Dierk Schaefers Blog

„Aufrecht“ sterben – Fragen an den Gesundheitsminister –Zweite Runde, Präzisierungen

Posted in Deutschland, Ethik, Gesellschaft, Justiz, Moral, Politik, Psychologie, Recht, Religion, Seelsorge, Soziologie, Staat, Theologie, Tod by dierkschaefer on 2. April 2019

Die erste Runde war mein offener Brief an Gesundheitsminister Spahn[1] und die Antwort von Dr. Riehl „im Auftrag. [2]

Nun geht es in die zweite Runde, weil noch Fragen offengeblieben waren oder einfach übergangen wurden.

Also der nächste Offene Brief[3] – und die Antwort soll wieder hier im Blog erscheinen.

Sehr geehrter Herr Minister Spahn, sehr geehrter Herr Dr. Riehl,

es ist nicht vorwerfbar, wenn ein Ministerium rechtspositivistisch argumentiert. Allerdings wird hier ein höchstrichterliches Urteil ignoriert. Ich zitiere aus dem in meinem Offenen Brief[4] genannten Artikel: »Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März 2017 letztinstanzlich entschieden, dass Schwerkranke in einer unerträglichen Leidenssituation vom BfArM ausnahmsweise eine Erlaubnis zum Erwerb tödlich wirkender Betäubungsmittel erhalten können. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weigert sich jedoch, das Urteil umzusetzen, da es den Staat zur Suizidassistenz verpflichte.«[5]

Der Verweis auf den Gesetzgeber ist ebenso unzureichend wie der auf das Di Fabio-Gutachten. Das Parlament mag Gesetze erlassen, doch die unterliegen der Rechtsprechung, besonders wenn sie höchstinstantlich von einem Bundesgericht kommt – und: Gutachten kann man viele einholen – bis sie genehm sind. Es geht also offenbar um ein politisches, oder besser um ein ideologisches Anliegen.

Es war jedoch nicht die persönliche Meinung von Herrn Spahn, die ich „ethisch verwerflich“ genannt habe, sondern dass „Sterbende mit ihren existentiellen Anliegen auf die lange Bank des Hinhaltens oder der Nichtbefassung“ geschoben werden „und dies mit allen Mitteln, die der bürokratische Abschiebebahnhof bietet, noch dazu, wenn sie rechtlich zumindest problematisch sind.“[6]

Meine grundlegende Frage ist jedoch nicht aufgegriffen oder nicht verstanden worden.

Darum will ich sortieren:

Die Sterbehilfedebatte hat – wie auch der Minister – den Patienten in seiner schon länger andauernden Sterbephase im Blick, der „nicht wieder wird“, wie man zu sagen pflegt. Er liegt schon nicht mehr auf der Intensivstation, sondern wird so gut es geht sediert, damit die Schmerzen erträglich gehalten werden können.[7] Da hilft die Palliativmedizin. Und wenn das den Vorstellungen, den geäußerten Wünschen des Patienten entspricht, ist das auch gut so. Irgendwann taucht dann im Gespräch mit ihm selbst oder seinen Angehörigen die Frage auf: Es ist aussichtslos. Wie lange soll er noch leiden? Nun kann man stärker sedieren und weiß, dass dies – ohne Absicht – zum Tod führen könnte, die Schmerzbehandlung hat Vorrang. Doch nach all meinen Erfahrungen will – wenn sterben denn unser unabwendbares Schicksal ist – kaum jemand ein solches Ende, sondern es ist – Paul Gerhard verkürzt – der Wunsch vorherrschend: Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not[8] Gleiches gilt für den oft geäußerten Wunsch, nicht aussichtslos von Apparaten am Leben gehalten zu werden, auch nicht als lebende Organbank. Auch das Bundesverwaltungsgericht dachte nur an diese beiden Gruppen von Sterbenden. Es hatte darum „letztinstanzlich entschieden, dass Schwerkranke in einer unerträglichen Leidenssituation vom BfArM ausnahmsweise eine Erlaubnis zum Erwerb tödlich wirkender Betäubungsmittel erhalten können.“[9]

Nicht im Blick hat man die andere Gruppe: Menschen, die angesichts einer mehrfach professionell abgesicherten Letaldiagnose den Zeitpunkt ihres Todes frei bestimmen und mit einer realistischen Bilanzsuizid „das Zeitliche segnen“ wollen.

Dies aber war der Ausgangs­punkt meines Offenen Briefes. Da gibt es jemanden – und nicht nur einen – der, wie ich es nannte „aufrecht“ sterben will. Er will nicht die oben beschriebene Endphase erleiden, selbst wenn sie schmerzfrei gestaltet werden könnte, sondern er hält einen solchen Zustand mit seiner Menschenwürde nicht vereinbar. Wenn wir wegen einer akuten Erkrankung im Krankenhaus auf die Bettpfanne gesetzt werden, ist das etwas anderes, als bis zum Tod gewickelt zu werden wie ein Säugling.[10]

Es wäre zynisch zu sagen, das muss man mögen. Aber muss man’s erdulden, wenn man’s vermeiden kann? Muss man dafür – so war meine Frage – einen anderen Rechtsraum aufsuchen? Hier hilft natürlich die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter, weil die „unerträgliche Leidenssituation“ noch nicht eingetreten ist.

Nun meine Fragen:

1. Wie steht es mit der freiwilligen Mitwirkung eines Arztes? Darf er einem Sterbewilligen Pentobarbital oder ein ähnlich wirksames Medikament verschreiben, wenn dieser bei vollem Bewusstsein und Darlegung seiner nachvollziehbar aussichtslosen Situation ihn darum bittet? Macht er dann – als Profi – dieses „berufsmäßig“?[11]

2. Falls er darf – wie komme ich an seine Adresse, besser eine Liste von erfahrenen Ärzten, die bereit sind, einem Sterbewilligen in dieser Stunde seiner Entscheidung hilfreich und professionell beizustehen?

Haben wir hier eine Analogie zum Werbeverbot für Ärzte, zu deren Leistungsangebot die Abtreibung[12] gehört? Ein Fötus wird – in der Regel – gegen seine wohlverstandenen Interessen getötet. Warum gilt das nicht für den Sterbewilligen, der diesen Willen glaubhaft bekundet? Wo kann er in Deutschland professionelle Hife bekommen?

Die beiden Zeichnungen stammen von Christof Breuer entnommen aus: Dierk Schäfer und Werner Knubben, … in meinen Armen sterben? Vom Umgang der Polizei mit Trauer und Tod, Hilden, 19962

Sie waren dem Vorab-Mail nicht beigefügt.

Fußnoten


[1]  „Aufrecht“ sterben – Fragen an Gesundheitsminister Spahn – Ein offener Brief in einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse https://dierkschaefer.wordpress.com/2019/02/20/aufrecht-sterben-fragen-an-gesundheitsminister-spahn-ein-offener-brief-in-einer-angelegenheit-von-oeffentlichem-interesse/

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2019/04/01/aufrecht-sterben-meine-fragen-an-den-gesundheitsminister/

[3] gestern vorab per Mail übermittelt an Gesundheitminister Spahn und Dr. Riehl

[4] , https://dierkschaefer.wordpress.com/2019/02/20/aufrecht-sterben-fragen-an-gesundheitsminister-spahn-ein-offener-brief-in-einer-angelegenheit-von-oeffentlichem-interesse/

[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/gesundheitsminister-ignoriert-urteil-jens-spahn-verhindert-sterbehilfe/24010180.html

[6] siehe Fußnote 3

[7] Beim „Leichenschmaus“ hört man dann: „Die letzten Monate hätten nicht sein müssen“.

[8] Ich will hier keine theologische Diskussion eröffnen, kann das auf Wunsch aber gern tun.

[9] siehe Fußnote 3

[10] Auf die Malessen des Alters und ihre Begleiterscheinungen durch die gar nicht mal böswillige Behandlung in Alters- oder gar Pflegeheimen will ich hier nicht eingehen und verweise nur auf die Erkennisse der Altenpfle­gerin Heinisch https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/07/24/nur-ein-fall-von-meinungsfreiheit/

[11] Überhaupt ist die Vorstellung, Sterbehilfe dürfe nicht berufsmäßig ausgeführt werden, mehr als merkwürdig. Überall wollen wir professionelle Hilfe, gerade im gesundheitlichen Bereich. Und jetzt sollen wir uns Dilettanten anvertrauen – in so einer wichtigen Operation? Oder sollen wir – ebenso unerfahren – selber Hand an uns legen? Wer klar denkt, kann das nicht wollen.

[12] Ich verwende hier den klinisch sauberen Ausdruck für das, was eigentlich Fötucid genannt werden sollte.

„Aufrecht“ sterben – meine Fragen an den Gesundheitsminister

Posted in BRD, Deutschland, Ethik, Gesellschaft, Justiz, Kultur, Leben, Moral, News, Philosophie, Politik, Recht, Staat, Theologie, Tod by dierkschaefer on 1. April 2019

Er hat geantwortet, nicht er selbst, sondern „Im Auftrag Dr. Markus Riehl“. Das ist ok. Ich hatte eine Antwort erbeten, die vom Minister verantwortet wird und sie nun bekommen.

Der Tod ist ...

Hier ist zunächst die unveränderte Antwort aus dem Ministerium.

Morgen erscheint in diesem Blog meine Antwort. Ich will den Minister und sein Ministerium als erste per Mail informieren, bevor ich meine Antwort veröffentliche.

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AW die Haltung des BMG

Sehr geehrter Herr Schäfer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 19. Februar 2019 an Herrn Minister. Er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.

In Ihrer E-Mail  äußern Sie Ihr Unverständnis über die Bitte des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Anträge auf Erteilung von betäubungsmittelrechtlichen Erwerbserlaubnissen für eine tödlich wirkende Dosis eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu versagen.

Die Selbsttötung und die nicht geschäftsmäßige Beihilfe hierzu sind straffrei, was dem verfassungsmäßig verbürgten Selbstbestimmungsrecht entspricht. Das Selbstbestimmungs­recht des Patienten und der Patientin kann im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung auch durch eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht oder eine gesundheitliche Vorausplanung ausgeübt werden. Niemand darf gegen seinen Willen durch medizinische Maßnahmen am Leben erhalten werden.

Etwas anderes ist es aber, von einer staatlichen Stelle eine aktive Mithandlung für die Verschaffung des Selbsttötungsmittels zu verlangen.

Gerne möchte ich Ihnen die Haltung des BMG erläutern, nach der es nicht Aufgabe des Staates und der in seinen Behörden Beschäftigten sein kann, Selbsttötungshandlungen durch eine behördliche, verwaltungsaktmäßige Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb des konkreten Suizidmittels aktiv zu unterstützen. Der Staat darf sich nach Ansicht des BMG nicht an der Bewertung von menschlichem Leben beteiligen. Darauf liefe die Befassung des BfArM hinaus, bei der Staatsbedienstete bewerten und entscheiden müssten, ob menschliches Leiden unerträglich ist.

Die Erteilung einer Erwerbserlaubnis für Betäubungsmittel nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zur Selbsttötung ist nicht mit dem Zweck des BtMG vereinbar, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Würde man die Regelung des § 5 Absatz 1 Nummer 6 BtMG dahingehend auslegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, ausnahmsweise vereinbar sei, wenn sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befinde, so würde dies bedeuten, dass die Beendigung des Lebens als therapeutischen Zwecken dienend angesehen würde. Eine Selbsttötung kann jedoch keine Therapie sein.

Eine solche Entscheidung wäre nicht zu vereinbaren mit den Grundwerten unserer Gesellschaft wie auch nicht mit den Grundwertungen des Deutschen Bundestages, auf denen die Neureglung des § 217 Strafgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 beruht. Der parlamentarische Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen, die Legitimität der Suizidassistenz an die Erfüllung materieller Kriterien – wie schweres und unerträgliches Leiden – zu knüpfen. Dies hat das BMG zu respektieren.

Auch wäre eine Erteilung von betäubungsmittelrechtlichen Erwerbserlaubnissen für eine letale Dosis eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung mit schwerwiegenden (verfassungs-) rechtlichen Fragestellungen verbunden, auf die der Verfassungsrechtler und ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Di Fabio in einem im Auftrag des BfArM erstellten Rechtsgutachten hinweist.

Um die Versorgung von Menschen am Lebensende zu verbessern und Schmerzen zu lindern, hat der Gesetzgeber im Übrigen nach intensiven Diskussionen im Jahr 2015 zu Fragen der palliativen und hospizlichen Versorgung gesetzliche Regelungen beschlossen, mit denen diese Hilfen ausgebaut werden.

Der Lebensschutz wird in Bezug auf schwerkranke oder leidende Menschen unter anderem realisiert durch alle Maßnahmen, die im Rahmen der Gesundheitsversorgung und Pflege, der Hospiz- und Palliativversorgung sowie der Suizidprävention erfolgen. Das BMG wird sich nach Kräften dafür einsetzen, die Hilfen für Pflegebedürftige, Schwerstkranke und Menschen mit Sterbewunsch weiter auszubauen und zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Dr. Markus Riehl

Leiter des Referates 122– Betäubungsmittelrecht,

Betäubungsmittelverkehr,

Internationale Suchtstofffragen

Bundesministerium für Gesundheit

Rochusstraße 1, 53123 Bonn

Postanschrift: 53107 Bonn

Tel.: +49 (0)228 99441-0

Fax: +49 (0)228 99441-1742

122@bmg.bund.de

www.bundesgesundheitsministerium.de

www.twitter.com/BMG_Bund

www.facebook.com/BMG.Bund

§§§§§§§§§§§

Photo: Dierk Schäfer, https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/4117346923/

„Aufrecht“ sterben – Fragen an Gesundheitsminister Spahn – Ein offener Brief in einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse

Posted in Bürokratie, Deutschland, Ethik, Gesellschaft, Justiz, Kirche, kirchen, Kultur, Leben, Medien, Moral, News, Philosophie, Politik, Recht, Seelsorge by dierkschaefer on 20. Februar 2019

Sehr geehrter Herr Minister,

heute entnahm ich dem Tagesspiegel[1] Ihre Handhabung der Abgabepflicht tödlich wirkender Medikamente an Schwerst­kranke und wende mich deshalb an Sie, vorausgesetzt dass die Darstellung der genannten Zeitung stimmt.

Mir ist klar, dass es sich um eine komplexe Thematik mit Missbrauchsmöglichkeiten handelt. Aber ich[2] halte es für ethisch verwerflich, Sterbende mit ihren existentiellen Anliegen auf die lange Bank des Hinhaltens oder der Nichtbefassung zu schieben und dies mit allen Mitteln, die der bürokratische Abschiebebahnhof bietet, noch dazu, wenn sie rechtlich zumindest problematisch sind.

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Ich darf Ihnen aus meinem derzeitigen Alltag einen Mailausschnitt zitieren[3]:

„Meine Ärzte stellten mir eine ziemlich eindeutige Diagnose. Ich habe mein Haus bestellt, wie es so schön heisst, ich bereite die letzte Fahrt nach xxx vor, meine „ärztliche“ Tochter wird mich begleiten. Wenn es gut kommt, darf ich den Sommer nochmals geniessen, vielleicht aber auch den Herbst, er ist ein Geschenk. Ich werde kein bettlägeriger Fall, ich habe meine Frau und Tochter als Medizinerinnen, die mich vor langen Leiden schützen. Deshalb xxx, das schon immer meine 2. Heimat war: es hat eine andere Gesetzgebung.“

Von einem solchen Weg ins Ausland sprach öffentlich bereits Nikolaus Schneider, der frühere Ratsvorsitzende der EKD. Er werde seine an Krebs erkrankte Frau, wenn sie Sterbehilfe wolle, auch in die Schweiz begleiten.[4] Schneider hat damit persönlich eine sichtbare Distan­zierung zur in der Kirche herrschenden Meinung[5] vollzogen, die aktive Sterbehilfe ablehnt und auf palliative Maßnahmen setzt: Schmerzbekämpfung/Schmerz­dämpfung, auch in der Todeskampfphase.

Meine Fragen an Sie, sehr geehrter Herr Minister:

  • Müssen bei uns Menschen andere Rechtsräume aufsuchen, um so sterben zu können, wie sie es für sich wünschen?
  • Ist dieser letzte Wunsch nicht auch ein Menschenrecht?
  • Soll es dieses Recht nur für die geben, die es sich leisten können?
  • Soll die quälende Langsamkeit des Sterbeprozesses nur die finanziellen Interessen der professionellen palliativmedizinischen Begleiter bedienen?
  • Warum ist uns in Deutschland nicht vergönnt, so aufrecht zu sterben, wie wir das wollen unter Vermeidung der demütigenden Situation nur noch Objekt medizinischer Bemühungen zu sein?

Vor einigen Tagen erschien in der NZZ ein menschlich mich sehr berührender Artikel über Eltern, die mithilfe einer schweizer Sterbehilfeorganisation gemeinsam aus dem Leben scheiden[6]. Wenn Sie diesen Artikel gelesen haben: Wie ging es Ihnen damit?

Ich schicke Ihnen diesen Brief vorab als Mail und werde ihn morgen in meinen Blog stellen, um Ihnen die Gelegenheit zu geben, ihn als erster zu lesen. Ihre Antwort werde ich selbstverständlich in vollem Wortlaut auch in meinem Blog veröffentlichen.

Mit freundlichem Gruß

Dierk Schäfer, Freibadweg 35, 73087 Bad Boll, Tel: 0 71 64 / 1 20 55

PS: Doch noch ein paar Worte zum im Zeitungstext genannten Gutachten. Die Position des Gutachters sei bekannt gewesen. „95.200 Euro zahlten die Behörden für ein Rechtsgutachten – dessen Ergebnis feststand“, ist dort zu lesen.

Das wirft eine doppelte ethische Frage auf, einmal an den, der ein Gefälligkeitsgutachten in Auftrag gibt – und das für eine erhebliche Summe, die nicht einmal er selbst bezahlen muss. Zum andern für den Gutachter: Wie objektiv war er, um ein unabhängiges Gutachten zu erstellen? Für mehr als neunzigtausend Euro tun manche manches.

Da ich selber auch Gutachten erstelle (und von solcher Honorierung nicht einmal zu träumen wage), weiß ich, dass ich bei wenn auch begründeter Befangenheit lediglich eine gutachterliche Stellungnahme abgeben kann. Wie war das bei Ihrem Gutachter?

ds

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Graphik aus: Dierk Schäfer und Werner Knubbenin meinen Armen sterben? : Vom Umgang der Polizei mit Trauer und Tod, Hilden/Rhld. 19962 Seite 8, ISBN 3-8011-0345-5

Umschlagtext: Dierk Schäfer, Kirchenrat und Diplompsychologe, 48 Jahre alt, und Werner Knubben, Polizeidekan und Kriminalhauptkommissar a. D, 44 Jahre alt, arbeiten beide als Seelsor­ger im Regierungsbezirk Tübingen, Ihre umfangreiche Erfahrung mit Todesfällen und den davon direkt oder beruflich betroffenen Menschen hat sie gedrängt, dieses Buch zu schreiben, um Verständnis und Verstehenshilfe anzubieten.

Die Graphik war nicht Bestandteil des Vorabmails an den Minister.

Fußnoten

[1] https://www.tagesspiegel.de/politik/gesundheitsminister-ignoriert-urteil-jens-spahn-verhindert-sterbehilfe/24010180.html

[2] Zu meiner Person: Ich bin Pfarrer i.R. und habe 15 Jahre lang für Polizeibeamte berufsethischen Unterricht erteilt.

[3] Dieses Abschiedsmail erhielt ich vor wenigen Tagen, die persönlichen Daten und alle Ortsangaben habe ich unkenntlich gemacht.

[4] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/21/demokratisierung-der-todeszuteilung/

[5] Ob ich hier allgemein von „der Kirche“ reden kann, weiß ich nicht. Dort melden sich nur die „Hirten“ zu Wort, die „Schafe“ schweigen.

[6] https://www.nzz.ch/gesellschaft/wenn-die-eltern-gemeinsam-aus-dem-leben-scheiden-ld.1455660

Wenn man schon sterben muss: Einfach wegdämmern …

… wer möchte das nicht nach einem weithin zufriedenstellend gelebten Leben? Auch wenn’s kein „erfülltes“ war, aber keine Erfüllung mehr zu erwarten ist. Wir müssen ohnehin einmal sterben, dann doch lieber so. Besser als der letale Schlaganfall, denn das Fallen könnte man noch merken. Doch nur wenige möchten, dass ihr Dämmerzustand über Wochen hinweg verlängert wird durch die künstliche Aufrechterhal­tung ihres Stoffwechsels. Einfach wegdämmern können ist angesichts der Alternativen die beste aller denkbaren Möglichkeiten.

Schlimmer noch, wenn der Dämmerzustand von schmerzhaften Phasen unterbrochen wird und man nicht mehr die Kraft hat zu rufen: Schwester, ich habe Schmerzen! Oder wenn die Ausweglosigkeit bei vollem Bewusstsein durchlitten werden muss.

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts[1] hat die Periletalexperten aufgescheucht. Die EKD-Mitteilung nennt sie und schreibt vorsichtshalber, sie wolle »zu dem Fall erst dann Stellung neh­men, wenn der Text des Urteils vorliegt. Generell wies eine Sprecherin darauf hin, dass die evange­lische Kirche das menschliche Lebens als Gabe Gottes betrachte, das auch bei starken Ein­schrän­kungen und Leiden seine Würde nicht verliere. Wichtig sei zudem, die palliativme­di­zi­nische Versorgung von schwer kranken und sterbenden Menschen zu verbessern. Auch die Kirche stehe vor der Herausforderung, die „Seelsorge an Schwerkranken und Sterbenden zu verstärken“« [2].

Was hat die Periletalexperten so aufgescheucht? Es ging um die Frage der professionellen Beihilfe zum Suizid. Der „Zugang zu einem Betäubungsmittel, das eine schmerzlose Selbst­tötung ermöglicht, darf in extremen Ausnahmesituationen nicht verwehrt werden“, so der Tenor der Gerichtsentscheidung. Die verknüpft damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht[3]. Dieses umfasse „auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entschei­den, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln. Daraus kann sich im extremen Einzelfall ergeben, dass der Staat den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht.“

Die Menschenwürde, auch die des Sterbenden, ist kein unbestimmter Rechtsbegriff wie das vielstrapazierte Kindeswohl. Doch es wird versucht, Menschenwürde besserwisserisch oder gar im eigenen Geschäftsinteresse gegen den Willen des Würdeträgers zu definieren und diese Definition auch durchzusetzen. Dies geschah am 3. Dezember 2015 durch ein Änderungsge­setz zu Paragraf 217 StGB, seit dem 10. Dezember ist es in Kraft. [4]

»Das Gesetz hat damals die Debatte um die Sterbehilfe, Suizidbeihilfe und Palliativmedizin zu beenden versucht, indem es von allen diskutierten Vorschlägen den restriktivsten, freiheits­feindlichsten und obrigkeitsstaatlichsten umsetzte. Wie üblich geschah dies unter großem Moralin- und Argumentationsaufwand und natürlich mit den allerbesten Absichten. Es gab (mindestens) drei Gesetzesvorschläge mit unterschiedlich restriktiver Handhabung. Der am meisten rückwärtsgewandte, am meisten bevormundende, am wenigsten menschenfreundliche wurde Gesetz. Eine breite Mehrheit der Bürger hätte sich – laut zahllosen Umfragen und Untersuchungen – anders entschieden. So viel Vertrauen in die Vernunft ihrer Untertanen aber wollten die GesetzgeberInnen nicht aufbringen.«[5]

Und nun stört das Bundesverwaltungsgericht den gegen die Bürger durchgesetzten Rechts­frieden – die Moralinstanzen und Geschäftsinteressenten maulen.

Klar, dass sich die verfasste Ärzteschaft wehrt; auch die Palliativmediziner sehen ihr Geschäfts­modell bedroht[6], doch manche Ärzte werden sich nicht dadurch vertreten sehen.[7]

Geschäftsmodelle sind ethisch zunächst neutral zu bewerten. Wer wird einem Bäcker vor­werfen wollen, dass er mit unserem Hunger sein Geld verdient. Wir als Kunden von wem auch immer können für unser gutes Geld eine professionelle Dienstleistung bzw. qualitativ gute Ware und ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis erwarten. Das gilt auch für die Begleitung in der Lebensendphase. Die Palliativmedizin ist ein wichtiger Dienstleister, der allerdings Mühe hatte, sein Geschäftsmodell durchzusetzen.[8] Eine beabsichtigte Lebens­verkürzung wurde jedoch zugunsten des assistierten Dahindämmerns ausgeschlossen.[9]

Die anerkannten Dienstleister dulden keine Konkurrenz, jedenfalls keine geschäftsmäßige, also professionionelle, die – horribile dictu – vielleicht noch durch die Stiftung Warentest zertifiziert werden könnte. Doch warum eigentlich sollen wir nicht nur bei der palliativen Sterbebegleitung, sondern auch bei der Suizidassistenz  Professionalität einfordern?[10] Schließlich soll auch der Suizid „gelingen“, wenn ich ihn denn schon will und akzeptable Gründe dafür habe?

In meine Vorstellungen von Menschenwürde mischen sich ungefragt Moralinstitutionen ein, die mir sagen wollen, wie ich würdig zu sterben habe. Die evange­lische Kirche betrachtet das menschliche Lebens als Gabe Gottes, heißt es in der EKD-Mitteilung. Nikolaus Schneider, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat erklärt, er werde seine an Krebs erkrankte Frau, wenn sie Sterbehilfe wolle, auch in die Schweiz begleiten. Er distanziert sich damit privat von dem, was die Kirchen gern als absolute Schöpfungs­ord­nung hinstellen.[11] »Das Leben, das Gott gegeben hat, dürfe der Mensch nicht beenden. Das sei „Gottes gnädigem Ratschluß“ vorbehalten, wie es immer noch in Traueranzeigen heißt. Diese Meinung ist zu respektieren. Wer aber diese Sicht anderen aufoktroyieren will, egal mit welchen Methoden, der ist nicht ehrlich, wenn er nicht zugleich deutlich macht, daß in der Geschichte der Menschheit bis in unsere Tage diese Sicht der „letzten Dinge“ zumeist keine Berücksichtigung fand beim von oben verordneten Tod. Die Machthaber aller Zeiten spielten Potentaten-Schach und opferten ihre „Bauern“ ganz nach Kalkül und Bedarf im Krieg. Die Justiz verhängte Todesurteile, nicht nur in Hexen- und Ketzerprozessen. Kriege und Todes­urteile, diese Todeszuteilung von oben bekam in aller Regel Zustimmung und Assistenz durch „Feldgeistliche“, und auch keine Hinrichtung ohne seelischen Beistand eines Priesters. Über das Lebensende wurde nicht von ganz oben, durch den Allmächtigen verfügt, sondern durch die „Oberen“ in Staat und Justiz.«[12]

Ich vermisse in der Kirchenmeinung den Respekt vor dem Menschen, der sterben will und dazu in seinem „Angewiesensein als Grunddimension des Menschseins“ die Hilfe verstän­diger Mitmenschen erbittet. Sicherlich wird man nicht jeden Sterbewunsch unverzüglich erfüllen wollen und können. Sicherlich wird man auch fragen müssen, wer sonst noch aus einer wie auch immer unerquicklichen Situation „erlöst“ wird (Mitleiden, Pflegeaufwand, Kosten, Erbschaft). Doch nach reiflicher Überlegung wird man das „Mach End, o Herr, mach Ende“ auch ganz innerweltlich verstehen und den Arzt um Hilfe bitten dürfen.

Der „Tod als Erlösung“ brachte am 5. März 2017 bei Google „10.500 Ergebnisse“.

„Die letzten drei Monate hätten nicht mehr sein müssen“, sagten die Angehörigen. „Da hat er sich nur noch gequält“.

Gott sei uns gnädig und gebe uns einen gnädigen Arzt.[13]

 

Nachtrag 1

Philipp Greifenstein referiert in seinem differenzierten Beitrag[14] auch die Veröffentlichung von Friedrich Wilhelm Graf, emeritierter Professor für Systematische Theologie und Ethik.[15] Die Frist für den kostenlosen Download habe ich leider verpaßt. (Wer ihn hat, schicke ihn mir bitte per Mail!) Doch die Web-Seite des Merkur spendiert immerhin einige Zitate aus dem Essay: „In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Reinhard Kardinal Marx, der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, ernsthaft gesagt: »Gebt uns die Sterbenden, denn wir sind ganz besonders für die Leidenden und Sterbenden da.« Warum eigentlich? Weil Jesus von Nazareth einen grausamen Kreuzestod gestorben ist? Oder weil Caritas und Diakonie sich einbilden, in Sachen palliativer Sterbebegleitung kompetenter zu sein als andere Akteure, etwa säkulare Hospizvereine? Sind »die Leidenden und Sterbenden« vielleicht auch aus finanziellen Motiven für Caritas und Diakonie eine interessante Klientel?“ (Hervorhebung von mir)

 

Nachtrag 2

Ein Kollege kommentiert das Verwaltungsgerichtsurteil unter dem Titel Ein seltsames Urteil zur Suizidhilfe.[16] Merkwürdig, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass andere, legale Möglichkeiten bestanden hätten, den gewünschten Tod herbeizuführen. Ich schickte ihm einen schon älteren Leserbrief, den ich im Pfarrerblatt zum Thema geschrieben hatte, und leitete provozierend ein mit den Worten: „man muss sich schon auskennen, im irrgarten zur korrekten selbsttötung. da sind doch das gute alte aufknüpfen am fensterkreuz oder der sprung vom dach übersichtlicher gewesen. wer hat, der nimmt ein schießeisen und steckt es in den mund.“

Das war ihm wohl zu starker Tobak. Er hat meinen Kommentar nicht freigeschaltet.

Nachtrag 3

Aus unserer Patientenverfügung: Generell erscheint uns beiden der Zustand eines Wesens, das auf die Aufrechterhal­tung seines Stoffwechsels reduziert ist, ähnlich wie bei einem Baby, doch ohne Perspektive, menschenunwürdig.

Fußnoten

[1] http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=11

[2] http://www.ekd.de/aktuell_presse/news_2017_03_03_03_verbaende_kritik_sterbehilfe-urteil.html

[3] Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG

[4] § 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäfts­mäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht. – zitiert nach: Fischer im Recht, http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-02/sterbehilfe-vom-leben-und-vom-tod-fischer-im-recht/komplettansicht

[5] http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-02/sterbehilfe-vom-leben-und-vom-tod-fischer-im-recht/komplettansicht

[6] https://www.tagesschau.de/inland/kritik-urteil-bverwg-101.html

[7] http://www.zeit.de/2015/09/sterbehilfe-aerzte-brechen-tabu/komplettansicht

[8] Ich hatte die Ehre, eine Podiumsdiskussion mit Cicely Saunders, der „Urmutter“ der Hospizbewegung zu moderieren. Sie hätte den Begriff Geschäftsmodell sicherlich zurückgewiesen. Doch wie wohl alle humanitär inspirierten Initiativen unterliegt auch die Hospizbewegung den Gesetzmäßigkeiten und Zwängen der Institutionalisierung. Man wehrt sich gegen Konkurrenz.

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Hospizbewegung

[10] Ob man effektive Schmerzmittel bekommt, ist ohnehin nicht gesichert: https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/28/gott-sei-uns-gnaedig-und-gebe-uns-einen-gnaedigen-arzt/

[11] Das tun auch andere frei denkende, dem christlichen Glauben verbundene Zeitgenossen: https://www.publik-forum.de/Wissen-Ethik/prominente-theologen-fuer-sterbehilfe#. Den hier genannten wäre auch Prof. Friedrich Wilhelm Graf hinzuzufügen.

[12] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/21/demokratisierung-der-todeszuteilung/

[13] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/28/gott-sei-uns-gnaedig-und-gebe-uns-einen-gnaedigen-arzt/

[14] Wie hältst Du es mit dem Sterben? http://www.theologiestudierende.de/2015/06/20/wie-haeltst-du-es-mit-dem-sterben/

[15] Friedrich Wilhelm Graf, Apodiktische Ethik mit Lügen . Die deutschen Kirchen und der ärztlich assistierte Suizid: Merkur, Jahrgang 69, Heft 792, Heft 05, Mai 2015.

[16] https://einwuerfe.wordpress.com/2017/03/02/ein-seltsames-urteil-zur-suizidhilfe/ Veröffentlicht am 2. März 2017 von michaelcoors

Hier ist Bundesrichter Fischer voll im Recht. Danke für den Klartext!

Posted in Deutschland, Ethik, Justiz, Medien, Menschenrechte, Politik, Religion, Theologie by dierkschaefer on 1. Oktober 2015

Fischers Stellungnahme zur Sterbehilfe sollte man unbedingt lesen, das gilt auch für meine theologischen Kollegen[1].

»Selten ist der dezidierte Wille der Mehrheit des „Volks“ (sagen wir: der selbstbestimmungs­fähigen Bevölkerung) so eklatant missachtet und in sein Gegenteil verkehrt worden.«[2] [3]

»Die ganze Debatte, die nun ganz dringend in eine gesetzliche Regelung münden soll, ist nichts anderes als ein Versuch des „Rollback“, ein von konservativen und (teilweise) kirchlichen Kreisen betriebener Versuch[4], die eigene Anschauung von Ethik und Moral durchzusetzen und der Bevölkerungsmehrheit mittels Strafrecht aufzuzwingen.«

»Ich weise darauf hin, dass die gesamte Diskussion stattfindet auf der Basis von Begriffen, die nichts anderes sind als Beschönigungen, Tabuisierungen, Verschleierungen und Verdrehungen von Tatsachen – also vorsätzliche Lügen.«[5] [6]

»Der Staat – wie wir ihn verstehen – ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Staat.[7] Wir haben daher keine („staatsbürgerliche“) Pflicht, mit unserer Existenz und unserem Leben oder Leiden dafür einzustehen, dass das Staat „stabil“, der „öffentliche Friede“ gesichert, der fiktive Durchschnittsbürger beruhigt sei. Daher hat der Gesetzgeber überhaupt keine Kompe­tenz, über die Selbstbestimmungsfähigkeit und Selbstbestimmungsberechtigung des einzelnen Bürgers – mittels Strafrecht! – zu bestimmen. Die Würde des Menschen (Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz) ist kein Recht, dessen „Ausgestaltung“ dem Staat anheimgegeben ist. Zur „Würde“ gehört zuallererst die Selbstbestimmung über die eigene Existenz: Was sonst?«

[1] Alt-Bischof Huber wird sich wohl kaum von einem einfachen Alt-Pfarrer angesprochen fühlen https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/23/sterbehilfe-und-der-hoffnungslose-fall-krebs-im-endstadium-schmerzmittel-wirken-nicht/

[2] Alle Zitate aus: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-09/bundestag-gesetzentwuerfe-sterbehilfe Mittwoch, 30. September 2015

[3] Nicht nur der Wille der Mehrheit des Volkes. Auch Ärzte denken anders über Sterbehilfe: http://www.zeit.de/2015/09/sterbehilfe-aerzte-brechen-tabu/komplettansicht

[4] dazu: https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/10/02/diozese-distanziert-sich-von-sterbehilfe-planen-des-theologen-kung/

[5] Mein Beitrag im Blog https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/28/gott-sei-uns-gnaedig-und-gebe-uns-einen-gnaedigen-arzt/ sollte ursprünglich einen anderen Titel haben: Lügen, Lügen, lauter Lügen. Ich sehe mich bestätigt.

[6] Die Lügen lenken nur ab: https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/15/aktive-sterbehilfe-sicherlich-keine-luxusdebatte-aber-sie-lenkt-ab/

[7] In vorsäkularen Zeiten hat das schon ein anderer gesagt: Jesus. Nicht der Mensch ist für den Sabbat da, sondern der Sabbat für den Menschen: Markus 2,27

Gott sei uns gnädig und gebe uns einen gnädigen Arzt.

Posted in Ethik, Firmenethik, Gesellschaft, Menschenrechte, Theologie by dierkschaefer on 28. September 2015

„Ich habe noch nie jemanden so fürchterlich sterben sehen“, sagte sie.

Jahrzehnte hatten wir uns nicht gesehen. Sie hatte uns im Eiscafe entdeckt und setzte sich an unseren Tisch. Vor einem Jahr war ihr Mann gestorben, auf der Intensivstation in der Uniklinik. Lungenkrebs im Endstadium. Ja, er hatte geraucht. Ich frage behutsam nach. Qualvoll sei es für ihn gewesen. Nein, die Schmerzmittel hätten nicht ausgereicht, hätten nicht geholfen. Geschrien habe er, soweit er noch konnte. Aber man habe in dieser Woche noch eine Thrombose-OP gemacht und ein Katheter gelegt; er habe sich vergeblich dagegen gewehrt. Von den Füßen her sei er nach oben hin immer kälter geworden, immer weiter blau angelaufen. „Sehen Sie denn nicht, was los ist?“, habe sie die Ärzte gefragt. „Sie müssen ihm doch helfen!“ Schließlich habe man ihm ein stärker sedierendes Mittel gegeben und sie nach Hause geschickt.

Da diskutieren Ethikkommissionen, da palavern Bundestagsfraktionen über Sterbehilfe.[1] Manche wollen sie überhaupt nicht, andere mit der Einschränkung, sie dürfe nicht geschäftsmäßig betrieben werden. Kein Gedanke daran, dass vielfach in den Krankenhäusern, auf den Intensivstationen geschäftsmäßig kurzfristig lebensverlängernde Eingriffe unternommen werden – unter ungenügender Sedierung werden die Qualen Sterbender verlängert.

„In fast allen Fällen können einem Sterbenden die Schmerzen genommen werden“[2], heißt es. Wo bleibt der Untersuchungsausschuss, der Zahlen/Daten/Fakten vorlegt, wie es denn tatsächlich läuft auf den geschäftsmäßig betriebenen Endstationen unseres irdischen Lebens, die Pflegeheime und die Hospize inbegriffen?

Ein Blick auf die Realität wäre wegweisend. „Todkranken Patienten beim Suizid beizustehen ist ein Tabu. Dennoch passiert es immer wieder“, auch gegen die Interessen der Standesvertretungen der Ärzte. „Ich empfinde Druck, mich entgegen der offiziellen Position der Bundesärztekammer zu äußern. Die Mehrheit der Ärzte denkt wie wir, aber kaum jemand traut sich, offen zu reden. Deshalb habe ich Sorge um Missverständnisse.“ – „So weit ist es schon gekommen, dass Ärzte sich fürchten, eine öffentliche Debatte über ein Thema zu führen, das große Teile der Bevölkerung umtreibt.“ – „Auch ich habe noch nie mit einer Kollegin oder einem Kollegen öffentlich über ärztliche Hilfe zum Suizid gesprochen.“ [3]

Die Überschrift zu diesem Blog-Artikel zeigt, dass es sich bei der – wirklich nicht einfachen – Frage zum ärztlich assistierten Suizid nicht nur um eine gesellschaftliche, sondern auch um eine theologische Frage handelt[4]. Einhellig hören wir in der laufenden Luther-Decade, dass Luther den uns gnädigen Gott entdeckt hat, der sich uns ohne Vorleistungen zugewandt und uns erlöst hat von Todesängsten. Diese Ängste haben wir nun nicht mehr, doch dafür andere. Wer es kann, und die Ärzte können es, sollte uns von solchen Sterbensängsten erlösen dürfen.

Bei Ethikkommissionen fallen mir immer gleich die Pestsäulen ein. [5] Hoch-abgehoben ist das innertrinitarische Gespräch dargestellt: Gott-Vater, Gottes-Sohn (er hat zwar sein Kreuz dabei, doch scheint er sich seiner Qualen als Mensch nicht mehr zu erinnern) und darüber schwebt, noch abgehobener, der Heilige Geist, der doch unser Tröster[6] sein sollte. Unter der Säule Maria, hier auch recht abgehoben gezeigt[7], Doch Maria ist, als Pietà in der Trauer um ihren geliebten Sohn,  menschlicher[8] als der gotteslästerlich dargestellte Vater, der mimisch unbewegt seinen geopferten Sohn präsentiert[9].

Gott sei uns gnädig und gebe uns einen gnädigen Arzt.

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/15/aktive-sterbehilfe-sicherlich-keine-luxusdebatte-aber-sie-lenkt-ab/

[2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/23/sterbehilfe-und-der-hoffnungslose-fall-krebs-im-endstadium-schmerzmittel-wirken-nicht/

[3] So berichten Ärzte in: http://www.zeit.de/2015/09/sterbehilfe-aerzte-brechen-tabu/komplettansicht

[4] und die kirchlichen Funktionäre heulen auf. Siehe dazu: https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/10/02/diozese-distanziert-sich-von-sterbehilfe-planen-des-theologen-kung/

[5] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/8254628897/

[6] Johannes 14:26

[7] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/8255705660/

[8] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/7973029452/

[9] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/15097604507/

Sterbehilfe und der hoffnungslose Fall: Krebs im Endstadium, Schmerzmittel wirken nicht

Posted in Ethik, Gesellschaft, Theologie by dierkschaefer on 23. September 2015

Ein solcher Fall braucht Ausnahmeregelungen. Dafür hat selbst fast jeder, der gegen ärztlich unterstützte Sterbehilfe ist, Verständnis. An einen solchen „Idealfall“ wird auch Professor Dr. Wolfgang Huber in seinem Essay gedacht haben, als er schrieb: »Zwar kann die Selbstbestim­mung im äußersten Grenzfall auch jene Tat der Ver­zweiflung einschließen, in der ein Mensch sich das Leben nimmt. In größ­ter Not mag auch der Beistand eines Arz­tes für einen Sterbenskranken dahin füh­ren, dass er in freier Gewissensentschei­dung, zu der das Bewusstsein der Schuld­übernahme stets dazugehört, dem Wunsch des Kranken nach Hilfe bei der Selbsttötung stattgibt.«[1] Und allgemeiner schreibt er: »Ein genereller Anspruch auf ärztliche Suizidhilfe setzt wichtige Grundsätze des ärztlichen Ethos außer Kraft. Das gilt aber auch für das Verbot einer gewissen­haften Abwägung, die sich aus der Teilnahme an der Lebensgeschichte eines Patienten und aus dem intensiven Gespräch mit ihm ergibt.«

Damit zeigt er schon in der Einleitung die diffizile Problemlage auf. Er schreibt vom ärztlichen Ethos und eröffnet für die ärztliche Suizidhilfe diese Ausnahme.

Das Thema gleicht der Aufgabe einer Quadratur des Kreises. Doch hier haben wir schon zu Beginn des Essays die erste Verkennung der Realität. Der Arzt also soll oder müsste an der Lebensgeschichte des Patienten teilgenommen haben und dieses ausführliche Gespräch mit ihm führen. Dabei wird schon für den Normalbetrieb ärztlicher Praxen geklagt, dass für Gespräche weniger Zeit bleibe als für das Schreiben von Verordnungen. Welche Gebührenziffer hätte ein Gespräch, an das Huber denkt? Diese eher nostalgische Realitätsverkennung zieht sich durch den ganzen Essay. Arztpraxen und Kliniken sind wie Bäckereien ein Geschäftsmodell. Das gilt für Intensiv­stationen wie auch für Sterbehospize, selbstverständlich auch für die diakonischen Einrich­tungen unserer Kirchen, und auch die Kirchen selbst müssen sich wirtschaftlich verhalten – und sie tun das auch. Thomas Fischer, Bundesrichter in Karlsruhe, mag mit seiner Polemik Bestechung: Nieder mit der Ärzte-Korruption![2] ja über das Ziel hinausgeschossen sein. Doch wenn ich mir manche Spezialkliniken anschaue, dann sind das wahre Gelddruck­maschinen; die hohe medizinische Professionalität gehört zum Geschäftsmodell. Das intensive Gespräch mit Patienten über den Eingriff hinaus findet dort nicht statt. Ich würde auch gar nicht erst erwägen, meine Patientenverfügung mit meinem Arzt zu besprechen, der mich regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen einlädt und dann das volle Programm fährt, – nicht nur zu meinen Gunsten.

Huber verzichtet glücklicherweise weitgehend auf eine theologische Argumentation. Er schreibt zwar auch vom Schöpfer, setzt aber mehr auf den Allgemeinplatz der Unverfüg­barkeit des Lebens. Auch dies ist ein Postulat. Von der „Tierproduktion“ will ich absehen. Aber: Menschliches Leben wird bei uns heutzutage meist durch das Absetzen von Contrazeptiva ermöglicht oder eben nicht. Unverfügbarkeit? Kommt es zu einer nicht geplanten Schwanger­schaft, wird Leben möglich durch den Verzicht der Frau auf Abtreibung. Unverfügbarkeit? Der medizinische Fortschritt hat uns in den wohlhabenden Ländern erlaubt, unseres Lebens Spanne manche Elle hinzuzusetzen. Anderswo nicht. Unverfügbarkeit?

Jahrhundertelang war es auch bei uns Machthabern möglich, ihren „Bauern“ auf dem Schachbrett der Kriegsschauplätze Selbstaufopferung abzuverlangen. Dies in der Regel mit kirchlicher Unterstützung und nachträglicher Heldenverehrung. Unverfügbarkeit?

Ein letzter Punkt: Es geht ja nicht nur um den Schutz des Lebens angesichts schwerer und tödlicher Krank­heit in einer menschenwürdigen Weise. Es geht auch um die selbstbestimmte, für sich selbst bestimmte Definition der Menschenwürde schon lange vor Eintreten eines solchen Zustands. Ist Huber das Interview mit Hans Küng nicht bekannt?[3] Kann es für einen Einzelnen nicht zur Menschenwürde zählen, dem Abbau seiner Persönlichkeit, seines Selbstwertgefühls zuvorzukommen? Der Säugling auf dem Wickeltisch hat noch kein Schamgefühl. Aber der alten Frau, die wir mit dem RTW ins Krankenhaus fuhren, war es hochnotpeinlich, dass sie stank wie eine Jauchegrube. Es mag ja sein, dass es nicht falsch ist, wenigstens zum Lebenende Demut zu lernen. Aber vorschreiben kann man das nicht, noch dazu wenn man wie der Autor in einer gesellschaftlich privilegierten Situation ist, die es einem Arzt geradezu nahelegt, die Teilnahme an der Lebensgeschichte dieses Patienten und das intensive Gespräch mit ihm als eigenes Privileg zu werten.

Ernstzunehmen ist hingegen die Befürchtung sozialen Drucks, die aus der vermeintlichen Selbstbestimmung eine Fremdbestimmung macht. Dies deutet sich bereits bei der Frage an, ob es die Gesellschaft toleriert, dass wider alle Diagnose- und Eingriffsmöglichkeiten Kinder mit Behinderung das Licht der Welt erblicken und unser Sozialsystem belasten. Es kommen kaum noch Trisomie-Kinder auf die Welt. Auf die Überlebensmöglichkeiten von Flüchtlingen (Unverfügbarkeit?) will ich gar nicht erst eingehen.

[1] Prof. Dr. Wolfgang Huber, Selbstbestimmt sterben – aber wie selbstbestimmt?, FAZ-Print-Ausgabe, Montag, 21. September 2015; alle nicht anders ausgewiesenen Zitate aus diesem Essay.

[2] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-08/aerzte-bestechung-korruption-pharmaindustrie/komplettansicht

[3] http://www.youtube.com/watch?v=lP_gUCEVl_s auch als transskript: http://daserste.ndr.de/annewill/archiv/transskript101.pdf

Aktive Sterbehilfe? Sicherlich keine Luxusdebatte, aber sie lenkt ab.

Posted in Ethik, Gesellschaft, Leben by dierkschaefer on 15. Mai 2015

Sehr breit wird sie geführt, diese Debatte. Soll aktive Sterbehilfe überhaupt erlaubt sein? Sollen Sterbehilfevereine in Aktion treten dürfen oder sollen die Ärzte das machen? Die verschiedenen Interessengruppen mischen sich ein: Die Kirchen mit ihrer Meinung, der Mensch sei zum Leben verpflichtet – und sie vergessen ihre Rolle in der Vergangenheit[1].

Die Ärzte wollen keine Todesengel sein, doch befragt man einige von ihnen, so sieht das etwas diffenzierter aus[2] [3]. Und die Sterbehilfevereine? Die schon gar nicht, denn niemand soll am Tod verdienen, als ob Geschäftemacherei nicht zu unserem Leben gehörte, auch bei Gesundheit und Tod. Doch die Palliativmedizin und die Hospize[4] sollen gestärkt werden, was sicherlich richtig ist, aber nicht alle Probleme löst. Hier liegt der Blick auf dem dafür „idealen“ Patienten. Er soll von der Gerätemedizin entkoppelt werden und schmerzbefreit würdig, weil gut betreut, seinem Tod entgegenliegen.

Die Debatte lenkt ab, steht in der Überschrift. Inwiefern?

Wie steht es mit den Alten- und Pflegeheimen? Warum wollen die Leute möglichst nicht dorthin? Dafür gibt es viele Ursachen. Wie steht es mit der Versorgung alter Leute? Man schaue sich die Erreichbarkeit ärztlicher Notdienste an, aber auch die der Einkaufsmöglichkeiten? Ach, Sie können nicht mehr autofahren, nicht mehr dies und nicht mehr jenes? Dann sollten Sie besser in ein Heim gehen. Wer Heime kennt, weiß zumeist, dass er dort nicht hinmöchte. Wer nicht die Gnade der totalen Verkindlichung durch Alzheimer&Co. erfährt, bevor er im Heim wie ein Kind gehalten wird, der wehrt sich.

Der Theologe Küng nennt solche Gründe.[5] Wir müssten also nicht nur die Hospizarbeit gut ausstatten, sondern auch die Heime und dem Personal mehr Zeit für die Patienten einräumen.

Und dennoch: Eine alte Dame in Frankreich, bei uns ist es nicht anders, doch ich will beim konkreten Fall bleiben, die alte Dame also beklagte sich, dass sie in ihrem Heim keine Gesprächspartner finde und vereinsame. Klar, sie war gebildet und noch hellwach – und alle anderen – ich habe sie gesehen – nein, die kamen wirklich nicht infrage. Was können wir also für die geistig noch Fitten tun in Einrichtungen mit ihren weithin infantilisierten oder nur noch halblebigen Bewohnern?

Diese Debatte führen wir nicht – denn sie würde teuer.

 

Um „Butter an die Fische“ zu tun:

Ich schrieb über Gedenkrituale, die nur ablenken[6] und erhielt von einem Leser einen passenden Kommentar. Er sei hier wiedergegeben:

 

»Wir können gedenken, bis uns schwarz vor Augen wird. Denn eins ist klar: Euthanasie feiert heute wieder fröhliche Urstände. Es ist die Euthanasie durch die Hintertür. In den Heimen für schwerstbehinderte Männer und Frauen und in Pflegeheimen für alte Leute wurde das Personal im letzten Jahrzehnt so zusammengestrichen, dass für ein Wort zwischendurch gar keine Zeit mehr ist. Einmal umarmen, trösten, am Sterbebett sitzen: Alles gestrichen. So stirbt die Seele. Und wenn die Seele gestorben ist, so habe ich gelernt, dann stirbt auch schnell der Körper. Herr Schäfer kann das sicher besser erklären, als ich.

Gewalt an behinderten Menschen erleben sie auch durch Behörden. Überall werden ihnen Leistungen verweigert. Wer seine Rechte nicht kennt, wird zusätzlich bestraft. Gesetzlich verbriefte Aufklärungspflicht durch die Behörden findet in der Regel nicht statt. Ich habe – ist schon länger her – einer behinderten Frau zur Sozialhilfe verholfen. Sie hat ein halbes Jahr nichts bekommen. Fehler: Sie hat keinen Antrag bei der Post gestellt, bei der sie als Hinterbliebene eines Postbeamten soziale Zuschüsse hätte erhalten können. Aktuell verweigert eine Krankenkasse einer behinderten Dame orthopädische Hilfsmittel und häusliche Krankenpflege. Sie fiel aus dem Rollstuhl, hat sich danach ein Bein gebrochen und musste erst einmal auf die Lagerungsschiene warten. Permanent wurde sie abgewimmelt.

Die Latte der Opfer, derer wir schon heute gedenken müssten, ist meterlang.«

Da führen wir auf hohem Niveau aber mit unterschiedlicher Interessenlage eine Sterbehilfedebatte. Sicher ist das kein Luxus und die Problematik vertrackt.[7] Wir müssen das Thema zu einem erträglichen Ende bringen, das von möglichst vielen getragen und verantwortet werden kann.

Doch vor dem menschenwürdigen Sterben sollte das menschenwürdige Leben kommen. (s. sterbehilfe für Frau Biermann)

[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/07/21/demokratisierung-der-todeszuteilung/

[2] http://www.zeit.de/2015/09/sterbehilfe-aerzte-brechen-tabu/komplettansicht

[3] Immerhin wäre die Aufgabe bei den Ärzten in professionellen Händen. Wir wollen doch alle keinen Pfusch, erst recht nicht beim Sterben.

[4] Auch dieses sind Geschäftsmodelle, das Bäckerhandwerk auch.

[5] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/10/02/diozese-distanziert-sich-von-sterbehilfe-planen-des-theologen-kung/ http://daserste.ndr.de/annewill/archiv/transskript101.pdf http://www.youtube.com/watch?v=lP_gUCEVl_s

[6] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/05/14/verdrangung-der-aktualitat-gedenkrituale-lenken-nur-ab/

[7] http://heike-knops.eu/downloads/way_of_no_return.pdf

O je, Herr Dr. Helfer

Posted in Uncategorized by dierkschaefer on 21. November 2014

Sehr geehrter Herr Dr. Helfer, (Pseudonym)

 

 

gestern besuchten meine Frau und ich meine Schwiegermutter, die zur Zeit wegen akuter Atemnot in Ihrer Klinik liegt. Sie sprachen mit uns über das Problem der modernen Medizin, die die Leute nicht mehr sterben läßt und plädierten, meine Frau solle sich für künftige Zwischenfälle überlegen, ob man ihrer Mutter wirklich helfe, indem man ihr hilft.

Da uns beide, meine Frau natürlich wesentlich mehr als mich, das Gespräch noch lange beschäftigt hat, schreibe ich Ihnen.

 

 

Wie wir Ihnen sicherlich im Gespräch schon deutlich gemacht haben, sind uns die von Ihnen angesprochenen Gedanken nicht fremd, zumal meine Schwiegermutter seit langem in einem Zustand ist, der berechtigte Zweifel an dieser Art Lebensqualität geradezu aufnötigt. Dennoch: Es lag, abgesehen von ihrem Aufenthalt auf der Intensivstation direkt im Anschluß an die OSH-Operation vor 13 Jahren, bisher nie die Notwendigkeit intensivmedizinischer Maßnahmen vor. Auch jetzt konnte der kritische Zustand mit recht simplen Maßnahmen aufgefangen werden, denn bloße Medikamentation plus Sauerstoffgabe und NaCl-Tropf sind beim Stand unserer medizinischen Möglichkeiten doch als die europäische Form der Barfuß-Medizin anzusehen. Dies einem Patienten oder gar seiner Mutter verweigern zu wollen oder zu sollen, erscheint mir anmaßend. Die Frage nach dem Wert, den dieses Leben für meine Schwiegermutter hat, stellen wir uns natürlich. Aber da sie nicht erkennbar leidet, würden wir uns ohne Not in die Rolle eines Richters über Leben und Tod gedrängt sehen – damit muß man leben können. Ob man das kann, stellt sich erst hinterher heraus.

Auch Ihr Hinweis auf die Vorläufigkeit des menschlichen Lebens, wenn man sie denn annimmt, hilft nicht aus dem Dilemma heraus. Schließlich fragt Gott nach unserer Überlieferung nicht nach dem Lebenswert eines Menschen, sondern er will sein Heil, was immer das sein mag. Die Zusicherung, daß er das gestoßene Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen werde, müßte schon arg zurechtinterpretiert werden, um zu einer Sterbehilfe, sei sie passiv oder aktiv, zu kommen, die sich auf ihn berufen kann. Wenn wir dennoch, unter bestimmten, eng definierten Umständen, Leben nicht mehr um jeden Preis, und zwar den, den der Sterbende, nicht wir, zu zahlen hat, verlängern wollen, müssen wir das ganz auf eigene Verantwortung tun. Das Dilemma bleibt erhalten, denn unser Wissen, auch von uns selbst, ist nur Stückwerk. Wir mögen bei vollem Bewußtsein über unseren eigenen Tod befinden, doch unsere Entscheidung für den Tod des anderen, auch wenn dieser Tod der Eingang in das Leben sein sollte, ist immer mit Schuld verbunden, manchmal bis hin zum Zynismus.

 

Unsere Familie ist seit vielen Jahren erheblich durch die Krankheit meiner Schwiegermutter belastet, unsere Kinder hat sie ein wesentliches Stück ihrer Kindheit gekostet – wie könnten wir uns selbst Rechenschaft ablegen, diese Erfahrung uneigennützig aus einer Entscheidung herausgehalten zu haben?

 

Sie haben versucht, sehr geehrter Herr Dr. Helfer, mit uns eine Art seelsorgerliches Gespräch zu führen. Ich will jetzt nicht belehrend sein, auch wenn es so klingen mag. Da es uns, meine Frau und mich angeht, meine ich dennoch, so schreiben zu dürfen: Die meisten Ärzte drücken sich vor solchen Gesprächen, denn sie halten den Tod des Patienten für ihren Mißerfolg. Sie jedoch haben es gewagt, das Thema anzusprechen und das durchaus mit bewegten und bewegenden Worten. Aber Sie hatten ein fertiges Rezept, Sie hatten Ihre Lösung der Probleme der modernen Menschheit mit dem Tod, und das in Gegenwart der Patientin. Sie hatten fast keine Fragen, konnten nicht wissen und haben sich nicht erkundigt, wie wir wohl mit dem Thema, mit dem Tod umgehen. Einiges haben wir von uns aus gesagt. Aber Seelsorge lebt vom Hinhören und vom Aushalten der Spannungen, bis der Betroffene selber weitersieht. Da ist auch die Botschaft vom ewigen Leben keine Wundermedizin.

 

Lassen sie mich bitte noch eines ansprechen: Sie brachten als Beispiel Ihre eigene Mutter ins Gespräch. Das ist ungewöhnlich, mag aber in Ordnung sein. Im Nachhinein frage ich mich jedoch, ob Sie tatsächlich davon überzeugt sind, daß Ihr Verhältnis zu Ihrer Mutter und deren Sterben in Ordnung ist. Sie haben natürlich das Recht, eine solche Vermutung als Unterstellung von sich zu weisen. Dennoch möchte ich Ihnen, als Feedback sozusagen, schreiben, daß mir schien, Ihre Mission sei nicht so sehr der Auferstandene, sondern das Sterbenlassen. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen damit unrecht tue, aber wenn Sie auch anderen Patienten bzw. deren Angehörigen so unvermittelt gegenübertreten, wie uns, dann wäre es gut, wenn Sie solche Dinge einmal in eine Supervision einbringen würden.

 

 

Sie nehmen mir bitte dieses Schreiben nicht übel. Ich vermute, daß die meisten Angehörigen nicht in der Lage sind, Ihnen zu antworten, und so fühlte ich mich verpflichtet.

 

 

Mit freundlichem Gruß

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Demokratisierung der Todeszuteilung

Posted in Geschichte, Gesellschaft, Kirche, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 21. Juli 2014

Nikolaus Schneider, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat erklärt, er werde seine an Krebs erkrankte Frau, wenn sie Sterbehilfe wolle, auch in die Schweiz begleiten. Ich halte es für anmaßend, die persönlichen Aspekte der Entscheidung des Ehepaares Schneider zu kommentieren.

Nun ist Schneider eine Person öffentlichen Interesses und man wird auf einige andere Aspekte eingehen dürfen. Diese betreffen die Position der EKD zur Sterbehilfe und den Zusammenhang von Amtsträger und Privatperson.

Beginnen wir mit dem zweiten Punkt: Schneider hat sich entschieden, seine Absicht öffentlich zu machen und damit auch die Differenz zwischen kirchenamtlicher Position und persönlicher Abweichung. Das verdient höchsten Respekt. Schließlich könnte das Ehepaar ja auch pro forma ganz einfach einen Schweizurlaub antreten.[1] Schneider hat damit persönlich eine sichtbare Distanzierung zur in der Kirche herrschenden Meinung vollzogen, die aktive Sterbehilfe ablehnt und auf palliative Maßnahmen setzt: Schmerzbekämpfung/Schmerz­dämpfung, auch in der Todeskampfphase. Schneiders Distanzierung stellt für die protestantische Theologie keine Revolution dar, schließlich ist der Gläubige letztlich vor Gott und seinem Gewissen verantwortlich und nicht vor der Kirche und deren Lehrmeinungen.[2]

Und der Konflikt mit der Rolle der Amtsperson? Formal ganz einfach: Schneider ist bereits zurückgetreten und nimmt sich die Freiheit, an die inhaltlichen Vorgaben dieses Amtes nicht mehr in jedem Punkt gebunden zu sein. Dankenswerterweise gibt die anhaltende Prominenz des ehemaligen Ratsvorsitzenden dem Thema die wünschenswerte Publizität. „Nun kommt frischer Wind in die Debatte“, habe ich bei Bekanntwerden seiner Position getwittert.

 

Damit zum Kernthema.

Die Kirchen, evangelisch wie katholisch, vertreten die Position der Palliativmedizin[3]. Ob palliative Maßnahmen in jedem Fall ausreichend sind, soll hier nicht erörtert werden. Es geht um die Frage der Tötung auf Verlangen, also des assistierten Suizids.

Zunächst zum Suizid: Die moralisch-ethisch ablehnende Haltung zum Suizid hat eine lange Tradition in Theologie und Kirche[4]. Für mich erkennbar wurde sie zum ersten Mal erschüttert, als nach dem Krieg der Suizid des bewusst christlichen Schriftstellers Jochen Klepper[5] bekannt wurde. Er hatte gemeinsam mit seiner jüdischen Frau diesen Weg gewählt, um sie nicht der Mordmaschinerie der Nazis auszuliefern.[6] Dieser Suizid aus Solidarität hat einige Parallelen zur heldenhaften Selbstaufopferung[7] im Kampf, wie sie oft genug heroisiert wurde ohne die grundsätzliche Frage zu stellen, ob der Mensch berechtigt ist, seinem Leben in solchen Fällen selber ein Ende zu setzen[8]; eine Frage, die für den „klassischen“ Suizid immer verneint wurde.

Auch bei der Frage des Suizids unter Beihilfe ist ein wesentliches Moment, ob der Mensch selber über seinen Tod entscheiden darf. Jeder Mensch konnte bisher schon immer zum Strick oder sonst was greifen, um seinem Leben ein Ende zu setzen[9]. Nun beansprucht er in seiner hilflosen Lage fremde Hilfe, um aus dem Leben zu scheiden, und zwar fachliche Hilfe, sei es durch Rat oder durch Bereitstellung passender Medikamente oder gar durch direkte Hilfe. Der „klassische“ Suizidant war ein Selbstmörder, ein Täter also, der bestraft wurde durch Verweigerung eines „christlichen“ Begräbnisses und die Heraufbeschwörung der Höllenstrafen. Dem in Todesbanden liegenden Kranken wird niemand so etwas wie Täterschaft unterstellen wollen, obwohl er aktiv über seinen Tod verfügt, indem er ihn in einer aktuellen Notsituation einfordert oder schon in seiner Patientenverfügung bestimmt hat.

Und doch haben beide etwas gemeinsam, der „Selbstmörder“ und der Todkranke. Sie lehnen sich gegen etwas auf, das als absolute Schöpfungsordnung hingestellt wird. Das Leben, das Gott gegeben hat, dürfe der Mensch nicht beenden. Das sei „Gottes gnädigem Ratschluß“ vorbehalten, wie es immer noch in Traueranzeigen heißt. Diese Meinung ist zu respektieren. Wer aber diese Sicht anderen aufoktroyieren will, egal mit welchen Methoden, der ist nicht ehrlich, wenn er nicht zugleich deutlich macht, daß in der Geschichte der Menschheit bis in unsere Tage diese Sicht der „letzten Dinge“ zumeist keine Berücksichtigung fand beim von oben verordneten Tod. Die Machthaber aller Zeiten spielten Potentaten-Schach und opferten ihre „Bauern“ ganz nach Kalkül und Bedarf im Krieg. Die Justiz verhängte Todesurteile, nicht nur in Hexen- und Ketzerprozessen. Kriege und Todesurteile, diese Todeszuteilung von oben bekam in aller Regel Zustimmung und Assistenz durch „Feldgeistliche“, und auch keine Hinrichtung ohne seelischen Beistand eines Priesters.[10] Über das Lebensende wurde nicht nur von ganz oben, durch den Allmächtigen verfügt, sondern durch die „Oberen“ in Staat und Justiz. Die Feudalherrschaft über Leib und Leben wurde dann abgelöst durch andere Formen der Herrschaft, die auch das Privileg der Todeszuteilung für sich beanspruchten.

Wenn nun der einzelne Bürger sich anschickt, selber über sein Lebensende bestimmen zu wollen und dafür Hilfe einfordert, dann ist das – wenn nicht Auflehnung – so doch die Demokratisierung des Rechtes, über den – eigenen – Tod entscheiden zu können. Wer dies tut, nimmt ein, er nimmt sein Menschenrecht wahr. Niemand anderes, als dieser Mensch selbst, befinde darüber.

Es sollte allerdings niemand gegen sein Gewissen zur Assistenz verpflichtet werden. Solange ein Mensch in der Lage ist, selbst Hand an sich zu legen, und sei es durch die Einnahme eines ihm zur Verfügung gestellten Medikamentes, mag man meinen, dann solle er es doch auch selbst tun. Körperliche Gebrechlichkeit, Altersdemenz oder andauernde Bewusstlosigkeit/­Koma erfordern jedoch die Hilfe von anderen, von Verwandten oder Fachkräften.

Und wo beginnt die Assistenz, wo ist die Grenze, ab der man sich auch verweigern können muß? Bereits bei der Mitfinanzierung des erforderlichen Medikamentes durch die Krankenkasse, oder erst bei der Mitfinanzierung des Einsatzes von Sterbehelfern, oder erst dann, wenn man selber tätig werden soll?

Der Teufel steckt im Detail. Wer meint, ethisch-religiös völlig „sauber“ durch dieses Leben gehen zu müssen, wird bereits aus Gewissensgründen jedwede Mithilfe verweigern, auch jede Mitfinanzierung. Der Staat kann und sollte immerhin die Mitfinanzierung erzwingen[11].

Doch wer stellt das Medikament und setzt die Spritze? Inzwischen setzen wir für fast alles und jedes auf Spezialisten. Sterbebeihilfe gehört zu den wenigen gefühlsbetonten Bereichen, für die eine „organisierte“ Form abgelehnt wird. Darum der Widerstand gegen das „Geschäft mit dem Tod“, das wir aber dem Arzt und dem Bestatter zubilligen[12].

Wer also könnte und sollte es tun? Ich denke, daß man schon ein starkes Sendungsbewußtsein braucht oder eine sehr spezielle Mentalität, um hauptberuflich „Todesengel“ zu sein. Wir sollten uns hüten, mit dem Sterbehelfer einen gesellschaftlich verpönten Beruf zu etablieren. Doch wie wäre es, wenn die Ärztevertretung ihre strikte Gegnerschaft aufgeben und es in das Belieben der Ärzte[13] stellen würde, ihren Patienten diesen letzten Dienst zu erweisen? Und das ohne Honorierung für die – medizinisch ja nicht sonderlich aufwendige – Geste der Menschlichkeit. Dann könnte man seinem Hausarzt die Gretchenfrage stellen[14]: Wie hältst du’s mit der Religion – und ihrem Suizidverbot? – Gegebenenfalls wechsele ich dann den Arzt, denn der soll ja vor meinen Tode an meinen nicht-tödlichen Krankheiten seinen Lebensunterhalt verdienen können.

 

Ein Problem bleibt aber dennoch. Von der Demokratie ist der Weg nicht weit zur Pöbelherrschaft. Der Pöbel ruft dem auf dem Brückengeländer Stehenden zu: Nun spring doch! Er will seinen Spaß haben. Im Fall der demokratisierten Sterbehilfe wird er sparen und gar nicht erst den Todeskampf abwarten wollen. Schließlich sind die Gesundheits- und Pflegekosten in der Abschlußphase des menschlichen Lebens meist exorbitant hoch. Das ließe sich doch abkürzen. Die Schere im Kopf ist schon geöffnet mit der Maxime: Ich will meinen Kindern mal nicht zur Last fallen. Wenn dann die finanzielle und organisatorische Eigenvorsorge nicht (mehr) reicht, wem reicht es dann? Mit anderen Worten: Der Druck, „freiwillig“ aus dem Leben zu gehen, steigt. Die Demokratisierung der Todeszuteilung mag als Beitrag zu Humanisierung gestartet sein. Sie könnte bei der Brutalisierung enden: Nun kratz doch endlich ab! – Ich geh ja schon.

Ich fürchte, daß es so kommen wird. Nur bis zum Schluß starke, „starrköpfige“ Personen werden sich der allgemeinen Barbarei widersetzen können, und auch die, die von der Liebe ihrer Mitmenschen getragen und geschützt werden.

 

[1] Wenn ich hier anerkennend von Respekt spreche, mag man das auf dem Hintergrund sehen, daß ich Schneider in seiner (amtlichen) Haltung in der Heimkindersache massiv angegriffen habe und nichts davon zurückzunehmen gedenke. https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/09/13/das-war-spitze-herr-ratsvorsitzender/

[2] So sah bereits Augustinus die Bedeutung des Gewissens. Diese Meinung hat sich zwar auch der Augustinermönch Luther zueigen gemacht, ist jedoch in der katholischen Kirche leider untergegangen.

[3] So aktuell referiert in http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/scherf-ueber-sterbehilfe-debatte-um-ekd-ratsvorsitzenden-schneider.html

[4] Dies auch in anderen Gesellschaften außerhalb der christlichen Tradition.

[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Jochen_Klepper , http://de.wikipedia.org/wiki/Unter_dem_Schatten_deiner_Fl%C3%BCgel

[6] Andere Beispiele: Maximilian Kolbe http://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_Kolbe , Janusz Korczak http://de.wikipedia.org/wiki/Janusz_Korczak

[7] Nur erwähnt sei, daß nach herrschender Meinung in Theologie und Kirche Gott sich in der Person seines Sohnes selbst geopfert hat als Sühnopfer für die Menschen, die sich dadurch erlöst sehen können.

In einer Überordnung Vater-Sohn war der Tod Jesu ein von oben verordneter, jedoch gehorsam-demütig hingenommener: suicide by mankind. Ob die Annahme eines innertrinitarischen „Betriebsunfalls“ aus dem theologischen Dilemma heraushilft, bezweifle ich.

[8] Die erbärmliche Variante des Selbstmordattentäters soll hier nicht erörtert werden. Dazu Dierk Schäfer, Terror – MACHT – Terrorismus: http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/dpb_print.php?id=3452

[9] Hierzu zählt auch der suicide by cop, http://de.wikipedia.org/wiki/Suicide_by_cop ,bei dem ein Mensch durch Geiselnahme oder Amoklauf eine Situation herbeiführt, in der er seine Tötung durch die Polizei regelrecht provoziert. Siehe dazu Dierk Schäfer, Amok, unveröffentlichte Seminararbeit, erhältlich bei Dierk Schäfer

[10] In Unrechtssystemen gibt es nicht einmal die Fiktion der Gemeinschaft auch im Todesurteil.

[11] Wer meint, dann immer noch Widerstand leisten zu müssen, wird zum Märtyrer und spätestens dann ein gutes Gewissen haben.

[12] Das „Geschäft mit dem Tod“ umfasst eine ganze Palette von Periletalexperten, die damit ihr täglich Brot verdienen, in der Regel auf honorige und gesellschaftlich anerkannte Art und Weise. Zum Begriff Periletalexpeten: Dierk Schäfer, Werner Knubben, … in meinen Armen sterben?, VDP-Sachbuch, Hilden 1996, 2. Auflage, ISBN 3-8011-0345-5

[13] Eine vielleicht abenteuerlich erscheinende Alternative wären die Hebammen. Sie helfen uns ins Leben. Warum nicht auch – mit Zusatzausbildung – wieder hinaus?

[14] (bevor man sich auf einen Liegend-Transport in die Schweiz einstellt)