Dierk Schaefers Blog

Ein Sendbrief an die Kirchengemeinden und ihre Pfarrer beiderlei Geschlechts

Posted in Kinderrechte, Kirche by dierkschaefer on 25. September 2014

Der Brief stammt von Uve Werner. Er ist hier im Originalwortlaut wiedergegeben.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Pfarrgenmeinderat,
sehr geehrtes Presbyterium,

am 8.September 2014, schrieb der Kath. Gemeindeleiter, Markus Widmer, von der schweizerischen kath. Pfarrei Gossau (Kanton Zürich), einem ehemaligen Heim-u.Verdingkind, siehe Link anbei.
Diesen Brief möchte ich zum Anlass nehmen, dass auch in Deutschland, katholische und evangelische Gemeinden und Pfarreien, dazu beitragen können, die Mauer, zwischen den Bistümern und Landeskirchen und den Ehemaligen Heimkindern, einzureissen!
Mauern stehen auch für Hürden, welche viele tausende ehemalige Heimkinder überwinden müssen, um z.B. aus dem Hilfsfond 10.000 Euro, für das damals erlittene Leid hinter Heimmauern, zu erhalten.
Schon das Antragsprocedere, sollte schnell und unbürokratisch von statten gehen, stattdessen aber wurden für viele ehemalige Heimkinder, neue unüberwindbare Mauern und Hürden errichtet.
Was Sie über den „Heimfond für ehemalige Heimkinder“ wissen, ist Ihnen von der Kirchenleitung mitgeteilt worden, oder Sie haben davon aus den Medien erfahren.
Aus vielen persönlichen Gesprächen aber weiss ich, dass oftmals die lokale Geistlichkeit, von dem Antragsverfahren herzlich wenig wissen.
Wahre und echte Betroffenheit herzustellen, ist und war immer das Anliegen vieler Heimkinder-Vereine-Beiräte, aber auch vieler einzelner Heimkinder!
In kaum einer Kirche vor Ort, ist das Schicksal tausender ehemaliger Heimkinder thematisiert worden, weder in Predigten, noch in örtlichen Pfarrgemeinderatssitzungen.
Grosse Gesten vom Papst, Bischöfen, oder vom EKD-Ratsvorsitzenden, waren zwar medienwirksam, aber lösten in den seltensten Fällen, wahre Betroffenheit bei den Gläubigen aus.
Ich schreibe Ihnen dies nicht, um Ihnen Vorhaltungen zu machen, sondern um wahre Betroffenheit herzustellen, da viele ehemalige Heimkinder in Ihrer Gemeinde leben. Diese hadern noch immer mit ihrem Schicksal, können mit niemandem darüber reden, oder leben ein Leben am Existenzminimum.
Meistens sind es ehemalige Heimkinder, welche des Lesen und Schreiben nicht mächtig sind, oder immer noch unter den gesundheitlichen Spätfolgen leiden (Zwangsmedikamentierung, Zwangssterilisierung…).

Von Flensburg bis München, von Aachen bis Berlin, Leibzig und Dresden, gab es in jeder Kirchengemeinde Heime, in denen, so will ich es mal ausdrücken, grosses Leid den Heimkinder zugefügt wurden und selbst geltendes Recht gebrochen wurde. Vom Verbrechen an die Menschlichkeit , oder gar gegen göttliche Gebote, dürfte mittlerweile unbestritten sein.

Ich möchte Sie dazu aufrufen, widmen Sie sich intensiv unserem Schicksal, unterstützen Sie vor Ort jegliche Aktion und Initiative, welche zu einer besseren Verständigung und Aufklärung beitragen kann.
Der Brief des schweizerischen Gemeindeleiters zeigt, wie durch kleine Gesten in einer kleinen Gemeinde, wir ehemaligen Heimkinder uns noch mehr solcher Zeichen wünschen.
Mögen Sie und mein Brief dazu beitragen, dass sich noch mehr Kirchengemeinden, sich dem Brief der schweizerischen Gemeinde anschliesen und zu Herzen gehen lassen.

Mit freundlichen Grüssen
Uwe Werner
Immelmannstr. 163
41069 Mönchengladbach
01522/3627521

https://www.facebook.com/wiedergutmachungsinitiative/photos/a.800694899959588.1073741828.773940375968374/901455803216830/?type=1

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/heimkind-gedemuetigt-und-missbraucht-aid-1.4522742

4 Antworten

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  1. ekronschnabel said, on 25. September 2014 at 22:23

    Uwe,
    schicke mir die Antworten von den angeschriebenen Pfarreien auf mein Mailfach, du hast die Adresse.

    Es interessiert mich, was da von denen rüber kommt, die berufsmäßig vom Gutsein, vom Helfen, von Reue bei Sündern faseln. Ich kann die PfarrerInnen, die FÜR die Interessen der Ex-Heimkinder eintreten, an einer Hand abzählen. Bleibt sogar ein Finger ungezählt.

    Irgendwie lebst du in einer anderen Welt, sagt mir dein Schreiben. Du kannst auch ’ner Katze nahelegen, die
    Mäuse endlich besser zu behandeln.

    • Uwe Werner said, on 26. September 2014 at 09:01

      So ganz unrecht hast Du nicht reinschauen, aber dafür lebe ich dennoch nicht in einer anderen Welt, sondern sehe schon was vor Ort die Fakten sind.
      Im übrigen, muss es ja auch nicht gerade von Vorteil sein, in einer Welt wie dieser zu leben.
      Aber selbstverständlich, werde ich Dir die Antworten zukommen lassen, falls von den Gemeinden eine „unerwartete“ Antwort folgen sollte.
      Aus Deiner Bitte, lese ich dennoch auch etwas Hoffnung heraus und zuletzt noch so viel, da ich finde, dass Tiere generell etwas „menschlicher“ miteinander umgehen.
      Das Katze-Maus-Spiel ist eine Erfindung der Menschen.
      L.g. Uwe

      • Uwe Werner said, on 26. September 2014 at 09:02

        @ekronschnabel

  2. Martin MITCHELL said, on 27. September 2014 at 12:56

    .
    Ein schweizer Pfarrer wendet sich von sich aus an ein Ehemaliges Heimkind. – Deutsche Kirchen und Kirchengemeinden taten gut sich dies mal zum Beispiel zu nehmen.

    Ein ihm völlig fremder katholischer Pfarrer in der Schweiz, Markus Widmer, unaufgefordert, schreibt dem ehemaligen Heimkind / Verdingkind, Walter Emmisberger, einfach so von sich aus folgenden Brief:

    .
    Katholische Pfarrei Gossau

    8. September 2014

    Sehr geehrter Herr Emmisberger

    Vor kurzem bin ich auf Ihre Hompage [ Verein Fremdplaziert – http://www.vereinfremdplaziert.ch ] gestossen. Dort habe ich mit grosser Betroffenheit die Filme über Ihr Schicksal als Heim- und Verdingkind angeschaut und gestaunt darüber, wie Sie damit umgehen und das Leben meistern.

    Als ich kürzlich die Kollekte für einen Gottesdienst zum Thema „Mauern“ festlegen musste, sind Sie mir wieder in den Sinn gekommen. Wie viele trennende Mauern haben doch Ihnen das Leben schwer gemacht, und wie viel Trauriges haben Sie erlebt hinter Mauern, die eigentlich Geborgenheit hätten geben sollen – und das nicht zuletzt auch durch Repräsentanten der Kirche.

    Ihr Leid kann nicht mehr ungeschehen gemacht werden, aber mit unserer Kollekte zugusten des Vereins „Fremdplaziert“ [ d.h. dem Schweizer Ehemalige Heimkinder Verein: „Fremdplaziert“ ], dem Sie präsidieren, werden wir Ihnen in den nächsten Tagen ein kleines Zeichen des Mitgefühls zukommen lassen.

    Ich wünsche Ihnen und allen vom gleichen Schicksal Betroffenen viel innere Kraft im Verarbeiten der Vergangenheit und viel Erfolg beim Erreichen Ihrer Vereinsziele.

    Mit herzlichen Grüssen

    Markus Widmer

    Murkus Widmer, Gemeindeleiter

    Katholisches Pfarramt
    Chapfstrasse 25
    8625 Gossau
    http://www.kath-gossau-zh.ch
    Telefon
    Fax
    Markus.widmer@kath-gossau-zh.ch
    Katholische Kirche im Karton Zürich

    QUELLE: Image dieses Schreibens wiedergegeben @ http://www.fremdplatziert.ch/ ( nachdem man dort ein bißchen runter skrollt ).

    Es mag ja durchaus sein, dass dieses Schreiben auch schon irgendwo auf Facebook erscheint; aber nicht jeder nutzt Facebook und nimmt Einblick dort.
    .


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