Dierk Schaefers Blog

Franziskus und die Schweizer Heimkinder

Posted in heimkinder, Kinderheime, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität, Menschenrechte, Parteien, Politik by dierkschaefer on 25. März 2015

Wenn die Symbolhandlung[1] Folgen hat, könnten sich vielleicht nicht nur die Schweizer Behörden bewegen, sondern auch die katholischen Orden, die sich bisher  ordentlich zurückgehalten haben in der Frage der Entschädigung beschädigter Kinderbiographien.

[1] http://www.derbund.ch/schweiz/standard/Papst-empfaengt-Schweizer-Missbrauchsopfer/story/11243712

Wenn das Lehramt auf den Prüfstand kommt

Posted in Gesellschaft, Kirche, Menschenrechte, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 18. Dezember 2013

Wenn das Lehramt auf den Prüfstand kommt

Worum geht es konkret?

Der Fragebogen zur Bischofssynode[1] 2014 fragt nach der Bindung der Sexualität an das Sakrament der Ehe. [2]

Das Schriftstück trägt die Bezeichnung DIE PASTORALEN HERAUSFORDERUNGEN DER FAMILIE IM KONTEXT DER EVANGELISIERUNG. Im evangelischen Dialekt wären das die seelsorgerlichen Herausforderungen, und evangelischerseits haben wir ja bereits mit dem Papier der EKD einen Denkanstoß erhalten, der Furore gemacht hat im Pro und Contra.

Interessant ist für mich als Theologen zunächst die unterschiedliche Herangehensweise beider Kirchen an das Thema. Denn die Evangelische Kirche hat – ganz ungewöhnlich – zwar nicht von oben herab dekretiert, so etwas geht bei uns nicht. Aber sie hat einen top-down-Prozeß eingeleitet und dafür Prügel bezogen. Die katholische Kirche startet – auch ganz ungewöhnlich – einen bottom-up-Prozeß. Sie hat damit selbstverständlich nicht das Lehramt auf den Prüfstand gestellt. Doch wird sie, wird der Papst die Meldungen von der Basis ignorieren können? Darum die Überschrift meines Blog-Beitrages.

Was in der Erzdiözese Köln an Ergebnissen zustande gekommen ist, war bereits in der Zeitung zu lesen: In vielen Bereichen stimmt die Meinung der Gläubigen nicht mit den kirchlichen Dogmen überein.

Nun liegen von Professorinnen und Professoren, vom Fach her allesamt Moraltheologen, gemeinsam Antworten auf die Fragen vor. Diese Antworten sind sachlich gehalten, zwar in einem fach-chinesisch, doch die Antworten sind nicht direkt für die Laien gedacht. Als Theologe tut man sich da leichter, trotz der evangelisch-katholischen Dialektunterschiede.

Als Quintessenz ist das Dokument als Konkursfeststellung der katholischen Sexuallehre zu verstehen. Die Professoren haben nicht nur die Fragen beantwortet, sondern auch die Aufforderung genutzt, um andere Herausforderungen und Vorschläge hinsichtlich der in diesem Fragebogen behandelten Themen, die nach Meinung der Befragten dringlich oder nützlich sein mögen zu nennen.

Sie schreiben:

„Wir schlagen ganz grundsätzlich eine Neubewertung der Thematik von Ehe und Familie vor, welche nicht von einer idealisierten Wirklichkeit ausgeht.“

An anderer Stelle: „Menschen, die im außerkirchlichen Bereich Pluralität positiv erfahren (beruflich, sozial und biographisch), empfinden es nicht als ausreichend, wenn ihnen die Kirche nur Zölibat und Ehe als legitime Lebensformen vorstellt. Im Licht des Evangeliums ist zu prüfen, ob nicht auch andere Lebensformen vom Verdikt der Sünde entlastet werden können.“[3]

Wie wird Rom, das „Lehramt“, darauf reagieren? Es ist ja nicht so, daß hier für verantwortungsfreie Sexualität argumentiert würde. Im Gegenteil: „Nur im Umstand, verletzlich bleiben zu können, ohne verletzt zu werden, zeigt sich das Glück der Intimität.“ Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Doch ich habe noch ein Gespräch in Erinnerung. In unserem katholisch-evangelisch zusammengesetzten Seminar hatten wir einen Weihbischof als Referenten. Ein Student warf ihm vor, was er, der Bischof, da erzähle, widerspreche doch jeder Realität. „Um so schlimmer für die Realität“, war seine Antwort.

Nun muß man beileibe nicht alle Realitäten hinnehmen, wie sie sind, oder gar gutheißen. Doch es liegt in der Verantwortung der Kirchen, ihre Gläubigen frei zu machen für ein ihren Mitmenschen gegenüber verantwortbares Leben, das ihre Wünsche und Nöte berücksichtigt.


[2] Hier eine Anmerkung für manche Leser meines Blogs mit der Erfahrung sexueller Übergriffe durch Mitarbeiter der Kirche, seien es Pfarrer oder Erzieher: Was Sie erlebt haben, war nicht die Normalität, weder statistisch, und schon gar nicht normgerecht. Darum ist es nicht unangemessen, wenn sich die Kirche mit Fragen von Sexualmoral und den Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens beschäftigt.