Dierk Schaefers Blog

»Die Anhäufung schädlicher Gene in der Bevölkerung …

Posted in Kirche, Menschenrechte, Theologie by dierkschaefer on 7. Juli 2012

… und die wirtschaftlichen Folgen für die Gesellschaft«

Das Bewußtsein der Öffentlichkeit sei zu »schärfen für die impliziten sittlichen Fragen und für die Notwendigkeit, sich ernsthaft mit Dingen auseinanderzusetzen, die wir bisher der Natur überlassen haben, wobei wir auch schlechte Entwicklungen in Kauf nahmen«.

Wo steht’s geschrieben?

In Hitlers „Mein Kampf“? Das würde passen, doch der Stil ist zu „elaboriert“.

Oder handelt es sich um eine Stellungnahme des Präsidenten der Bundesärztekammer zum Bluttest zur Früherkennung des Downsyndroms mit impliziter Abtreibungsempfehlung? Letzteres wohl eher nicht. In der Sache zwar gleich deutet doch der Stil weiter in die Vergangenheit.

Entgegen meiner ersten Vermutung stammt das Zitat nicht aus der Nazizeit, wenn hier auch lupenreine Nazi-Erblehre zum Vorsch(w)ein kommt. Es handelt sich vielmehr um eine Expertise des Ökumenischen Rates der Kirchen von 1973 zum Thema „Bevölkerungspolitik, soziale Gerechtigkeit und die Qualität des Lebens“. Das Zitat fand ich im Artikel von Heike Knops, die im Deutschen Pfarrerblatt unter der Überschrift „Way of no return“ vor der rechtlichen Tolerierung der Beihilfe zum Suizid warnt (Pfarrerblatt 3/2012).

Ich rieb mir die Augen und schaute noch einmal auf das Datum: 1973!

Also nicht Pastors Friedrich von Bodelschwingh aus Bethel, der schon 1931 in Treysa den „Willen Jesu“ erfüllen wollte, indem er vom Mut sprach, „vorausgesetzt, dass alle Bedingungen gegeben und Schranken gezogen sind, hier im Gehorsam gegen Gott die Eliminierung an anderen Leibern zu vollziehen, wenn ich für diesen Leib verantwortlich bin.“ Es ging um die Zwangssterilisation von Behinderten.

Nein, es ist der Ökumenische Rat der Kirchen, der nach den Erfahrungen des Nazi-Terrors gegen „unwertes Leben“ anno domini 1973 dieses meinte verkünden zu müssen.

In „absoluter Bestürzung“ schrieb ich daraufhin einen Leserbrief an das Pfarrerblatt, der auch im Heft No: 5 erschien. Mein Schlußsatz: „Mich interessiert, inwiefern unsere Landeskirchen die »Expertise« des ÖRK mitverantwortet haben und welchen Stellenwert sie heute noch hat. Gab es einen Widerruf? – Ob eine Landeskirche wohl antwortet?“

Bisher hat keine Landeskirche geantwortet. Da ich dieses erwartet und befürchtet hatte, dachte ich mir: Schreib doch einfach an „deinen“ Landesbischof. Schlußsatz meines Mails vom 25. April 2012: „Es wäre für mich sehr beruhigend, wenn Sie, sehr geehrter Herr Landesbischof, in dieser Frage auf eine geänderte Position der Kirche hinweisen können, die ich gern auch öffentlich kommunizieren würde.“

Bis heute kam keine Antwort. Zunächst dachte ich mir: Na ja, der Mann hat viel zu tun. Die Gemeinden reißen sich um ihn, besonders bei Jubiläumsgottesdiensten, da muß er dann predigen. Dann die Arbeit in der Synode. Schließlich muß er den Laden zusammenhalten, was in einer theologisch zerstrittenen Landeskirche bestimmt nicht einfach ist. Und dann schließlich das Klein-Klein des Alltagsgeschäfts. Ist wirklich kein einfacher Job. Da wird er nicht ins Archiv gehen können und alte Expertisen des Ökumenischen Rates ausgraben.

Muß er aber auch nicht, sagte ich mir dann. Er hat Mitarbeiter, die das für ihn tun können. Nicht einmal muß er mir selber antworten. Es reicht doch, wenn mir ein Mitarbeiter schreibt, der Bischof danke für mein Interesse. Er habe ihn beauftragt, und nun recherchiere man gerade und melde sich wieder. Hätte mir genügt – ehrlich. Doch bis heute kam nix.

Photo: dierkschäfer

Offen gesagt: Ich hätte mich auch gewundert. Ob er wohl gemerkt hat, daß ich tatsächlich nichts von ihm erwartet hatte? Ich hätte mich aber gern gewundert.

3 Antworten

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  1. E.Kronschnabel said, on 8. Juli 2012 at 07:43

    Na, lieber Herr Pastor im Unruhestand,

    da bin ich als absoluter Gegner der FIRMA Kirche bei deren Einschätzung aber ein Stück weiter als Sie.
    Sie beginnen schon mit einem Schreibfehler.

    Der Ökomenische Rat heisst in Wirklichkeit ÖKONOMISCHER Rat. Also sollten Sie sich über die Ergüsse der Heike Knops nicht wundern, die schrieb nur das, was die
    Brüder des Ökonomischen Rates ihr auftrugen. Pflege von behinderten Menschen ist teuer – und man hatte ja
    schon von Fritze Bodelschwingh (dem Jüngeren) die geistige Freigabe zur erneuten Veröffentlichung dieser
    menschenverachtenden Denke durch Heike Knops erhalten.

    Sie wollten sich aber gerne wundern. Das geht so:Ich wundere mich darüber, dass Sie sich noch über Dinge
    wundern, die schon immer zum Wundern waren: Die ganze Firma Kirche war immer zum Wundern!!! Und ganz
    wunderbar: Es gelingt deren Handelsvertreter das Wunder, abermillionen gläubigen Schafen zu erklären, dass
    das eben ein wunderbares Wunder ist, was man den Schafen da (gegen wahnsinnig viel Kohle) als Gotteswunder verkauft. Geht ja auch wunderbar…

    In Verbindung mit Kirche wundert mich schon 50 Jahre lang nichts mehr. Der einzelne Gläubige ist doch selbst
    Opfer dieser Firmen mit Titel Kirche.Sie kennen den Wahlspruch des Ökonomischen Rates der EKD?: „Erde
    zu Erde, Asche zu Asche, möglichst viel Kohle in unsere Tasche!“

    Wenn Sie sich jetzt wundern konnten, bin ich’s zufrieden, lieber Pastor im Unruhestand.

  2. Helmut Jacob said, on 8. Juli 2012 at 13:39

    „Ob er wohl gemerkt hat, daß ich tatsächlich nichts von ihm erwartet hatte? Ich hätte mich aber gern gewundert.“
    Lieber Herr Schäfer, die kennen ihre Pappenheimer. Sie werden keine Antwort erhalten. Ich werde keine Antwort erhalten und darum stelle ich meine Briefe direkt ins Netz. Aber Sie werden gelesen, von denen ganz oben. Auch ich habe meine Stammkundschaft aus höheren Kreisen. Und weil sie uns lesen, kenne sie ihre Pappenheimer. Und weil ich gelesen werde, weiß ich, dass meine Mitteilung genau da ankommt, wo ich sie hinschicken will. Sicher sind Ihre Botschaften noch bemerkenswerter und entfalten Wirkungen an Stellen, die für die Überlebenden der Heimhöllen viel wichtiger sind, als abgehobene Kirchenfürsten.


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