Dierk Schaefers Blog

Heimkinder in Den Haag

Posted in Geschichte, heimkinder, Justiz, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität, Pädagogik, Politik by dierkschaefer on 20. Oktober 2014

»Die jungen Polizisten drückten ihr Erstaunen aus über die miserable Behandlung deutscher Überlebender.«[1]

 

Warum ist der Internationale Strafgerichtshof Den Haag wichtig für die ehemaligen Heimkinder?

Er ist die wohl letzte Möglichkeit, Recht zu bekommen – Gerechtigkeit geht ohnehin nicht bei diesen Schäden an Leib, Seele und Lebenschancen.

 

In Deutschland aber gibt es dafür nicht einmal Recht. Erklärtermaßen haben die ehemaligen Heimkinder keinen Rechtsanspruch auf irgendwelche Leistungen. Sie erhalten ein paar Hilfen (in Höhe von maximal 10.000,00 €) in ihren schwierigen Lebenslagen, soweit diese auf den Heimaufenthalt zurückgeführt werden können – und dies oft unter demütigenden, teilweise retraumatisierenden Umständen. Das gibt es aber ausschließlich für die Ehemaligen aus Erziehungsheimen. Wer in Säuglings- oder Behindertenheimen war oder gar in psychiatrischen Einrichtungen, erhält bisher nichts, in Zahlen: 0,00 €.

Die ehemaligen Heimkinder aus den Erziehungsheimen bekommen auch keine realistischen Ersatzzahlungen für nicht gezahlte Löhne und Sozialabgaben, sondern eine Pauschalzahlung für Rentenausfälle nach Arbeitsjahren bemessen, soweit sie damals älter als vierzehn Jahre waren. Darunter wäre es Kinderarbeit gewesen, doch die gab es nicht, weil nicht sein kann, was nicht sein darf – gab’s aber doch.

All dies hat ein Interessenverbund von Kirchen und Staat in die Wege geleitet, den ich nur als kriminelle Vereinigung ansehen kann. Ob sie dabei die Feder geführt hat, weiß ich nicht. Doch Frau Vollmer war zumindest eine willige Helferin des Komplotts gegen die ehemaligen Heimkinder. Dafür wird sie mit Ehrungen überhäuft[2].

Jutta Dittfurt nennt Antje Vollmer »eine der intrigantesten Scheinheiligen, die ich kennengelernt habe«[3]

Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Doch den Wiki-Eintrag sollte man korrigieren können.

[1] http://www.veh-ev.eu/home/vehevinf/public_html/uncategorized/ehemalige-heimkinder-in-den-haag/

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Antje_Vollmer https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/09/25/grose-verdienste-als-moderatorin-des-runden-tisches-zur-heimerziehung-in-den-50er60er-jahren/

[3] https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/09/30/eine-der-intrigantesten-scheinheiligen-die-ich-kennengelernt-habe/

 

8 Antworten

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  1. sabine s. said, on 20. Oktober 2014 at 20:01

    Wer in einem Säuglingsheim war bekommt nichts? Die Praxis zieht anders aus.

    sabine s.

    • ekronschnabel said, on 20. Oktober 2014 at 20:26

      Dann konkretisieren Sie das bitte mal, damit Betroffene die Praxis kennenlernen! Danke!

      • sabine s. said, on 20. Oktober 2014 at 23:32

        Ich habe die Beratungsstelle aufgesucht, meine Vereinbarung geschlossen und die Hilfeleistung nach erfolgter Prüfung „abgerufen“. Impfausweise aus meiner Heimzeit waren meine einzigen „Nachweise“.

        Im Abschlussbericht findet sich an keiner Stelle der Hinweis, dass Ehemalige, die in Säuglingsheimen ge(über)-lebt haben, von der Hilfeleistung ausgenommen sind. Folgeschäden, als Zugangsvoraussetzung zur Fonds-Inanspruchnahme ,sind gerade bei diesem Personenkreis unbestritten.

        sabine s.

  2. M. Jahnke-Fox said, on 20. Oktober 2014 at 21:53

    Wer einmal aus dem Blechnapf aß (Hans Fallada)…… so könnte man als ehemaliges Heimkind die Zeit und Erlebnisse in den 50er / 60er Jahren in den kirchlichen und bundesdeutschen Heimeinrichtungen beschreiben. Ach und dass hätte ich beinahe vergessen.Genauso wie nach dem WW II, alle keine Nazis gewesen waren, die hatte es nie gegeben, so hatte auch die deutsche Öffentlichkeit nie etwas von den tatsächlichen Zuständen in den verschiedenen Heimen und kirchlichen Anstalten gewusst. Denn, natürlich hätten diese sonst gegen diese Zustände protestiert und aufgeschrien!

    Wie verlogen und heuchlerisch Kirche und Staatsmacht mit ihren Versallen und Gefängnis oder Kasernen ähnlichen Einrichtungen waren und womöglich auch heute noch sind kann kaum einer der spät geborenen nachvollziehen. Aber die damalige deutsche Wirtschaftswundergesellschaft war so, abgestumpft und egoistisch durch alle Gesellschaftsschichten.

    Das sind die heute, wenn nicht schon verstorbenen, über 80 jährigen welche immer noch unter uns weilen und alles wider besserem wissen abstreiten. Zum Teufel mit dieser selbstgefälligen Meute, aber selbst der Teufel will diese willigen Helfer nicht bei sich aufnehmen und er weiß auch bestimmt warum.

    Und dann dazu das ständige Gejammer der Kirche, welche trotz Milliarden Vermögen, sich immer noch als arm und fast Mittellos ausgibt. Da können einem schon fast die Tränen kommen. Schuld? Dass haben die beiden Kirchen nicht, dass waren immer die Anderen. Und die Anderen wiederholen immerzu nur das es die beiden Kirchen waren. Also Krieg der Schuldzuweisungen wieder einmal auf den Rücken der ehemaligen Heimkinder.

    Und so kann man auch nur hoffen das es noch einige Menschen mit gesunden Verstand in Den Haag gibt welche das angerichtete Elend an den ehemaligen Heimkindern erkennen und endlich diesen selbstgefälligen Politikern aufzeigen was deren Pflichten gegenüber diesen Heimkindern ist. Und selbst die beiden Kirchen sollten sich ihrer Bibelverse erinnern und danach handeln denn „Alles was ihr einem Anderen antut, dass tut ihr mir an“ heißt es doch da auch, oder sollte dieses aus der Bibel urplötzlich verschwunden und für ungültig erklärt worden sein?

    mjf

  3. sabine s. said, on 20. Oktober 2014 at 23:34

    Sie, die uns gequält haben, haben die Bibel nach Gusto außer Kraft gesetzt.

    sabine s.

  4. Klaus Klüber said, on 21. Oktober 2014 at 13:05

    Hallo sehr geschätzter Herr Schäfer

    Kommt es mir nur so vor, oder lese ich aus ihren jüngeren Beiträgen eine zunehmende Verbitterung oder Radikalisierung heraus? Ich hoffe wir müssen uns um Sie keine Sorgen machen:
    Nicht dass Sie unseretwegen noch zum bewaffneten Widerstand gegen das scheinheilige Bürokraten- und Kirchenpack losziehen. (sorry, etwas ironisch überzeichnet)

    Nein im Ernst, Ihr Einsatz für Recht und Gerechtigkeit gegenüber ehemaligen Heimkindern ist wahrlich bewundernswert und sicher auch auszeichnungswürdig.
    Wobei Ich mir denken kann, dass Sie auf ähnlich inhaltslose Auszeichnungsformen gern verzichten werden, die sich unsere Staatsvertreter/innen für ihre verdienstvollen Unterlassungen, Lug und Trug gern selbstverliebt ans Revers heften.
    Ich habe hier so etwas wie ein abschließendes Resümee gelesen, in dem Sie die Gewinner und Verlierer dieses Heimkinderskandals benannt haben.
    Dem möchte ich nur noch hinzufügen, dass wohl auch Sie in ihrem einsamen Kampf verloren. Aber nur soweit es um die Sache ging, von dem Sie noch nicht mal als direkt Betroffener involviert waren.

    Aber Sie haben sich die Anliegen der Ehemaligen zu Herzen genommen und man spürt förmlich, wie aus Ihren Zeilen die anteilnehmende Verbitterung und Wut über die unglaubliche Ignoranz unserer Staatsverantwortlichen herausbricht.
    Keine Frage, ist das kirchliche und staatsverantwortliche Verhalten unseren Gewaltbetroffenen gegenüber nur erbärmlich und in Bezug bigotter Öffentlichkeitserklärungen als entlarvend zu bezeichnen.

    Insofern wird angesichts der unüberwindlichen Betonmentalität dann doch irgendwann die Einsicht nötig, kaum mehr das einsichtige Gewissen oder Herzen dieser verantwortungstragenden Menschen zu erreichen, wenn man nicht Gefahr laufen möchte sich selbst zu verlieren.

    Immerhin können wir in der gesamten Entwicklungen auch ein trostvollen Gedanken entnehmen, wenn wir bedenken, das Unrecht in anderen Teilen der Welt, noch weit unverhohlener zum Ausdruck kommt, ohne dass Betroffenen jemals die Chance gegeben ist, auf ihr erlittenes Unrecht aufmerksam zu machen.
    Etwa, wenn Menschen in manch islamischen Staaten, nur für das Lossagen von der zufällig hineingeboren Staatsreligion gleich gänzlich mit ihrem Leben bezahlen müssen.
    Oder Frauen nahezu ihr Leben lang rechtlos bleiben.
    Da haben wir es dann ja doch noch vergleichsweise gut getroffen.

    Denn Leiden definieren sich in ähnlicher Abhängigkeit von der umgebenden Sozialisation, wie unsere Armen gegenüber anderen Menschen in anderen Ländern eher noch als reich beurteilt werden.

    Darüber hinaus hoffe ich doch innigst, dass unsere Erfahrungen und die geschriebenen, wie auch noch beabsichtigten Studien, die unser erlittenes Unrecht aufarbeiten sollen, wünschenswert zu einem behutsameren und bewussteren Umgang gegenüber künftigen Kindergenerationen beitragen werden.

    Insofern war nicht alles umsonst. Insbesondere möchte ich hervorheben, dass auch unsere „genossene Heimerziehung“ Früchte getragen hat. Nämlich darin abzulesen, dass ich viele Heimkinder kennengelernt habe, oder aus den zahlreichen Forum- und Blogbeiträgen herauszulesen ist, wie tief in den meisten ehemaligen Heimkindern trotz allem Leid und Verbitterung ein unglaublich lebendiger Gerechtigkeitssinn erhalten geblieben ist, den heute just jene vermissen lassen, die uns einst unter christlichen Prämissen diesen Sinn hemmungslos eingeprügelt haben. Solch eine Paradoxie, nennt man da wohl auch „Ironie des Schicksals“.

    Gerade deshalb, möchte ich an alle appellieren nicht mit dem Schicksal zu hadern, auch wenn uns der Alltag zuweilen schmerzhaft an einstige Kindertage erinnert.
    Aber allein die Tatsache dass einstiges Unrecht entgegen erbitterter Widerstände gegenwärtiger „Verantwortungsträger“, doch an die Öffentlichkeit gelangte, sollte uns alle ein wenig mit Stolz erfüllen und dazu beitragen die weiteren Lebenswege weit aufrechter zu bewältigen, als es uns zuvor möglich war.

    Tja, Herr Schäfer, Ihnen gebührt mein ganz persönlicher Dank, weil Sie durch Ihr aufrechtes Mitleiden und Mitkämpfen vermutlich nicht nur mein Weltbild gegenüber weltabgehobenen und feisten Pfaffen ein Stück weit korrigiert haben. Wobei ich mich andererseits frage, was Sie noch länger veranlasst Teil ihrer heuchlerischen, verlogenen und unchristlichen Kirche zu bleiben?
    Aber ok, das geht mich nichts an. Werden Sie in ihrem stillen Kämmerlein mit sich selbst abmachen müssen.

    In jedem Fall haben Sie sich im christlichen Geist tatsächlich als aufrechte Lichtgestalt erwiesen und haben mit Ihren zahlreichen Blogeinträgen der offensichtlichen Anteilnahme sicher vielen Ehemaligen Trost gespendet und ermutigt weiter standhaft für die eigenen Interessen, im Kampf um Recht und Gerechtigkeit zu bleiben.
    Und sei es nur, indem Sie durch Ihr Wirken die Botschaft aussenden „Ihr seid nicht allein“
    Ihr Engagement erachte ich insofern als außergewöhnlich Klasse, da mir bis heute nicht mal annähern ein vergleichsweises Engagement, seitens kirchlicher, staatlicher, pädagogischer oder sozial involvierter Personen bekannt geworden ist.

    Dafür möchte ich Ihnen mit diesen Zeilen einfach nur mal meinen tiefen Respekt als auch herzlichsten DANK aussprechen.
    Mit besten Grüßen
    Klaus Klüber

    • dierkschaefer said, on 21. Oktober 2014 at 16:33

      Sehr geehrter, lieber Herr Klüber,

      für Ihre überaus freundlichen Worte ganz herzlichen Dank. Ich habe mich darüber gefreut, wie auch über den Kommentar von Rolf Schmidt, der sich Ihnen angeschlossen hat.
      Ja, Sie haben recht, es ist eine Art Abgesang-Stimmung. Ich selber habe vor fast zwei Monaten bereits eine Art Bilanz in Heimkinderangelegenheiten gezogen, für andere und für mich. (https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/08/26/die-heimkinderangelegenheit-hinterlast-nur-verlierer-und-dennoch/ ) Das muss Ihnen entgangen sein. Lesen Sie doch bitte nach. (Helmut Jacob zog übrigens drei Wochen später nach. (http://helmutjacob.over-blog.de/article-es-ist-alles-geschrieben-alles-kommentiert-darum-schlie-e-ich-diesen-blog-124607374.html )

      Es bleibt die Frage, die Sie nur höflich anreißen und die ich drastischer formulieren will: Warum bleibt dieser Kerl Kirchenmitglied, in diesem bigotten, gottfernen verrotteten Verein? Das ist eine gute, berechtigte Frage, die ich nicht nur damit beantworten will, dass dieser Verein meine Pension zahlt. Die Hauptantwort: Ich habe Kirche anders kennengelernt als die ehemaligen Heimkinder. Für mich war sie ein Stück Heimat und gehörte zum Selbstverständnis. Das Leitungspersonal der Kirche habe ich erst recht spät und auch nur zum Teil negativ wahrgenommen, das war bevor die ehemaligen Heimkinder für mich eine Rolle spielten. Seitdem ist mein Eindruck natürlich verheerend. Ich sehe aber, wie meine Kollegen in aller Regel in ihren Gemeinden eine ordentliche Arbeit leisten, sehe auch die Notfallseelsorge, die ich mit auf den Weg gebracht habe, und weiß, dass diese Arbeit benötigt wird.
      Zudem sehe ich, doch das entschuldigt niemanden, dass wohl alle „Idealvereine“ früher oder später vom Kopf her zu stinken beginnen. Ein Kollege drückte es so aus: Sie gehen den Weg allen Fleisches. Das heißt, Leitungspersonen sind – wie wir alle – auch Teil der Übel dieser Welt. Wir sollten nicht aufhören, das Übel zu bekämpfen, wo wir es können und es ertragen, wo wir es nicht bekämpfen können.
      Ein Pfarrer leistet besser innerhalb seiner Kirche Widerstand als von außen.
      Noch einmal Herzlichen Dank!

  5. Rolf Schmidt said, on 21. Oktober 2014 at 16:02

    Hallo Klaus Klüber,

    auch ich schätze Pastor Schäfer sehr und lese seine Beiträge gerne.
    Nun möchte ich mich aber Deinen Starken Worten anschließen, besser hätte ich es niemals ausdrücken können, was in Deinen Worten zum Ausdruck kam und mich im Nachhinein sehr berührt hat. Danke!

    Mit freundlichen Gruß
    Rolf Schmidt


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