Sex ist am wichtigsten
Was in der katholischen Dogmatik zählt, ist Sex, … ob ja oder ob nein.
Luzide und in erfrischender Offenheit nimmt der Bonner katholische Kirchenrechtler Norbert Lüdecke die „Handreichung“ für „die kommenden Jahre“, herausgegeben vom Erzbischöflichen Seelsorgeamt Freiburg als eine „Orientierung für die pastorale Praxis“ unter die dogmatische Lupe.[1]
Es geht um die Verweigerung der Sakramente für geschiedene und wiederverheiratete katholische Gläubige. Deren geschiedene Ehe ist nach katholischem Recht nicht geschieden, denn die Ehe ist ein Sakrament[2] und als solches dauerhaft gültig. Eheleute können getrennt von Tisch und Bett leben, die Ehe bleibt gültig und steht daher einer neuen Eheschließung im Wege. Wer dennoch wieder heiratet, lebt in der Sünde, früher nannte man es Konkubinat[3], weltlich gesprochen wäre es ein Fall von Bigamie.
Unter bestimmten Umständen, so Lüdecke, könne die Kirche ein solches nicht von der Kirche gebilligtes Zusammenleben tolerieren und den „Zugang zu den bislang zu verweigernden Sakramenten, … insbesondere zu Beichte, Kommunion und Krankensalbung“ ermöglichen. So, „wenn aus einer solchen neuen Verbindung bestimmte sittliche Verpflichtungen entstanden sind, die es moralisch nicht zulassen, das zu tun, wozu die neuen Partner verpflichtet wären, nämlich sich voneinander zu trennen.“, seien Kinder der Grund oder die Krankheit eines Partners. Doch diese Ausnahme gilt nur, „wenn die beiden Partner bereit sind, auf das zu verzichten, was eben nur in der Ehe erlaubt ist: den Sex.“
In der „Handreichung ist von „der Pflicht zur Enthaltsamkeit … nicht die Rede. Das bedeutet: Von der bislang ausnahmslos geltenden moralischen Norm und damit von einer wichtigen kirchlichen Lehre, deren Bezweiflung bislang etwa für Theologielehrende gravierende Konsequenzen haben konnte, wird für diese Paare eine Ausnahme gemacht. Galt früher ausnahmslos: „Kein legitimer Sex außerhalb einer kirchlich gültigen Ehe!“, so ist nun außerehelicher Sex unter bestimmten Bedingungen moralisch zulässig. Was lehramtlich bislang strikt zurückgewiesen wird, gilt jetzt partiell als zulässig.“
Damit bräche wirklich eine Weltordnung zusammen, denn dann „müssten auch Pastoralreferenten und Pastoralreferentinnen nach einer Wiederheirat nicht mehr entlassen werden. Geschiedene, die sich zum Beispiel in Pfarrgemeinderäten engagieren, könnten sich als nicht nur geduldet, sondern anerkannt fühlen.“
Prof. Lüdecke ist auch aus anderen Veröffentlichungen als Hardliner bekannt. Er rechtfertigt Zensur und die Kontrolle von Exegeten (Bibelauslegern) als „Heilsdienst“, mit dem Gläubige vor Irrlehren geschützt werden.
All dies zeigt deutlich und überzeugend, daß in einer Weltanschauung, in der es auf das jenseitige Heil ankommt, das Recht des Pursuit of Happyness[4] in dieser Welt dahinter zurücktreten muß. Das war auch das Prinzip in den kirchlichen, nicht nur in den katholischen Erziehungseinrichtungen.
Das Erzbischöfliche Seelsorgeamt Freiburg hat mit seiner Handreichung allerdings seinen Erzbischof in die Bredouille gebracht. Ist doch Herr Zollitsch[5] in der kommenden Woche in Rom, um in der causa Limburg für Abhilfe zu sorgen. Da ist es außerordentlich störend, wenn aus seinem Hause dogmatisch unzulässige Vorstöße kommen. Schließlich ist Loyalität gegenüber Rom ausschlaggebend für sonstige Beinfreiheit – übigens auch in sexualibus.[6]
Kasperles Ende
»Und dann ist da noch Kaspars Rolle bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen in einer später von ihm geleiteten Einrichtung. Sein Vorgänger im St. Vincenzstift in Aulhausen hatte nach heutigen Erkenntnissen Heimkinder und Angestellte schwer missbraucht. Im Jahr 1970 – zu dieser Zeit sammelten Zivildienstleistende bereits Unterschriften gegen den Leiter wegen unsittlicher Übergriffe – nahm er sich das Leben. Kaspar, in dem Heim schon vor 1970 tätig, wurde Nachfolger bis 2006«[1].
Gläubige und Ungläubige hinters Licht geführt
»Der Bischof vertritt … unbeirrbar die Auffassung, da er Businessklasse bezahlt habe, sei er nicht erster Klasse geflogen – unbeschadet der Tatsache, dass sein sterblicher Leib sich auf besagten Flügen nun einmal in der ersten Klasse befand.«[1] „Es trifft auf keinen Fall zu, dass ich die Antwort gegeben hätte, dass ich nicht erster Klasse geflogen sei.“[2]
Finanziell unterstützt hat den Bischof sein engster Mitarbeiter, Generalvikar Prof. Dr. Dr. Franz Kaspar. Er wie auch sein Dienstherr ist wohl von Haus aus Luxus gewohnt – und von ihren Gewohnheiten können Menschen nun einmal nicht lassen, darum sind Gewohnheiten zwar kein Menschenrecht, sondern nur ein Gewohnheitsrecht, allenfalls eine läßliche Sünde.
»Auch früher, in seiner Zeit als Direktor einer kirchlichen Behinderteneinrichtung, des Sankt Vincenzstifts, flog Kaspar schon nach Indien – die Kosten übernahm die Stiftung«.
Das Ganze »ist besonders für Gläubige schmerzlich, weil ein Bischof die Menschen zum Licht führen soll, nicht dahinter«.
Dieser Bischof hatte einen glaubwürdigen Vorgänger:
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Kamphaus. Doch vielleicht sagt sich der Nachfolger, nur die Lumpen sind bescheiden.
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