Untersuchungsausschuss gefordert
Gefordert wird ein Untersuchungsausschuss zur Gewalt an Heimkindern in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie während des Zeitraums 1950 bis 1975[1]
Wird es ihn geben? Wie frei wäre er in der Beweiswürdigung?
Die Fragen sind nicht unberechtigt angesichts
- der Geschichte des Runden Tisches/Heimkinder,
- seiner Vorgeschichte und Installierung,
- seiner Arbeitsphase,
- seiner Ergebnisse und
- deren Umsetzung.
Der Runde Tisch/Heimkinder hatte einen vergleichbaren Untersuchungsgegenstand. Darum haben sich schon in frühem Stadium auch ehemalige Heimkinder aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie an den Runden Tisch gewendet. Doch der erklärte sich für diese Betroffenengruppe nicht zuständig, also blieben sie außen vor. Dies betraf und betrifft logischerweise auch den Fonds, der als Ergebnis des Rundes Tisches eingerichtet wurde, finanziert – zumindest nach Plan – zu je einem Drittel vom Staat (wer auch immer in unserem abgestuft föderalen System dafür erfolgreich anzusprechen ist,) und den beiden Großkirchen, die eine ähnlich föderale Struktur haben, zusätzlich zu den Unterschieden zwischen den „verfaßten“ Kirchen und ihren Wohlfahrtseinrichtungen.
Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuß ist berechtigt, weil es wichtig ist zu erfahren, warum gerade die schwächsten der ehemaligen Heimkinder, die aus Behindertenheimen und psychiatrischen Einrichtungen übergangen wurden, war doch bei ihnen eine besondere Schutzbedürftigkeit anzunehmen. Die Ausnutzung dieser besonders Hilfebedürftigen stellt eine noch dringendere Untersuchungsnotwendigkeit dar, als die der Behandlung der Schutzbefohlenen aus den Erziehungsheimen, die allerdings auch im höchsten Grad verwerflich war. Das mindeste wäre gewesen, beide Gruppen gleich zu behandeln. Diese Ungleichbehandlung ist an sich schon unverständlich und bedarf der Aufklärung. Der Handlungsbedarf ist umso dringender angesichts der Nichtdiskriminierungsrichtlinien nach UN- und EU-Recht[2].
Doch nicht genug damit. Wenden sich ehemalige Heimkinder aus den Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie während des Zeitraums 1950 bis 1975 an „ihre“ Einrichtung, so werden sie abgewiesen mit der Begründung, man habe ja bereits in den Heimkinderfonds einbezahlt, der sei zuständig – was dieser ablehnt. Ich beziehe mich hier auf das Beispiel der früheren Volmarsteiner Anstalten[3]. Ein Untersuchungsausschuß müßte sich also auch um die Geldflüsse kümmern, die angeblich zugunsten dieser Betroffenengruppe geleistet und wohl fehlgeleitet wurden[4].
Eine weitere Unklarheit besteht hinsichtlich der Vorkommnisse sexuellen Mißbrauchs von Kindern. Dafür gab es einen eigenen Runden Tisch mit anderen Ergebnissen. Mir ist bis heute nicht klar, ob ehemalige Heimkinder, die nicht nur mißhandelt usw., sondern auch mißbraucht wurden, Leistungen aus beiden Fonds erhalten können, die Ergebnis beider Runder Tische waren. Da es auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie neben vielfachen Mißhandlungen fallweise auch sexuellen Mißbrauch gab, wäre es sinnvoll, es hier nicht zu einem weiteren Beispiel unterschiedlicher Opferdignitäten kommen zu lassen.
Der Runde Tisch/Heimkinder hat mit dem Fonds erklärtermaßen kein Recht geschaffen, kein einklagbares Anrecht auf irgendwelche Leistungsansprüche. Folgerichtig wurden die Leistungen aus dem Fonds zunächst auch als erklärungspflichtiges Einkommen der Empfänger angesehen. Inwieweit die auf Bundesebene politisch gewünschte Nicht-Anrechenbarkeit auf allgemeine Sozialleistungen von allen Sozialämtern respektiert wird, ist mir nicht bekannt.
Verbunden mit den Leistungen aus dem Fonds sollten, zumindest in der Anfangszeit der Antragstellungen, auch Verzichterklärungen auf sonstige Leistungen in dieser Sache, egal von wem, unterzeichnet werden. Wenn nun ein Untersuchungsausschuß für die bisher nicht eingeplanten ehemaligen Heimkinder gefordert wird, so sollte das nicht auf Gleichstellung im Unrecht hinauslaufen, eine Gleichstellung im rechtsfreien Raum, der frei bleibt von rechtlichen Ansprüchen der Opfer. Der Untersuchungsausschuß sollte sich auch mit den staatlichen Zuständigkeiten für die Zustände in kirchlichen Einrichtungen für Kinder befassen, wie sie vom EuGH im Verfahren gegen Irland definiert wurden. [5]
Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuß ist allemal gut begründet und er sollte seine Effektivität darin erweisen, daß er die Fehler, die am Runden Tisch Heimkinder sehenden Auges[6] und wie ich meine absichtlich gemacht wurden, vermeidet und Recht schafft.
Anhang
Zur Erinnerung und Vertiefung seien hier noch einmal die Vorgeschichte, die Geschichte und die Nachgeschichte des Runden Tisches skizziert und in diesem Zusammenhang auf die Aufgaben des gewünschten Untersuchungsausschusses hingewiesen.
1. Die Vorgeschichte
Auf die Gewalt an Heimkindern in kirchlichen wie staatlichen Erziehungsheimen muß nicht weiter eingegangen werden. Hier hat der Runde Tisch hinreichend Material zusammentragen lassen und es gibt auch wissenschaftliche Veröffentlichungen, die belegen, daß die Klagen der ehemaligen Heimkinder aus diesen Einrichtungen die Zustände realistisch wiedergeben:
- Einweisungen ohne korrekte rechtliche Grundlage,
- Zwangsarbeit[7],
- persönlichkeitszerstörende Demütigungen,
- Mißhandlungen und
- sexueller Mißbrauch
… waren in den untersuchten Heimen nicht ungewöhnlich, in manchen alltäglich. Durchgängig war das Vorenthalten von Bildungsangeboten, die die Kinder befähigt hätten, anspruchsvollere Berufe mit Zukunftsperspektive zu ergreifen. Dies alles gehört nur darum hierher, weil die Bedingungen für die Insassen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie während des Zeitraums 1950 bis 1975 nicht besser waren. Beispielhaft sei hier auf die Volmarstein-Untersuchung verwiesen[8].
Man darf erwarten, daß eine Untersuchung ähnlicher Einrichtungen zu ähnlichen Ergebnissen kommen wird. Dies wäre die erste Aufgabe des Ausschusses. Am Runden Tisch wie auch in der Nachgeschichte mit dem Fonds für ehemalige Heimkinder fanden diese Einrichtungen keine Berücksichtigung, nicht einmal Erwähnung. Vom Runden Tisch wurde recht rüde mitgeteilt, man sei für diese Gruppe nicht zuständig. Dabei blieb es bis heute. Das gleiche gilt, und sei der Vollständigkeit halber angefügt, für Säuglingsheime.
2. Die Geschichte des Runden Tisches …
… ist insofern heranzuziehen, als sich eine solche nicht wiederholen darf, nun für die bisher vernachlässigten Heimkindergruppen. Nach erfolgreicher Petition der ehemaligen Heimkinder aus den Erziehungsheimen[9] setzte der Bundestag den Runden Tisch unter der Leitung von Frau Vollmer ein. Frau von der Leyen, die damalige Familienministerin ließ jedoch verlauten: „Die Einrichtung eines nationalen Entschädigungsfonds wird von Bundestag und Bundesregierung nicht angestrebt.[10] Diesen Teil der Geschichte habe ich in meiner Anhörung am Runden Tisch am 2. April 2009[11] ausführlich dargestellt und auf weitere „Geburtsfehler“ verwiesen, so besonders die asymmetrische Machtverteilung am Runden Tisch, die vonseiten der Leitung wie der Mehrheit nie als Problem angesprochen, geschweige denn kompensiert wurde. So wurde der Runde Tisch zum Lehrstück, wie man schwächere Partner übertölpelt. Das Ergebnis war eine erzwungene Einstimmigkeit mit allen Tricks, die einer gewieften Verfahrensleiterin zur Verfügung stehen. Ich habe diesen Teil der Geschichte analysiert und interpretiert[12]. Ein Untersuchungsausschuß wird – denke ich – um eine gründliche Beachtung dieser Vorgänge nicht umhinkommen können.
3. Die Nachgeschichte …
… ist noch nicht abgeschlossen und ich kann auf diverse aktuelle Veröffentlichungen in den Medien verweisen, aber auch auf meinen Blog, der diese Probleme immer wieder aufgreift.[13] Zur Nachgeschichte gehört aber auch, daß (angeblich) Behinderteneinrichtungen den Fonds Heimkinder gespeist haben, obwohl dieser nicht für diese Gruppe vorgesehen war, und folgerichtig ist man dort auch nicht bereit, Zahlungen zu leisten. Meine Anfrage an die Volmarsteiner Anstalten[14] blieb bis heute ohne Antwort. Auch deren ehemaligen Insassen wurde auf gleiche Anfrage keine Antwort zuteil[15].
Nun also die Bitte nach einem Untersuchungsausschuß für die Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie während der Jahre 1950 bis 1975. Hoffentlich kommt er und hoffentlich kann er freigehalten werden von allem Ränkespiel der Einrichtungen, die ihn zu fürchten haben.
[1]http://www.bioskop-forum.de/publikationen/newsletter-behindertenpolitik.html
Der Antragstext: „Der Deutsche Bundestag möge einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einrichten, der
Erstens: die Gewalt an Heimkindern in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie während des Zeitraums 1950 bis 1975 untersucht.
Zweitens: die gesetzlichen Bestimmungen der 30jährigen Verjährung in den Fällen aufhebt, in denen Heimmitarbeiter gegen internationale Vereinbarungen verstoßen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.“
[2] http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf http://www.behindertenbeauftragte.de/DE/Themen/Internationales/EU/EU_node.html
[3] Heute „Die Evangelische Stiftung Volmarstein“ http://www.esv.de/
[4] Siehe auch unten Punkt 3. Die Nachgeschichte
[5] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/02/09/das-durfte-aufsehen-erregen/ http://www.wdr5.de/sendungen/diesseitsvoneden/missbrauchirland100.html
[6] Ich habe in einer Anhörung bei der zweiten Sitzung des Runden Tisches alle Problembereiche behandelt und anschließend zu Protokoll gegeben https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/runder-tisch-bericht-ds.pdf , zudem habe ich Verfahrensvorschläge unterbreitet, die zu einem angemessenen Ergebnis geführt hätten, wenn man denn gewollt hätte: https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/verfahrensvorschlage-rt.pdf , erneut aufgegriffen unter: https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/08/27/losungsvorschlage-von-dr-wiegand/
[7] Ein Begriff, der am Runden Tisch nicht zugelassen war, doch der Tatsache, daß erzwungene Arbeit, über normale Mithilfe im Heimalltag hinausging hatte auch die Vorsitzende als richtig anerkannt. Kompensationszahlungen für entgangene Rentenansprüche werden jedoch erst für Zwangsarbeit ab dem 14. Lebensjahr gewährt, obwohl es auch nachgewiesenermaßen Kinderarbeit gegeben hat.
[8] Hans-Walter Schmuhl und Ulrike Winkler, Gewalt in der Körperbehindertenhilfe, Das Johanna-Helenen-Heim in Volmarstein von 1947 bis 1967 eine Besprechung unter: https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/03/21/im-herzen-der-finsternis/
[9] http://www.veh-ev.eu/Der_Verein/Petition/Petition_des_Vereins_ehemaliger_Heimkinder.pdf
[10] Zitiert nach: https://dierkschaefer.files.wordpress.com/2009/04/runder-tisch-bericht-ds.pdf
[11] https://dierkschaefer.wordpress.com/2009/04/05/anhorung-runder-tisch-2-april-2009/
[13] https://dierkschaefer.wordpress.com
[14] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/11/21/volmarsteiner-anstalten-und-ihr-finanzbeitrag/
Der Folterbericht des #Vatikan
Der Folterbericht des #Vatikan
Zwei Dinge sind daran bemerkenswert.
- Der Bericht[1] erfolgt für den Vatikanstaat, nicht für die Weltkirche. Damit sind weltweite Mißhandlungen und sexueller Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen nicht Gegenstand des Berichts.
- Der Vatikan ließ sich 11 Jahre Zeit mit seinem Bericht. Man darf spekulieren. Wollte der Vatikan auf subtile Weise an das Sprichwort anknüpfen, nach dem Gott Mühlen langsam mahlen, aber sicher? Dann wissen wir jetzt, daß der Vatikan tatsächlich nach göttlicher Ordnung funktioniert. Doch wer hätte das auch bezweifelt?
[1] http://www.kathpress.at/site/nachrichten/database/61782.html
verstörend gemalte gequälte Kinder
»Längst gehören seine mit irritierender Akkuratesse gemalten Bilder zum Fundus der Populär- wie der Hochkultur. Und dennoch sind sie auch heute noch gleich in mehrfacher Hinsicht ein Skandal, ein Aufreger und ein Tabubruch: Seit den frühen 1970er Jahren thematisiert der Künstler Gottfried Helnwein in seinem Bildern immer wieder geschändete, missbrauchte und verletzte Kinder und macht damit schon früh aufmerksam auf ein Tabuthema, das man damals schlichtweg nicht wahrnahm – oder es nicht wahrhaben wollte.«
(Joachim Kurz)
Nun kommt ein Dokumentarfilm über Helnwein in (hoffentlich viele) Kinos.
Originaltitel: Die Stille der Unschuld, Kinostart: 17.06.2010.
Ich kommentierte den Trailer (http://www.kino-zeit.de/filme/trailer/der-kunstler-gottfried-helnwein) mit den Worten: » Seit langem beschäftige ich mich mit dem Schicksal von ehemaligen Heimkindern. Viel früher bereits stieß ich auf die Bilder von Gottfried Helnwein mit den verstörend gemalten gequälten Kindern, verstörend, weil so irreal wirkend. Der Künstler schafft mit seinen albtraumartigen Bildern die Verbindung mit der albtraumhaften Realität: Einerseits mit den auch mir bekannten Bildern von zu Tode gequälten Kindern aus der Gerichtsmedizin, andererseits die Verbindung mit den mir vorliegenden Berichten gequälter ehemaliger Heimkinder. Der Film wird wohl leider nicht in unsere finstere Provinz kommen. Hier läuft (fast) nur Mainstream. Wann gibt’s den Film auf DVD?«
Wer interessiert ist, lese den Kommentar »Annäherung an einen „schwierigen“ Künstler« von Joachim Kurz:
http://www.kino-zeit.de/filme/der-kunstler-gottfried-helnwein#comment
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Ehemalige Heimkinder im Wiener Parlament!
Ehemalige Heimkinder im Wiener Parlament!
Zwar war es nur das Gebäude des österreichischen Parlaments, in das ehemalige Heimkinder am 5. März 2010 eingeladen hatten.
Doch das hatte einen mehrfach symbolischen Charakter.
Zum einen galt die Veranstaltung jenem Jenö Alpár Molnár, der dem österreichischen Staat zu verdanken hat, daß seine Herkunft verschleiert blieb und er nach einer fürchterlichen Zeit in österreichischen Heimen ohne Papiere und damit auch ohne Staatsangehörigkeit auf der Straße stand. Zum anderen wurde durch das Schicksal von Herrn Molnár erstmals in Österreich, und dies sogar im Parlamentsgebäude öffentlich gemacht, wie es in den dortigen Heimen zuging. Nicht anders als in Deutschland: Kinder wurden gedemütigt, mißhandelt und manche auch mißbraucht. Es fehlte an Bildungsangeboten und als Lehrberufe kamen nur solche infrage, die für die Jugendämter, also für den Staat, nichts kosteten, das war vielfach die Bäckerlehre.
Zu Herrn Molnár verweise ich auf meine Rezension seines Buches hier im Blog:
https://dierkschaefer.wordpress.com/2010/02/18/geschichte-einer-geraubten-kindheit-rezension/
Das Podium im Budget-Saal des Parlaments war fachkundig besetzt und zur Überraschung der meisten entpuppte sich Prof. Dr. Bauer, Kommunikationswissenschaftler an der Wiener Universität als Heimkamerad von Herrn Molnár. Er war der lebendige Beweis dafür, daß Heimkinder sogar in Spitzenpositionen gelangen können, doch die Umwege zum Erfolg waren, wie Herr Bauer nicht ohne innere Bewegung vorbrachte, nicht „zielführend“, wie man heute sagt, denn sie führten durch Obdachlosigkeit und den Kampf ums nackte Überleben. Im Publikum saßen noch mehr Menschen, die Zeuge waren für die damals üblichen Menschenrechtsverletzungen in den Heimen.
Ich muß die Veranstaltung hier nicht ausführlich beschreiben, denn sie wurde komplett dokumentiert vom ORF, dem österreichischen Fernsehen, und von Peter Henselder, der seine Videoaufnahme ins Netz stellen wird. Sobald ich den Link habe, werde ich ihn hier einfügen.
Die Frage ist: Was wurde erreicht, was sind die nächsten Schritte?
Erreicht wurde, daß die Heimkinderdiskussion nun auch in Österreich angekommen ist. Im Unterschied zu Deutschland waren die meisten Heime in staatlicher Hand.
Dieser Staat muß nun seine Verantwortung erkennen und Entschädigung leisten – eine Klage ist auf dem Weg. Die österreichische Gesellschaft muß sich fragen (lassen), wie man angesichts der schuldhaften Verstrickung des Staates und dem eigenen damaligen Wegsehen nun Strukturen schafft, die einerseits den Familien helfen, ihrer erzieherischen Verantwortung gerecht zu werden, aber im Falle eines anhaltenden familiären Versagens Kindern und Jugendlichen so zu Hilfe kommt, daß sie in die Lage versetzt werden, erwachsen geworden ihr Leben zu „meistern“. Das wird der Staat nicht allein schultern können, sondern hier ist die Gesellschaft zur Mitwirkung aufgerufen, freundliche soziale Kontrolle zu leisten, Pflegschaften zu übernehmen, Lehrstellen zu bieten, Talente zu fördern und nicht zuletzt, den Aufwand über Steuern zu finanzieren. Das wird um so bereitwilliger geschehen, wenn wir endlich lernen, Ausgaben für Kinder und Jugendliche nicht als Unkosten zu begreifen, sondern als Investitionen, ein Lernfortschritt, den wir in Deutschland auch noch nicht erreicht haben.
Eigentlich wäre es ganz einfach. Am Wiener Parlament ist Artikel 1 der Menschenrechte eingemeißelt.
Problem ist nur, daß dieser repräsentative Eingang des Parlaments nicht mehr benutzt wird. Man betritt das Gebäude heutzutage ein Stockwerk tiefer, auf der Erdgeschoßebene. Also müßte das Menschenrecht im wahrsten Sinne des Wortes etwas tiefer gehängt werden, tief genug, daß man es lesen, tief genug aber auch, daß man nicht drunterdurch schlüpfen kann.
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