Dierk Schaefers Blog

Franz-Peter Tebartz-van Elst – der Mann des Jahres

Posted in Gesellschaft, Kirche, Religion by dierkschaefer on 31. Oktober 2013

Franz-Peter Tebartz-van Elst[1] ist ein ausgesprochener Liebling der Medien und der Netzgemeinde. Wohl wie kein anderer Geistlicher seit Jahren hat er die Kirche wieder ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gehoben. Als einfacher Ruhestandspfarrer auf dem Land kann ich da nur neidisch[2] werden, wenn es mir auch schwerfällt, diese Untugend einzugestehen.

 

Doch genug der lasterhaften Häme[3]. Wie steht es mit dem „Wirken“ dieses Mannes, was hat er bewirkt?

Er hat nicht nur den Kirchenfeinden Munition geliefert und oberflächliche Religionskritiker bestätigt. Zudem hat er Menschen verunsichert, die bis jetzt, salopp gesagt, „brav katholisch“ waren. Der „Aufstand“ im Bistum belegt das. Und er hat wohl mehr Menschen zum Kirchenaustritt angeregt, als das jemals eine Person aus dem geistlichen Stand geschafft hat.[4] Was „Kirche“, welche auch immer, derzeit tut, wird nun durch die Limburger Skandalbrille gesehen. Besonders wenn die Kirche baut, ist sie nun großer Aufmerksamkeit sicher.

Woher hat sie wohl das Geld dafür, wieviel hat sie überhaupt, darf sie das haben, sollte sie nicht glaubwürdiger in Sack und Asche gehen, alles den Armen geben? Und wenn sie schon baut, welcher Baustandard wird ihr zugestanden? Ist das nicht alles zu teuer, gar zu luxuriös, warum steckt sie ihre Mitarbeiter, die ja skandalöserweise ohnehin nicht streiken dürfen, nicht einfach in Bürocontainer?

Die Diskussion hat längst unterstes Stammtischniveau erreicht, dank eines selbstverliebten Bischofs, dem es gelang, die wenigen Kontrollmechanismen seiner Macht auszuschalten und der wie ein Schulbub versuchte, sich mit Lügen zu retten.

In unserer Gesellschaft ist die Kirche, wenn man von der weltanschaulichen Ausrichtung absieht, eine Großorganisation wie andere auch. Sie lebt, wie auch die Parteien und die Gewerkschaften, im Spagat von Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Glaubwürdigkeit und Unglaubhaftigkeit. Zollitsch sprach sogar von der sündhaften Kirche. Es hilft nun nicht, auf die Sünden anderer zu verweisen, auch wenn der Limburger Skandal zeitweise der Elbphilharmonie und dem Berliner Flughafen die Show gestohlen hat. Wo die Kirche unglaubwürdig wird, muß das schon wegen ihres eigenen Anspruchs schonungslos diskutiert werden. Ich habe leider den Eindruck, daß es der Kirche an dafür kompetentem und glaubwürdigem Führungspersonal mangelt, und das nicht erst seit dem Heimkinder- und dem Mißbrauchsskandal.

Bleiben wir bei kirchlichen Bauvorhaben und der Limburger Skandalbrille. Die Münchner Abendzeitung berichtet über den Neubau des Bistums[5]. Wenn andere Firmen, auch die öffentliche Verwaltung, bauen, um ihre verstreuten Abteilungen und Büros in einem Gebäude zusammenzufassen, gilt das als erforderliche Sanierungsmaßnahme. Auch daß die Kosten letztendlich über den Planzahlen liegen, läßt sich meist schadlos erklären, wenn die Differenz im üblichen Rahmen bleibt. Dank Tebartz wird dieses Bauvorhaben nun nicht nur beachtet, sondern generell verurteilt. Wie kann die Kirche nur und überhaupt … siehe oben. Das Churchbashing ist im Mainstream angekommen. Da würde es auch nicht helfen, Franz-Peter zu teeren und zu federn, um ihn dann dem johlenden Mob zu überlassen. Herr, schmeiß Hirn ’ra!, kann ich auf schwäbisch dazu nur sagen.

Ob übrigens der Neubau des Ordinariats Rottenburg-Stuttgart überhaupt nötig war, kann ich nicht beurteilen. Ich habe ihn nur ausgiebig photographiert[6], weil ich den architektonischen Rückgriff auf das Mittelalter höchst befremdlich finde für eine Organisation, die sich nicht in eine Festung zurückziehen sollte.

 

An der aktuellen Diskussion ist immerhin sinnvoll, daß die Kirche sich nun auch um ihre internen Baustellen kümmern muß, wenn sie dem öffentlichen Druck dieser Gesellschaft standhalten will. Die Zeiten kirchlicher Unschuld, wenn es sie den je gab, sind vorbei. Church business as usual, wie ich auf einem Londoner Bauschild las, geht nicht mehr. Dafür hat der Limburger Bischofs gesorgt und das mit einer medialen Resonanz, die auch die evangelische Kirche in Mitleidenschaft gezogen hat[7].

 

PS: Ich bin übrigens der Meinung, daß es eine Schande ist, nur in Industriegebieten Platz für Moscheen auszuweisen. Sie gehören inzwischen, wie die Kirchen immer noch, in die Mitte der Gesellschaft. Entgegen der Politik der Kirchenleitungen meine ich, daß man auch einige der inzwischen überzähligen Kirchen entsprechend umwidmen sollte.


[4] Von „Übertritten“ oder gar der Reformation ganzer Kirchen abgesehen.

Sex ist am wichtigsten

Posted in Kirche, Religion by dierkschaefer on 11. Oktober 2013

Was in der katholischen Dogmatik zählt, ist Sex, … ob ja oder ob nein.

 

Luzide und in erfrischender Offenheit nimmt der Bonner katholische Kirchenrechtler Norbert Lüdecke die „Handreichung“ für „die kommenden Jahre“, herausgegeben vom Erzbischöflichen Seelsorgeamt Freiburg als eine „Orientierung für die pastorale Praxis“ unter die dogmatische Lupe.[1]

Es geht um die Verweigerung der Sakramente für geschiedene und wiederverheiratete katholische Gläubige. Deren geschiedene Ehe ist nach katholischem Recht nicht geschieden, denn die Ehe ist ein Sakrament[2] und als solches dauerhaft gültig. Eheleute können getrennt von Tisch und Bett leben, die Ehe bleibt gültig und steht daher einer neuen Eheschließung im Wege. Wer dennoch wieder heiratet, lebt in der Sünde, früher nannte man es Konkubinat[3], weltlich gesprochen wäre es ein Fall von Bigamie.

Unter bestimmten Umständen, so Lüdecke, könne die Kirche ein solches nicht von der Kirche gebilligtes Zusammenleben tolerieren und den „Zugang zu den bislang zu verweigernden Sakramenten, … insbesondere zu Beichte, Kommunion und Krankensalbung“ ermöglichen. So, „wenn aus einer solchen neuen Verbindung bestimmte sittliche Verpflichtungen entstanden sind, die es moralisch nicht zulassen, das zu tun, wozu die neuen Partner verpflichtet wären, nämlich sich voneinander zu trennen.“, seien Kinder der Grund oder die Krankheit eines Partners. Doch diese Ausnahme gilt nur, „wenn die beiden Partner bereit sind, auf das zu verzichten, was eben nur in der Ehe erlaubt ist: den Sex.“

In der „Handreichung ist von „der Pflicht zur Enthaltsamkeit … nicht die Rede. Das bedeutet: Von der bislang ausnahmslos geltenden moralischen Norm und damit von einer wichtigen kirchlichen Lehre, deren Bezweiflung bislang etwa für Theologielehrende gravierende Konsequenzen haben konnte, wird für diese Paare eine Ausnahme gemacht. Galt früher ausnahmslos: „Kein legitimer Sex außerhalb einer kirchlich gültigen Ehe!“, so ist nun außerehelicher Sex unter bestimmten Bedingungen moralisch zulässig. Was lehramtlich bislang strikt zurückgewiesen wird, gilt jetzt partiell als zulässig.“

Damit bräche wirklich eine Weltordnung zusammen, denn dann „müssten auch Pastoralreferenten und Pastoralreferentinnen nach einer Wiederheirat nicht mehr entlassen werden. Geschiedene, die sich zum Beispiel in Pfarrgemeinderäten engagieren, könnten sich als nicht nur geduldet, sondern anerkannt fühlen.“

 

Prof. Lüdecke ist auch aus anderen Veröffentlichungen als Hardliner bekannt. Er rechtfertigt Zensur und die Kontrolle von Exegeten (Bibelauslegern) als „Heilsdienst“, mit dem Gläubige vor Irrlehren geschützt werden.

All dies zeigt deutlich und überzeugend, daß in einer Weltanschauung, in der es auf das jenseitige Heil ankommt, das Recht des Pursuit of Happyness[4] in dieser Welt dahinter zurücktreten muß. Das war auch das Prinzip in den kirchlichen, nicht nur in den katholischen Erziehungseinrichtungen.

 

Das Erzbischöfliche Seelsorgeamt Freiburg hat mit seiner Handreichung allerdings seinen Erzbischof in die Bredouille gebracht. Ist doch Herr Zollitsch[5] in der kommenden Woche in Rom, um in der causa Limburg für Abhilfe zu sorgen. Da ist es außerordentlich störend, wenn aus seinem Hause dogmatisch unzulässige Vorstöße kommen. Schließlich ist Loyalität gegenüber Rom ausschlaggebend für sonstige Beinfreiheit – übigens auch in sexualibus.[6]


Kasperles Ende

Posted in Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 2. Oktober 2013

»Und dann ist da noch Kaspars Rolle bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen in einer später von ihm geleiteten Einrichtung. Sein Vorgänger im St. Vincenzstift in Aulhausen hatte nach heutigen Erkenntnissen Heimkinder und Angestellte schwer missbraucht. Im Jahr 1970 – zu dieser Zeit sammelten Zivildienstleistende bereits Unterschriften gegen den Leiter wegen unsittlicher Übergriffe – nahm er sich das Leben. Kaspar, in dem Heim schon vor 1970 tätig, wurde Nachfolger bis 2006«[1].


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Gläubige und Ungläubige hinters Licht geführt

Posted in Uncategorized by dierkschaefer on 4. August 2013

»Der Bischof vertritt … unbeirrbar die Auffassung, da er Businessklasse bezahlt habe, sei er nicht erster Klasse geflogen – unbeschadet der Tatsache, dass sein sterblicher Leib sich auf besagten Flügen nun einmal in der ersten Klasse befand.«[1] „Es trifft auf keinen Fall zu, dass ich die Antwort gegeben hätte, dass ich nicht erster Klasse geflogen sei.“[2]

Finanziell unterstützt hat den Bischof sein engster Mitarbeiter, Generalvikar Prof. Dr. Dr. Franz Kaspar. Er wie auch sein Dienstherr ist wohl von Haus aus Luxus gewohnt – und von ihren Gewohnheiten können Menschen nun einmal nicht lassen, darum sind Gewohnheiten zwar kein Menschenrecht, sondern nur ein Gewohnheitsrecht, allenfalls eine läßliche Sünde.

»Auch früher, in seiner Zeit als Direktor einer kirchlichen Behinderteneinrichtung, des Sankt Vincenzstifts, flog Kaspar schon nach Indien – die Kosten übernahm die Stiftung«.

Das Ganze »ist besonders für Gläubige schmerzlich, weil ein Bischof die Menschen zum Licht führen soll, nicht dahinter«.

Dieser Bischof hatte einen glaubwürdigen Vorgänger:

http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Kamphaus. Doch vielleicht sagt sich der Nachfolger, nur die Lumpen sind bescheiden.


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