Die gesellschaftliche Konstruktion von Vergangenheiten und ihre Bewirtschaftung
Valentin Groebners Buch mit dem Titel „Retroland“ handelt vom „Geschichtstourismus“ und der „Sehnsucht nach dem Authentischen“[1]. Der Autor ist vielgereist und da viele von uns auch Vielreisende sind, gibt es vieles, was wir kennen, was aber nun einen Aha-Effekt auslöst. Denn manches, was wir für echt gehalten haben, ist – gelinde gesagt – „auf echt“ stilisiert, manchmal sogar ein pures Artefakt der am Tourismus interessierten Kreise. Tourismus, so lernen wir, ist der weltweit drittstärkste Wirtschaftszweig.
Da spielen natürlich religiös konnotierte Zielorte eine wichtige Rolle für religiös interessierte Bildungsbürger. Ein Tourismusunternehmen nennt sich sogar „Biblisch Reisen“. So nimmt uns der Autor mit zu den Sacri Monti in Piemont[2].
Auch wenn wir vor den lebensgroßen Darstellungen biblischer Szenen nicht in religiöse Verzückung fallen, so stehen wir in Varollo doch staunend vor dem blutüberströmten Jesus im begehbaren Grab. „Die Auferstehung hat noch nicht stattgefunden, und du bist dabei.“ Für den Glaubenden ist dies die „Wiederaufführbarkeit der Vergangenheit“.[3]
Diesem katholischen Beispiel schließen sich die Gedanken an Wallfahrten und der Reliqienglaube an. Doch wie steht es mit unseren Krippenspielen zur Weihnachtszeit? Bleiben wir evangelisch und folgen dem Autor durch die Luther-Dekade – von einem Erinnerungsort zum andern – und der verblassende Tintenfleck auf der Wartburg wird immer wieder aufgefrischt. Valentin Groebner stellt die kommerziellen Zwecke bei der „Rekonstruktion“ der Vergangenheiten heraus, Rekonstruktionen, die man gezielt nicht nur pflegt, sondern ihnen auch erfindungsreich nachhilft. – So weit, so erhellend wie auch unterhaltsam.
Doch es bleiben Fragen. Nicht nur stören zuweilen die Redundanzen: Teile des Buches wurden zuvor schon anderweitig publiziert, eine gewisse Straffung wäre gut gewesen. Auch manch unterstelltes Motiv von Reisenden erscheint etwas plakativ. Bedeutender sind allerdings zwei Desiderate.
Der Autor ist kein Wissenssoziologe. Das Standardwerk der Wissenssoziologie, Berger/Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, sucht man im umfangreichen Literaturverzeichnis vergeblich. Doch während Berger/Luckmann die gesellschaftliche Konstruktion von Realität (einschließlich der Sinn-Welt) beschreiben und im Grundsätzlichen bleiben, so greift Groebner einen Teilaspekt heraus: Die Bewirtschaftung der Vorstellungen von Vergangenheiten zu beiderlei Nutzen, dem ihrer Marketingexperten und dem ihrer zahlenden Konsumenten.
Der Autor ist auch kein Theologe. Sonst hätte er wohl die Bedeutung seiner Überlegungen für Theologie und Kirchengeschichte erkannt. Da geht es nicht nur um so etwas wie die Konstantinische Schenkung und die gut gemeinten frommen Rückdatierungen von Klostergründungen und der gefakten Urkunden. Es geht vielmehr um das „Kerngeschäft“ der Verkündigung: „Er ist (damals) wahrhaftig auferstanden“ und er errettet uns heute. Dieses Kerngeschäft ist die Bewirtschaftung der Vergangenheit, einer Vergangenheit, die trotz und wegen aller theologischen Forschung – so nach der ipsissima vox – sich als konstruiert erweist, wenn sie auch historische Kernelemente haben mag. Der Prozess der Vergangenheitskonstruktion fand bereits im Altes Testament statt – Stämmeamphiktionie, er wurde fortgesetzt mit den Berichten im Neues Testament, die vieles als erfüllte Weissagung aus dem Altes Testament zur Konstruktion des Lebens und des Todes Jesus übernommen haben. Es gehört zu den grandiosen Leistungen der frühen Christenheit, im Rückblick auf das Wirken und Leiden Jesu von Nazareth und mit Rückgriff auf die Facetten des alttestamentarischen Gottes eine Gottesvorstellung entwickelt zu haben, die mit der Figur des Heiligen Geistes zukunftsoffen ist, zukunftsoffen auch über unsere Endlichkeit hinaus. Dazu gehören das Ringen um ein „gültiges“ Credo, die Kanonbildung, die Fortentwicklung der Dogmatik und die Weiterentwicklung der „Gottesbilder“.
Alles nur Fake? Die Frage ist falsch gestellt. Im Unterschied zu den Formen des gehobenen Tourismus und der unbestrittenen Fortwirkung und Stilisierung des Erlebten im Erinnern, geht es bei der Pflege christlicher Tradition (wie auch in wohl den meisten Religionen) um die Vermittlung von Sicherheit in der Gegenwart und um Zukunftshoffnung über Leid und Tod hinaus.
[1] Valentin Groebner: „Retroland“. Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen.
- Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018. 219 S., Abb., br., 20 – €.
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Sacri_Monti
[3] Dieser Passus, ab „Varollo“, und das Photo aus der Rezension von HANNES HINTERMEIER, FAZ/24.8.18, S.10
Die theologische Bankrotterklärung eines Papstes
Der Zeitgeist ist Schuld für die Vertuschung von zahllosem Kindermissbrauch. Beileibe nicht nur in der Kirche. »In früheren Zeiten seien solche Vergehen überall verschwiegen worden – beispielsweise auch in Familien, „wo der Onkel die Nichte vergewaltigte, der Vater die Kinder – weil das eine riesengroße Schande war«[1]. Natürlich wolle er „die Vertuschung von sexuellem Missbrauch in der Kirche nicht entschuldigen“, Schlimm, aber verständlich. „Das gelte etwa für die Beurteilung von Verbrechen gegen indigene Bevölkerungen, die oft äußerst grausam gewesen seien. Ähnlich verhalte es sich bei der Todesstrafe, die noch Ende des 19. Jahrhunderts auch im Kirchenstaat angewandt worden sei.“[2] Er hätte noch weiter ausholen können, doch dann hätte er wohl zu viel Verständnis gezeigt: Der brutale Antisemitismus, heute noch endemisch, entsprach dem Zeitgeist. Auch die ehrbaren Genickschuss-Soldaten der deutschen Wehrmacht fühlten sich dem Zeitgeist verbunden.[3]
Die Zahlen der auch der Kirche bekannten Missbrauchsfälle erschrecken.[4] Das Erschrecken wird größer, wenn man bedenkt, dass auf jeden in den Kirchenakten bekannten Missbraucher, nicht alle sind dort aktenkundig, waren aber doch bekannt, dass auf jeden Missbraucher mehrere Vertuscher kamen. Alles Zeitgeist? „Was ihr den Geist der Zeiten heißt, ist nur der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln.“[5]
Die Ausrede des Ertappten: „Aber andere auch“.
Eine theologische Bankrotterklärung? Lassen wir beiseite, dass Forderungen, die Kirche müsse mit der Zeit gehen, oft abgewimmelt werden mit dem Argument, die Kirche dürfe nicht dem Zeitgeist hinterherhecheln. (Das Argument wird bei der Diskussion über den Zölibat wieder benutzt werden.) Schauen wir auf das Grundsätzliche, mit dem der Stellvertreter Gottes theologisch zu messen ist. Er ist das reale Auge Gottes[6] auf Erden. Nun ja, er nimmt Teil an der Zweinaturenlehre[7], ist also auch Mensch und sieht nicht immer alles, besonders wenn der Zeitgeist auch über ihn und seine Administration kommt.
Doch es gibt Eindeutigkeiten, die auch der Zeitgeist nicht beiseite schieben kann. „Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben, dem wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft werde im Meer, da es am tiefsten ist.“[8] Wo also waren die Augen der vielem Missbraucher und Vertuscher? Sie hätten wissen müssen und ermessen können, was sie taten. Die Ausrede des Ertappten: „Aber andere auch“, die entschuldigt nicht vor Gottes Gericht. Die vielfachen Abbildungen vom alles sehenden Gott, das von Kind an gehörte „der liebe Gott sieht alles“ werden von diesem Papst zum Kinderglauben erklärt: nicht so ganz ernstzunehmen, denn „andere doch auch“. Gottes Auge? Nur eine Vision.[9]
Der Anspruch sieht anders aus: „Die Lehre von der unfehlbaren Kirche führt dazu, daß diese Kirche keine Fehler machen kann/darf. Kommen Fehler vor, z.B. in den Erziehungsheimen, ist es nicht die Kirche, sondern der sündige Einzelne, der „gefehlt“ hat [aber nun hat sogar der Zeitgeist die vielen Einzelnen im kirchlichen Dienst verführt.] Eine solche Einrichtung ist also in allen Dingen darauf bedacht, ihr Wappenschild sauber zu halten.“[10]
Wozu der Papst sich nicht aufraffen konnte, war von einer sündhaften Kirche zu sprechen wie damals der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Zollitsch. Der „sprach … von der sündhaften Kirche. Es hilft nun nicht, auf die Sünden anderer zu verweisen, …. Wo die Kirche unglaubwürdig wird, muß das schon wegen ihres eigenen Anspruchs schonungslos diskutiert werden. Ich habe leider den Eindruck, daß es der Kirche an dafür kompetentem und glaubwürdigem Führungspersonal mangelt, und das nicht erst seit dem Heimkinder- und dem Mißbrauchsskandal.“[11]
Doch anstelle öffentlich stellvertretend für die Kirche Asche auf sein Haupt zu streuen, mea culpa, mea maxima culpa zu rufen und großzügige Entschädigungen anzukündigen, sagt er: „Andere auch“ und schiebt es auf den Zeitgeist. Die Kirche sollte von einem anderen Geist erfüllt sein.
Fußnoten
[1] Papst zu Missbrauchsskandal: „Nicht nur heutige Maßstäbe anlegen“ https://www.tagesschau.de/ausland/papst-missbrauchsskandal-101.html, aufgerufen am 30.9.18
[2] wie 1
[3] Doch diese Phase ist ja nur „ein Vogelschiss“ im Rahmen der sonst ruhmreichen deutschen Geschichte. „Steigbügelhalter der neuen Nazis“: Scharfe Kritik an Gauland nach „Vogelschiss“-Aussage https://www.stern.de/politik/deutschland/afd–alexander-gauland-nach–vogelschiss–spruch-scharf-kritisiert-8007172.html aufgerufen am 30.9.18
[4] „Katholische Kirche darf als “Kinderficker-Sekte” bezeichnet werden.“ https://religionundgesellschaft.wordpress.com/2017/08/22/kinderficker-sekte/ aufgerufen am 30.9.18
[5] Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, 1808. Szene: Nacht, Faust zu Wagner
[6] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/5828132702/
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Christologie#Die_Zwei-Naturen-Lehre
[8] Matthäus 18, 5f
[9] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/2707133319/
[10] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/09/11/11-september/
[11] https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/10/31/franz-peter-tebartz-van-elst-der-mann-des-jahres/
Präsident Macron und seine theologischen Qualitäten
»Macron betonte, dass die Heldengeschichte der Jungfrau von Orleans zum historischen Erbe aller Franzosen gehöre und sie erleben lasse, dass sie eine gemeinsame Geschichte hätten, eine Geschichte, „die uns zusammenhält“. Und weiter: „Die großen Gestalten der Vergangenheit sprechen nicht zu uns. Niemals haben sie versucht, uns eine Botschaft zu senden. Nur wir selbst bringen sie zum Sprechen. Nur wir selbst konstruieren ihre Legenden, auf die wir uns stützen. Aus unserer Geschichte erwachsen unsere Hoffnungen und unsere Kraft zu handeln.“«
So wird aus einer Rede von Macron zitiert. Er hat sie am 8. Mai 2016 – noch als recht unbekannter Wirtschaftsminister unter Hollande – zu Ehren der Jeanne d’Arc bei den jährlichen Feierlichkeiten in Orleans auf Einladung der Stadt gehalten.[1]
Das ist ein beachtliches Zitat. Die beiden Theologen meiner Familie haben unabhängig voneinander sofort die Parallele zur Theologie gezogen, zur liberalen Theologie natürlich. Denn es geht um den berühmt-berüchtigten „garstigen, breiten Graben“, den Lessing zwischen Zeugnissen aus der Vergangenheit und der Gegenwart ausgemacht hat,[2] – eine Erkenntnis, die bis heute die Theologen beschäftigt, mit unterschiedlichen Ergebnissen.[3]
Macron scheint dieser Graben keine Probleme zu bereiten und setzt auf das sinnstiftende Potential historischer Personen (und Ereignisse). »Aber ist der Rekurs auf historische Größe noch zeitgemäß? Macron sagte in Orleans: „Die Franzosen brauchen Jeanne d’Arc, weil sie uns zeigt, dass das Schicksal nicht festgeschrieben ist.“«
Dieser Satz lässt sich auch für den Umgang mit Personen aus jedweder (Religions)-Geschichte nutzen. Macron hat eine vorzügliche, auch theologisch-nützliche Interpretation vorgelegt.
Übrigens: Jeanne d’Arc[4] wurde heiliggesprochen. Ihre Skulptur steht in vielen französischen Kirchen. Und: Frankreich ist ein betont säkularer Staat.
[1] Zitate aus GERD KRUMEICH, Macron über Jeanne d’Arc, Ihm wächst ein Wortfeld, FAZ, 26. Juli 2017, S. N3
[2] http://www.zeit.de/1980/25/anti-goeze/komplettansicht Achtung: Unkorrierter Scan!
[3] Nur ein Beispiel: http://www.theologiestudierende.de/2015/03/09/moment-mal-lessings-garstiger-graben/
Heftiger Zoff um Luthers Jahr
Theologie der Wut ist der Artikel in der FAZ überschrieben. »Zwischen Professoren und Kirche eskaliert der Streit über das Reformationsjahr – mit deftigen Worten«[1]
Zwei Göttinger Professoren streiten mit Thies Gundlach, dem Vizepräsidenten des EKD-Kirchenamtes, der kraft seiner Funktion nicht selten „Cheftheologe“ der evangelischen Kirche genannt werde. Wie gerechtfertigt diese Zuschreibung auch sei, in seiner Position erweist Gundlach nicht nur der universitären Theologie, sondern auch der Kirche einen Bärendienst.
Der FAZ lag ein Aufsatz vor, der demnächst in der Zeitschrift „Zeitzeichen“ veröffentlicht wird. Darin antworten die beiden Göttinger Professoren, Kaufmann und Laube, »auf eine höchst ungewöhnliche Attacke Gundlachs in der vorangegangenen Ausgabe dieser Zeitschrift. Der 61 Jahre alte Kirchenfunktionär hatte darin einen „Ausfall perspektivischer Theologie“ vor der großen 500-Jahr-Feier beklagt. Der Professorenschaft scheine „ein tragender Gedanke zu fehlen“. Trotz zehn Jahren Vorbereitungszeit fehle ihnen bis heute „eine weiterführende Idee und eine konstruktive Interpretation“ der Reformation. Stattdessen seien sie gefangen in „grummeliger Meckerstimmung“ und „besserwisserischer Ignoranz“.«
Es mag sein, dass gewisse professorale Ehrpusseligkeiten hinzugetreten sind. Doch davon abgesehen: Die Vorwürfe Gundlachs mögen zwar auf richtiger Beobachtung gründen, sie sind aber als Feststellung ein Beleg für die Unabhängigkeit theologischer Wissenschaft von den Kirchen. Sollten die theologischen Fakultäten nach der Pfeife ihrer Kirche tanzen wollen, wäre das das – berechtigte – Ende von Theologie an den Universitäten.
Die FAZ schreibt richtig: »Die Veröffentlichung solcher Vorwürfe ist für einen ranghohen Kirchenfunktionär ein riskanter Schritt. Gundlach ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass seine Attacken nicht als fachlicher Beitrag zur Debatte interpretiert werden, sondern vor der Folie kirchenamtlicher Eingriffe in die Autonomie der Wissenschaft.«
Dem ist nichts hinzuzufügen.
[1] Alle Zitate aus: Theologie der Wut, Zwischen Professoren und Kirche eskaliert der Streit über das Reformationsjahr – mit deftigen Worten / Von Reinhard Bingener FAZ, Montag, 20. März 2017, S. 3
Religion in der Postmoderne
»Man kann … Postmoderne auch als Ende der Ideologien definieren. Der Philosoph Jean-François Lyotard sieht die Postmoderne als das Ende der großen Erzählungen, die von dem großen Entwurf der Moderne handelten, Erzählungen von der Aufklärung und daran anschließende Bewegungen stoßen auf Skepsis. Die Folge ist eine Indifferenz gegenüber Überzeugungen. Sie werden als Privatmeinungen oder Gesinnungen betrachtet, die im besten Fall nicht schaden, aber nicht aus sich, sondern nur am Nutzen gemessen werden.«
Ein Artikel, der lauter Fragen aufwirft – gibt es neue Antworten? http://www.explizit.net/Kirchen/Religion-in-der-Postmoderne-Darum-muss-sich-die-Pastoral-aendern
Kirchenzucht in den 60er Jahren
Ein Hamburger Hauptpastor hatte seinen naiven Glauben verloren, wurde entlassen und reiste nun, Ende der 60er Jahre, durch Deutschlands Universitäten, um seinen Verlust und den Grund dafür kundzutun. Der Hörsaal war voll. Direkt vor mir in der Reihe zwei renommierte Theologieprofessoren. Sie tauschten sich hörbar aus über die Naivität des gewesenen Hauptpastors. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der beiden hatten durchaus auch etwas mit dem „Glaubensverlust“ des nun ehemaligen Pastors zu tun. Ihre Sarkasmen erregten meinen Abscheu. Heute wäre ich nachsichtiger mit ihnen, aber nur etwas. Doch immerhin hatten sie einen eleganteren Weg gefunden für die Überwindung ihres naiven Kinderglaubens.
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete am HAZ 20. März 1979
„Kirchenrebell“ Paul Schulz darf nicht länger Pfarrer bleiben
Nach mehrjährigem Lehrbeanstandungsverfahren verliert der ehemalige Pastor von St. Jacobi in Hamburg alle seine Kirchenämter
Hannover (epd/dpa/idea) Der seit Oktober 1976 beurlaubte Hamburger Pastor Paul Schulz darf nicht länger Pfarrer bleiben. Zu dieser Entscheidung, die am Montag in Hannover bekanntgegeben wurde, kam das siebenköpfige Spruchkollegium der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) unter Vorsitz des hannoverschen Landesbischofs Eduard Lohse. Das Urteil wurde gefällt auf Grund der mündlichen Verhandlungen in dem mehrjährigen Lehrbeanstandungsverfahren gegen den Theologielogen. Mit der Zustellung des Spruchs an Paul Schulz am Montag ist das Verfahren abgeschlossen.
Der von Lohse im lutherischen Kirchenamt bekanntgegebene Spruch lautet: „Pastor Dr. theol. Paul Schulz ist öffentlich durch Wort und Schrift in der Darbietung der christ-lichen Lehre in entscheidenden Punkten in Widerspruch zum Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche getreten und hält daran beharrlich fest. Er ist mithin nicht mehr fähig, eine amtliche Tätigkeit im kirchlichen Dienst auszuüben.“
Dies bedeutet nach dem Pfarrergesetz der VELKD den Verlust aller Rechte aus der Ordination. Schulz verliert danach das Recht zur Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung, zum Führen der Amtsbezeichnung und zum Tragen des Talars. Auch aller besoldungs- und versorgungsrechtlichen Ansprüche geht Schulz verlustig, doch kann dem ehemaligen Pastor ein widerruflicher Unterhaltszuschuß in Höhe des bisher erdienten Ruhegehalts — rund 2130 DM – gezahlt werden, betonte ein Sprecher der VELKD. Er deutete an, daß die nordelbische Kirchenleitung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werde.
Paul Schulz war seit 1970 Pastor an der Hauptkirche St. Jacobi in Hamburg. Er wurde nach einer umstrittenen Predigtreihe, in der er u. a. zentrale christliche Begriffe wie Gott und Auferstehung sowie die Verbindlichkeit der Bibel in Frage gestellt hatte, 1975 zunächst beurlaubt und im Jahr darauf vom Dienst suspendiert. Gleichzeitig wurde ein sogenanntes Lehrzuchtverfahren gegen ihn eröffnet.
Bei seiner Entscheidung berief sich das Spruchkollegium u. a. auf die Auffassungen von Schulz zur Gotteslehre. Das Reden von Gott als Person komme für Schulz aus einem völlig überholten Denkmodell. Auch mit der Lehre von Jesus trete Schulz in entschei-denden Widerspruch zu Schrift und Bekenntnis. Denn Jesus habe für ihn nicht die Bedeutung als Erlöser, wie sie alle Schriften des Neuen Testaments und die reforma-torischen Schriften als den zentralen Inhalt des Evangeliums herausstellten.
Das Spruchkollegium kritisierte auch die Auffassungen von Schulz zur Frage einer Hoffnung über den Tod hinaus und zur Auffassung von Kirche und ihrer Bekenntnisse. Im Gegensatz zu seinem bei der Ordination abgelegten Gelübde propagiere Schulz eine Lehre, in der es den Willen Gottes nicht gebe, Christus keine Bedeutung habe und Schrift und Bekenntnis historische, aber nicht aktuelle Größen seien.
Lohse erklärte, die kirchlichen Gremien hätten ein Höchstmaß an Geduld bewiesen, um außerhalb eines Feststellungsverfahrens eine Einigung zu erzielen. Die Kirche habe keinesfalls die Absicht, die Freiheit des theologischen Denkens einzuschränken. Man wolle nicht „mit der Meßlatte durch die Gegend gehen und die Rechtgläubigkeit der einzelnen Pastoren messen“.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Rechtsbeistand von Schulz gegen das Verfahren geltend gemacht hatte, wurden von dem Spruchkollegium zurückgewiesen. Eine Revisionsmöglichkeit besteht nach Angaben Lohses nicht. Denkbar sei aber, daß ein Weg zum Bundesverfassungsgericht gesucht werde.
Die theologisch konservativen Protestanten haben das Urteil im Fall Schulz begrüßt. Die evangelische Kirche solle sich in ähnlicher Weise von anderen „Irrlehrern“ trennen, erklärte der Vorsitzende der Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands, Superintendent George (Berlin).
Gegen die „Kirchenfürsten“
»Die Radikalisierung im Bürgertum macht offenkundig vor den Christen nicht halt.«[1]
Wenn Kirchenleitungen sich deutlich und mit guten christlichen Gründen gegen Pegida positionieren, werden sie angegriffen – aus der ultrarechten Seite des Glaubensspektrum. Diese Leute sind für Pegida und deren Ziele. So wird aus einem politischen Konflikt ein theologischer.
Da meinen manche Traumtänzer, mit der Religion sei es doch heutzutage eigentlich aus. Weit gefehlt. Wie gut, dass es viele Kirchengemeinden mit vielen freiwilligen Helfern für Flüchtlinge in Not gibt. Ihr Tun demaskiert die falschen theologischen Parolen.
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/putin-orban-und-afd-rechte-christen-finden-politische-heimat-14043650.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Laizismus als Lösung vieler Probleme? – Anscheinend nicht, hatte ich argumentiert …
… und bekam Kommentare. Einer war ergiebig[1].
Zunächst einmal herzlichen Dank für die links, liebe Frau Tkocz, denn sie waren weiterführend. Auf die beiden links selber will ich – von der grundlegenden Frage abgesehen – nur kurz eingehen. Das „Hirtenwort“ [2] des Kölner Kardinals[3] hält keiner theologisch fundierten Betrachtung stand. Er verbreitet unreflektiert die bekannte katholische Familienideologie. Die kann man leicht auseinanderpflücken, lohnt aber die Mühe nicht. Das gilt noch mehr für den Vortrag[4] der grobschlächtig popularisierenden Gabriele Kuby[5]. Da frage ich mich als Psychologe eher, wie sie bei ihrer exquisiten Vorbildung den turn zur – sagen wir: intellektuellen „Schlichtheit“ geschafft hat. Doch gerade diesem Link verdanke ich viele weitere, insbesondere den auf Judith Butler[6] – eine tolle Frau, die ich bisher – weil als feministisch verschrien – nicht wahrgenommen habe. Dazu weiter unten.
Die grundlegende Frage hinter dem Hirtenwort und der Gesellschaftskritik von Frau Kuby – ein viel zu anspruchsvoller Begriff für diesen Vortrag – die grundlegende Frage also ist, ob man Kindern zumuten kann, in diesem geistig-geistlichen Muff aufzuwachsen. Die Frage haben Sie eigentlich auch schon beantwortet: „die Religion … muss sich lediglich an`s Grundgesetz halten“.
Das Grundgesetz, wie auch erst wieder kürzlich das Verfassungsgericht, räumt dem Erziehungsrecht der Eltern einen großen Raum ein. Obwohl sich in mir alles sträubt, hier ist auch das Recht inbegriffen, dass Eltern ihre Kinder in absurd erscheinenden Parallelwelten erziehen – soweit dies nicht gewälttätig erfolgt[7] oder sonstwie plausible Schädigungen verursacht[8].
Eine in der Diskussion hervorstechende Parallelwelt taucht bei der Frage der Sexualerziehung auf. Meisner und Kuby würden sicherlich all die historischen Beispiele als schon damals sündhaft abtun, die zeigen, dass ihre Normvorstellungen auch schon früher nicht allgemein durchsetzbar waren, wobei Frau Kuby sich als die gebildetere erweist in der Zurückführung der Verderbnis in Geschichte und Philosophie. Der Hirte hat – ich will ihm keine Unbildung unterstellen – wohl eher an Schafe als Adressaten gedacht. Doch zu beider Entsetzen haben sich die Normen verändert und sind relativiert worden. Das müssen sie beklagen dürfen. Doch genau in dieser, in ihren Augen sündigen, Welt werden sich auch durch Oberhirten behütete Kinder behaupten müssen[9]. Kinder aus egal welchen Elternhäusern werden also damit konfrontiert, dass andere Kinder anderes gelernt haben. Im Sinne eines friedlichen Miteinanders werden sie lernen müssen, dass es zum einen andere Werte-Welten gibt als die ihnen vertrauten; sie müssen sie verstehen und respektieren lernen – was auch umgekehrt gilt. M.a.W.: Sexualerziehung hat keine missionarische Aktion zu sein, egal in welcher Richtung. Aber sie gehört – alters- und entwicklungsgemäß abgestuft – zum Pflichtunterricht. Vor naiv-fortschrittlichem wie vor weltanschaulich-rückwärtsgewandtem Lehrpersonal sei gewarnt. Doch auch diese sind Persönlichkeiten mit eigener Werte-Erfahrung und -Position.
Die Ausgangsfrage war jedoch die Einbindung von Religion in Staat und Gesellschaft. Im Unterschied zu Frankreich werden in Deutschland die Ressourcen der Konfessionen vom Staat genutzt. Dass sich dies nicht immer zum Vorteil der Kirchen und ihrer Einrichtungen ausgewirkt hat, habe ich in meiner Rezension zu „Himmelsthür“ dargelegt[10]. Zu dieser „hinkenden Trennung von Staat und Kirche“[11], wie die Fachleute den Zustand bei uns nennen, gibt es viel zu sagen, wie schon vielfach auch in diesem Blog geschehen, kritisches wie positives. Eine Frau Kuby trifft sich in ihrer Kritik bestimmt mit der von vielen Kirchengegnern von der anderen Seite. Doch generell läßt sich wohl sagen, dass Christen sich in diesem Staat gut aufgehoben erleben und Mitspracherecht haben. Es wäre ein Fortschritt, wenn das auch die Muslime so sehen könnten, die sich an die staatlichen Gesetze halten – und das ist die überwiegende Mehrzahl. Aber nur so läßt sich der Islam in unsere plurale Gesellschaft einbinden und nur so wird die Umma[12] auch der clamheimlichen Sympathie mit Gewalttätern aus ihrer Mitte den Nährboden entziehen können. Frankreich mit seiner laïzistischen Staatsreligion hat das nicht geschafft. Es ist übrigens lehrreich und geradezu erheitend zu lesen, wie die Trinität von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in Anlehnung an das religiöse Vorbild sich herausgebildet hat.[13] Man meint aber, die muslimisch erzogenen Kinder der Banlieue mit noch mehr staatsbürgerlichem Patriotismus fesseln zu können. Doch sie sind die Kinder „D’OUTRE MER“[14] und pfeiffen auf die Marseillaise.
Nun zur letzten Frage, zur Kritik der Religion an Staat und Gesellschaft. Da gibt es als Grundlage das Böckenförde-Diktum[15] und dann als Beipiel die oben genannte Judith Butler. »Ich bin eine Wissenschaftlerin, die durch das jüdische Denken zur Philosophie gekommen ist, und ich verstehe mich als jemand, der eine jüdische ethische Tradition verteidigt … Ich … entwickelte dabei radikale ethische Positionen auf der Grundlage des jüdischen philosophischen Denkens. Ich lernte – und lernte zu akzeptieren –, dass wir von anderen, wie auch von uns selbst, angerufen und in Anspruch genommen werden, um auf Leid zu reagieren und zu seiner Linderung beizutragen. Um dies zu tun, müssen wir sensibel genug sein, den Ruf zu hören und die Mittel zu finden, um reagieren zu können. … Während meiner Einweisung ins Judentum habe ich auf Schritt und Tritt gelernt, dass es nicht hinnehmbar ist, im Angesicht von Ungerechtigkeiten zu schweigen. …“[16]
In meinem Berufsethischen Unterricht für Polizeibeamte habe ich immer empfohlen, bei der Vereidigung die religiöse Formel zu benutzen: So wahr mir Gott helfe. Denn egal, an welchen Gott Sie glauben: In Ihrer Berufszeit kann sich manches ändern und Sie könnten in Situationen geraten, in denen Gott wohl nicht helfen wollen wird, einen Befehl zu befolgen. Dann bindet Sie Ihr Eid nicht mehr. Eine feierliche Vereidigung ist die rituelle Überhöhung eines säkularen Dienstversprechens. Die Berufung auf Gott scheint mir dabei als Gegengewicht angemessen. Ginge es nur um eine Unterschriftsleistung, würde die Gesetzlage ausreichen. Doch dass das Remonstrationsrecht[17] im Grunde eine Remonstrationspflicht ist, haben die Beamten eher im Berufsethischen Unterricht gelernt als in der Staatsbürgerkunde.
[1] https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/28/laizismus-als-losung-vieler-probleme/#comments
[2] http://www.kath.net/news/30569/print/yes
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Meisner
[4] http://www.gabriele-kuby.de/wortmeldungen/die-sexualisierte-gesellschaft/?type=98
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Gabriele_Kuby
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Judith_Butler
[7] wie z.B. https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/01/21/glaubensgemeinschaft-zwolf-stamme-sie-werden-wohl-nichts-daraus-lernen/
[8] Letzteres gibt es durchaus und es ist schwer, das Juristen plausibel zu machen, wie ich es in einem auch für mich aufwendigen Fall erlebe.
[9] Sehen wir einmal davon ab, wie die Praxis der Sexualaufklärung durch die Hirten zuweilen ausgesehen hat.
[10] http://jacobsmeinung.over-blog.com/2015/01/rezension-des-buches-vom-frauenasyl-zur-arbeit-fur-menschen-mit-geistiger-behinderung-130-jahre-diakonie-himmelsthur-1884-2014.html
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Trennung_von_Kirche_und_Staat
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Umma
[13] Mona Ozouf, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, in Pierre Nora, Hrg., Erinnerungsorte Frankreichs, München 2005, S. 27-62.
[14] https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/6949557245/in/set-72157632548603352 Photo vom bombastischen Kriegerdenkmal in Nizza, Übersetzung Dierk Schäfer
[15] lohnt sich nachzuschlagen und nachzudenken: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6ckenf%C3%B6rde-Diktum
[16] http://www.zeit.de/kultur/literatur/2012-08/judith-butler-kritik-israel-antwort/komplettansicht
Das religiöse Tier
Jonathan Sacks zeigt in seinem Artikel die Bedeutung der Religion im evolutionären Prozeß auf. http://www.nytimes.com/2012/12/24/opinion/the-moral-animal.html?_r=2& 25/12/2012
Das ist nachvollziehbar, läßt aber grundsätzliche Fragen offen.
Der Mensch reagiere auf Angriffe ganz spontan und schnell als ein Individuum, das sein Überleben sichert, und in der Hitze des Gefechts würden die Spiegelneuronen übergangen und Moral und Religion geraten aus dem Blickfeld. Ein zweites Reaktionsmuster im Gehirn jedoch sei vernunftgesteuert und sichere das Überleben der Art. Das sei unabhängig vom Ergehen des Individuums in der Summe von evolutionärem Vorteil.
Das mag plausibel klingen. Doch schon für die genannten Hirnabläufe ist manches fragwürdig.
Wichtiger aber: Kriege sind selten eine Notwehrreaktion, sondern werden mit Überlegung geplant, vorbereitet und exekutiert. Dabei wurden in den klassischen Kriegen junge Menschen in Notwehr- und Nothilfesituationen gebracht. Die Religion diente sehr häufig zur überhöhenden Motivierung des Gesamtunternehmens und zur individuellen Motivierung zum Kampf – mit Trostfunktion für die Hinterbliebenen der gefallenen Helden. „Gott mit uns“, stand auf den Koppelschlössern und auf manchen Kriegerdenkmälern: „Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh. 15,13). Ganz zu schweigen von den Kriegspredigten der Geistlichen auf beiden Seiten der Front, mit denen sie den lieben Gott in Entscheidungsnöte brachten. Wenn man dies bedenkt, schmilzt der Evolutionsvorteil religiöser Bindung dahin, es sei denn, man wiege die Kanonenfutter-Verluste zynisch auf mit „Seid fruchtbar und mehret euch“.
Die bei Sacks erwähnte Untersuchung wird aber wohl stimmen. Danach engagieren sich Menschen mit religiöser Praxis stärker für andere.
Doch wer mag hier gewichten?
Mit den Werbe-Anzeigen in meinem Blog habe ich nichts zu tun. Ich halte sie für eine Form von Piraterie und bitte ausdrücklich darum, diese unerbetene und belästigende Werbung nicht zu beachten.
»Moralische Lethargie in der Kirche«
»Moralische Lethargie in der Kirche«
»Die Vertrauenskrise wegen des Kindesmissbrauchs in ihren Reihen betrifft die katholische Kirche als soziale Institution. Ihre Unfähigkeit, eigene pathogene Strukturen und die Folgen klerikaler Vertuschungen zu erkennen, beruht auf einer noch immer höfischen Organisation und einem Selbstverständnis, das den Geist des Absolutismus nicht überwunden hat.«
So beginnt der kluge und lesenswerte Beitrag von Professor Dr. Franz-Xaver Kaufmann in der gestrigen FAZ. Er analysiert die Lage der katholischen Kirche, den innerkirchlichen Absolutismus und meint, dieses Relikt werfe in einer rechtsstaatlich geprägten Kultur auch theologische Fragen auf: »Wie ist die Sündhaftigkeit zu qualifizieren, die sich in bestimmten kirchlichen Strukturen breitmacht? Lässt sich, so wäre zu fragen, die herkömmliche Unterscheidung zwischen der Sündhaftigkeit des kirchlichen Personals und der Heiligkeit der Institution noch aufrechterhalten, wenn offensichtlich strukturelle Eigenschaften der Kirche Mentalitäten moralischer Lethargie oder sonstige Missstände prägen?«
»Das gegenwärtige mediale Debakel der katholischen Kirche droht in ein moralisches zu münden. Nicht der Kindesmissbrauch als solcher und erst recht nicht die uns heute teils barbarisch anmutenden und keineswegs typisch kirchlichen Züchtigungsformen sind das moralische Problem der Kirche. Es ist ihre Unfähigkeit, die eigenen pathogenen Strukturen und die Folgen ihrer klerikalen Vertuschungen zu erkennen, zu erörtern und daraus praktische Konsequenzen zu ziehen. «
Damit übt Kaufmann eine grundlegende Kritik an seiner Kirche. Wenn die Kirche Ohren hat und auch hinhört, wird sie sich gründlich reformieren müssen.
Es lohnt sich, den ganzen Artikel zu lesen:
http://www.faz.net/p/Rub0FA9A4B1B13749AC97BC3B6889482661/Dx1~E7daf91ac6dd391e56708d0c679e24120~ATpl~Ecommon~Scontent.html [Montag, 26. April 2010]
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