Dierk Schaefers Blog

Der Fall Spyra ist ein Fall Bayrische Landeskirche,

ist er auch ein Fall Evangelisches Pfarrerblatt?

Hier der ganze Text als PDF:

Der Aufschrei eines Pfarrers: Ich habe jegliches Vertrauen in meine Landeskirche verloren.

Ein Aufschrei, so ist der Beitrag von Klaus Spyra untertitelt:  DEUTSCHES PFARRERINNEN- UND PFARRERBLATT 2/2024. Der Titel zielt auf die bayrische Landeskirche, in der er Pfarrer er ist: „ICH HABE JEGLICHES VERTRAUEN IN DIE ELKB VERLOREN“

Regelmäßig werden die Ausgaben ins Archiv des Pfarrerblatts – online erreichbar – eingestellt, so auch die Ausgabe vom Februar. Nur sein Beitrag ist im Archiv des Pfarrerblatts zur Zeit nicht aufzufinden.

Zensur? Bereinigung des Archivs? Wer hat das veranlasst?

Ich will aus dem Artikel nur den Eingang zitieren, da ich den kompletten Artikel hier nicht wiedergeben darf. (Man kann ihn von mir privat per Mail anfordern. ds@dierk-schaefer.de ) . Sein Aufschrei sollte jedenfalls nicht erstickt werden:

„Ein Aufschrei

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss das euch hier schreiben und erzählen, was mir passiert ist. … Ich schreibe das hier, um selbst zu (über)leben, an­sonsten ersticke ich an Bitterkeit und Verhärtung. Uns ist allen klar, gerade uns Betroffenen von sexualisierter Gewalt, dass die Missbrauchskrise mit der Veröf­fentlichung der ForuM-Studie nicht vorbei ist. Weder für uns persönlich noch für die Kirche. Ganz konkret heißt das für mich – und ich weiß für viele hier lesende Be­troffene auch: Der Diakon, der mich missbraucht hat, und diejenigen, die ihm das ermöglicht haben (uns Kin­der im Alter von 6 bis 10 Jahren ihm zugeführt haben), sind dafür bis heute nicht zur Verantwortung gezogen worden. Die ELKB und die ihr zugeordnete Diakonie, hat gegen meinen Täter, Ermöglicher und Vertuscher gar nicht ermittelt.“

Inzwischen melden sich weitere Pfarrer bei ihm, die auch missbraucht wurden.

Im Editorial des Pfarrerblattes schreibt Dr. Peter Haigis:

„Am Donnerstag, den 25. Januar 2024, übergab der ‚Forschungsverbund ForuM‘ Vertreter­*innen der EKD und der evangelischen Landeskirchen im Rahmen einer Pressekonferenz in Hannover seine Studie zu sexuellem Miss­brauch in der evangelischen Kirche. Wer an diesem Tag überrascht oder gar mit einem Aufschrei des Entsetzens die Ver­öffentlichung der Ergeb­nisse zur Kenntnis genommen hat, muss wohl in den Jahren zuvor mit verschlossenen Augen den Problemen sexueller Gewalt gegen­übergestanden haben ….“

Die evangelische Kirche stehe:

„vor einem Scherbenhaufen. … Bereits 2010 waren die ersten Missbrauchsvor­würfe auch innerhalb der evan­gelischen Kirche und der Diakonie öffentlich geworden. Das Deutsche Pfarrerblatt … veröf­fent­lichte dazu den Bericht eines württ. Kollegen, Dierk Schäfer, der sich der Aufar­beitung der Misshandlungen gegenüber Heimkin­dern („Runder Tisch Heimer­ziehung in den 50er und 60er Jahren“) gewid­met hat (5/2010, 236ff). Seine Forderungen aus den Erfahrungen mit ver­schleppter Bearbeitung dort hatten das Ziel, Sensibilität für vergleich­bare Probleme der Gegenwart zu wecken. Die (amtskirchliche, aber auch kollegiale) Resonanz auf seinen Weckruf bezeichnet Schä­fer heute rückblickend als enttäuschend.“

Ich, Dierk Schäfer, hoffe, dass die Landeskirche von Herrn Spyra den Scherbenhaufen nicht noch vergrößert. Über ihm schwebt jedenfalls ein Disziplinarverfahren.

Das Täterschutzprogramm der hannoverschen Landeskirche

In der Audiothek der ARD gibt es den Podcast Sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche – Warum fällt Aufarbeitung so schwer? https://www.ardaudiothek.de/episode/vertikal-horizontal-glaubens-und-gewissensfragen/sexualisierte-gewalt-in-der-evangelischen-kirche-warum-faellt-aufarbeitung-so-schwer/ndr-info/13194899/

Dort wird der hannoverschen Landeskirche ein Täterschutzprogramm attestiert, der Landesbischof habe ebenso wie seine Kirche katastrophal versagt.

Dies kann ich bestätigen. Am 1. März schrieb ich dem hannoverschen Landesbischof ein Mail, (veröffentlicht in meinem Blog unter https://dierkschaefer.wordpress.com/2024/03/01/sehr-geehrter-herr-landesbischof-vor-knapp-drei-jahren-riefen-sie-mich-an/ ) und erinnerte ihn an ein Telefongespräch vom Juni 2021 https://dierkschaefer.wordpress.com/2021/06/11/sehr-geehrter-herr-landesbischof/ .

Das war wohl vergebliche Liebesmüh. Was soll man von einem Landesbischof auch halten, der seit seiner Amtseinführung im Herbst 2010 nicht den Vertrauensverlust der Kirche(n) im Umgang mit ehemaligen Heimkindern und missbrauchten Kindern und Jugendlichen wahrgenommen hat?

Zeitgleich mit seinem Amtsantritt veröffentlichte ich im bundesweiten Pfarrerblatt meinen Artikel Die Kirchen und die Heimkinderdebatte, Scham und Schande, Deutsches Pfarrerblatt – Heft: 5/2010, http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=2812

Das muss er damals nicht gelesen haben. Doch er hat mir vor drei Jahren zugehört und sollte verstanden haben, dass Kirchen ihren Grundauftrag verraten haben, indem sie nicht für die Opfer eintraten, sondern die Täter und ihre eigenen Kassen schützten.

Wie ich aus informierten Kreisen weiß, werden meine Beiträge sowohl im Blog als auch im Pfarrerblatt im hannoverschen Landeskirchenamt gelesen.

Umso schlimmer!

מְנֵ֥א מְנֵ֖א תְּקֵ֥ל וּפַרְסִֽין

Wer ritt die Kirchen in die Scheiße?

Wer ritt die Kirchen in die Scheiße? Man verzeihe mir die grobe Wortwahl. Der Religionssoziologe Detlef Pollack drückt das vornehmer aus: „Kirchenimage durch Forum-Studie verschlechtert“.[1] Klar, der schaut ja auch unbeteiligt von außen auf die gar nicht so neuen Erkenntnisse. Ich bin Pfarrer (i.R) und mir tut es weh, wenn ich sowohl auf das Image schaue, besonders aber auch auf die Sendung der Kirche, die pervertiert wurde durch die Täter und die „Professionalität“ ihres gut dotierten Führungspersonals.

Der komplette Text hier im pdf:


[1] https://www.katholisch.de/artikel/50656-religionssoziologe-kirchenimage-durch-forum-studie-verschlechtert

Die Welt steht in Flammen

Der erste Weckruf war 9/11

Der zweite Putins Angriff auf die Ukraine

Und im Hintergrund der Gelbe Riese mit Anspruch auf die Weltherrschaft.

Der Angriff auf die World Trade Towers war die symbolische Kriegserklärung an die „freie Welt“. Die programmatische Grundhaltung finden wir im Begriff „boko haram – Westliche Bildung ist Sünde“. https://de.wikipedia.org/wiki/Boko_Haram Man muss wohl Moslem sein, um diesen Angriff zu verstehen, man muss militanter Islamist sein, um ihn gutzuheißen und zu unterstützen, denn diese Gedankenwelt ist uns fremd, findet jedoch Resonanz in den  islamischen Ländern Afrikas und Asiens. Auch der religiös abseitsstehende Iran ist trotz aller Gegnerschaft zu den sunnitischen Moslems hier einzuordnen. Das westliche Denken ist bedroht, aber nicht angekränkelt, auch – oder gerade, weil – es immer wieder islamistisch begründete Terrorangriffe gibt.  Aber: Pakistan ist Atommacht und der Iran wohl bald.

Der russische Überfall auf die Ukraine hat nicht nur territoriale Ziele: „Russki Mir (deutsch Russische Welt) ist eine Ideologie der kulturellen Totalität des Russischen. Das Konzept ist von zentraler Bedeutung für die gegenwärtige neoimperialistische Außenpolitik Russlands. Von Wladimir Putin wurde der Begriff ab 2001 öffentlich verwendet und bildet heute einen Baustein des Putinismus. Hieraus leitet er ideologische, politische, identitäre und geopolitische Standpunkte ab, die explizit auch Russen in der Diaspora, vor allem dem Nahen Ausland, aber auch deren Nachkommen sowie ganz allgemein Russischsprecher einschließen. Die Russische Welt ist hiernach die russische Einflusssphäre und umfasst alle Gebiete, in denen das Russische präsent ist.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Russki_Mir)  

Diese Position wird von Patriarch Kyrill I. flankiert. Er „nannte in Moskau die russische Invasion einen Kampf gegen die „Sünde und liberale Ausländer“, … Russische Soldaten hätten die Aufgabe, die ukrainische Nation vom Boden der Erde zu tilgen. Sollten sie dabei sterben, würden sie von ihren Sünden freigesprochen.“ Damit „betrieb die  ROK eigentliche Kriegspropaganda und rechtfertigte theologisch den Angriffskrieg auf die Ukraine mit dem Überfall ab 24. Februar 2022.“ ( https://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-Orthodoxe_Kirche#Position_im_Russisch-Ukrainischen_Krieg )

Zwei erklärte Feinde der liberalen Welt: der islamistische und der russische. Im Unterschied zur islamistischen Bedrohung hat die russische im Westen Unterstützer gefunden. Sie drängen die Ukraine zu Verhandlungen und stärken die russische Position. Armin Nassehi spricht von der „Rückkehr des Feindes“. ( https://www.zeit.de/kultur/2022-02/demokratie-bedrohung-russland-ukraine-krieg-wladimir-putin?utm_referrer=https%3A%2F%2Ft.co%2F ) Damit hat er die Weltlage gut auf den Begriff gebracht. Die Rückkehr des Feindbegriffs bedeutet das Ende einer Illusion. Der Feind hat den liberalen Gesellschaften den Krieg erklärt, einen totalen Krieg, nicht nur militärisch. Seine Vorboten sind schon unter uns.  Jan Fleischhauer schreibt im Focus, er „sehe in Wagenknechts Augen und … sehe das schwarze Herz der Leninistin“. (https://www.focus.de/politik/deutschland/schwarzer-kanal/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-das-lachen-der-alice_id_186708225.html).

Das Schwarze Herz. Von den Morden, den Vergewaltigungen, der Zerstörung der ukraini­schen Krankenhäuser ist im „Manifest für den Frieden“ nicht die Rede.

„Das Fehlen jeder Empathie hat einen Vorzug: Es erlaubt einem, völlig unbeeinträchtigt von Mitleid durchs Leben zu schreiten.“ (Fleischhauer). Genau das unterscheidet uns von unseren Feinden, auch wenn die westliche Welt nicht so golden ist, wie sie glänzt: Wir müssen und werden diesen uns erklärten Krieg gewinnen.

Zunächst tragen die Ukrainer die Blutlast. Wir sind in ihrer Schuld.

Der Schattenmann – Unübliche Gedanken zu Weihnachten

Posted in Christentum, Geschichte, Kirche, Kultur, Kunst, Religion, Weltanschauung by dierkschaefer on 21. Dezember 2022

Der Schattenmann – Unübliche Gedanken zu Weihnachten – Dierk Schäfer

Was ist bloß mit Joseph los?

Im Schatten seiner Frau betrat er die biblische Geschichte. Dort blieb er und füllte seine Nebenrolle brav aus:

Dazu hier das PDF:

Zur persönlichen Unabhängigkeit der Mitglieder der Anerkennungskommission der norddeutschen evangelischen Kirchen

Fazit: Bei aller von mir unterstellten persönlichen Ehrenhaftigkeit der Mitglieder: Unabhängigkeit sieht anders aus, sie muss auch für die Betroffenen glaubhaft sein.

Und hier geht’s zum PDF:

#auchdasistKirche

Soweit ich sehe, bin ich (fast) der einzige evangelische Pfarrer, der nicht nur in seinem Blog, sondern auch bei Twitter kirchenkritische Meldungen und Meinungen verbreitet. Ich verweise auf einen Beitrag in meinem Blog: https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/07/27/ecrasez-linfame-hasskommentare-meinem-blog/

Wie dort beschrieben, verstehe ich die auch hasserfüllten Postings von Menschen sehr gut, die in kirchlichen Einrichtungen durch kirchliches Personal traumatisiert wurden und deren Ansprüche nun gnadenlos auf die lange Bank geschoben werden nach dem Motto „Kinder schänden, Zeit schinden, Kassen schonen“. Wer meinen Blog liest, der sieht, dass ich mich seit rund 20 Jahren umfangreich für deren Belange einsetze.

Doch ich bin es leid, immer wieder von nicht persönlich betroffenen Leuten blanken Hass über Kirche und Religion entgegengeschleudert zu bekommen, die zumeist keine bis wenig Ahnung von Kirchen, von Religion und Religionswissenschaft haben, von Theologie ohnehin nicht.

Ich werde wohl leider nicht aufhören können, wie bisher Kritikwürdiges über Kirche und Religion zu berichten und werde es auch heftig verurteilen. Doch es gilt, wenigstens die Gebildeten unter den Verächtern der Religion (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber_die_Religion._Reden_an_die_Gebildeten_unter_ihren_Ver%C3%A4chtern) an ihre Bildungslücken zu erinnern.

Dazu gehört nicht nur, dass Kirche und Religion für viele Menschen immer noch ein Stück Heimat sind. Wir sollten die positive Bedeutung von Religion und Kirche – und ihre Leistungen herausstellen. Man kann und sollte aber nicht der Versuchung unterliegen, das Positive mit dem Negativen zu verrechnen; das wäre zynisch. „#auchdasistKirche“ wird auch von Gegnern und Feinden genutzt werden, doch damit wird erst die Realität von Kirche und Religion transparent. Kirche und Religion sollen so durchwachsen präsentiert werden, wie sie nun einmal sind.

Zunächst aber möchte ich alle ermuntern, für die Kirche und Religion Bedeutung haben – bei aller Ambivalenz: Machen Sie Gebrauch von „#auchdasistKirche“!

Ich beginne mit „Notfallseelsorge: #auchdasistKirche“

Und Gott schaut weg – was sollte er auch sonst tun? Ist ja auch nur ein Mensch …

… hätte ich beinah geschrieben. Menschen schauen weg, das ist das größere Problem. Was Gott tut oder unterlässt ist nur ein theologisches. All die Greuel auf der Welt belegen, dass er ohnmächtig oder unwillig sein muss. Wie sonst könnte er den Holocaust, den Holodomor, die Gulags, die Kriege und auch die alltäglichen Verbrechen, gar die an Kindern zulassen? Die „Theodizee-Frage“ ist längst zu einer Frage an die Menschen geworden, zur Anthropodizee-Frage: Wie können wir das zulassen? Schauen auch wir einfach weg?Kind

[1]

„Und Gott schaut weg“ hat Detlev Zander sein Buch genannt[2]. Wenn ich hinschaue, dann sehe ich Fürchterliches.

Ein Beispiel soll reichen: der „Steh-Karzer“ in der Korntaler Diakonie:

»Zwischen zwei Gruppenwohnungen gab es Doppeltüren. Zwischen diesen beiden Türen war gerade so viel Raum, dass ein dort eingeschlossenes Kind sich weder umdrehen noch hinlegen konnte. Die Kinder wurden dort nachts für viele Stunden in völliger Dunkelheit zwischen beiden Türen eingeklemmt. Diese Methode dient auch zur Erzeugung von Klaustrophobie und Panik­attacken bei zuvor noch gesunden Kindern. Die Kinder sollten ja nicht nur in diesem Moment bestraft werden, sondern nachhaltig und für ihr ganzes Leben.«[3]

Wer je eine Kernspin-Untersuchung[4] erlebt hat, kann sich das in etwa vorstellen: Eingezwängt in eine enge Röhre unter beängstigendem Lärm – und das nur für eine halbe Stunde, die ewig erscheint, wenn man sich nicht psychisch konditioniert. Das gelingt nicht allen Erwachsenen, die haben aber einen Notfallknopf in der Hand und können auf „Abbruch“ drücken. Und Kinder? Kürzlich hatte eins der unseren eine solche Untersuchung. Ich habe ihm alles erklärt, so dass er wusste, was auf ihn zukommt, und ich bin mit rein. Nicht in die Röhre, aber dicht daneben und habe ihn durch Streicheln am Bein ständig „gesagt“: Du bist nicht allein, es ist alles in Ordnung.

Anders im frommen Korntal. Man muss daran erinnern, dass die Diakonie aus der „Inneren Mission“ hervorgegangen ist. Mission – Die Verkündigung der frohen Botschaft Gottes? Nein, in Korntal nicht. Dort wurde auch der Teddy-Bär, der als letzten Halt verbliebene Schutzengel des Kindes Detlev Zander vor seinen Augen ins Feuer geworfen. Man möchte wegschauen.

Doch es gibt Menschen, die sich am Zuschauen verlustieren. Die müssen wir im Auge behalten und ihnen Einhalt gebieten.[5]

Andere schauen einfach weg. So ein Kollege, der in seinem Blog als „Kirchenberater“ firmiert: Der ist „mit diesem Thema, also dem von der Kirche zu verantwortenden sexuellen Missbrauch, bisher nicht konfrontiert worden“, das schreibt er am 5. Juli 2020! In welcher Welt lebt der Mann?[6]

Nicht genau hingeschaut haben die Bischöfe der Württembergischen Landeskirche. Die Brüdergemeinde Korntal ist zwar unabhängig[7], doch sie wird vom Bischof unserer Landeskirche „visitiert“, d.h.: es finden Kontrollbesuche statt.[8]

„Und nur wer hinschaut, wird die wahre Dimension dieses Sumpfes erkennen.“[9]

Wir müssen genau hinschauen. Gott tut es wohl nicht.

[1] Photo: ds

[2] https://books.google.de/books/about/Und_Gott_schaut_weg.html?id=z7D9CAAAQBAJ&redir_esc=y

[3] http://www.opferhilfe-korntal.de/pages/taten.php

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetresonanztomographie

[5] »„Das Schrecklichste sind die Bilder. Und Sie müssen, wenn Sie das auswerten, sich auch die Tonspuren anhören. Das ist sehr schrecklich, und wenn man dann sieht, dass zwei Kinder von vier Männern missbraucht werden, wechselseitig und über Stunden, dann ist das, glaube ich, nicht mehr irgendwie zu beschreiben. Das ist schon der Abgrund, was man da gesehen hat.“ (Kriminalhauptkommissar Joachim Poll, Ermittlungsleiter im Fall Münster) … „Und nur wer hinschaut, wird die wahre Dimension dieses Sumpfes erkennen.“ (Peter Biesenbach, Justizminister in Nordrhein-Westfalen)« https://www.deutschlandfunk.de/debatte-um-umgang-mit-missbrauchsfaellen-fachwissen-in-der.1148.de.html?dram:article_id=481065 Montag, 3. August 2020

[6] http://wolff-christian.de/die-basis-broeckelt-leise-anmerkungen-zu-den-kirchenaustritten/?replytocom=13950#respond

[7]Die von Ihnen genannten Vorfälle beziehen sich auf Einrichtungen der Diakonie der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal gGmbH, die der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal und nicht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zugeordnet ist.“ https://dierkschaefer.wordpress.com/2016/07/31/blieb-der-juli-ohne-july-korntal-war-keine-chefsache/  – so auch das folgende Zitat

[8] Die Landeskirche hat das Visitationsrecht über die unabhängige Brüdergemeinde in Korntal und ihrer Filiale in Wilhelmsdorf. Visitation ist Dienstaufsicht nach Plan. Korntal kommt allerdings in der Visitationsordnung der Landeskirche nicht vor. – Egal, – wenn der Landesbischof sogar die Hühner der Brüdergemeinde zur Chefsache macht, frage ich mich, wie die früheren Landesbischöfe ihre Visitationspflicht wahrgenommen und ob sie vom Missbrauch in Korntaler Einrichtungen erfahren haben. War die Visitation zu oberflächlich? Oder hat man die Ergebnisse nicht ernstgenommen, gar verschwiegen?

[9] Fußnote 5

Lauter Zuständigkeiten, welch ein Zustand! Der Anstand bleibt auf der Strecke.

Wer den epd-Bericht über den »Beauftragtenrat, der sich mit sexualisierter Gewalt im Umfeld der Kirche beschäftigen soll«[1] liest, kommt aus dem Staunen nicht heraus, wenn er kein Insider ist, also die Interna der EKD und ihrer unabhängigen Landeskirchen nicht kennt, auch nicht die Unterschiede zwischen der „verfassten“ Kirche und ihrer Sozialkonzerne, die mit dem Sammelbegriff Diakonie auch nur unzureichend abgebildet sind.[2]

Als Insider weiß man, warum Opfer des sexuellen Missbrauch in kirchlichen Zusammenhängen sich fragen: »„Warum werde ich lediglich an die jeweilig zuständige Stelle der Landeskirche verwiesen, in der mir der Missbrauch angetan wurde?“« –  Das gilt besonders für Entschädigungsfragen, »für die jede Landeskirche … eben selbst … in ihren diskreten Verfahren zuständig [ist].«

»Detlev Zander … hofft, dass er die Gelegenheit hat, den Synodalen ins Gewissen zu reden – und damit echtes Verständnis erfährt«. Das ist sein Anspruch. Ich denke nicht, dass er so naiv ist und meint, sich damit durchsetzen zu können.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, sagt man.

So könnte die EKD als Versammlung der einzelnen Landeskirchen und ihrer Sozialkonzerne unter diplomatischer Berücksichtigung aller Eitelkeiten Zanders Vorschlag für die Anlaufstelle folgen: »Psychologen und Juristen müssten die Geschichten der Anrufenden gleich anonym aufnehmen.«

Dazu müsste allerdings die Anlaufstelle finanziell und personell gut ausgestattet werden. Sie müsste vor allem tatsächlich und erkennbar von jedem denkbar kirchlichen Einfluss unabhängig sein. Im Hintergrund müssten sich die Landeskirchen und kirchlichen Verbände auf einen Entschädigungsrahmen einigen und dafür eine Entschädigungsstelle einrichten, an die die Anlaufstelle im anonymisierten Verfahren aus ihrer Kenntnis des jeweiligen Falls Forderungen stellen kann. Das setzt Vertrauen voraus. Doch warum sollen nur die Betroffenen einer Anlaufstelle und ihrem Personal vertrauen?

Das Ganze müsste nach dem „front-office-“ und back-office“-Prinzip laufen. Wer sich bei der Anlaufstelle meldet, hat nur einen und immer denselben Verhandlungspartner, der gegebenenfalls noch einen psychologischen Beistand vermittelt, sonst aber alle Hintergrundfragen klärt, so dass der Betroffene nicht mit den kuriosen kirchlichen Zuständigkeiten behelligt wird, die nur als Hinhaltetaktik verstanden werden.

In einer Art gentlemen‘s agreement müssten dann die einzelnen Landeskirchen und anderen kirchlichen Einrichtungen, in deren Bereich und Verantwortung die Missbrauchshandlungen fallen, den Entscheidungen zustimmen, die von übergeordneten Stellen getroffen sind, die aber offiziell keine übergeordneten Stellen sein dürfen.

So könnte man‘s machen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Ich habe gelernt, dass wo Widerwille ist, es auch Widerstand gibt – und habe nicht sehr viel Hoffnung.


[1] Zitate aus: https://www.evangelisch.de/inhalte/162004/04-11-2019/sexueller-missbrauch-der-evangelischen-kirche-und-was-getan-wird-im-jahr-2019-bis-zur-ekd-synode Gleich der Auftakt offenbart das Dilemma dieser Kirche, wenn man von ihr überhaupt im Singular sprechen mag: »Sieben Menschen aus hohen Positionen in Landeskirchen und aus der Diakonie bilden seit der EKD-Synode 2018 den Beauftragtenrat, der sich mit sexualisierter Gewalt im Umfeld der Kirche beschäftigen soll. Im Juni 2019 traten sie zum ersten Mal gemeinsam im Kirchenamt der EKD in Hannover auf. Kirsten Fehrs, die Sprecherin des Rates ist, war stolz, dass sie einen Flyer präsentieren konnte. „.help“ – eine Anlaufstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt.- Kerstin Claus, aus dem Betroffenenrat des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauch (UBSKM), war auch auf diese Pressekonferenz geladen. Sie stand vor der versammelten Presse und sagte, sie sehe diesen Flyer zum ersten Mal. Betroffene seien in die Ausgestaltung der Anlaufstelle für Betroffene nicht einbezogen worden.«

[2] Sollte sich jemand für Details interessieren, sei auf die Abschnitte „Dienstleistungspartner Kirche“ und „»Landeskirchen«?“ meiner Darstellung im Pfarrerblatt verwiesen: http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=4529 Mein Essay blieb ohne jeden Kommentar. Dieses Thema ist – positiv gewendet – unter meinen Kollegen nicht kontrovers.

Aktueller Nachtrag

„Kirchenjurist Blum zu Missbrauch: Debatte um Entschädigung wäre verkürzt“. Die frische Meldung von https://www.evangelisch.de/inhalte/162426/12-11-2019/kirchenjurist-blum-zu-missbrauch-debatte-um-entschaedigung-waere-verkuerzt  macht deutlich, dass finanzielle Interessen überwiegen, doch hinter Geschwafel verborgen werden: »„Entschädigung ist genau nicht, was wir als Institution leisten können“. Man WILL also keine Entschädigung leisten und setzt auf bewährte Ausweichmethoden: „Statt von Entschädigung spricht die evange­lische Kirche von Anerkennungs- oder Unterstützungsleistungen, über die man sich mit den Betroffenen im Einzelfall verständigen will.“ Die Einzelnen werden über den jeweiligen landeskirchlichen Tisch gezogen. Sie werden vereinzelt, bekommen keinen Rechtsanwalt, keinen Anspruch, sondern Almosen für ihre Bedürftigkeit. Ihnen gegenüber werden nicht Einzelne sitzen, sondern mehrere ausgebuffte Kirchenjuristen mit klarem Auftrag: Es so billig wie möglich zu machen.

Wenn nur die Heuchelei nicht wäre: »Blum sagte, die Forderung nach Zahlungen in diesen Größenordnungen führe zwangsläufig zu Auseinandersetzungen über die Beweisbarkeit. Das seien genau die Verfahren, „die die Betroffenen über lange Zeit stark belasten und retraumatisieren würden“«. Rücksichtnahme zahlt sich aus. Einfach widerlich!