Dierk Schaefers Blog

Nun wohl amtlich: Die bloße Annahme, jemand möchte würdig bestattet werden, ist bloß eine unglaubhafte Unterstellung.

Posted in Gesellschaft, heimkinder by dierkschaefer on 20. Mai 2015

Der Amtsschimmel wiehert: Erst hat er sich mit der Bearbeitung eines Antrages[1] viel Zeit gelassen, obwohl er wußte: der Antragsteller ist alt und angeschlagen. Er wußte auch, dass die Leistung nur an den lebenden ausgezahlt wird. Es wäre doch taktlos gewesen, den Antragsteller auf die Möglichkeit seines Ablebens vor der Zahlung hinzuweisen. Das wäre geradezu pietätlos. Der Antragsteller kam gar nicht auf den Gedanken, dass die Laufzeit für die Bearbeitung seines Antrags dermaßen lange dauern würde, dass er, der Antragsteller, vor der Erledigung des Antrags erledigt sein könnte. So dachte er auch nicht daran, schriftlich festhalten zu lassen, dass er im Falle seines Todes mit dem ihm zustehenden Geld immerhin eine würdige Bestattung finanziert haben wolle. Nun hat er vorzeitig „ins Gras gebissen“, und der Amtsschimmel wiehert angesichts des hilflosen Konkurrenten um das Gras und wartet geduldig darauf, dass irgendwann Gras über die Sache gewachsen ist. Das war hier im Blog schon ein Thema[2]. Doch nun ist es wohl amtlich.

Der Amtsschimmel schreibt verständnisvoll: »Gern erläutere ich Ihnen die Gründe … :

Voraussetzung … ist, dass die/der Betroffene[3] diesen Wunsch selbst im Beratungsgespräch mit der Anlauf- und Beratungsstelle geäußert hat und dabei deutlich geworden ist, dass es ihr/ihm um die Würde der eigenen Person geht – nicht etwa um die finanzielle Entlastung der Erben, denn dies wäre wiederum eine Leistung an Dritte, die nicht gewährt werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Betroffene bedauerlicherweise im Beratungsgespräch nicht geäußert, dass er ein würdiges Begräbnis wünscht. … Ich bedaure, Ihnen keine andere Auskunft erteilen zu können, und hoffe, Ihnen mit diesen Informationen dennoch weitergeholfen zu haben.«[4] Worin die Hilfe dieser verlogenen Suada bestehen soll, wüsste ich gern.

Wir merken, dass die Verfasserin vor Mitgefühl förmlich zerfließt. Sie hätte bestimmt gern geholfen.[5] Aber die Verhältnisse, die sind nicht so.

Nicht so, wie sie sie darstellt.

Der Verstorbene –

  • hat keine Erben, die sich an dem ihm nur persönlich zugedachten und schon bewilligten Geld bereichern könnten. Allenfalls das Sozialamt könnte profitieren.
  • hat sicherlich nicht gewollt, ein Armenbegräbnis zu bekommen, wer will das schon.[6] Den Willen nach einer normal-anständigen Beerdigung dürfte und könnte man auch von amtswegen unterstellen, ohne dass ein Rechnungshof dem Amtsshimmel die Hufe abschlägt.
  • so bezeugen die, die sich (im Gegensatz zum Amtsschimmel mit seinem Futtersack) in seinen letzten Tagen um ihn gekümmert haben, er, der Verstorbene, habe ein christlich-katholisches normales Begräbnis gewünscht.[7]

Während der Amtsschimmel noch wiehert, sammeln die ehemaligen Heimkinder[8], um die 800 Euro von der Stadt für Einäscherung und Urnenbestattung aufzustocken[9]. Ohne Bezahlung, ehrenamtlich[10] lösen sie den ärmlichen Haushalt des Verstorbenen auf. Dabei hätten ihm 11.000 Euro Rentenausgleichszahlung zugestanden, für von ihm verrichtete Zwangsarbeit in Anstalten, Einrichtungen und Heimen, die es tunlichst unterlassen haben, den Pflichtanteil an die Deutsche Rentenversicherung abzuführen.

Was soll man dazu sagen? Es fällt schwer, zu diesem unwürdigen Verhalten des Lenkungsausschusses[11] und seiner Vollzugskräfte die eigene Würde zu bewahren. So also mit Goethe: Heinrich, mir graut vor dir.

Wer alles Heini heißt, sehen Sie hier: Mailwechsel zum Armenbegräbnis

[1] Nicht nur eines Antrages. Es sind viele, doch hier geht es um einen konkreten Fall.

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/13/theologischerseits-nur-zu-begrusen-die-burokratie-erinnert-ausdrucklich-den-tod-zu-bedenken-gegen-unterschrift/

[3] Immerhin ist man gendermäßig modern. Es handelt sich hier aber um einen eindeutig männlichen Verstorbenen. Ach, sollen sich die Adressaten doch das passende aussuchen.

[4] Zitat aus beigefügtem PDF

[5] Vielleicht gab es auch eine Metamorphose zum Krododil, so dass Tränen fließen konnten.

[6] Ja, ich weiß, auch Mozart landete im Armengrab, doch das war wohl nicht sein Traum.

[7] Ich frage mich, bei wem der Kollege, der die Trauerfeier leitet, sich die Informationen über den Verstorbenen holt, über den er reden soll, frage mich auch, ob er nur unverbindlich-fromm salbadert oder angemessen-ehrlich auf das Leben des Verstorbenen eingeht und Ross und Reiter nennt, die das Leben so missgestaltet haben, wie es der Fall ist. Bei Ross und Reiter könnte er auch auf den Amtsschimmel kommen. Wird er aber wohl nicht machen. Wie ist der Auftrag: „Ihr seid das Salz der Erde …“

[8] Ausgerechnet die ehemaligen Heimkinder, die damals entwürdigt, misshandelt und ausgebeutet wurden, dann am Runden Tisch betrogen und nun immer noch hinzulernen. Sie haben auch heute noch keine Rechte und werden bevormundet und immer noch unwürdig behandelt. Zynisch gesagt: Ihr Leben weist Kontinuität auf.

[9] Ich täte das ja nicht, um die Schande der Ämter öffentlich zu machen.

[10] Wir sind ja ohnehin dabei, das Versagen der Ämter ehrenamtlich aufzufangen.

[11] Da sitzen allerdings Personen drin, die am Runden Tisch die Interessen der ehemalige Heimkinder nicht vertreten haben, doch hinterher Fachvorträge hielten darüber, was dort nicht gut gelaufen war.

Theologischerseits nur zu begrüßen: Die Bürokratie erinnert ausdrücklich, den Tod zu bedenken – gegen Unterschrift

Posted in Bürokratie, heimkinder, Tod by dierkschaefer on 13. Mai 2015

Das Memento mori[1] ist nun in trockenen, behördlichen Tüchern:

Herr Möller teilte mit, der Lenkungsausschuss habe soeben in Sachen Beerdigungskosten[2] eine andere Version festgelegt. Danach sollte in einer schriftlichen Vereinbarung mit ehemaligen Heimkindern zukünftig folgende Willensbekundung enthalten sein:

Im Falle meines Ablebens vor der Schlüssigkeitsprüfung, erkläre ich

Name………….., geb. am:…………..,

dass ich eine würdige Beerdigung erhalten möchte und keine durch das Sozialamt.

Sollte ich also ableben bevor ich das Geld für die Sachleistungen erhalten habe, sollen die Gelder der Vereinbarung für meine Bestattung verwendet werden.

Köln, den …………..2015         Unterschrift……….

Der rheinische Humor ist also nicht Herr Möller zuzuschreiben, sondern dem Lenkungsausschuss.[3]

Der sitzt in Berlin. Verkehrte Welt. Humor wird normalerweise mit Berlin nicht verbunden.

PS: Das Sozialamt wird sich selber um sein Image sorgen müssen.

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/11/memento-mori-auf-rheinische-art/

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/08/wer-zu-fruh-stirbt-den-bestraft-der-heimfond/

[3] »Der Lenkungsausschuss beschließt die Richtlinien, nach denen Leistungen aus dem Fonds an Betroffene gewährt werden. Des Weiteren nimmt er die Aufgabe der Kontrolle und Steuerung des Fonds wahr.

Die Sitzungen des Lenkungsausschusses sind nicht öffentlich, wichtige Ergebnisse der Sitzungen werden hier veröffentlicht (zum Archiv)«. http://www.fonds-heimerziehung.de/fonds/errichter-des-fonds/lenkungsauschuss.html

Näheres zum Lenkungsausschuss: http://veh-ev.eu/Infos_Hilfsfonds/Lenkungsausschuss/lenkungsausschuss.html

Mich wundert mittlerweile gar nichts mehr.

Posted in heimkinder, Justiz, Politik by dierkschaefer on 7. Dezember 2014

Der Lahme muss dem Blinden helfen.

Aus einem Mail: »Von der Anlauf-u.Beratungsstelle beim LVR Köln, erhielt ich 2 Plakate von Prof.DR. Schruth (Ombudsmann/Lenkungsausschuss), sowie DIN A 4-Anmeldeformulare (s.Vorder-Rückseite) auf Hochglanzpapier. Damit habe ich erstmal 10 ehemalige Heimkinder postalisch, bei der Anlaufstelle angemeldet, die kaum oder gar nicht lesen und schreiben können, sowie über kein Internet verfügen. Somit können sie auch nicht die Seite www.fonds-heimerziehung.de aufrufen, um für sich die zuständige Anlaufstelle abzurufen.

Ich teile dies mit, um aufzuzeigen, was jetzt alles noch auf den letzten Drücker, für ein Aufwand betrieben wird, damit der Lenkungsausschuss sein Gesicht wahren kann. Aber auch, was für ein Aufwand von den ehemaligen Heimkindern betrieben werden muss! Dank einer Spende von einem ehemaligen Heimkind (Frau) aus München, bin ich in der Lage, die Porto-u. Telefonkosten zu bestreiten, sowie Umschläge und Papier. … Die meisten Anfragen erhielt ich aus den Obdachlosen-Treffs und vom Arbeitslosenzentrum in Mönchengladbach.«

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Die so exzellenten erzieherischen Bemühungen in den Kinderheimen haben dazu geführt, dass eine ganze Reihe der ehemaligen Heimkinder am unteren Ende der Sozialskala und auch am unteren Ende der Bildungsskala zu suchen sind. Das dürfte den Verantwortlichen für den Fonds Heimerziehung bekannt sein. Also muß man die sozialen Anlaufstellen problembewußt und sprachfähig machen und mit Informationsmaterial ausstatten, das sind Sozialämter, Obdachloseneinrichtungen, Job-Center, die Vesperkirchen oder Tafeln, die Drogenanlaufstellen – und auch die Haftanstalten. Es muß aktiv informiert werden. Aufklärung von Bedürftigen muß immer eine Geh-Struktur haben, doch die Fondsverantwortlichen warten darauf, dass die Kunden kommen. Kommt ja auch billiger – und man hat doch alles getan – oder etwa nicht?

 

Die Juristen unter den Lesern sollten doch bitte einmal die Rechtsfigur „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ überprüfen. Könnte man damit in solchen Fällen Erfolg haben?