paul II. erhob das 1938 gegründete Werk 2001 zu einer „Familie des geweihten Lebens“. Er machte die Brüder, Schwestern und Priester damit auch institutionell zu einem Teil der Katholischen Kirche und unterstellte sie seinem direkten Befehl. Auch Papst Benedikt XVI. pflegte enge Beziehungen zum Werk. Sein Bruder Georg besucht den Orden häufig. Ratzingers Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, gilt als Unterstützer des Hauses, genauso wie Joachim Kardinal Meisner, der gerade als Erzbischof von Köln zurückgetreten ist. Der verschwenderische Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist ebenfalls ein Förderer, seit 2013 residieren drei Schwestern von Das Werk in Limburg als Domschwestern.[3]

Wenn ich lese, welcher strengen Disziplin sich die Angehörigen der Gemeinschaft unterwerfen müssen, wie sie abgeschottet werden von den Personen, die bisher für sie bedeutsam waren, wie sie gehindert werden, untereinander Freundschaft zu schließen und welcher Gedankenkontrolle sie unterworfen werden, dann kommt mir die Scientology in den Sinn.[6] Es ist schwer, aus solchen Parallelwelten auszubrechen. Das ist die Komponente, die ich als Psychologe wie auch als Theologe verstehe. Was ich nur als Psychologe verstehen kann, ist der Mißbrauch von Schutzbefohlenen und die Vertuschung, um die Organisation zu schützen. Dies läßt das Kloster als kriminelle Vereinigung erscheinen und hat nun überhaupt nichts mehr mit Theologie und Christentum zu tun, selbst wenn hochrangige Vertreter der Kirche als Sponsoren fungieren. Doch das sind ja die üblichen Verdächtigen.

 

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/03/12/das-konklave-und-die-nonnen-von-santambrogio/

[2] https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2014/03/der-prozess-gegen-das-kloster-mehrerau.pdf

[3] http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-04/katholische-kirche-das-werk-fso/komplettansicht

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Matthew_Gregory_Lewis#The_Monk.2C_Inhalt

[5] http://www.daswerk-fso.org/deutsch/ ß

[6] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/09/02/gefangen-in-der-parallelwelt/

Die Welt ist voller Morden

Posted in Geschichte, Gesellschaft, Kirche, Kriminalität, Politik, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 24. März 2013

Ein Photo aus dem 1. Weltkrieg wird im März 2013 innerhalb von knapp zwei Tagen 29 mal bei Flickr angeklickt. Das ist ungewöhnlich. Denn man sieht namenlose Soldaten, unspektakulär für die Aufnahme gruppiert.

Was ist daran interessant und wie kam das Photo zu Flickr?

Ich fand es in einem alten Familienalbum. Villers-la-Ville stand in schöner Handschrift auf der Rückseite, mehr nicht. Ein zweites Photo trug denselben Vermerk und von anderer Handschrift die Information Karl, 3. von links, 1915.

Karl war der Bruder meiner Großmutter, war Musiker und ist 1915 „gefallen“ – so der falsche Sprachgebrauch. Denn Karl stand nicht wieder auf, war also nicht nur gefallen. Auf dem kleinen Photo sitzt er noch fröhlich mit anderen Soldaten in einer Sitzschlange im Gras, Soldatenfreizeitspaß.

Auf dem großen Photo habe ich Karl unter den 33 Männern nicht herausgefunden, doch er wird dabei sein, sonst wäre das Photo nicht im Album. Insofern für mich eine beliebige Gruppenaufnahme, wie auch andere Gruppenaufnahmen im Album von damals. Aber der Hintergrund: Eine Kirchenruine verleiht dem Photo einen Hauch von wehmütiger Romantik, wie auf manchen Bildern von Caspar David Friedrich, eine Wehmut voller Morbidität http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/8575350968/in/photostream/ .

Morituri, die Todgeweihten; sie stehen vor passender Kulisse – und kaum einer wird lebend von der Front zurückgekehren, im Westen nichts Neues.

Unter dem Titel morituri in Villers-la-Ville 1915 stellte ich das Photo bei Flickr ein und fügte eine Strophe aus den „Wildgänsen“ hinzu:

„Wir sind wie ihr ein graues Heer
Und fahr’n in Kaisers Namen,
Und fahr’n wir ohne Wiederkehr,
Rauscht uns im Herbst ein Amen!

Morituri – Das Lied „Wildgänse rauschen durch die Nacht“ haben wir in meiner Jugendzeit oft und gern gesungen und dabei jeweils in der zweiten Hälfte der Strophen die Wehmut ausgekostet. –  So ein Quatsch. Das Lied ist ein gesungenes Kriegerdenkmal und zudem pseudoreligiöser Kitsch, eine Verbindung, die viele Kriegerdenkmäler auszeichnet, Tod und Religion, Kriegspredigt, Todgeweihte vor Kirchenruine, das paßt.

Übrigens: Ein Kriegerdenkmal funktioniert auch ohne Religion, dann tritt an die Stelle nationales Pathos http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/6949557245/ und am schlimmsten ist die Kombination von beidem http://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/3597633061/in/set-72157619532877956/ .

 

Ein paar Links:

de.wikipedia.org/wiki/Wildg%C3%A4nse_rauschen_durch_die_N…
de.wikipedia.org/wiki/Walter_Flex

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:0_Villers-la-Ville_050910_%2827%29.JPG .