Dierk Schaefers Blog

Laizismus als Lösung vieler Probleme?

Posted in Geschichte, Gesellschaft, Politik, Religion, Weltanschauung by dierkschaefer on 28. Januar 2015

Den Lesern meines Blog, die in der Verbannung der Religion die Lösung wesentlicher Probleme sehen, sei ein Artikel aus dem European ans Herz gelegt. Ans Herz ist nicht der richtige Ausdruck, denn Ihre Herzen tragen schwer an der Vergangenheit in kirchlichen Erziehungseinrichtungen. Das Versagen dieser Einrichtungen ist in manchen Facetten als Verbrechen zu werten, und zwar als systematisches, zum System „christlicher Liebestätigkeit“ gehörend. Nicht dazu gehören Sexualverbrechen, die gehen auf das Konto der jeweiligen Täter. Dafür gehört der systemimmanente Betrug am Runden Tisch dazu.

 

Bei allem Verständnis für generell antireligiöse Einstellungen, wie sie in den Kommentaren immer wieder zum Ausdruck kommen, sind die Folgen zu bedenken. Ja, ich weiß: Das geschieht den Kirchen recht, wenn sie ihre Privilegien verlieren usw – geschenkt.

Kürzlich twitterte ich: Der Laizismus ist auch nur eine Weltanschauung, gerade weil ich das französische Beispiel recht gut kenne, – und er hat dort versagt. Versagt, weil der verkrampfte Laiszismus meint, Religion in den Privatbereich ausgrenzen zu können. Mit dem Christentum hat es dort weitgehend geklappt. Merkwürdig ist nur, dass private christliche Bildungseinrichtungen in Frankreich sehr gut besucht sind, und zwar bereits bevor die muslimische Einwanderung begann, die Eltern also noch nicht darauf spekulieren konnten, dass ihre Kinder unbelastet durch Einwandererkinder auf ihrem Bildungsweg sein werden. Nun hat Frankreich, wie auch wir, eine Religion hinzu bekommen mit noch sehr virulentem Gewaltpotential[1] und Wegkärchern (Sarkozy) funktioniert nicht. Diese Religion muß in das Staatsgefüge eingebunden und damit auch gebunden werden. In Deutschland war das mit dem Christentum ein langer, mühseliger Prozess, der mit dem Islam steht auch uns noch bevor. Doch wir haben schon damit begonnen – auf der Blaupause der gesellschaftlichen Stellung des Christentums.

Und der Laizismus als Weltanschauung? Wer den glühenden Laizismus mancher französischer Lehrer kennt, der sieht sie als Weltanschauungsapostel, einer Weltanschauung, die den Staat patriotisch überhöht, einen Staat, der ganz bewusst und gezielt einen nationalen Erinnerungskult pflegt (und finanziert), und dabei alle problematischen geschichtlichen Ereignisse möglichst fernhält. Das ist wie mit der interessengeleiteten Kirchengeschichte, die Herrn Deschner ausblendet.

Aber Vorsicht beim Lesen des empfohlenen Artikels[2]! Der Autor ist – wie auch ich – Theologe.

Solche Leute können nur voreingenommen sein. Ihnen ist nicht über den Weg zu trauen.

[1] »Diese Anführer [gemeint sind radikale Islamisten ds] übertragen höchst unflexible und rückwärtsgewandte Eigenschaften ihres Glaubens in ein Europa, das immer noch die Narben aus Glaubenskriegen von vor einem halben Jahrtausend trägt. Das ist ein Kampf grundsätzlicher Gegensätze in einer Gegend, deren Bevölkerungszahlen schrumpfen, und viele durch Überlegungen den Glauben an den Glauben verloren haben – und nun werden sie mit der Vitalität, demographisch wie religiös, eines unendlichen Stroms von Einwanderern mit einem unerschütterlichen Glauben an den Glauben konfrontiert. Wer, wie Atlantic Monthly 2005, die Frage nach einem “Islamischen Europa” stellt, übertreibt nicht (Savage, 2004). Europas wirtschaftliche, politische und soziale Zukunft ist mittlerweile unauflösbar verknüpft mit der Vergangenheit von Süd-West Asien.« aus: Harm de Blij, The Power of Place, Oxford University Press, Oxford, New York 2009, Übersetzung Dierk Schäfer.

[2] http://www.theeuropean.de/steve-kennedy-henkel/9534-laizismus-als-modell-fuer-deutschland

„Mord als Gottesdienst“

Posted in Menschenrechte, Psychologie, Religion, Soziologie, Theologie by dierkschaefer on 7. August 2014

„Mord als Gottesdienst“ quer durch alle Religionen, heute in der FAZ-print-Ausgabe[1].

 

Das Thema interessiert mich. Theologe der ich bin lege ich den Rest der Zeitung erst einmal zur Seite. Friedrich Wilhelm Graf, der Autor, ist kein Unbekannter. Erst kürzlich legte der emiritierte Münchner Professor für Systematische Thelogie sein Buch „Götter global“ vor, ein fulminanter Überblick über die weltweite Befindlichkeit von Religionen, geschrieben mit der Distanz, wie man sie von einem kritischen Wissenschaftler erwartet. Manche Leute meinen ja, Theologie sei keine Wissenschaft – und das ist ein Irrtum, auch von ansonsten gebildeten Zeitgenossen.

Religion und Gewalt ist seit den Selbstmordattentaten junger Islamisten ein Thema auch unterschiedlichster Publikationsorgane und somit populär geworden. Doch Graf macht deutlich, daß dies eine unsachgemäße Verengung des Blickwinkels ist. Er meint alle Religionen, z.B. auch den bei uns meist als friedfertig eingestuften Buddhismus. Graf läßt in diesem Artikel leider die Säkularreligionen aus, auf die er im erwähnten Buch durchaus eingeht. Da wären zu nennen der Patriotismus, der Vernunftglaube der französischen Revolution, der deutschgläubige Nazismus, der Marxismus – leider ist die Aufzählung unvollständig und wir wissen nicht, was uns in der Zukunft noch an ideologischer Verblendung mit Gewaltauswirkung erwartet. Ich denke, Graf würde hier zustimmen, doch im Artikel fokussiert er auf Religion als Quelle von Gewalt.

Was macht Religion so gefährlich? Nach Graf ist es – kurz gesagt – die Unterstellung, Gott sei allmächtig, und diese Allmacht ist instrumentalisierbar. Der Gläubige meint an ihr teilzuhaben und handelt somit in höherem Auftrag. Er überschreitet die Grenzen, die hier und jetzt gelten. Unter dem Blick seines Gottes, den der Gläubige annimmt, sind diese Grenzen „falsche, sündhafte aufzuhebende Regelwerke, die souverän zu ignorieren nur mutige Glaubenstat ist.“

„Religiöse Symbolsprachen“, schreibt Graf, „stiften kos­mische Ordnung durch elementare Grundunterscheidungen: Schöpfer und Geschöpf, Himmel und Erde, Ewigkeit und Zeit, Jenseits und Diesseits.“ Oft würden diese Unterscheidungen „mit Vorstellungen ver­knüpft, dass der innere, gottgewollte Ordo des Kosmos durch den sündhaften Menschen gestört wurde, der sich in narzisstischer Selbstbezüglichkeit den guten Schöpfungsordnungen widersetzt“. Wenn aber die erlebte Welt „als eine ver­derbte Gegenwelt zur wahren, gottgewoll­ten Ordnung erlitten wird, entsteht für die Schöpfungsfrommen der Zwang, die Welt, so wie sie leider ist, auf die ideale und ursprüngliche Ordnung Gottes hin zu überwinden. Gewaltbereitschaft für Gott, genauer: für den je eigenen Gott, ist der Versuch, die erlittene kognitive Disso­nanz zwischen den bösen, sündhaften Verhältnissen und der geglaubten Gottes­ordnung durch kämpferisches Glaubens­zeugnis zu überwinden“.

Die psychologische Theorie von der kognitiven Dissonanzminderung begegnet uns meist in der Form, daß bei auftretenden Spannungen zwischen Wissen und Verhalten oft nicht das Verhalten geändert wird, sondern das Wissen und seine Bedeutung. So raucht der Raucher weiter und nimmt das Wissen um die Schädlichkeit seines Tuns nicht so ernst. Das ist bei den verbohrten Weltverbesserern gleich welcher Couleur anders. Sie sind furiose Heilsbringer, koste es, was es wolle. Die Welt stimmt nicht mit ihren Vorstellungen überein? Um so schlimmer für die Welt. – Das gilt, wie gesagt, für alle Ideologen, die über Leichen gehen, nicht nur für die religiösen.

 

Am Schluß des Artikels steht eine Notiz über Friedrich Wil­helm Graf. Er „ist emeritierter Pro­fessor für Syste­matische Theolo­gie und Ethik an der Universität München. Poin­tiert nimmt er immer wieder zu Debatten Stellung, in denen es um Religion in der säkularen Gesell­schaft, um das Verhältnis von Staat und Kirche oder um innerprotestan­tische Auseinandersetzungen geht. Mit feuilletonistischer Verve begeg­nete er auch dem neuen, publizis­tisch aktiven Atheismus, wie er von Richard Dawkins oder Christopher Hitchens vertreten wird“. Überschrieben ist diese Notiz mit „Der Götterbote“. Hoffentlich kann Graf Spaß verstehen.

[1] Hier kann leider nicht der ganze Artikel referiert werden. Ich hoffe, die FAZ ist so großzügig, ihn auch digital zugänglich zu machen. Nun auch digital:

: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/religion-und-gewalt-mord-als-gottesdienst-13084596.html

Die generell und immer bösen Christen, oder lauert das Böse immer und überall – wie auch das Gute?

Posted in Geschichte, Gesellschaft, Kriminalität, Menschenrechte, Religion, Soziologie, Theologie, Weltanschauung by dierkschaefer on 11. Januar 2014
Ein Kommentar (https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/01/10/religionsfreiheit-und-menschenrechte/#comments): 
Der Autor erwähnt nicht, daß es Zeiten gab, in denen die Christen diejenigen waren, die schikanierten und mordeten, um ihren Glauben anderen Menschen aufzuzwingen. Immer wieder bekommt man die Bestätigung, daß sogenannte Gläubige- egal welchen Konzerns - alles andere als friedlich sind. Selbst untereinander töten sich Evangelen und Katholen, wie uns Irland blutig lehrte. Verblendete Deppen, die sich von machtgeilen Kirchenführern mißbrauchen lassen.

Antwort: Wer auf der Suche nach Dreck in die tiefen Brunnen der Vergangenheit taucht, findet fast immer auch einen Prügel, mit dem er auf seinen aktuellen Feind eindreschen kann. Wer die weltweiten Nachrichten nach Munition für seine Feinde im Hier und Jetzt durchforstet, wird immer fündig werden, ohne Rücksicht auf die Unterschiede zum Dort und Damals.

Da wir das Gewaltphänomen bei den unterschiedlichsten Glaubensrichtungen und Weltanschauungen in Vergangenheit und Gegenwart beobachten: Könnte es nicht sein, daß die jeweilige Glaubenskomponente nur ein Vehikel für allgemeine Machtgelüste ist, für den Wolf im Menschen? Das wäre zwar keine Entschuldigung, denn es zeigt die Mißbrauchbarkeit jedweder Weltanschauung auf – und damit ihre Beliebigkeit. Man darf sich also von NIEMANDEM das freie, nur den Menschenrechten verpflichtete Denken ausreden, abgewöhnen oder gar verbieten lassen.

 
Kommentar: 
Militärpfaffen haben wir ja auch immer noch, die, ohne zu zögern, auch Waffen segnen. 

Antwort: Haben Sie schon einmal mit einem „Militärpfaffen“ gesprochen?

 
Kommentar: 
Hat sich also was mit friedfertigem Christentum. Gab es nie, gibt es nie. Das Heimkinderdrama ist doch nur eine von vielen Eisbergspitzen.
Menschenrechte? DIE interessierten die Glaubensmafiosis NOCH NIE!

Antwort: Diese pauschale Behauptung stimmt nicht.

https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/01/07/grosartige-frauen-im-schatten-der-medien/

https://dierkschaefer.wordpress.com/2013/12/28/ein-christentum-dessen-kirchen-mit-macht-fur-die-armen-unterdruckten-und-benachteiligten-kampfen-hat-es-in-gut-2000-jahren-nicht-gegeben/

 

Es gibt eine alte Weisheit: Man soll nie NIE sagen. Erstens kann man zu leicht widerlegt werden und zweitens weiß man nicht, was noch kommt.

Gefangen in der Parallelwelt

Posted in Geschichte, Gesellschaft, heimkinder, Kinderrechte, Kirche, Kriminalität, Pädagogik, Politik, Religion by dierkschaefer on 2. September 2013

Gefangen in der Parallelwelt

Spannend! Jenna wächst in einer Parallelwelt auf. Schon als Kind hat sie einen Vertrag unterschrieben. Für eine Milliarde Jahre hat sie sich verpflichtet, im Dienst der Church an der Erlösung des Planeten, seinem clearing mitzuarbeiten. Sie selbst? Nein, der Thetan in ihr, der wie schon seit Millionen von Jahren immer wieder in einem neuen Körper lebt, diesmal ist er in Jenna. Ihre Eltern gehören zur Führungsspitze der Church. Doch die sind der großen Aufgabe verpflichtet und haben kaum Zeit für ihre Kinder. Nur selten ist die Familie beieinander. Jenna wächst also wie die anderen Kinder der Church in deren Einrichtungen auf, bestimmt durch ständige Gedankenkontrolle per Lügendetektor und harte Kinderarbeit; Kost und Logis sind spartanisch karg, schließlich braucht die Church viel Geld und Ressourcen, um die Welt zu retten. Jenna kennt nur diese Welt und hat den Willen, hier ihren Aufstieg zu machen. Und doch hat sie ganz normale Wünsche: nicht so viel und so harte Arbeit. Sie weiß auch, daß sie später wird heiraten dürfen, aber Kinder kriegen ist verboten, notfalls eine Zwangsabtreibung. Wird sie aus diesem realen Albtraum aufwachen und aus der Parallelwelt herausfinden?

 

Zwei aktuelle Ereignisse machen gerade auf die Scientology-Church aufmerksam. Kürzlich wurde das Buch von Jenna Miscavige Hill, Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht in der FAZ vorgestellt, und heute bringt die SZ einen Bericht über Scientology und Hollywood – Massenexodus der Prominenz[1].

 

Der Name Miscavige war mir geläufig und machte mich neugierig. Darum las ich das Buch. Jenna Miscavige Hill[2] ist die Nichte des Nachfolgers von Lafayette Ronald Hubbard (L. Ron Hubbard)[3], dem Gründer der Scientology-Church. Seit seinem Tod leitet ihr Onkel David (Dave) Miscavige[4] die Einrichtung, die seit langem umstritten ist. Ihr wird Gehirnwäsche vorgeworfen und in Deutschland wird ihr der Status als Kirche verwehrt. Der Verfassungsschutz beobachtet sie und eine zeitlang gab es im Stuttgarter Kultusministerium eine Stelle, die sich speziell mit Scientology beschäftigte. Ich habe mehrfach erlebt, daß ich in meinen Weiterbildungsveranstaltungen für den Öffentlichen Dienst schriftlich versichern mußte, nicht nach den Methoden von Hubbard zu arbeiten.

Seit ich mich in den 70er Jahren an der Uni mit „Sekten“ (ein kirchlicher Kampfbegriff) beschäftigt habe, interessieren mich solche Weltanschauungsgruppen, die es schaffen, ihre Mitglieder in eine Parallelwelt zu locken und in ihr festzuhalten.

Wir wachsen zunächst alle in unserer eigenen Welt, der unserer Familie auf. Doch dann öffnet sich der Kreis. Kindergarten und Schule, Freunde und Medien zeigen uns, daß die Welt größer ist als unsere Familie. Dann sind wir in der „Normalwelt“ angekommen, wenn auch diese weithin nur auf einer Übereinkunft ihrer Bewohner beruht, die reale Welt zu sein. Die „Gemachtheit“ dessen, was wir als Realität erfahren, erklärt uns die Wissenssoziologie.[5] Da geht es mitunter recht bunt zu. Scientology sticht hervor durch seine Science-Fiction-Grundlage und seine Öffentlichkeitsarbeit. Die Leute verkaufen eine Art von Psycho-Kursen und benutzen für die Anwerbung und auch später im Verlauf ein E-Meter, ein simpel konstruierter Lügendetektor. Wer ihnen ins Missionsnetz geht, verliert viel Geld und Lebenszeit.

Jennas Buch berichtet bedrückend vom Aufwachsen in der Scientology-Version eines Bootcamps[6], schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte. Man lese und staune.

Staunen mußte ich auch, weil mir manches aus einem anderen Kontext bekannt vorkam. Die Kinderarbeit, die harten Strafen, die Kontrolle und die Indoktrination. So funktionierten die kirchlichen Erziehungseinrichtungen, so funktionierten manche Klöster und manche „Mutterhäuser“.

In diesem Jahr besuchte ich ein Zisterzienserkloster in Belgien. Dabei fiel mir auf, wie das ora et labora verteilt war. Beten und studieren taten die Patres, die einfachen Arbeiten verrichteten die Konversen[7], das sind die Laienbrüder, die Fratres. Und so wie in den Kinderheimen die Erzieher beim Essen unter sich blieben, so waren auch in diesen Klöstern die Speisesäle – und die Schlafsäle – fast apartheidmäßig getrennt. Auch die eigene Gerichtsbarkeit von Scientology findet ihre Parallele in der Zeit, in der die Kirchen noch Zähne hatten. Zur Klosterzucht lese man die Nonnen von Sant’Ambrogio[8] oder die Fabrikation des zuverlässigen Menschen.[9] Die Autoren dieses Buches, Treiber und Steinert ziehen die Entwicklungslinie von der klösterlichen Erziehung und Zurichtung der Menschen bis hin zu ihrer Verwendung in Fabriken.[10]

Es ist viel darüber geschrieben worden, ob Scientology eine Kirche oder nur eine skurrile Geldmaschine ist. Nach meiner Lektüre bin ich überzeugt: Beides trifft zu. Dafür sprechen die Skurrilität und die Rigorosität der Scientology-Routine, einschließlich des Gebrauchs einer Sondersprache. Das Dummhalten der Mitglieder, ihre Gedankenkontrolle, die Abschottung von störenden Einflüssen und die Bewertung der Außenwelt als feindlich, all dies sind in vielen Fällen Merkmale von Religion[11] und wurden in der Kirchengeschichte immer wieder praktiziert. Die Ausbeutung von Menschen und gar von Kindern dagegen ist keine religiöse Spezialität, sondern entspringt der allgemeinen Habgier und Rücksichtslosigkeit der Menschen, die sich religiös tarnen kann – wie auch bei Scientology.

Was lehrt uns das alles? Totale Institutionen[12] werden sehr leicht zu totalitären, mit all dem, was wir aus Kinderheimen, Altenheimen, Gefängnissen und Krankenhäusern u.a.m. kennen. Dies besonders, wenn der Zweck ein „guter“ ist. Wir kommen ohne solche Einrichtungen zwar nicht aus, aber sie und ihr Personal brauchen regelmäßige Kontrolle, die von außen kommen muß. Dagegen wehren sich diese Einrichtungen – und man muß sie dazu zwingen – und angemessen bezahlen.

 

PS: Falls jemand zum zweiten Mal diesen Beitrag liest und irritiert ist: Ich habe ihn überarbeitet.


[5] Ein wahrer Augenöffner ist Berger, Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, Frankfurt a.M., 1969. Wer dieses Buch gelesen hat, ist weitgehend immun gegen eindimensionale Weltanschauungen. (s. auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Die_gesellschaftliche_Konstruktion_der_Wirklichkeit )

[9] Hubert Treiber, Heinz Steinert, Die Fabrikation des zuverlässigen Menschen, Über die  „Wahlverwandtschaft“ von Kloster- und Fabrikdisziplin, Münster 2005

[10] „Die Regel des Ordens verlangte eine strenge Disziplin, der Tagesablauf war genau vorgeschrie­ben, und ein Abweichen von der Regel wurde bestraft. All dies erinnert in einem gewissen Sinne an die Arbeitsvorschriften, die Henry Ford für seine Fließbandarbeiter erließ.“ Jean Gimpel über die Cistercienser, zitiert bei Treiber/Steinert. Die heutigen Formen der Zurichtung des Menschen laufen subtiler und ausgefeilter. Es ist meist eine Zurichtung ohne Zwang, sondern läuft freiwillig über Trends, die man befolgt, um in zu sein.

[11] Auch von absolutierten politischen Weltanschauungen.