Dierk Schaefers Blog

Zwangsarbeit in Ost und West, was sind die Unterschiede?

Posted in Geschichte, Gesellschaft, heimkinder, Kriminalität, Soziologie by dierkschaefer on 17. Juni 2014

„In der DDR wurde sowohl aus rechtlicher Sicht als auch in der Praxis eine verbotene Form der Zwangsarbeit betrieben,“[1] faßt der Historikers Christian Sachse seine Studie zusammen. Die DDR »setzte Zwangsarbeit als „Mittel politischen Zwanges oder politischer Erziehung“ ein, sie benutzte die Häftlinge „für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung“ und sie wendete Zwangsarbeit als Maßnahme der Arbeitsdisziplin an«.

Werfen wir einen Blick auf westdeutsche Zwangsarbeit.

In Übereinstimmung mit »internationalen Konventionen haben Strafgefangene keinen Anspruch auf Auszahlung des vollständigen Lohnes«. Nach Sachse wird das auch vom Grundgesetz toleriert. Über den vollständigen Lohn mag man streiten, nicht jedoch darüber, daß für die Zwangsarbeit deutscher Strafgefangener keine Sozialabgaben bezahlt werden, denn diese Strafe wirkt über die Zeit des Strafvollzugs hinaus[2]. Doch das scheint niemanden zu kümmern, auch ehemalige Heimkinder denken nicht daran. Dabei kennen viele/die meisten von ihnen Zwangsarbeit aus eigener Erfahrung. Ihre Zwangsarbeit war als Arbeitstherapie getarnt. Den Lohn kassierten die Heime, Sozialabgaben wurden in der Regel nicht abgeführt, schließlich ging es um Therapie. Im Moor bei Bodelschwingh/Bethel bekamen die Jugendlichen Zigaretten als Anreiz. Und wie in der DDR finden wir auch auf westdeutscher Seite die Profiteure der Zwangsarbeit: die Einrichtungen selber, dann bäuerliche Betriebe und Industriebetriebe, die es heute noch gibt und Wiedergutmachung leisten könnten, wenn nicht …

Ja, wenn nicht … Auch in Sachen Zwangsarbeit/DDR melden sich sofort die politischen Bedenkenträger: Zwar hat auch »die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Iris Gleicke (SPD), … eine weiterführende Studie zum Thema Zwangsarbeit in Auftrag gegeben«. Sie sieht aber »noch ein anderes Problem: Weil der Begriff Zwangsarbeit untrennbar mit der Nazi-Diktatur verbunden sei, müsse man sich vor Gleichsetzungen hüten«. Man darf also nicht vom Zwangsarbeiter her denken, sondern muß den größeren Zusammenhang sehen.

Das Spiel auf Zeit und Kostenreduktion ist sattsam bekannt. Auch der Runde Tisch/Heimkinder brachte viel Zeit mit Auftrags-Expertisen zu, die den staatlichen wie kirchlichen Interessenvertretern glatt wo vorbeigingen. Ausschlaggebend war schließlich die wahrscheinlich selbst-geglaubte political correctness der unsäglichen „Moderatorin“ des Runden Tisches, die den Begriff Zwangsarbeit nur für Nazi-Zwangsarbeit verwendet sehen wollte. Sie sah darüber hinweg, daß die „Arbeitstherapeuten“ in den Heimen vielfach ehemalige SA-Leute und die Gutachter einschlägig belastet waren. In den Heimen – kirchlich wie staatlich – hatten wir die Fortsetzung des Nazi-Systems. Frau Vollmer in ihrer grün-christlichen Bigotterie hat das nicht bekümmert. Sie sprach zwar von erzwungener Arbeit, bat jedoch die Profiteure nicht zur Kasse und sah völlig darüber hinweg, daß es Zwangsarbeit nicht nur für Jugendliche gab, sondern auch für Kinder.

Na ja, wenn wir einen Blick auf die „Entschädigungen“ der Nazi-Zwangsarbeiter werfen, dann sind die ja auch nicht gerade angemessen, geschweige denn üppig ausgefallen, und die heute noch gutverdienenden Firmen, die von der Zwangsarbeit profitiert haben, sie haben sich nicht zur Kasse gedrängelt, und die, die zahlten, konnten das noch von der Steuer absetzen.

Warum also geniert man sich beim Begriff Zwangsarbeit?

 

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich‘s gänzlich ungeniert.

Das haben sie uns vorgeführt,

Staat und Kirchen Hand in Hand,

am Runden Tisch.

Machthaber.

 

[1]Alle Zitate aus dem Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/politik/zwangsarbeit-in-ddr-gefaengnissen-ausbeutung-mit-system/10053204.html

[2] … und betrifft übrigens die Allgemeinheit, die dann die Sozialhilfe zahlen muß für ehemalige Strafgefangene, deren Rente nicht ausreicht.

4 Antworten

Subscribe to comments with RSS.

  1. ekronschnabel said, on 17. Juni 2014 at 08:21

    Justizvollzugsanstalten verkaufen die Arbeitskraft von Gefangenen, führen dafür aber keine Rentenbeiträge ab.
    Der (angebliche) RECHTSSTAAT ermöglicht es also den von der Gefangenenarbeit profitierenden Firmen wie
    Volkswagen, Mercedes-Benz, AEG usw. ( die nutzen Gefangenenarbeit) Sozialabgaben einzusparen.

    Der sogeanannte Rechtsstaat betreibt also genau das, was einen selbständigen Unternehmer ins Gefängnis bringen
    würde: Sozialabgabenhnterziehung!

    Der STAAT BRD als kriminelles Gebilde…? Da frage ich mich doch, woher diese
    (kriminellen?) Schweinchen mit Gesetzgebungsbefugnis die Dummdreistigkeit nehmen, die Ex-DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen.

    Was für „Wissenschaftler“ entblöden sich da eigentlich, wenn sie solche einseitigen „Forschungen“ durchführen?
    Wer diese Tatsachenfälscher bezahlt ist schon klar, oder?

    Irgendwie gönne ich es den unterbelichteten Low- and Order-Wählern ja, dass sie selbst für die Ergebnisse ihrer
    politisch mitbestimmten Blödheitsergebnisse bezahlen müssen. Hein Blöd ist eben blöd, so wird er auch sterben.
    Das alles geschieht ja „im Namen des Volkes“, also auch in Hein Blöd’s Namen. Else Blöd nickt zustimmend…heile,
    deutsche Stammtischwelt!

    „Wäre ja auch noch schöner, wenn für Verbrecher Rentenbeiträge einbezahlt würden!“ O-Ton eines strammen Max
    mit der Bezeichnung mündiger Bürger. Der Depp rafft es nicht, er glaubt im RECHTSSTAAT zu leben. REEECHTS
    UM…!

  2. Rolf Schmidt said, on 17. Juni 2014 at 13:50

    Heute kann ich mir denken, warum der „MDR“ im Jahr 2008, den Film „Spur der Ahnen – Im Visier der Nazis“
    der von meiner Familien-Geschichte erzählt und nach den damals geforscht wurde, einfach ohne Begründung abgebrochen wurde.
    Es war das Jahr 1936, das Jahr der Olympiade, wer weis was da noch alles an das Tageslicht gekommen währ, wenn man weiter geforscht hätte? Man wollte wohl nimanden Weh tun.
    MfG.
    Rolf Schmidt

  3. mandolinchen said, on 20. Juni 2014 at 14:11

    In den 50-zigern gab es auch viele Heimkinder, die vom Heim aus in die Gefängnisse wanderten bzw. übergeben wurden. Sie mußten da Pensum arbeiten, waren eigentlich noch Kinder, und bekamen weder Lohn noch wurden Sozialabgaben geleistet. Auch das wurde am Runden Tuisch nicht berücksichtigt.
    Aber wir sind ja ein Rechtsstaat, hat wohl alles seine Ordnung.

  4. […] [4] Die „Moderatorin“ des Runden Tisches, die den Begriff Zwangsarbeit nur für Nazi-Zwangsarbeit verwendet sehen wollte. Sie sah darüber hinweg, daß die „Arbeitstherapeuten“ in den Heimen vielfach ehemalige SA-Leute und die Gutachter einschlägig belastet waren. In den Heimen – kirchlich wie staatlich – hatten wir die Fortsetzung des Nazi-Systems. Frau Vollmer in ihrer grün-christlichen Bigotterie hat das nicht bekümmert. Sie sprach zwar von erzwungener Arbeit, bat jedoch die Profiteure nicht zur Kasse und sah völlig darüber hinweg, daß es Zwangsarbeit nicht nur für Jugendliche gab, sondern auch für Kinder. https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/06/17/zwangsarbeit-in-ost-und-west-was-sind-die-unterschied… […]


Hinterlasse einen Kommentar