Dierk Schaefers Blog

Für die Justiz ist es frustrierend, wenn Einigungen außerhalb des Rechts getroffen werden.

Posted in Gesellschaft, Justiz, Kirche, Religion, Uncategorized by dierkschaefer on 1. Dezember 2015

Wer „Die Richter Gottes – Die geheimen Prozesse der Kirche“[1] gesehen hat, muss diese Einschätzung, nur frustrierend, für pure Untertreibung halten.[2] Der Umgang der – in diesem Fall – katholischen Kirche ist empörend. Sie entzieht wie dokumentiert einen Straftäter der Justiz des Staates. Ein vielfacher Missbraucher kommt glimpflich davon.

„Ehrengerichte“ und Schiedsgerichtsbarkeit gibt es auch in anderen Branchen und Bereichen. Für Beamte ist fallweise ein Disziplinarverfahren mit Konsequenzen verbunden, die gravierender sind als das Urteil im vorausgegangenen Gerichtsprozess.

Man muss also genauer hinschauen. »Es gebe keine Gründe von Verfassungsrang, die ein „globales Verbot“ von religiöser Schiedsgerichtsbarkeit rechtfertigten. Vielmehr sei im Einzelfall darzulegen, dass tatsächlich Strafgesetze verletzt oder Grundrechte negiert würden. Oder es müsse nachgewiesen werden, dass Betroffene sich nicht wirklich freiwillig einem geistlichen Gericht unterworfen hätten.«[3]

 

Bleiben wir zunächst beim ersten Teil der Aussage. Kirchliche Gerichtsbarkeit ist grundgesetzlich pauschal verankert: Art. 137, (3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Da steht nichts von der Mitwirkungspflicht bei staatlich erforderlicher Strafverfolgung. Missbrauch ist allerdings ein „Offizialdelikt“[4]. Bewegen sich die „Richter Gottes“ in diesem Fall noch innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes? Eine Anzeigepflicht gibt es für solche Fälle nicht.[5] Allerdings sollte eine Körperschaft öffentlichen Rechts sich nicht der Strafvereitelung[6] schuldig machen. Hier sind Konsequenzen erforderlich. Doch wo bleibt der Ankläger?

 

Der fehlt auch beim Thema der Freiwilligkeit, sich einem kirchlichen Gerichtsverfahren zu stellen. Der Fernsehbeitrag über die Richter Gottes arbeitet mit zwei gegensätzlichen Fallgruppen. Einerseits das Vertuschungsverfahren zum Schutz des Ansehens der Kirche, der auch ein Schutz des Täters ist. Andererseits werden die Verfahren gezeigt, denen sich kirchlich Bedienstete unterwerfen. Sie leben im Konkubinat, einer kirchlich nicht anerkannten Ehe. Dies führt zur Kündigung, es sei denn, die erste erste Ehe wird „annulliert“, für nicht stattgefunden erklärt. Dafür gibt es ein umfangreiches Verfahren vor dem Kirchengericht, bei dem die Antragsteller sich auch hochnotpeinlichen Fragen stellen müssen, Fragen auch, die bei einem weltlichen Gericht nicht zugelassen wären. Gewiss, sie selber haben das Verfahren beantragt. Doch war das freiwillig? Ihr Job hängt davon ab. Der Job ist häufig einer, in dem die Kirche am Markt übergroß vertreten ist, also Marktmacht hat. Finanziert werden diese Jobs allerdings überwiegend mit öffentlichen Geldern, dazu zähle ich auch Gelder von Krankenversicherungen.

Mir fehlt in beiden Fällen der öffentliche Aufschrei vonseiten der im Staat Verantwortlichen, und die Konsequenzen, die zu ziehen sind, wenn man Parallelwelten wenigstens rechtlich in die Welt unseres Grundgesetzes einbinden will.

An anderer, vergleichbarer Stelle haben wir einen solchen Aufschrei. Da geht es um die Parallelwelt islamischen Rechts. Es geht um „Friedensrichter“ auch „Scharia-Richter“ genannt. »Für die Justiz ist es frustrierend, wenn Einigungen außerhalb des Rechts getroffen werden. …islamische Paralleljustiz [gefährde] unseren Rechtsstaat«[7]. »In den meisten deutschen Großstädten seien einzelne Stadtviertel „dem Rechts- und Gewaltmonopol des Staates schon abhanden gekommen“«[8] heißt es in Blick auf die Vermittler nach muslimischem Recht.

Ja, da werden Täter der Strafjustiz entzogen[9], was ja auch nicht haltbar sein sollte. Ohne dieser Paralleljustiz das Wort reden zu wollen: In unserem Rechtssystem spielt das Opfer einer Straftat nur die Rolle des Zeugen. Es wird vom Gericht gebraucht und benutzt, um den Strafanspruch des Staates durchzusetzen. Es mag sein, dass ein Urteil das Rechtsempfinden auch des Opfers befriedet, vielleicht sogar Rachegedanken befriedigt. Doch ansonsten geht es leer aus: Täter im Knast, Opfer allein auf sich gestellt.

Das sieht bei den Friedensrichtern anders aus: »dann kommt es dazu, dass in der Regel eine Kompensation bezahlt wird, zwischen Zehn- bis Vierzigtausend Euro, je nach Schwere der Verletzung – da gibt es richtige Taxen in diesem Markt. Und dann ist die Geschäftsgrundlage aller dieser Schlichtungen, dass das Opfer seine Aussagen im weiteren Verlauf des Prozesses, insbesondere in der Hauptverhandlung, entweder nicht wiederholt, sich nicht erinnern kann, oder aber Verletzungen bagatellisiert.«[10]

 

Wer Paralleljustiz beseitigen will, sollte auch den Opfern geben, was ihnen zusteht. Die muslimische Justiz scheint mir in diesem Punkt menschlicher als die der katholischen Kirche.

 

 

[1] http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Die-Story-im-Ersten-Richter-Gottes-Die/Das-Erste/Video?documentId=31942350&bcastId=799280

[2] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-05/friedensrichter-islam-justiz/komplettansicht

[3] https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/2012/okt/PM_Muslimische_Friedensrichter_lassen_sich_nicht_verbieten.html

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Offizialdelikt_%28Deutschland%29

[5] Anzeigepflicht bezeichnet … die Pflicht zur Anzeige von bestimmten Verbrechen …. Nach § 138 StGB kann bestraft werden, wer von dem Vorhaben oder der Ausführung von Landesverrat, Mord, Totschlag, Raub und Menschenraub oder eines gemeingefährlichen Verbrechens glaubhaft Kenntnis hat und dies nicht anzeigt. Diese Kenntnis muss zu einer Zeit erfolgt sein, in der die Verhütung des Verbrechens möglich ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Anzeigepflicht

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Strafvereitelung

[7] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-05/friedensrichter-islam-justiz/komplettansicht

[8] http://www.fnp.de/rhein-main/Muslimische-Friedensrichter-unterlaufen-Hessens-Justiz;art801,828049

[9] http://www.deutschlandfunk.de/muslimische-friedensrichter-zwischen-scharia-und-deutschem.1310.de.html?dram:article_id=194485

[10] http://www.deutschlandfunk.de/muslimische-friedensrichter-zwischen-scharia-und-deutschem.1310.de.html?dram:article_id=194485

„Schnelle Entschädigung für ehemalige Heimkinder mit Behinderung nötig“

Posted in Kinderrechte, Politik by dierkschaefer on 11. März 2015

Da ist schon einmal das Wort Entschädigung falsch. Denn die gibt es nicht, auch nicht für ehemalige Heimkinder, die ohne Behinderung von ihren kirchlichen und staatlichen Erziehern fürs Leben behindert wurden.

Was ist noch falsch? Die Piraten haben die Forderung erhoben[1]. Piraten, das ist so, wie wenn es die LINKE gefordert hätte. Das ist für die ehrenwerten anderen Interessenvertreter, äh, die Vertreter anderer Interessen im Bundestag – na ja, was ist das schon?!

Das kann ja nix werden.

[1] http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/31290/Schnelle-Entsch%C3%A4digung-f%C3%BCr-ehemalige-Heimkinder-mit-Behinderung-n%C3%B6tig.htm

Das „zweite Verbrechen“ der Kirche: Vertuschung

Posted in Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 26. Januar 2015

»Das lange Vertuschen des Skandals nannte Matthias Katsch, Betroffener am Berliner Canisius-Kolleg, das „zweite Verbrechen“ der Kirche.«[1]

„Wenn ein Priester heiratet, entfernt ihn die Kirche sofort aus ihren Reihen. Wenn er ein kleines Kind missbraucht, darf er bleiben.“[2]

 

Wenn die Vertuschung das zweite Verbrechen der Kirche ist, welche Nummer bekommt dann ihr Betrug am Runden Tisch Heimerziehung?

1a!

[1] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/betroffene-missbrauchsskandale-werden-nur-schleppend-aufgearbeitet-a-1015112.html

[2] http://www.spiegel.de/panorama/missbrauch-in-der-katholische-kirche-experten-ueber-praevention-und-nulltoleranz-a-1014066.html

Seit 5 Jahren überfällig: Die Frage der ehemaligen Heimkinder mit Behinderung

Posted in Geschichte, heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Menschenrechte, Pädagogik, Politik by dierkschaefer on 3. Januar 2015

»Als Betroffener und Pressesprecher der AG JHH [Arbeitsgemeinschaft Johanna-Helenen-Heim in Volmarstein] bin ich sehr dankbar für die Rezension, weil sie unter Anderem auch das zum Ausdruck bringt, was von den Betroffenen in der Arbeitsgruppe empfunden wird und auch für ihre Zukunft befürchtet und dazu aufruft, was sich die Arbeitsgruppe JHH erhofft.

Auf dem Hintergrund dieses Buchinhaltes wirkt es besonders diskriminierend und diskreditierend, daß ehemalige behinderte misshandelte Kinder in der heutigen öffentlichen Diskussion weder in der politischen noch kirchenverbandlichen einbezogen werden. Diakonisches Werk, Evangelische Kirche Deutschland aber auch die Politiker/innen im Bund und Ländern beziehen diesen Personenkreis in ihre Überlegungen zur Rechtsfolgen und Entschädigungsgedanken nicht mit ein. Behinderte misshandelte ehemalige Kinder sind wieder die Benachteiligten, bei deren Problemlösung scheinbar auf die natürliche Lösung des Ablebens gesetzt wird«.[1]

[1] klaus dickneite said, on 22. März 2010 at 09:51 : https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/03/21/im-herzen-der-finsternis/

Ein Sendbrief an die Kirchengemeinden und ihre Pfarrer beiderlei Geschlechts

Posted in Kinderrechte, Kirche by dierkschaefer on 25. September 2014

Der Brief stammt von Uve Werner. Er ist hier im Originalwortlaut wiedergegeben.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Pfarrgenmeinderat,
sehr geehrtes Presbyterium,

am 8.September 2014, schrieb der Kath. Gemeindeleiter, Markus Widmer, von der schweizerischen kath. Pfarrei Gossau (Kanton Zürich), einem ehemaligen Heim-u.Verdingkind, siehe Link anbei.
Diesen Brief möchte ich zum Anlass nehmen, dass auch in Deutschland, katholische und evangelische Gemeinden und Pfarreien, dazu beitragen können, die Mauer, zwischen den Bistümern und Landeskirchen und den Ehemaligen Heimkindern, einzureissen!
Mauern stehen auch für Hürden, welche viele tausende ehemalige Heimkinder überwinden müssen, um z.B. aus dem Hilfsfond 10.000 Euro, für das damals erlittene Leid hinter Heimmauern, zu erhalten.
Schon das Antragsprocedere, sollte schnell und unbürokratisch von statten gehen, stattdessen aber wurden für viele ehemalige Heimkinder, neue unüberwindbare Mauern und Hürden errichtet.
Was Sie über den „Heimfond für ehemalige Heimkinder“ wissen, ist Ihnen von der Kirchenleitung mitgeteilt worden, oder Sie haben davon aus den Medien erfahren.
Aus vielen persönlichen Gesprächen aber weiss ich, dass oftmals die lokale Geistlichkeit, von dem Antragsverfahren herzlich wenig wissen.
Wahre und echte Betroffenheit herzustellen, ist und war immer das Anliegen vieler Heimkinder-Vereine-Beiräte, aber auch vieler einzelner Heimkinder!
In kaum einer Kirche vor Ort, ist das Schicksal tausender ehemaliger Heimkinder thematisiert worden, weder in Predigten, noch in örtlichen Pfarrgemeinderatssitzungen.
Grosse Gesten vom Papst, Bischöfen, oder vom EKD-Ratsvorsitzenden, waren zwar medienwirksam, aber lösten in den seltensten Fällen, wahre Betroffenheit bei den Gläubigen aus.
Ich schreibe Ihnen dies nicht, um Ihnen Vorhaltungen zu machen, sondern um wahre Betroffenheit herzustellen, da viele ehemalige Heimkinder in Ihrer Gemeinde leben. Diese hadern noch immer mit ihrem Schicksal, können mit niemandem darüber reden, oder leben ein Leben am Existenzminimum.
Meistens sind es ehemalige Heimkinder, welche des Lesen und Schreiben nicht mächtig sind, oder immer noch unter den gesundheitlichen Spätfolgen leiden (Zwangsmedikamentierung, Zwangssterilisierung…).

Von Flensburg bis München, von Aachen bis Berlin, Leibzig und Dresden, gab es in jeder Kirchengemeinde Heime, in denen, so will ich es mal ausdrücken, grosses Leid den Heimkinder zugefügt wurden und selbst geltendes Recht gebrochen wurde. Vom Verbrechen an die Menschlichkeit , oder gar gegen göttliche Gebote, dürfte mittlerweile unbestritten sein.

Ich möchte Sie dazu aufrufen, widmen Sie sich intensiv unserem Schicksal, unterstützen Sie vor Ort jegliche Aktion und Initiative, welche zu einer besseren Verständigung und Aufklärung beitragen kann.
Der Brief des schweizerischen Gemeindeleiters zeigt, wie durch kleine Gesten in einer kleinen Gemeinde, wir ehemaligen Heimkinder uns noch mehr solcher Zeichen wünschen.
Mögen Sie und mein Brief dazu beitragen, dass sich noch mehr Kirchengemeinden, sich dem Brief der schweizerischen Gemeinde anschliesen und zu Herzen gehen lassen.

Mit freundlichen Grüssen
Uwe Werner
Immelmannstr. 163
41069 Mönchengladbach
01522/3627521

https://www.facebook.com/wiedergutmachungsinitiative/photos/a.800694899959588.1073741828.773940375968374/901455803216830/?type=1

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/heimkind-gedemuetigt-und-missbraucht-aid-1.4522742

Ausgeliefert

Posted in Justiz, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 30. Juli 2014

»Die Staatsanwaltschaft Krefeld wirft einem deutschen Priester sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in 37 Fällen vor. Doch bislang weilte der Verdächtige in Südafrika. Nun wurde er ausgeliefert. Er hatte sich einst selbst angezeigt«[1].

[1] http://www.focus.de/politik/deutschland/vergriff-er-sich-an-vielen-kindern-missbrauch-suedafrika-liefert-deutschen-priester-aus_id_4027632.html

Tagged with: ,

Durch zweier Zeugen Mund wird allerwegs die Wahrheit kund

Posted in heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 29. Juli 2014

Durch zweier Zeugen Mund wird allerwegs die Wahrheit kund.[1]

Erst war es „nur” ein Missbrauchsfall[2], nun gibt es mehr davon.

»Mittlerweile sind Zeitzeugen auf Zanders Fall aufmerksam geworden. Darunter Michael Spreng, der von ähnlichen Erlebnissen wie Zander berichtet. Als Kind mit fünf oder sechs Jahren habe der Hausmeister „entsprechende Dinge“ mit ihm getan. Spreng sagt, er sei „auch noch von anderen Kinderheimkindern misshandelt“ worden. Der gelernte Bäckermeister aus Reutlingen betont, er sei froh, dass Zander „das ins Rollen gebracht hat“. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet auch Werner Hoeckh, ebenfalls ein ehemaliges Heimkind. Er will wie Zander die Brüdergemeinde verklagen.«[3]

Den frommen Brüdern in Korntal sei mit Matthäus 18,20 zugerufen: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.

In Vers 6 im selben Kapitel steht übrigens: Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist.

 

Ist doch alles verjährt.

[1] Johann Wolfgang von Goethe, »Faust I«

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/tag/evangelische-brudergemeinde-korntal/ und https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/15/noch-einmal-ins-fromme-korntal/

[3] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/ehemalige-heimkinder-der-korntaler-bruedergemeinde-missbrauchsvorwuerfe-weiten-sich-aus/-/id=1622/nid=1622/did=13878868/1s229cw/

Wer will ins Heim, ins Altenheim vom Stephansstift?

Posted in Geschichte, heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 14. Juli 2014

Wie sich die Zeiten ändern.

In meiner Kindheit war die Drohung Sonst kommst du ins Stephansstift wirksamer als der Rohrstock meiner Mutter.

Nun rückt meine Generation ins Altenheimalter vor und will selber ins Stephansstift. Interessenten soll’s schon geben für freie Kost, Logis im Einzelzimmer und Pflege, bei Eigenbehalt von Renten und ähnlichen Besitzständen. Lediglich das Pflegegeld, sofern man eine Pflegestufe hat oder haben wird, geht an das Heim. Man muß allerdings die Qualitäten des Stephansstifts in Hannover schon in Kindheit oder Jugend schätzen gelernt haben, sonst weiß man ja nicht, worauf man sich einlässt.

Doch ich will niemanden den Mund wässerig machen. Das ist kein Angebot vom Stephansstift, sondern eine Forderung ehemaliger Insassen.[1] Wie gesagt, Interessenten gibt es schon.

Ob alle Jungen im Stephansstift mißbraucht worden seien, fragte ich einmal einen Ehemaligen. Nein, das nun nicht, sagte er, doch viele schon.

 

Gehen wir weiter in der Zeit zurück.

Stephanus[2] war nach der Apostelgeschichte nicht nur einer der ersten sieben Diakone, sondern der erste christliche Märtyrer überhaupt. Es lohnt sich bei Wiki nachzulesen[3]. Besonders Saulus, der spätere Apostel Paulus spielt darin eine Täterrolle.

 

Zurück in die Gegenwart. Die Forderung der ehemaligen Heimkinder aus dem Stephansstift ist eigentlich eine großzügige Geste. Die Tätereinrichtung von damals kann sich „ehrlich machen“ und vom Saulus zum Paulus werden. Ein solches Angebot, das man eigentlich nicht ablehnen kann, ist bisher einmalig, so weit ich es sehe. Das Angebot wird wohl auch nur einmal gemacht werden. Im Unterschied zu den Angeboten aus der Mafia kommt es aus der Position der Handlungsschwäche, aber einer moralischen Stärke. Ob das ausreicht? Jemanden bei der Ehre packen, setzt voraus, daß er eine hat.

Nach meinen Erfahrungen haben zuweilen Einzelpersonen Ehre, Institutionen wie Kirchen, Parteien und Großkonzerne haben Interessen.

 

[1] http://ekronschnabel.wordpress.com

[2] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/5827684773/in/photolist-6QvnuR-6Qzut3-6QzPcU-fzGJqc-fzGN2M-fzGLic-9SYpDF

[3] http://de.wikipedia.org/wiki/St._Stephanus

Entwaffnend

Posted in heimkinder, Justiz, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität by dierkschaefer on 4. Juli 2014

Entwaffnend

Die Evangelische Brüdergemeinde Korntal scheint nicht nur auf die Verjährungseinrede zu setzen, »sondern beantragte im weiteren Verlauf zudem, Sailers Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen«.[1]

Unsere Pietisten sind anscheinend doch nicht so sprachlos wie angenommen[2].

 

[1] http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bruedergemeinde-korntal-klaeger-haelt-an-meisten-forderungen-fest.ea7448df-0004-4675-be22-8b39f7374bc8.html

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/03/unsere-pietisten-sie-schamen-sich-und-sind-sprachlos/

Sex-and-crime im Kloster

Posted in Gesellschaft, Kirche, Kriminalität, Menschenrechte, Psychologie, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 23. April 2014

Sex-and-crime im Kloster, besonders Sex,  kennt man aus der Literatur und aus manchen moritatenhaften Erzählungen.

Doch kürzlich hat ein Kirchenhistoriker eine echte Begebenheit darüber im Vatikan ausgegraben[1], die war deftig, aber aus dem vorvorigen Jahrhundert.

Aktueller sind sex-and-crime-Berichte aus dem Kloster Mehrerau[2].

Und nun gibt es einen Bericht aus dem Kloster Thalbach, wie Mehrerau auch im schönen Vorarlberger Land beim Bodensee gelegen[3]. Wenn dahinter nicht Einzelschicksale ständen, könnte man sich gelangweilt abwenden und zu einem Klassiker des Schauerromans greifen: Matthew Gregory Lewis, Der Mönch[4].

Doch der Orden „Das Werk“ ist keine Fiktion. Kaum jemand kennt die kleine Gruppierung, selbst katholische Religionswissenschaftler müssen erst nachschlagen, obwohl diese Gemeinschaft an einflussreichen Stellen im Vatikan vertreten ist und mächtige Freunde in der Kurie hat, bis hin zu Päpsten wie Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Es ist eine Gemeinschaft, in der ein System aus religiösem Wahn herrscht, aus Überwachung und Unterdrückung. Willkommen in der Geistlichen Familie Das Werk[5] oder auch Familia Spiritualis Opus, kurz FSO. … Papst Johannes Paul II. erhob das 1938 gegründete Werk 2001 zu einer „Familie des geweihten Lebens“. Er machte die Brüder, Schwestern und Priester damit auch institutionell zu einem Teil der Katholischen Kirche und unterstellte sie seinem direkten Befehl. Auch Papst Benedikt XVI. pflegte enge Beziehungen zum Werk. Sein Bruder Georg besucht den Orden häufig. Ratzingers Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, gilt als Unterstützer des Hauses, genauso wie Joachim Kardinal Meisner, der gerade als Erzbischof von Köln zurückgetreten ist. Der verschwenderische Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist ebenfalls ein Förderer, seit 2013 residieren drei Schwestern von Das Werk in Limburg als Domschwestern.[3]

Wenn ich lese, welcher strengen Disziplin sich die Angehörigen der Gemeinschaft unterwerfen müssen, wie sie abgeschottet werden von den Personen, die bisher für sie bedeutsam waren, wie sie gehindert werden, untereinander Freundschaft zu schließen und welcher Gedankenkontrolle sie unterworfen werden, dann kommt mir die Scientology in den Sinn.[6] Es ist schwer, aus solchen Parallelwelten auszubrechen. Das ist die Komponente, die ich als Psychologe wie auch als Theologe verstehe. Was ich nur als Psychologe verstehen kann, ist der Mißbrauch von Schutzbefohlenen und die Vertuschung, um die Organisation zu schützen. Dies läßt das Kloster als kriminelle Vereinigung erscheinen und hat nun überhaupt nichts mehr mit Theologie und Christentum zu tun, selbst wenn hochrangige Vertreter der Kirche als Sponsoren fungieren. Doch das sind ja die üblichen Verdächtigen.

 

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/03/12/das-konklave-und-die-nonnen-von-santambrogio/

[2] https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2014/03/der-prozess-gegen-das-kloster-mehrerau.pdf

[3] http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-04/katholische-kirche-das-werk-fso/komplettansicht

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Matthew_Gregory_Lewis#The_Monk.2C_Inhalt

[5] http://www.daswerk-fso.org/deutsch/ ß

[6] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/09/02/gefangen-in-der-parallelwelt/