Kinder als Versuchskaninchen
Arzneimittelstudien an Heimkindern kamen angeblich nur selten vor. Das sieht aber anders aus. Die Studie[1] nennt es „ein Versäumnis des Runden Tisches Heimkinder“ und fragt, „warum es der RTH abgelehnt hat, sich mit diesem Thema näher zu befassen.“
Als pauschale Antwort bietet sich an, dass der Runde Tisch unter Vorsitz von Antje Vollmer offensichtlich bemüht war, die Verantwortlichkeiten nicht ausufern zu lassen. Die staatlichen und kirchlichen Heime und ihre Schwarze Pädagogik[2] konnte man schlecht aussparen, dafür aber deren finanzielle Risiken gering halten. Doch für die Medikamentation waren nicht nur die verabreichenden Mitarbeiter der Einrichtungen verantwortlich, sondern große Firmen, die in den Heimen Versuchsreihen starten konnten,[3] Versuchsreihen, die von Medizinern geplant wurden, deren Berufsbiographien in zahlreichen Fällen bruchlos in die Zeit zurückreichten, in denen sie für NS-Verbrechen verantwortlich waren.[4] – Damit hätte man die Pharma-Firmen belastet. Das wollte Frau Vollmer wohl nicht.
Auch im Falle der Zwangsarbeit[5] hat sie abgeblockt und damit heute noch bestehende und renommierte Firmen unter ihren Schutzmantel[6] genommen. [7] [8]
Mir fallen keine unverfänglichen tiefer schürfenden Antworten auf die Frage ein, warum es der RTH abgelehnt hat, sich mit diesen Themen näher zu befassen.
Die Sache mit den Medikamententests an nichteinwilligungsfähigen Personen ist leider ein aktuelles Thema geworden.[9]
Fußnoten
[1] http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-42079/04_Wagner_Heime.pdf
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Pädagogik
[3] https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/02/03/demenz-die-medikamente-dafuer-wurden-an-heimkindern-getestet/
[4] Die „Moderatorin“ des Runden Tisches, die den Begriff Zwangsarbeit nur für Nazi-Zwangsarbeit verwendet sehen wollte. Sie sah darüber hinweg, daß die „Arbeitstherapeuten“ in den Heimen vielfach ehemalige SA-Leute und die Gutachter einschlägig belastet waren. In den Heimen – kirchlich wie staatlich – hatten wir die Fortsetzung des Nazi-Systems. Frau Vollmer in ihrer grün-christlichen Bigotterie hat das nicht bekümmert. Sie sprach zwar von erzwungener Arbeit, bat jedoch die Profiteure nicht zur Kasse und sah völlig darüber hinweg, daß es Zwangsarbeit nicht nur für Jugendliche gab, sondern auch für Kinder. https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/06/17/zwangsarbeit-in-ost-und-west-was-sind-die-unterschiede/
[5] https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/05/05/zwangsarbeit-nicht-nur-fur-ikea/
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Schutzmantelmadonna
[7] Die Zwangsarbeit. Eine geringe Pauschalentschädigung als Rentenersatz gibt es, anders als in Irland, bei uns nur für Jugendliche, die Zwangsarbeit leisten mußten, wobei der Begriff Zwangsarbeit peinlichst vermieden wird. Es gibt keine Lohnnachzahlung, weder von den kirchlichen, noch von den staatlichen Einrichtungen, die von der Zwangsarbeit profitiert haben. Auch nicht von der Privatwirtschaft, die gut an den Kindern verdient hat. Es schien wohl nicht opportun, die Betriebe, darunter Firmen mit großer Bedeutung, zwangszuverpflichten. Zwangsarbeit ja, Zwangsentschädigung nein.
Und für die Zwangsarbeit von Kindern gibt es GAR NICHTS. https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/07/09/er-ist-ein-priester-du-must-ihm-gehorchen/
[8] Antje Vollmer, Moderatorin des westdeutschen Runden Tisches für ehemalige Heimkinder, mied wie der Teufel das Weihwasser die Anwendung des Begriffs Zwangsarbeit auf die Ausbeutung der ehemaligen Heimkinder (West!) durch respektable Industriebetriebe und einzelne Bauern. Sie wollte den Begriff ausschließlich für die Zwangsarbeit für Nazi-Deutschland gelten lassen. Und so tauchten weder der Begriff noch der Sachverhalt im Abschlußbericht des Runden Tisches auf. Die Nutznießer der Zwangsarbeit wurden nicht nur nicht am Fonds beteiligt, sondern blieben unerwähnt. https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/09/29/zwangsarbeit-ost-und-zwangsarbeit-west/
[9] https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/05/25/medikamententests-und-nicht-einwilligungsfaehige-personen-ein-ideales-menschenmaterial/
Aus dem Nähkästchen plaudern? Nein, das tut er nicht, kann aber viel aufzählen zum Vertrauen im Arzt-Patienten-Verhältnis.
»Das Vertrauen, das die Bundesärztekammer postuliert wie eine geschuldete Vorleistung auf Heilung, unterscheidet sich in Nichts von dem Vertrauen, das Priester von Ihnen fordern, bevor sie Ihnen eine Befreiung von der „Erbsünde“ in Aussicht und Rechnung stellen. Im Krankheitssystem, liebe Patienten, besteht die Erbsünde in der bloßen Tatsache, dass Sie leben, vergehen und sterben.«[1]
»Das „Arzt-Patienten-Verhältnis“ … ist, nach Ansicht des Hartmannbundes und des Großen Senats, derart bestimmt von innig-einseitigem Vertrauen, dass jede Analogie zu schnöden Marktverhältnissen abwegig sei. Mag sie gelten für Ingenieure, den TÜV, Seilbahnunternehmen und Luftverkehrsgesellschaften, für wen auch immer –nicht aber für leibhaftige Vertragsärzte! Der Unterschied zwischen einem Rechtsanwalt und einem Kassenarzt ist, dass der Kunde den Arzt notgedrungen liebt, den Rechtsanwalt naturgesetzlich hasst. Und sind wir nicht alle in der Hand des Hippokrates?«
Vergnüglich und bedrückend zugleich zu lesen. Doch so ist sie, unsere Gesellschaft. Auch wir, die wir gern korrumpierbar wären, aber leider nicht so einen hohen korruptiven Marktwert haben.
[1] Alle Zitate aus http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-08/aerzte-bestechung-korruption-pharmaindustrie/komplettansicht
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