»Der Unsinn bei dem Kretschmann wächst sich schon noch aus.«
Er hat sich ausgewachsen. Man könnte fast zum Kretschmann-Fan werden.
Hier nur zwei Zitate von ihm aus dem lesenswerten Interview[1]:
»Realismus heißt ja nicht, nicht länger engagiert zu sein, aber zu akzeptieren: Der Mensch, wie er geht und steht, ist der richtige. Und alle Utopien, die sagen, wir müssen erst den Menschen grundlegend verändern, ehe wir in die wirkliche Geschichte eintreten, sind der Anfang von Leid und Terror. Die Menschen, so wie sie sind, sind die richtigen. Wir müssen sie nicht umerziehen – und wir dürfen es auch nicht.«
»Erst wenn man von der totalitären Erlösungsfantasie ablässt, die Welt retten zu wollen, wird man reif zur Politik und trägt dann womöglich etwas zu ihrer Rettung bei. Erlösung ist etwas für den Erlöser – und davon gibt es für Christen nur einen, und der sitzt im Himmel.«
[1] http://www.zeit.de/2015/12/winfried-kretschmann-die-gruenen-glaube-christentum/komplettansicht
»Die Dogmen lasten wie ein Alb auf uns Gläubigen.«
Die wohl deutlichste Kritik an der katholischen Kirche kommt von einem ihrer prominenten Mitglieder.
Der Ministerpräsident aus dem Schwäbischen darf wohl als gebildet gelten. Und dennoch hat er seine Kirche nicht verstanden, weiß nicht, was Katholizität ausmacht. Das muss man ihm nicht vorwerfen. Seine Kirche hat es offensichtlich nicht verstanden, ihm die Grundlagen – oder was sie dafür hält – zu vermitteln. Evangelischen gebildeten Zeitgenossen geht es kaum anders.
Da komme noch jemand und behaupte, Religionsunterricht sei Indoktrination. Wenn doch, dann zeigt sich deren Nutzlosigkeit.
»Dass die Kirche nicht zugeben könne, zu irren, könne Kretschmann am schwersten ertragen.
Das Problem seien nicht die Dogmen an sich, sondern dass die Kirche sie alle für richtig halte, sagte der Grünen-Politiker weiter.«[1]
Ja, soll sie denn sagen: April, April, Maria ist keine Jungfrau?
»„Auch wenn manche es noch nicht wahrhaben wollen: Die Zeiten sind vorbei, in denen die Hierarchie Debatten einfach für beendet erklären konnte“, sagte Kretschmann.«
Die Zeiten mögen vorbei sein, doch die Kirche hält sich nicht an den Geist der Zeiten gebunden. Das wissen wir seit dem Antimodernisten-Eid[2] der katholischen Kleriker.
»„Ich glaube einfach nur das, was ich glaube“, sagt der praktizierende Katholik, „anders kann ich nicht glauben“.«
Er hat ja soo Recht. Und gerade weil es so einfach (und plausibel) klingt, fällt mir dazu die fides implicita simplicium ein, auch Köhlerglaube[3] genannt: Ich glaube, was die Kirche glaubt. Das reicht, mehr muß man nicht glauben und auch nicht verstehen.
Das will und kann Winfried Kretschmann nicht verstehen. Damit hat er Recht und seiner Kirche die Glaubwürdigkeit abgesprochen – hat es aber wohl nicht einmal gemerkt.
[1] Alle Zitate aus http://www.zeit.de/gesellschaft/2015-03/winfried-kretschmann-kirche-glaube/komplettansicht
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